119 II 16
5. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 25. Januar 1993 i.S. A. (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Vormerkung eines Mietvertrages im Grundbuch (Art. 959
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 959 - 1 Persönliche Rechte können im Grundbuche vorgemerkt werden, wenn deren Vormerkung durch das Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist, wie bei Vor- und Rückkauf, Kaufsrecht, Pacht und Miete.
1 Persönliche Rechte können im Grundbuche vorgemerkt werden, wenn deren Vormerkung durch das Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist, wie bei Vor- und Rückkauf, Kaufsrecht, Pacht und Miete. 2 Sie erhalten durch die Vormerkung Wirkung gegenüber jedem später erworbenen Rechte. - 1. Die Kognition des Grundbuchbeamten beschränkt sich im Eintragungsverfahren auf die Prüfung der grundbuchlichen Voraussetzungen und der Formerfordernisse. Die Überprüfung materiellen Rechts steht ihm nicht zu; er darf eine richterliche Anordnung nur dann nicht vollziehen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen des einzutragenden Rechts offensichtlich nicht gegeben sind.
- 2. Voraussetzungen für die Vormerkung eines Mietvertrages.
Regeste (fr):
- Annotation d'un contrat de bail au registre foncier (art. 959 CC).
- 1. Dans la procédure d'inscription au registre foncier, le pouvoir d'examen du préposé est limité aux exigences légales spécifiques au registre foncier et aux conditions de forme. Son examen ne s'étend pas au droit matériel; il ne peut s'opposer à l'exécution d'un prononcé judiciaire que lorsque les conditions légales de l'inscription ne sont manifestement pas remplies.
- 2. Conditions de l'annotation d'un contrat de bail au registre foncier.
Regesto (it):
- Annotazione nel registro fondiario di un contratto di locazione (art. 959 CC).
- 1. Nella procedura volta all'iscrizione di un diritto nel registro fondiario, il potere d'esame dell'ufficiale del registro è limitato all'esame delle esigenze legali specifiche al registro fondiario e alla verifica delle prescrizioni di forma. Il suo esame non comprende invece la verifica del diritto materiale; egli può opporsi all'esecuzione di un ordine giudiziale solo se è evidente che le condizioni legali del diritto da iscrivere non sono adempiute.
- 2. Condizioni per l'annotazione nel registro fondiario di un diritto di locazione.
Sachverhalt ab Seite 16
BGE 119 II 16 S. 16
A.- Mit Vertrag vom 25. November 1986 mietete A. von T. Räumlichkeiten zum Betrieb eines Lebensmittelgeschäfts. Die Parteien vereinbarten eine feste Mietdauer von fünf Kalenderjahren, endend
BGE 119 II 16 S. 17
am 31. Dezember 1991. Die Mieterin erhielt das Recht, den Vertrag fünfmal um je drei Jahre zu den gleichen Bedingungen zu verlängern. Ebenso wurde verabredet, dass der Mietvertrag "im Grundbuch eingetragen werden" könne. A. übte ihr Verlängerungsrecht zweimal um je drei Jahre aus. Da T. keine Zustimmung zur Vormerkung des Mietvertrages im Grundbuch erteilte, gelangte A. an den Kreispräsidenten von X.; sie erwirkte von ihm am 23. Januar 1992 eine Verfügung mit folgendem Wortlaut: "1. Im Sinne eines provisorischen Amtsbefehls wird das Grundbuchamt Z. aufgefordert, die am 14. Januar 1992 vorbereitete Anmeldung eines Mietvertrages zwischen den obgenannten Parteien unverzüglich provisorisch vorzumerken." Das Grundbuchamt Z. wies die noch am gleichen Tag erfolgte Anmeldung dieses Amtsbefehls ab.
B.- Die von A. dagegen erhobene Grundbuchbeschwerde wies die Regierung des Kantons Graubünden am 18. August 1992 ab.
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 21. September 1992 gelangt A. an das Bundesgericht; sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Anweisung an das Grundbuchamt Z., ihren mit T. abgeschlossenen Mietvertrag vorzumerken. Die Regierung des Kantons Graubünden und das Bundesamt für Justiz beantragen die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Grundbuchamt Z. stellt in seiner Vernehmlassung keine Rechtsbegehren. T. hat sich nicht vernehmen lassen.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Die Regierung schützte die Abweisungsverfügung des Grundbuchamtes, da aus der richterlichen Verfügung nicht mit genügender Klarheit hervorgehe, was für ein Anspruch und aus welchem Rechtsgrund dieser geltend gemacht worden sei. Überdies ergebe sich aus dem Mietvertrag keine genügende Grundlage für dessen Vormerkung im Grundbuch. a) Jede grundbuchliche Verfügung setzt voraus, dass sich der Gesuchsteller über seine Verfügungsberechtigung und über den Rechtsgrund ausweist (Art. 965
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 965 - 1 Grundbuchliche Verfügungen, wie Eintragung, Änderung, Löschung dürfen in allen Fällen nur auf Grund eines Ausweises über das Verfügungsrecht und den Rechtsgrund vorgenommen werden. |
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1 | Grundbuchliche Verfügungen, wie Eintragung, Änderung, Löschung dürfen in allen Fällen nur auf Grund eines Ausweises über das Verfügungsrecht und den Rechtsgrund vorgenommen werden. |
2 | Der Ausweis über das Verfügungsrecht liegt in dem Nachweise, dass der Gesuchsteller die nach Massgabe des Grundbuches verfügungsberechtigte Person ist oder von dieser eine Vollmacht erhalten hat. |
3 | Der Ausweis über den Rechtsgrund liegt in dem Nachweise, dass die für dessen Gültigkeit erforderliche Form erfüllt ist. |
BGE 119 II 16 S. 18
nur dann abzuweisen, wenn sich diese auf einen offensichtlich nichtigen Rechtstitel stützt. Ferner muss der Grundbuchverwalter prüfen, ob das angemeldete Recht sich seiner Natur nach zur Aufnahme ins Grundbuch eignet (BGE BGE 116 II 292 E. 2; BGE 114 II 326 E. 2b; DESCHENAUX, Das Grundbuch, SPR V/3, I, S. 495 ff.; REY, Die Grundlagen des Sachenrechts und das Eigentum, Band I, S. 316 N. 1509 ff.; STEINAUER, Les droits réels, Tome premier, deuxième édition, S. 232 N. 848 ff.). Er entscheidet im Eintragungsverfahren allein gestützt auf die ihm vorgelegten Urkunden; er kann somit weder Gutachten einholen noch Zeugen vernehmen (BGE 112 II 29 E. 2). Stützt sich eine Anmeldung - wie im vorliegenden Fall - auf einen richterlichen Entscheid, so hat der Grundbuchverwalter lediglich zu untersuchen, ob der betreffende Richter zuständig war und die Anordnung gegen die gemäss Grundbuch legitimierte Person ergriffen wurde, nicht aber, ob der Entscheid materiell stichhaltig sei. Eine Prüfungsbefugnis unter dem Gesichtspunkt des materiellen Rechts ist ihm insofern zuzugestehen, als er zur Verweigerung des Grundbucheintrages befugt sein muss, wenn sich aus dem Entscheid eindeutig ergibt, dass gesetzliche Voraussetzungen des einzutragenden Rechts offensichtlich nicht erfüllt sind. In jedem Fall hat der Grundbuchverwalter sodann auch bei der sich auf einen Gerichtsentscheid stützenden Anmeldung die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen insoweit zu prüfen, als er die Eintragung eines nicht eintragungsfähigen Rechts zu verweigern hat (BGE 102 Ib 11 E. 2b mit Hinweisen; DESCHENAUX, a.a.O., S. 508 ff.; HUTTER, Die richterliche Anweisung an das Grundbuchamt, Diss. Zürich 1992, S. 162/163). Andererseits braucht der Eintrag nicht das Spiegelbild der Anmeldung zu sein, d.h. der Grundbuchverwalter ist an die in der Anmeldung verwendeten Begriffe nicht gebunden und darf den Eintrag gegenüber den Anmeldung verbessern (HUTTER, a.a.O., S. 111). b) In der Verfügung des Kreispräsidenten wird ausdrücklich auf die vom Grundbuchamt am 14. Januar 1992 vorbereitete Anmeldung verwiesen. Ob in einer im Rahmen eines kantonalen Befehlsverfahrens ergangenen Anordnung das Dispositiv im Hinblick auf Art. 74 Abs. 1
SR 211.432.1 Grundbuchverordnung vom 23. September 2011 (GBV) GBV Art. 74 - Ein vor dem 1. Januar 2012 errichteter Inhaber- oder Namenschuldbrief wird auf Anmeldung des Grundeigentümers, der Grundeigentümerin, des Grundpfandgläubigers oder der Grundpfandgläubigerin und gestützt auf einen schriftlichen Vertrag zwischen dem Grundeigentümer oder der Grundeigentümerin und den am Schuldbrief berechtigten Personen in einen Register-Schuldbrief umgewandelt. |
BGE 119 II 16 S. 19
bestehen, wie er die Verfügung des Kreispräsidenten zu vollstrecken hat. Hier derart rigorose Formvorschriften aufzustellen, wie die Regierung sich dies vorstellt, wäre sachlich nicht gerechtfertigt und käme dadurch formeller Rechtsverweigerung in Gestalt des überspitzten Formalismus gleich (BGE 115 Ia 17 E. 3b). c) Dass der Kreispräsident zum Erlass des Amtsbefehls zuständig war, war immer unbestritten. Ebenso wurde nie in Zweifel gezogen, dass die von ihm angeordnete Vorkehr grundbuchtechnisch durchaus vollziehbar ist. Da sein Entscheid vom Grundbuchverwalter auf die materielle Richtigkeit nicht zu überprüfen ist, gibt es überhaupt keinen Grund, diesem nicht Folge zu leisten. d) Selbst wenn die Prüfungsbefugnis des Grundbuchverwalters weiter gezogen wird, als dies nach der Rechtsprechung und der Lehre der Fall ist, kann er die Voraussetzungen für die Vormerkung des Mietvertrages als gegeben erachten. Die Vertragsparteien sind nämlich übereingekommen, dass der Mietvertrag im Grundbuch vorgemerkt werden kann. Dass sie bei der Vertragsabfassung den grundbuchtechnisch falschen Ausdruck "eintragen" verwendet haben, kann keine Rolle spielen, da beiden Seiten klar war, was damit gemeint war. Überdies war vor Erlass des Amtsbefehls sowohl seitens der Vertragsparteien wie auch seitens des Grundbuchamtes immer nur von einer Vormerkung des Vertrages die Rede. Die Beschwerdeführerin hat von ihrem Verlängerungsrecht vertragskonform Gebrauch gemacht, was durch den angefochtenen Entscheid bestätigt wird; der Mietvertrag ist somit auf jeden Fall bis zum 31. Dezember 1997 gültig, womit auch die zeitliche Begrenzung, wie sie in Art. 71 Abs. 2
SR 211.432.1 Grundbuchverordnung vom 23. September 2011 (GBV) GBV Art. 71 Rechte an Wasserrechten und Bergwerken - Für die Eintragung von Rechten an Wasserrechten (Art. 22 Abs. 1 Bst. a Ziff. 2) und an Bergwerken (Art. 22 Abs. 1 Bst. b) ist zusätzlich zu den in den Artikeln 62-64 genannten Rechtsgrundausweisen der Nachweis erforderlich, dass die besonderen Voraussetzungen nach Bundesrecht und kantonalem Recht, insbesondere nötigenfalls eine schriftliche Einwilligung der Verleihungsbehörde, erfüllt sind. |