120 II 293
56. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 10. Oktober 1994 i.S. V. gegen A. (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Wirkungen des über den Nachlass eines italienischen Staatsangehörigen mit letztem Wohnsitz in der Schweiz nach Art. 553
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 553 - 1 Die Aufnahme eines Inventars wird angeordnet, wenn:
1 Die Aufnahme eines Inventars wird angeordnet, wenn: 1 ein minderjähriger Erbe unter Vormundschaft steht oder zu stellen ist; 2 ein Erbe dauernd und ohne Vertretung abwesend ist; 3 einer der Erben oder die Erwachsenenschutzbehörde es verlangt; 4 ein volljähriger Erbe unter umfassender Beistandschaft steht oder unter sie zu stellen ist.527 2 Sie erfolgt nach den Vorschriften des kantonalen Rechtes und ist in der Regel binnen zwei Monaten seit dem Tode des Erblassers durchzuführen. 3 Die Aufnahme eines Inventars kann durch die kantonale Gesetzgebung für weitere Fälle vorgeschrieben werden. SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 17 - Handlungsunfähig sind urteilsunfähige Personen, Minderjährige sowie Personen unter umfassender Beistandschaft.
- Das Inventar nach Art. 553
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 553 - 1 Die Aufnahme eines Inventars wird angeordnet, wenn:
1 Die Aufnahme eines Inventars wird angeordnet, wenn: 1 ein minderjähriger Erbe unter Vormundschaft steht oder zu stellen ist; 2 ein Erbe dauernd und ohne Vertretung abwesend ist; 3 einer der Erben oder die Erwachsenenschutzbehörde es verlangt; 4 ein volljähriger Erbe unter umfassender Beistandschaft steht oder unter sie zu stellen ist.527 2 Sie erfolgt nach den Vorschriften des kantonalen Rechtes und ist in der Regel binnen zwei Monaten seit dem Tode des Erblassers durchzuführen. 3 Die Aufnahme eines Inventars kann durch die kantonale Gesetzgebung für weitere Fälle vorgeschrieben werden. - Dem Inventar kommt auch keine andere Aufgabe zu, wenn Nachlassstreitigkeiten nach Art. 17 Abs. 3 des Niederlassungs- und Konsularvertrages zwischen der Schweiz und Italien von 1868 in Italien nach italienischem Recht auszutragen sind.
Regeste (fr):
- Effets de l'inventaire conservatoire selon l'art. 553 CC concernant la succession d'un ressortissant italien ayant eu son dernier domicile en Suisse; art. 17 al. 3 de la Convention d'établissement et consulaire entre la Suisse et l'Italie de 1868.
- L'inventaire selon l'art. 553 CC ne tend qu'à la conservation du patrimoine existant à l'ouverture de la succession. Il n'est pas destiné à déterminer les parts successorales ou la quotité disponible, pas plus qu'il ne peut servir de base de calcul pour le partage.
- Cet inventaire n'assume pas d'autre rôle non plus lorsque, en vertu de l'art. 17 al. 3 de la Convention d'établissement et consulaire entre la Suisse et l'Italie de 1868, il y a lieu de faire trancher les contestations successorales en Italie selon le droit italien.
Regesto (it):
- Effetti di un inventario assicurativo ai sensi dell'art. 553 CC sulla successione di un cittadino italiano con il suo ultimo domicilio in Svizzera; art. 17 cpv. 3 del Trattato di domicilio e consolare tra la Svizzera e l'Italia del 1868.
- L'inventario ai sensi dell'art. 553 CC persegue unicamente lo scopo di assicurare il patrimonio esistente al momento dell'apertura della successione. Esso non serve al calcolo delle quote ereditarie e della porzione legittima e non può pertanto costituire una base di calcolo per la divisione ereditaria.
- All'inventario non compete alcun'altra funzione nemmeno qualora debbano essere decise controversie ereditarie in Italia secondo il diritto italiano, giusta l'art. 17 cpv. 3 del Trattato di domicilio e consolare tra la Svizzera e l'Italia del 1868.
Sachverhalt ab Seite 294
BGE 120 II 293 S. 294
A.- Am 14. Juli 1989 starb an seinem Wohnsitz in St. Moritz der italienische Staatsangehörige C. A. Er hinterliess den Sohn Riccardo A. und die Ehefrau Francesca V.
B.- Auf Begehren von Francesca V. ordnete das Kreisamt Oberengadin im Sinne von Art. 553 Abs. 1 Ziff. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 553 - 1 Die Aufnahme eines Inventars wird angeordnet, wenn: |
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1 | Die Aufnahme eines Inventars wird angeordnet, wenn: |
1 | ein minderjähriger Erbe unter Vormundschaft steht oder zu stellen ist; |
2 | ein Erbe dauernd und ohne Vertretung abwesend ist; |
3 | einer der Erben oder die Erwachsenenschutzbehörde es verlangt; |
4 | ein volljähriger Erbe unter umfassender Beistandschaft steht oder unter sie zu stellen ist.527 |
2 | Sie erfolgt nach den Vorschriften des kantonalen Rechtes und ist in der Regel binnen zwei Monaten seit dem Tode des Erblassers durchzuführen. |
3 | Die Aufnahme eines Inventars kann durch die kantonale Gesetzgebung für weitere Fälle vorgeschrieben werden. |
BGE 120 II 293 S. 295
C.- Francesca V. gelangt gegen diesen Entscheid mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Die Beschwerdeführerin macht schliesslich geltend, es sei nicht möglich, in einem ordentlichen Verfahren in Italien weitere Abklärungen des Nachlasses zu verlangen, weil für das Inventar die schweizerischen Behörden zuständig seien und im materiellen Prozess zwischen den Erben in Italien auf das Erbschaftsinventar abgestellt werde. Es sei deshalb willkürlich, sie für die weiteren Abklärungen des Nachlasses und insbesondere die gegebenenfalls der Herabsetzung oder der Ausgleichung unterliegenden Vermögensverschiebungen auf den ordentlichen Erbschaftsprozess in Italien zu verweisen. Gemäss Art. 17 Abs. 3 des Niederlassungs- und Konsularvertrages zwischen der Schweiz und Italien von 1868 (SR 0.142.114.541) sind für "Streitigkeiten, welche zwischen den Erben eines in der Schweiz verstorbenen Italieners hinsichtlich seines Nachlasses entstehen könnten", die Gerichte am letzten italienischen Wohnort des Erblassers zuständig. Anwendbar ist dabei die lex fori (BGE 99 II 252; ANDREAS BUCHER, Droit international privé suisse, Tome II: Personnes, Famille, Successions, Basel 1992, Rz. 1013). Der Staatsvertrag regelt jedoch die Frage nicht, welche Behörden für die Eröffnung einer entsprechenden Erbschaft im Sinne der sogenannten formellen Nachlassbehandlung, d.h. für Massnahmen zur Sicherung des Nachlasses und des Erbganges und zum Vollzug der Erbfolge zuständig sind (BGE 99 II 252). Diesbezüglich sind die Art. 86 ff
SR 291 Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (IPRG) IPRG Art. 86 - 1 Für das Nachlassverfahren und die erbrechtlichen Streitigkeiten sind die schweizerischen Gerichte oder Behörden am letzten Wohnsitz des Erblassers zuständig. |
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1 | Für das Nachlassverfahren und die erbrechtlichen Streitigkeiten sind die schweizerischen Gerichte oder Behörden am letzten Wohnsitz des Erblassers zuständig. |
2 | Vorbehalten ist die Zuständigkeit des Staates, der für Grundstücke auf seinem Gebiet die ausschliessliche Zuständigkeit vorsieht. |
BGE 120 II 293 S. 296
und der Streit um die Frage, ob die Witwe Erbin ist oder nicht, vor den italienischen Behörden ausgetragen werden muss. Entsprechend ist für die Inventaraufnahme ausschliesslich das schweizerische Recht anwendbar. Es kann entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Meinung nicht darauf ankommen, welche Bedeutung das italienische Recht einem Inventar zumisst. In dem den vorliegenden Fall betreffenden BGE 118 II 269 f. hielt das Bundesgericht mit aller Deutlichkeit fest, dass das Inventar nach schweizerischem Recht nur die Sicherung des bei Eröffnung des Erbganges vorhandenen Vermögens bezweckt, indem verhindert werden soll, dass Vermögenswerte unbemerkt verschwinden können. Das Sicherungsinventar dient insbesondere nicht der Berechnung der Erbteile und der Pflichtteile und kann nicht Rechnungsgrundlage für die Erbteilung bilden. Es ist ohne weiteres möglich, dass im späteren Verlauf der erbrechtlichen Auseinandersetzung weitere Vermögenswerte zum Vorschein kommen. Diesen Nachforschungen dient aber nicht das Institut des Sicherungsinventars. Von einer willkürlichen Anwendung des schweizerischen Rechts kann somit keine Rede sein und die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.