119 Ia 460
54. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22. Dezember 1993 i.S. L. und Mitbeteiligte gegen Kanton Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Moderne Fortpflanzungsmedizin (künstliche Insemination, In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer, intratubarer Gametentransfer, Aufbewahrung von Keimzellen und Embryonen); Gesetz des Kantons Basel-Stadt betreffend die Reproduktionsmedizin beim Menschen (GRM); persönliche Freiheit, Forschungsfreiheit, Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. 2 Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen. 3 Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist. 4 Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs. IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen.
- 1. Allgemeine Überlegungen zur Fortpflanzungsmedizin; Hinweise auf die Entwicklung seit 1989; Entstehung von Art. 24novies
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen.
- 2. Die Beschränkung des Zugangs zu den Methoden der künstlichen Fortpflanzung betrifft die persönliche Freiheit; Tragweite von Art. 24novies
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen.
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen.
- 3. Das generelle Verbot der heterologen künstlichen Insemination nach § 4 Abs. 2 lit. a GRM hält vor der persönlichen Freiheit nicht stand (E. 6a-6d); Einschränkungen der heterologen künstlichen Insemination (E. 6e).
- 4. Das generelle Verbot der In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer (IVF/ET) nach § 4 Abs. 2 lit. d und e GRM verstösst gegen die persönliche Freiheit (E. 7a-7d); Einschränkungen der IVF/ET (E. 7e).
- 5. Aufhebung des Verbotes der Methode des intratubaren Gametentransfers (GIFT) im Sinne von § 4 Abs. 2 lit. c GRM (E. 8).
Regeste (fr):
- Procréation médicalement assistée (insémination artificielle, fécondation in vitro avec transfert d'embryons, transfert intratubaire de gamètes, conservation de gamètes et d'embryons); loi du canton de Bâle-Ville sur la médecine de la reproduction humaine (abréviation en langue allemande: GRM); liberté personnelle, liberté de la recherche, art. 31 Cst., art. 8 et 12 CEDH.
- 1. Considérations générales sur la procréation assistée; indications sur l'évolution depuis 1989; genèse de l'art. 24novies Cst. (consid. 4).
- 2. Limiter l'accès aux techniques de procréation artificielle met en cause la liberté personnelle; portée de l'art. 24novies Cst.; question laissée ouverte au regard des garanties offertes par l'art. 8 CEDH, en relation avec l'art. 12 CEDH (consid. 5).
- 3. La liberté personnelle exclut une interdiction générale de l'insémination artificielle hétérologue, telle qu'elle est prévue par le § 4 al. 2 let. a GRM (consid. 6a-6d); limitations de l'insémination artificielle hétérologue (consid. 6e).
- 4. L'interdiction générale de la fécondation in vitro avec transfert d'embryons (FIVETE), prévue au § 4 al. 2 let. d et e GRM, n'est pas compatible avec la liberté personnelle (consid. 7a-7d); limitations dans l'emploi de la méthode FIVETE (consid. 7e).
- 5. Annulation de l'interdiction de la méthode du transfert intratubaire de gamètes (abréviation anglaise: GIFT), prévue au § 4 al. 2 let. c GRM (consid. 8).
Regesto (it):
- Procreazione medicalmente assistita (inseminazione artificiale, fecondazione in vitro con trasferimento di embrioni, trasferimento nelle tube di gameti, conservazione di gameti e di embrioni); legge del Canton Basilea-Città sulla medicina della riproduzione umana (abbreviazione in lingua tedesca: GRM); libertà personale, libertà della ricerca, art. 31 Cost., art. 8 e 12 CEDU.
- 1. Considerazioni generali sulla procreazione assistita; indicazioni sull'evoluzione dal 1989; genesi dell'art. 24novies Cost. (consid. 4).
- 2. Limitare l'accesso alle tecniche di procreazione artificiale mette in causa la libertà personale; portata dell'art. 24novies Cost.; questione lasciata indecisa in merito alle garanzie offerte dall'art. 8 CEDU in relazione con l'art. 12 CEDU (consid. 5).
- 3. La libertà personale esclude una proibizione generale dell'inseminazione artificiale eterologa, così come prevista dal § 4 cpv. 2 lett. a GRM (consid. 6a-6d); limitazioni dell'inseminazione artificiale eterologa (consid. 6e).
- 4. La proibizione generale della fecondazione in vitro con trasferimento di embrioni (FIVETE), prevista dal § 4 cpv. 2 lett. d ed e GRM, non è compatibile con la libertà personale (consid. 7a-7d); limitazioni nell'impiego del metodo FIVETE (consid. 7e).
- 5. Annullamento della proibizione del metodo di trasferimento nelle tube di gameti (abbreviazione inglese: GIFT), prevista dal § 4 cpv. 2 lett. c GRM (consid. 8).
Sachverhalt ab Seite 462
BGE 119 Ia 460 S. 462
Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt befasste sich seit Mitte der 80er Jahre aufgrund von parlamentarischen Vorstössen mit den Risiken der Gentechnologie und der Problematik um die Reproduktionsmedizin beim Menschen. Dies führte am 17. Dezember 1987 zur ersten Lesung einer Standesinitiative und eines Gesetzes betreffend Reproduktionsmedizin beim Menschen. Eine zweite Lesung verzögerte sich. Aufgrund eines zweiten Zwischenberichts der vorberatenden Kommission nahm der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt
BGE 119 Ia 460 S. 463
darauf am 18. Oktober 1990 (Schlussabstimmung) das Gesetz betreffend die Reproduktionsmedizin beim Menschen an (GRM). Dieses Gesetz unterstand dem obligatorischen Referendum, wurde im Kantonsblatt von Basel-Stadt vom 20. Oktober 1990 publiziert und schliesslich in der Volksabstimmung vom 1., 2. und 3. März 1991 von den Stimmbürgern angenommen. Der Erlass hat folgenden Wortlaut: Gesetz betreffend die Reproduktionsmedizin beim Menschen vom 18. Oktober 1990
Geltungsbereich
§ 1. Dieses Gesetz regelt
a) die künstliche Insemination;
b) den intratubaren Gametentransfer;
c) die In-vitro-Fertilisation;
d) den Embryotransfer;
e) die Leihmutterschaft;
f) die Keimzellenspende;
g) die Konservierung von Keimzellen und Embryonen;
h) die Forschung an Keimzellen, Embryonen und Föten;
i) die Eingriffe in das Erbgut.
Begriffe
§ 2. Unter künstlicher Insemination wird die künstliche Einführung von Samenzellen in die Scheide, die Gebärmutter oder die Eileiter verstanden. 2 Unter intratubarem Gametentransfer (gamete intrafallopian transfer: GIFT) wird die künstliche Einführung von Samen- und Eizellen in die Eileiter verstanden. 3 Unter In-vitro-Fertilisation (IVF) wird die in einem Gefäss herbeigeführte Verschmelzung (Befruchtung) von instrumentell entnommenen Eizellen mit Samenzellen verstanden. 4 Unter Embryotransfer (ET) wird die Einführung der sich entwickelnden Frucht in die Gebärmutter verstanden. 5 Unter Embryo im Sinne dieses Gesetzes wird das menschliche Leben vom Zeitpunkt der Befruchtung bis zum fötalen Stadium verstanden. 6 Unter Fötus wird das menschliche Leben vom Zeitpunkt der Ausbildung der Organe bis zur Geburt verstanden. 7 Unter Leihmutter wird die Frau verstanden, die einen fremden Embryo oder einen aus einer eigenen Eizelle und einer instrumentell eingeführten Samenzelle eines Dritten entstandenen Embryo austrägt, nachdem sie sich verpflichtet hat, das Kind nach der Geburt Dritten herauszugeben. Anwendungsbereich
§ 3. Das zulässige Verfahren darf nur bei Ehepaaren und bei Paaren, die in einer vergleichbaren Gemeinschaft leben, angewendet werden.
BGE 119 Ia 460 S. 464
Zulässigkeit
§ 4. Erlaubt ist: die künstliche Insemination.
2 Verboten sind:
a) die künstliche Insemination mit Spendersamen;
b) die künstliche Insemination nach dem Tod des Partners;
c) der intratubare Gametentransfer;
d) die In-vitro-Fertilisation;
e) der Embryotransfer;
f) die Schaffung von Leihmutterschaftsverhältnissen.
3 Das in diesem Gesetz geregelte zulässige reproduktionsmedizinische Verfahren darf nur durch zur Ausübung des Arztberufes berechtigte Personen vorgenommen werden. Konservierung von Keimzellen und Embryonen
§ 5. Samenzellen dürfen nur während der laufenden ärztlichen Behandlungsphase konserviert werden. Diese umfasst in der Regel drei, jedoch höchstens sieben Tage. 2 Die Konservierung von Eizellen und Embryonen ist verboten. Eingriffe in das Erbgut und Einflussnahme auf das Geschlecht § 6. Eingriffe in das Erbgut von Keimzellen, lebenden Embryonen und Föten sind verboten. 2 Massnahmen, die darauf abzielen, Einfluss auf das Geschlecht oder in die Erbeigenschaften des Kindes zu nehmen, sind verboten. Information, Einwilligung des Paares
§ 7. Die Vornahme einer künstlichen Insemination bedarf der schriftlichen Einwilligung des Paares. 2 Das Paar muss vor der Sterilitätsbehandlung genau informiert werden über a) alle vorgesehenen Eingriffe;
b) die physischen und psychischen Risiken der Eingriffe;
c) die Erfolgschancen der Methode;
d) die Kosten der Behandlung.
3 Zudem hat die verantwortliche Ärztin oder der verantwortliche Arzt die Frau während der Behandlung über jede Massnahme aufzuklären und sie über den Stand der Behandlung zu orientieren. Forschung
§ 8. Lebende Embryonen, Föten oder Teile davon dürfen nicht zu Forschungszwecken verwendet werden. 2 Forschung an Keimzellen bedarf der eingehenden Information und Einwilligung der Betroffenen. 3 Verboten sind:
a) künstliche Mehrlingsbildung (Klonierung);
b) Vereinigung von mehreren Embryonen und Teilen davon (Chimärenbildung);
BGE 119 Ia 460 S. 465
c) Erzeugung von Mischwesen aus Mensch und Tier
(Interspezies-Hybridisierung);
d) Aufzucht ausserhalb des Mutterleibs.
Handel mit Embryonen und Föten
§ 9. Der Handel mit lebenden oder toten Embryonen und Föten oder Teilen davon ist verboten. 2 Unentgeltliche Weitergabe und Annahme regelt der Regierungsrat auf dem Verordnungsweg. Vermittlung von Leihmüttern
§ 10. Die entgeltliche Vermittlung von Leihmüttern ist verboten. Strafbestimmungen
§ 11. Wer ein nach § 4 verbotenes Verfahren anwendet oder eine nach §§ 5, 6, 8, 9 und 10 verbotene Handlung vornimmt, wird mit Haft oder Busse bestraft. 2 Wer sich einem nach § 4 verbotenen Verfahren unterzieht oder sich als Leihmutter, Eizellenspenderin oder Samenspender daran beteiligt, macht sich hiefür nicht strafbar. Dieses Gesetz ist zu publizieren; es unterliegt dem obligatorischen Referendum und wird mit Eintritt seiner Rechtskraft wirksam. Gegen diesen Erlass haben neun im Kanton Basel-Stadt bzw. in den benachbarten Regionen wohnhafte Frauen und Männer sowie Ärzte beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie fechten im wesentlichen die Beschränkung der zulässigen Techniken (§ 4), die Begrenzung der Konservierung von Keimzellen und Embryonen (§ 5) und eine Bestimmung betreffend die Forschung (§ 8 Abs. 1) sowie die entsprechenden Strafbestimmungen (§ 11) an und verlangen deren Aufhebung. Hierfür machen sie im wesentlichen eine Verletzung der persönlichen Freiheit und von Art. 8
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist bei der Prüfung der Verfassungsmässigkeit eines Erlasses im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle massgebend, ob der betreffenden Norm
BGE 119 Ia 460 S. 466
nach anerkannten Auslegungsregeln ein Sinn zugemessen werden kann, der sie mit den angerufenen Verfassungsgarantien vereinbar erscheinen lässt. Gleich verhält es sich, wenn mit der Beschwerde Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention angerufen werden. Das Bundesgericht hebt demnach eine kantonale Norm nur auf, sofern sie sich einer verfassungs- und konventionskonformen Auslegung entzieht (BGE 118 Ia 305 E. f S. 309, BGE 117 Ia 472 E. 3a S. 477, BGE 113 Ia 126 S. 131, BGE 111 Ia 23 S. 25, BGE 109 Ia 273 S. 277 und 301, mit Hinweisen).
4. a) Bevor auf die mit der staatsrechtlichen Beschwerde aufgeworfenen Verfassungsfragen und erhobenen Rügen im einzelnen eingegangen wird, soll an die allgemeinen Überlegungen zur Fortpflanzungsmedizin und die sich aus dieser ergebenden Probleme angeknüpft werden, welche das Bundesgericht seinem Urteil vom 15. März 1989 zur Reproduktionsmedizin im Kanton St. Gallen vorangestellt hat (BGE 115 Ia 234 E. 3 S. 240). Das Bundesgericht hat in diesem Urteil auf die unterschiedlichen Versuche hingewiesen, mit künstlichen Mitteln auf die Fortpflanzung beim Menschen einzuwirken. Dazu gehört seit längerem die künstliche Insemination, welche mit der Möglichkeit der Langzeitgefrierung von Samenzellen seit der Zeit des Zweiten Weltkrieges starken Aufschwung genommen hat. In neuerer Zeit ist die Möglichkeit hinzugekommen, operativ gewonnene Eizellen ausserhalb des Mutterleibes zu befruchten und den so entstandenen Embryo hernach der Frau einzupflanzen (In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer, IVF/ET). Seit kurzer Zeit erst wird die Methode des intratubaren Gametentransfers (GIFT) angewendet, bei der die operativ gewonnenen Eizellen der Frau zusammen mit Samenzellen in den Eileiter zur Befruchtung übertragen werden. Diese Entwicklungen haben zu bisher ungeahnten Möglichkeiten, ebensosehr aber zu neuartigen Herausforderungen in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung und der ethischen Diskussion geführt. Die Beurteilung dieser modernen Fortpflanzungsmethoden fällt je nach Standpunkt sehr unterschiedlich aus; die moderne Fortpflanzungsmedizin stösst ebenso auf Befürwortung wie auf Zurückhaltung und Ablehnung (vgl. zu den unterschiedlichen Bewertungen der Fortpflanzungshilfen insbesondere den Bericht der Expertenkommission Humangenetik und Reproduktionsmedizin, in: BBl 1989 III 1029 und insbes. 1054 ff.; FRANZISKA BUCHLI-SCHNEIDER, Künstliche Fortpflanzung aus zivilrechtlicher Sicht, Diss. Freiburg 1987, S. 71 ff.). Angesichts des medizinisch-technisch Machbaren
BGE 119 Ia 460 S. 467
sind alle an der Fortpflanzungshilfe Beteiligten - Personen mit Fortpflanzungsstörungen, Ärzte, Forscher und ebenso Spender von Keimzellen - in neuartiger Weise unabhängig von der staatlichen Regelung zu eigenverantwortlichem Handeln und zum Bedenken der Auswirkungen aufgerufen. Die Ärzteschaft hat sich der Problematik in den frühen 80er Jahren angenommen. Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) hat am 17. November 1981 die Medizinisch-ethischen Richtlinien für die artifizielle Insemination und in einer zweiten Fassung am 23. Mai 1985 die Medizinisch-ethischen Richtlinien für die In-vitro-Fertilisation erlassen (publiziert in der Schweizerischen Ärztezeitung 1982 S. 623 bzw. 1985 S. 1127, beide wiedergegeben in BBl 1989 III 1208 bzw. 1210). - Verschiedene Kantone sind gesetzgeberisch aktiv geworden. Angesichts des umstrittenen Gegenstandes sind sehr unterschiedliche Lösungen getroffen worden (vgl. Übersicht bei RICHARD FRANK, Die künstliche Fortpflanzung beim Menschen im geltenden und im künftigen Recht, Zürich 1989, S. 86 ff.; Recueil international de lois sur la procréation assistée, réuni et édité par JAN STEPAN, Zürich 1990, S. 173 ff.). Die st. gallische Gesetzgebung gab im Jahre 1989 Anlass zum Entscheid des Bundesgerichts BGE 115 Ia 234 (Urteil vom 15. März 1989). - Im Ausland sind gestützt auf vielbeachtete Expertenberichte Regelungen an die Hand genommen worden. Im Europarat ist im Jahre 1978 ein Resolutionsentwurf über die artifizielle Insemination beim Menschen und im Jahre 1987 ein Empfehlungsentwurf zur künstlichen Fortpflanzung ausgearbeitet worden, welche beide nicht definitiv verabschiedet worden sind (vgl. zur ausländischen Rechtsentwicklung insbesondere den Bericht der Expertenkommission Humangenetik und Reproduktionsmedizin, in: BBl 1989 III 1029 und insbes. 1070 ff. sowie zum Resolutionsentwurf des Europarates BBl 1989 III 1175). b) Seit dem Urteil des Bundesgerichts vom 15. März 1989 betreffend den Beschluss des Grossen Rates des Kantons St. Gallen über Eingriffe in die Fortpflanzung beim Menschen (BGE 115 Ia 234) ist die Auseinandersetzung um die Methoden der modernen Fortpflanzung weitergeführt worden. Auf die seitherigen Entwicklungen ist im folgenden kurz hinzuweisen.
Von besonderer Bedeutung ist die Weiterentwicklung auf der Ebene der Verfassungsgebung des Bundes. In diesem Rahmen hat vorerst die Expertenkommission Humangenetik und Reproduktionsmedizin unter dem Vorsitz von E. Amstad am 19. August 1988
BGE 119 Ia 460 S. 468
ihren Bericht erstattet und eine Reihe von (teilweise kontroversen) Thesen und Vorschlägen zur Verfassungs- und Gesetzgebung vorgelegt (publiziert in: BBl 1989 III 1029, vgl. auch BGE 115 Ia 234 S. 243). In seiner Botschaft zur Volksinitiative "Gegen Missbräuche der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen" (sog. "Beobachter"-Initiative) (BBl 1989 III 989) teilte der Bundesrat die Grundanliegen dieser Initiative und unterstützte im Grundsatz manche der konkreten Forderungen. Er erblickte in der Initiative indessen eine Reihe von Mängeln, weil sie sich auf die Fortpflanzungsmedizin und die Humangenetik beschränke, eine Sondernorm über die Menschenwürde nicht angebracht sei und der Initiativtext formelle Unzulänglichkeiten aufweise. Deshalb schlug er einen neuen Art. 24octies
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
1 Der Mensch und seine Umwelt sind gegen Missbräuche der Fortpflanzungs- und Gentechnologie geschützt. 2 Der Bund erlässt Vorschriften über den Umgang mit menschlichem Keim- und Erbgut. Er sorgt dabei für den Schutz der Menschenwürde, der Persönlichkeit und der Familie und lässt sich insbesondere von den folgenden Grundsätzen leiten: a. Eingriffe in das Erbgut von menschlichen Keimzellen und Embryonen sind unzulässig. b. Nichtmenschliches Keim- und Erbgut darf nicht in menschliches Keimgut eingebracht oder mit ihm verschmolzen werden.
BGE 119 Ia 460 S. 469
c. Die Verfahren der Fortpflanzungshilfe dürfen nur angewendet werden, wenn die Unfruchtbarkeit oder die Gefahr der Übertragung einer schweren Krankheit nicht anders behoben werden kann, nicht aber um beim Kind bestimmte Eigenschaften herbeizuführen oder um Forschung zu betreiben. Die Befruchtung menschlicher Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau ist nur unter den vom Gesetz festzulegenden Bedingungen erlaubt. Es dürfen nur so viele menschliche Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau zu Embryonen entwickelt werden, als ihr sofort eingepflanzt werden können. d. Die Embryonenspende und alle Arten von Leihmutterschaften sind unzulässig. e. Mit menschlichem Keimgut und mit Erzeugnissen aus Embryonen darf kein Handel getrieben werden. f. Das Erbgut einer Person darf nur mit ihrer Zustimmung oder aufgrund gesetzlicher Anordnung untersucht, registriert oder offenbart werden. g. Der Zugang einer Person zu den Daten über ihre Abstammung ist zu gewährleisten. 3 Der Bund erlässt Vorschriften über den Umgang mit Keim- und Erbgut von Tieren, Pflanzen und anderen Organismen. Er trägt dabei der Würde der Kreatur sowie der Sicherheit von Mensch, Tier und Umwelt Rechnung und schützt die genetische Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten. Mit der Annahme von Art. 24novies
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
BGE 119 Ia 460 S. 470
(BBl 1992 II 1654), welche sich gegen Missbräuche und Gefahren durch genetische Veränderung am Erbgut von Tieren, Pflanzen und anderen Organismen richtet. c) Auch in anderer Hinsicht sind seit dem Urteil des Bundesgerichts aus dem Jahre 1989 Veränderungen eingetreten. aa) Es kann angenommen werden, dass die medizinischen Methoden und Techniken weiterentwickelt und verfeinert worden sind. Gemäss den Aussagen der Beschwerdeführer soll es heute möglich sein, einer Frau ambulant mittels Punktion und Ultraschall ohne Narkose und Hospitalisation Eizellen zu entnehmen. Inzwischen soll es auch verschiedentlich gelungen sein, schon unbefruchtete Eizellen zu kryokonservieren (ROLF KELLER/HANS-LUDWIG GÜNTHER/PETER KAISER, Kommentar zum Embryonenschutzgesetz (BRD), Stuttgart/Berlin/Köln 1992, Rz. 4 zu § 1 Abs. 1 Nr. 5, S. 167). Dennoch ist zur Zeit noch davon auszugehen, dass diese Technik nicht gesichert ist (vgl. Amtl.Bull. NR 1991 615). Neuerdings ist aus den USA bekanntgeworden, dass menschliche Klone mittels ungeschlechtlicher Vermehrung von Zellen (durch Zellsplitting und/oder Kerntransplantation) erzeugt worden sind. Das führt zu entwicklungsfähigen Zellen mit identischem genetischem Material. bb) Die Doktrin hat sich der weitgefächerten komplexen Materie von Reproduktionsmedizin und Gentechnologie im In- und Ausland in vermehrtem Masse angenommen. Auf das Schrifttum kann an dieser Stelle nur vereinzelt eingegangen werden. Doch gilt es anzumerken, dass das bundesgerichtliche Präjudiz in der schweizerischen Doktrin - entsprechend der sich bei diesem Thema scheidenden Geister - unterschiedlich aufgenommen worden ist (vgl. etwa die Kritik bei CYRIL HEGNAUER, Künstliche Fortpflanzung und persönliche Freiheit, in: ZBl 92/1991 S. 341; im Anschluss daran auch ALFRED KÖLZ, Die staatsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1989, in: ZBJV 127/1991 S. 476 ff.; zustimmend etwa MARINA MANDOFIA BERNEY/OLIVIER GUILLOD, Liberté personnelle et procréation assistée, in: SJZ 89/1993 S. 205; vgl. auch die Wiedergabe bei JÖRG PAUL MÜLLER, Die Grundrechte der schweizerischen Bundesverfassung, Bern 1991, S. 16; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 3. Auflage 1993, Rz. 1177b S. 383). cc) Die Schweizerische Akademie für Medizinische Wissenschaften hat Ende 1990 neue Ethische Richtlinien zur ärztlich assistierten Fortpflanzung (Fassung 1990) erlassen. Die Richtlinien
BGE 119 Ia 460 S. 471
enthalten zu Beginn eine Umschreibung von Begriffen (Ziff. 1). Sie erklären die assistierte Fortpflanzung für vertretbar zur Erfüllung des Kinderwunsches eines Paares, wenn andere Behandlungsmethoden aussichtslos sind und Erfolgschancen bestehen sowie Risiken für Eltern und Kind ausgeschlossen werden können (Ziff. 2). Die Methoden ärztlich assistierter Fortpflanzung dürfen nur bei verheirateten oder bei in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden unverheirateten Paaren angewendet werden, welche die Elternpflichten gegenüber dem Kinde selber übernehmen wollen (Ziff. 3.1). Dabei dürfen nur entweder Eizellen oder Samenzellen Dritter verwendet werden, nicht aber gleichzeitig beides (Ziff. 3.2); die Verwendung gespendeter Keimzellen ist nur bei der Behandlung verheirateter Paare zulässig (Ziff. 3.2). Den Eltern und dem Kind sind auf deren Verlangen die Daten des Spenders bekanntzugeben, mit Ausnahme derjenigen, welche dessen Identifikation erlauben (Ziff. 8.2). Gespendete Keimzellen sollen höchstens während fünf Jahren aufbewahrt werden, abgesehen von Fällen der Verwendung eigener Keimzellen zur Zeugung eigener Kinder (Ziff. 10.1 und 10.2). Embryonen dürfen nur während der laufenden Behandlung am Leben erhalten werden (Ziff. 10.3). Menschliche Embryonen dürfen nicht als Forschungsobjekte verwendet werden (Ziff. 11). dd) Hinsichtlich der ausländischen Rechtsentwicklung kann auf das sog. Fortpflanzungsmedizingesetz von Österreich aus dem Jahre 1992 verwiesen werden (Bundesgesetzblatt 1992 Nr. 275 S. 1299). Danach ist die medizinisch unterstützte Fortpflanzung bei Ehen oder eheähnlichen Lebensgemeinschaften als subsidiäre Methode zulässig (§ 2 Abs. 1). Die heterologe Insemination ist erlaubt, die übrigen Techniken der assistierten Fortpflanzung nur in homologer Form (§ 3). Das Gesetz regelt im einzelnen die Befugnis zur Durchführung der medizinisch assistierten Fortpflanzung, die Beratung und Zustimmung (§ 4-8). Entwicklungsfähige Zellen dürfen zu keinem andern Zweck verwendet und nur zur Herbeiführung einer Schwangerschaft untersucht werden; Eingriffe in die Keimbahn sind unzulässig (§ 9). Es dürfen in vitro nur so viele Eizellen befruchtet werden, wie innerhalb eines Zyklus für eine aussichtsreiche und zumutbare Behandlung notwendig sind (§ 10). Samen- und Eizellen sowie entwicklungsfähige Zellen dürfen höchstens ein Jahr aufbewahrt werden (§ 17). Dem Kind ist Auskunft über die den Spender betreffenden Daten zu geben (§ 20). Im übrigen werden zivilrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der heterologen Insemination
BGE 119 Ia 460 S. 472
geregelt: So wird vermutet, dass der Mann, der einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung mit Samen eines Dritten in gerichtlicher oder notarieller Form zugestimmt hat, der Vater des Kindes ist; der Samenspender kann diesfalls nicht als Vater des mit seinem Samen gezeugten Kindes festgestellt werden; hinsichtlich unehelicher Kinder können indessen auch Samenspender als Vater des Kindes vermutet werden (§ 163 ABG). Von 1990 stammt das Gesetz zum Schutz von Embryonen der Bundesrepublik Deutschland (Embryonenschutzgesetz, BGBl 1990 I 2746; vgl. hierzu insbesondere ROLF KELLER/HANS-LUDWIG GÜNTHER/PETER KAISER, Kommentar zum Embryonenschutzgesetz, Stuttgart/Berlin/Köln 1992; BERNHARD LOSCH, Lebensschutz am Lebensbeginn: Verfassungsrechtliche Probleme des Embryonenschutzes, in: NJW 1992 S. 2926 ff.). Danach wird die missbräuchliche Anwendung von Fortpflanzungstechniken unter Strafe gestellt (§ 1). Die künstliche Befruchtung ausserhalb des Körpers darf ausschliesslich erfolgen für die Herbeiführung einer Schwangerschaft (§ 1 Abs. 1 Ziff. 2). Es dürfen nur drei befruchtete Eizellen verwendet werden (§ 1 Abs. 1 Ziff. 3 und 5). Jede andere Verwendung von künstlich erzeugtem Leben wird als Straftat untersagt (§ 2). Heterologe Formen der In-vitro-Fertilisation sind zulässig. Die künstliche Veränderung der menschlichen Keimbahnzellen ist verboten (§ 5). Untersagt sind auch die Klonen-, Chimären- und Hybridbildungen (§ 6 und 7). In Frankreich steht eine Gesetzgebung in Beratung, welche die medizinisch unterstützte Fortpflanzung und insbesondere die IVF/ET stark einschränkt und an strenge Bedingungen knüpft. d) Im Jahre 1989 stellten sich dem Bundesgericht im Verfahren betreffend die st. gallische Gesetzgebung über die Reproduktionsmedizin neuartige Probleme. Angesichts der schwer abschätzbaren technischen Entwicklungen und der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen fehlten dem Bundesgericht hinreichend fassbare Beurteilungsmassstäbe. Solche Umstände und die Bestrebungen auf kantonaler und eidgenössischer Ebene zur Verfassungs- und Gesetzgebung auf dem Gebiet der Fortpflanzungsmedizin mahnten das Bundesgericht zu einer gewissen Zurückhaltung. Dennoch hatte es aufgrund von Art. 113
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
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1 | Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
2 | Er beachtet dabei folgende Grundsätze: |
a | Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise. |
b | Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. |
c | Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern. |
d | Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern. |
e | Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären. |
3 | Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen. |
4 | Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen. |
In der Zwischenzeit ist die Bundesverfassung mit der erwähnten Bestimmung von Art. 24novies über die Fortpflanzungs- und Gentechnologie ergänzt worden. Diese neue Verfassungsnorm gilt es im
BGE 119 Ia 460 S. 473
vorliegenden Verfahren aus folgenden Überlegungen in die Beurteilung miteinzubeziehen. Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren wird geprüft, ob ein kantonaler Erlass oder eine kantonale Verfügung vor der Verfassung (und der Europäischen Menschenrechtskonvention) standhält. Es wird hierfür auf die Rechtslage im Zeitpunkt von deren Verabschiedung abgestellt, und neu eingetretene Umstände können nicht mehr berücksichtigt werden (vgl. BGE 102 Ia 76 E. f S. 79). Von diesem Grundsatz ist im vorliegenden Verfahren der abstrakten Normenkontrolle abzuweichen. Seit dem Erlass des angefochtenen Gesetzes über die Reproduktionsmedizin beim Menschen am 18. Oktober 1990 ist mit der eidgenössischen Volksabstimmung vom 17. Mai 1992 die neue Bestimmung von Art. 24novies
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
BGE 119 Ia 460 S. 474
Erlasses einzuschränken. Unter diesem Gesichtswinkel gilt es daher bei der Beurteilung der vorliegenden Beschwerde trotzdem eine gewisse Zurückhaltung zu beachten.
5. Zur Anfechtung des Gesetzes des Kantons Basel-Stadt über die Reproduktionsmedizin beim Menschen (GRM) berufen sich die Beschwerdeführer hinsichtlich der Beschränkung der Methoden künstlicher Fortpflanzung auf die persönliche Freiheit sowie auf Art. 8
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
BGE 119 Ia 460 S. 475
Fall nicht vergleichen. Denn die Besonderheit liegt darin, dass nicht eine natürlich gegebene Fähigkeit durch staatliche Massnahmen eingeschränkt und unter Berufung auf die persönliche Freiheit in rechtlicher Hinsicht wiedererlangt werden soll. Die umstrittene Regelung des Basler Gesetzgebers ordnet vielmehr den Zugang zu den Techniken für Personen, die - einzeln oder als Paar betrachtet - über eine reduzierte Fortpflanzungsfähigkeit verfügen. Solche Personen möchten mit Hilfe bestimmter Methoden der Reproduktionsmedizin die Voraussetzungen dafür schaffen, selber Kinder zu bekommen. Es geht demnach darum, dass von der vorhandenen, aber reduzierten Fortpflanzungsfähigkeit weiterhin Gebrauch gemacht werden kann und dass hierfür medizinische Dienstleistungen und insbesondere die Anwendung moderner medizinischer Reproduktionsmethoden in Anspruch genommen werden dürfen. In diesem Sinne greift das Verbot einzelner Methoden der Fortpflanzungsmedizin in das verfassungsmässige Recht der persönlichen Freiheit ein. Denn es ist nicht zu verkennen, dass der Wunsch nach Kindern eine elementare Erscheinung der Persönlichkeitsentfaltung darstellt. Kinder zu haben und aufzuziehen bedeutet für viele Menschen eine zentrale Sinngebung ihres Lebens, und ungewollte Kinderlosigkeit wird von den Betroffenen häufig als schwere Belastung erlebt. Das gilt für alle Personen, die aus organischen Gründen keine Kinder haben können oder für die eine natürliche Zeugung wegen genetischer Belastung oder angesichts gesundheitlicher Risiken für die Kinder nicht verantwortbar erscheint. Die Belastung trifft Mann und Frau in vergleichbarer Weise. Die Beschränkung des Zugangs zu den modernen Methoden künstlicher Fortpflanzungshilfen berührt die Beschwerdeführer daher in ihrem Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit (zum ganzen Absatz BGE 115 Ia 234 S. 246 f.). b) An dieser auf das eben genannte Urteil aus dem Jahre 1989 zurückgehenden Praxis zur persönlichen Freiheit ist trotz der Kritik des Grossen Rates auch im vorliegenden Fall in der eben umschriebenen Form festzuhalten. Das Bundesgericht hat sie in seiner Rechtsprechung bestätigt und den Eingriff in die persönliche Freiheit in einem konkreten Fall, in dem ein Konkubinatspaar nicht zur IVF/ET zugelassen worden war, als schwer bezeichnet (Urteil i.S. P. und R. vom 26. Oktober 1989, in: RDAF 46/1990 S. 153). Die Bedenken des Grossen Rates, die im wesentlichen auf die Kritik von CYRIL HEGNAUER (a.a.O.) zurückgehen, betreffen Aspekte, welche schon im Jahre 1989 bekannt waren. Der Umstand, dass die Berufung auf die persönliche Freiheit gleichzeitig die Inanspruchnahme von ärztlichen
BGE 119 Ia 460 S. 476
Dienstleistungen und die Mitwirkung von Dritten (nämlich Ärzten und evtl. Spendern) mit sich bringt, ändert nichts daran, dass die ungewollte Kinderlosigkeit von den Betroffenen als schwere Belastung und Beeinträchtigung in einer zentralen Sinngebung des Lebens erlebt wird. Die Betroffenen können daher grundsätzlich einen Anspruch auf Nutzung ihrer reduzierten Fortpflanzungsfähigkeit erheben und verlangen, dass entsprechende Methoden auf sie angewendet werden dürfen. An der Betroffenheit in der persönlichen Freiheit vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass aus diesem Grundrecht kein Anspruch auf eine entsprechende Behandlung von seiten des Staates abgeleitet werden kann. Gesamthaft rechtfertigt sich daher ein Abweichen von der bisherigen Praxis nicht, und dies umso weniger, wenn Art. 24novies
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
Demnach ist für die Behandlung des Verbotes einzelner Techniken der Reproduktionsmedizin vom verfassungsmässigen Recht der persönlichen Freiheit auszugehen, wie es sich aus der bisherigen Rechtsprechung und in Anlehnung an die neue Bundesverfassungsbestimmung zur Fortpflanzungs- und Gentechnologie ergibt.
BGE 119 Ia 460 S. 477
c) Die Beschwerdeführer beziehen sich ferner auf die Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention. Nach Art. 8
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 14 Diskriminierungsverbot - Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
BGE 119 Ia 460 S. 478
d) Das Grundrecht der persönlichen Freiheit und die Inanspruchnahme der Reproduktionsmedizin gelten indessen nicht absolut. Einschränkungen sind zulässig, soweit sie auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sind. Zudem darf die persönliche Freiheit weder völlig unterdrückt noch ihres Gehaltes als Institution der Rechtsordnung entleert werden (BGE 113 Ia 325 S. 327 f., 112 Ia 161 S. 162, BGE 112 Ia 248 S. 249, BGE 109 Ia 273 S. 281 und 289 f., mit Hinweisen); von einer Beeinträchtigung des Kerngehalts der persönlichen Freiheit kann beim angefochtenen Erlass nicht gesprochen werden. Welche Beschränkungen der persönlichen Freiheit unter dem Gesichtswinkel des öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit zulässig sind, ist mit Rücksicht auf die dem Wandel unterworfene ethische Wertordnung und in Anbetracht der sich verändernden Sozialverhältnisse zu prüfen (BGE 97 I 45 S. 50). Die Beurteilung des öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit von Einschränkungen kann in bezug auf den vorliegenden Fall zum einen nicht generell für sämtliche Methoden der künstlichen Fortpflanzung vorgenommen werden. Zum andern ist zu unterscheiden zwischen der Frage nach dem absoluten Verbot gewisser Behandlungsmethoden und, im Falle ihrer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit, der Beurteilung, in welchem Ausmasse und unter welchen Bedingungen und Modalitäten von ihnen Gebrauch gemacht werden darf. In bezug auf die letztere Frage kommt, wie unten auszuführen ist, dem Kindeswohl zentrale Bedeutung zu (vgl. zum ganzen Absatz BGE 115 Ia 234 E. b S. 247).
6. Das basel-städtische Gesetz betreffend die Reproduktionsmedizin beim Menschen lässt nach § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 lit. a und § 3 die künstliche Insemination in der homologen Form bei Ehepaaren und Paaren, die in vergleichbarer Gemeinschaft leben, zu. Demgegenüber schliesst es aufgrund von § 4 Abs. 2 lit. a GRM die künstliche Insemination mit Spendersamen generell aus. Die Beschwerdeführer fechten dieses generelle Verbot der heterologen Insemination mit Berufung auf die persönliche Freiheit und unter Verweis auf die bisherige Rechtsprechung an und ersuchen um dessen Aufhebung. Es ist bereits oben ausgeführt worden, dass das Verbot oder die Einschränkung einzelner Methoden der künstlichen Fortpflanzung einen Eingriff in die persönliche Freiheit darstellt, auf die sich die Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren berufen können. Das gilt auch für § 4 Abs. 2 lit. a GRM. Es ist daher zu prüfen, ob hierfür
BGE 119 Ia 460 S. 479
überwiegende öffentliche Interessen bestehen und ob die Massnahme verhältnismässig ist. a) Das Bundesgericht hat sich in seinem Urteil aus dem Jahre 1989 eingehend mit der Frage nach der Zulässigkeit eines Verbotes der heterologen Insemination auseinandergesetzt und mit ausführlicher Begründung befunden, dass ein solches vor der persönlichen Freiheit nicht standhalte (BGE 115 Ia 234 E. 6a S. 249). Es ist davon ausgegangen, dass die Methode der Insemination als solche - wie auch im vorliegenden Fall nach § 4 Abs. 1 GRM - nicht untersagt ist und ihr keine gesundheitlichen Gründe entgegenstehen. Es ist auf die psychischen Risikofaktoren eingegangen, welche bei Ehepaaren angesichts des Vorhandenseins fremden Erbgutes bei den eigenen Kindern entstehen könnten, hat aber angefügt, dass die gefühlsmässige Bindung zu derart gezeugten Kindern nicht schwächer sei und dass sich die Frage der Aufklärung nicht wesentlich anders stelle als bei Adoptivkindern. Es hat weiter die schwierige Problematik der Auswahl der Samenspender aufgegriffen und dabei entsprechende Weisungen und Kontrollen zur Vermeidung von Missbräuchen oder von unerwünschten Blutsverwandtschaften als hinreichend bezeichnet. Schliesslich ist in rechtlicher Hinsicht ausgeführt worden, dass Schwierigkeiten in bezug auf den familienrechtlichen Status und in bezug auf die Anonymität der Spender bei entsprechender umfassender Information und allfällig einschränkenden Bedingungen das st. gallische Verbot der heterologen Insemination verfassungsrechtlich nicht hinreichend zu begründen vermöchten. b) Der Grosse Rat stellt diese Überlegungen in Frage und versucht in seiner Vernehmlassung, das Verbot der heterologen Insemination in verschiedener Hinsicht zu rechtfertigen. Seine ernsthaften und grundlegenden Bedenken und Hinweise zeugen von seiner grossen Verantwortung. Sie enthalten indessen keine grundlegend neuen Gesichtspunkte, welche es rechtfertigten, von der bisherigen, im Jahre 1989 ausführlich begründeten Rechtsprechung abzuweichen. Gesundheitliche Risiken, etwa im Zusammenhang mit AIDS, können zwar nicht in absoluter Weise, in der Praxis indessen mit entsprechenden gesetzlichen Regeln oder Richtlinien und entsprechender Kontrolle hinreichend ausgeschlossen werden. Die Problematik um die Auswahl der Spender vermag ein absolutes Verbot nicht zu begründen. Dasselbe gilt für manche rechtliche Frage, die sich im Zusammenhang mit der Heterologie stellt und auf die das Bundesgericht einlässlich eingegangen ist. In bezug auf das Kind mag zutreffen, dass es möglicherweise leichter verstehen wird, im Falle einer
BGE 119 Ia 460 S. 480
Adoption mangels Sorge der leiblichen Eltern von den Adoptiveltern aufgenommen worden zu sein, als wegen der Zeugungsunfähigkeit des sozialen Vaters mittels heterologer Insemination gezeugt worden zu sein; dem kann eine ausgeprägte Bindung der Eltern an heterolog gezeugte Kinder gegenüberstehen (vgl. JAN STEPAN, Rechtsvergleichende Gedanken zur Regelung der heterologen Insemination, in: Mélanges en l'honneur d'Alfred von Overbeck, Fribourg 1990, S. 559 ff.). Auch bei einer gesamthaften Betrachtung all dieser Einwendungen rechtfertigt es sich unter dem Gesichtswinkel der Verhältnismässigkeit nicht, von der bisherigen Praxis abzuweichen. Dies drängt sich umso weniger auf, wenn Art. 24novies
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
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BGE 119 Ia 460 S. 481
der heterologen Insemination in der Folge nicht mehr aufgegriffen und diskutiert worden. Diese Meinungsäusserungen haben schliesslich in der neuen Verfassungsbestimmung auch ihren Niederschlag gefunden. Nach Art. 24novies Abs. 2 lit. c
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BGE 119 Ia 460 S. 482
e) Mit der Streichung von § 4 Abs. 2 lit. a GRM stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen die heterologe Insemination zuzulassen ist und in welcher Hinsicht sie eingeschränkt werden kann. aa) Die vom angefochtenen Gesetz betreffend die Reproduktionsmedizin beim Menschen in der homologen Form zugelassene künstliche Insemination darf nach § 4 Abs. 3 GRM nur von einer zur Ausübung des Arztberufes berechtigten Person vorgenommen werden; die Vornahme bedarf nach § 7 Abs. 1 GRM der schriftlichen Einwilligung des Paares und erfordert im Sinne von § 7 Abs. 2 und Abs. 3 GRM eine entsprechende Information und Aufklärung. Diese nicht angefochtenen und verhältnismässigen Bedingungen und Auflagen haben nach dem Sinn und der Systematik des angefochtenen Erlasses erst recht für die nunmehr im Grundsatz zuzulassende künstliche Insemination mit Samenzellen eines Dritten Gültigkeit. Ferner findet § 6 GRM Anwendung, wonach Eingriffe in das Erbgut und die Einflussnahme auf das Geschlecht oder die Erbeigenschaften des Kindes untersagt sind (vgl. auch Art. 24novies Abs. 2 lit. c Satz 1 am Ende). Dem kantonalen Gesetzgeber kommt schliesslich ein gewisser Spielraum zu, die heterologe Insemination an weitere Bedingungen zu knüpfen (vgl. BGE 115 Ia 234 S. 258 f.). Schliesslich sieht Art. 24novies
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IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
bb) Es stellt sich im weitern die Frage, ob die künstliche Insemination mit Spendersamen sowohl bei verheirateten Ehepaaren wie auch bei Konkubinatspaaren, die in einer vergleichbaren Gemeinschaft leben, angewendet werden dürfe. Die Beschwerdeführer werfen dieses Problem nicht ausdrücklich auf und verlangen mit ihrer Verfassungsbeschwerde nicht, dass die heterologe Insemination Ehepaaren und Konkubinatspaaren offengehalten werden müsse. Es braucht daher im folgenden nur kurz darauf eingegangen zu werden. Zu dieser Frage lässt sich weder Art. 24novies
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
BGE 119 Ia 460 S. 483
der Bundesgesetzgeber im Rahmen des ihm eingeräumten Spielraumes darüber zu befinden haben. Das bedeutet, dass es zur Zeit in erster Linie Sache des kantonalen Gesetzgebers ist, zu entscheiden und im einzelnen festzulegen, ob und unter welchen Bedingungen die heterologe Form der artifiziellen Insemination Ehepaaren und Konkubinatspaaren offenstehen soll. Das Bundesgericht hat in seinem Entscheid zur St. Galler Gesetzgebung zu diesem Fragenkomplex nicht abschliessend Stellung genommen. Es hat dazu ausgeführt, dass die Bestimmungen des Schweizerischen Zivilgesetzbuches im Falle der heterologen Insemination bei Konkubinatsverhältnissen keine rechtliche Vaterschaft entstehen lassen. Eine solche kann auch nicht in rechtsverbindlicher Weise hergestellt werden, da eine Anerkennung im Sinne von Art. 260
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 260 - 1 Besteht das Kindesverhältnis nur zur Mutter, so kann der Vater das Kind anerkennen. |
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1 | Besteht das Kindesverhältnis nur zur Mutter, so kann der Vater das Kind anerkennen. |
2 | Ist der Anerkennende minderjährig, steht er unter umfassender Beistandschaft oder hat die Erwachsenenschutzbehörde eine entsprechende Anordnung getroffen, so ist die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters notwendig.275 |
3 | Die Anerkennung erfolgt durch Erklärung vor dem Zivilstandsbeamten oder durch letztwillige Verfügung oder, wenn eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft hängig ist, vor dem Gericht. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 260a - 1 Die Anerkennung kann von jedermann, der ein Interesse hat, beim Gericht angefochten werden, namentlich von der Mutter, vom Kind und nach seinem Tode von den Nachkommen sowie von der Heimat- oder Wohnsitzgemeinde des Anerkennenden. |
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1 | Die Anerkennung kann von jedermann, der ein Interesse hat, beim Gericht angefochten werden, namentlich von der Mutter, vom Kind und nach seinem Tode von den Nachkommen sowie von der Heimat- oder Wohnsitzgemeinde des Anerkennenden. |
2 | Dem Anerkennenden steht diese Klage nur zu, wenn er das Kind unter dem Einfluss einer Drohung mit einer nahen und erheblichen Gefahr für das Leben, die Gesundheit, die Ehre oder das Vermögen seiner selbst oder einer ihm nahe stehenden Person oder in einem Irrtum über seine Vaterschaft anerkannt hat. |
3 | Die Klage richtet sich gegen den Anerkennenden und das Kind, soweit diese nicht selber klagen. |
BGE 119 Ia 460 S. 484
stabile Konkubinatspaare als zugelassen betrachtet werden. Ebenso könnte die Meinung vertreten werden, dass der Gesetzgeber historisch gesehen nur das eine zulässige Verfahren der homologen Insemination sowohl für Ehepaare als auch Konkubinatspaare zulassen wollte und daher mit der Aufhebung des Verbotes der heterologen Insemination die Ausdehnung der Methoden nicht ohne weiteres auch für die Konkubinatspaare gelten solle. - Wie es sich damit verhält, kann im vorliegenden abstrakten Normenkontrollverfahren offengelassen werden. Wie dargetan, kann der kantonale Gesetzgeber in dieser Hinsicht weitere Anordnungen treffen. Es ist bis dahin von den Behörden darüber zu entscheiden, ob gestützt auf den nunmehr korrigierten Gesetzestext auch Konkubinatspaare zur heterologen Insemination zuzulassen sind. Dabei dürfen die Behörden berücksichtigen, dass das Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit keinen unbedingten Anspruch von Konkubinatspaaren auf Zulassung zur heterologen Insemination einräumt und gestützt auf dieses Verfassungsrecht auch kein Anspruch auf eine entsprechende Leistung gegenüber dem Staat erhoben werden kann.
7. § 4 Abs. 2 lit. d und lit. e GRM verbieten die In-vitro-Fertilisation (IVF) mit anschliessendem Embryotransfer (ET). Unter In-vitro-Fertilisation wird nach § 2 Abs. 3 GRM die in einem Gefäss ausserhalb des Mutterleibes herbeigeführte Verschmelzung und Befruchtung von instrumentell entnommenen Eizellen mit Samenzellen verstanden; der anschliessende Embryotransfer ist entsprechend § 2 Abs. 4 GRM die Einführung der sich entwickelnden Frucht in die Gebärmutter (vgl. auch die Umschreibungen in BBl 1989 III 1042 ff. und 1164 ff.). Auch diese beiden Bestimmungen von § 4 Abs. 2 lit. d und lit. e GRM fechten die Beschwerdeführer unter zulässiger Berufung auf die persönliche Freiheit an und verlangen deren Aufhebung. Es wird zu prüfen sein, ob für dieses absolute Verbot hinreichende öffentliche Interessen bestehen und ob diese die privaten Interessen überwiegen. a) Das Bundesgericht hat sich im Jahre 1989 eingehend mit der Problematik der In-vitro-Fertilisation mit anschliessendem Embryotransfer auseinandergesetzt und die sich gegenüberstehenden Interessen sorgfältig abgewogen (BGE 115 Ia 234 E. 9 S. 262). Es kann entgegen der Auffassung des Grossen Rates nicht gesagt werden, es habe nur einzelne Aspekte isoliert betrachtet und damit die Frage der Zulassung der IVF/ET nie im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung beurteilt. Im einzelnen hat das Bundesgericht dem Umstand, dass die Krankenkassen nicht gehalten sind,
BGE 119 Ia 460 S. 485
entsprechende Behandlungen zu übernehmen (vgl. neu BGE 119 V 26), keine Bedeutung zugemessen. Es hat sich detailliert mit der Problematik des Schicksals und der Verwendung von (überzähligen) Embryonen und den damit zusammenhängenden Missbrauchsgefahren auseinandergesetzt. Angesichts des Umstandes, dass mit der Befruchtung einer Eizelle in bezug auf das Erbgut eine menschliche Individualität determiniert ist, kann das Schicksal des Embryos in vitro für die Rechtsgemeinschaft in der Tat nicht gleichgültig sein. Soweit solche Embryos der Mutter eingepflanzt werden, werden sie einer natürlichen Entwicklung zugeführt. Die Embryos in vitro geniessen den strafrechtlichen Schutz von Art. 118 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 118 - 1 Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Wer eine Schwangerschaft ohne Einwilligung der schwangeren Frau abbricht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr166 bis zu zehn Jahren bestraft. |
3 | Die Frau, die ihre Schwangerschaft nach Ablauf der zwölften Woche seit Beginn der letzten Periode abbricht, abbrechen lässt oder sich in anderer Weise am Abbruch beteiligt, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 Absatz 1 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
4 | In den Fällen der Absätze 1 und 3 tritt die Verjährung in drei Jahren ein.167 |
BGE 119 Ia 460 S. 486
"cui bono". Dennoch vermag der Grosse Rat keine Aspekte aufzuzeigen, welche nicht auch schon bei der Entscheidung über die gesetzliche Regelung des Kantons St. Gallen bekannt gewesen und gesamthaft berücksichtigt worden sind. Die Belastung der Frau darf in der Tat nicht verharmlost werden, auch wenn sie sich einer entsprechenden Therapie aus eigenem Willen unterzieht. Das Risiko häufigerer Mehrlingsschwangerschaften und Kaiserschnittentbindungen sowie Frühgeburten ist nicht von entscheidendem Gewicht. Wie schon im bundesgerichtlichen Präjudiz ist der Einwand des möglichen Missbrauchs mit Embryonen sehr ernst zu nehmen. Beim Befruchtungsvorgang in vitro kann es vorkommen, dass entwicklungsunfähige Embryonen entstehen, die nicht eingepflanzt werden können. Für solche Fälle bedarf es einer eingehenden Kontrolle und Überwachung über die weitere Verwendung. Dasselbe gilt hinsichtlich des Umstandes, dass bereits mit der Gewinnung von Samen- und insbesondere Eizellen eine potentielle Gefahr von Missbräuchen geschaffen wird. Für sich allein genommen stellt die geringe Erfolgsquote von lediglich rund 5 Prozent auch nach der Auffassung des Grossen Rates keinen hinreichenden Grund für ein Verbot der IVF/ET dar; er weist aber darauf hin, dass bei diesem Verfahren eine grosse Zahl von Embryonen erzeugt und eingepflanzt werden müssen, um in einem einzigen Fall mit einer erfolgreichen Geburt rechnen zu können. Auch bei erneuter Prüfung vermögen diese Vorbringen zu keinem andern Ergebnis zu führen, so dass die bisherigen bundesgerichtlichen Erwägungen weiterhin Gültigkeit haben und das prinzipielle Verbot der IVF/ET vor der persönlichen Freiheit nicht standhält. - Wie schon im Zusammenhang mit der heterologen Form der künstlichen Insemination ausgeführt (oben E. 6c), wird die bisherige Rechtsprechung zur IVF/ET auch durch den neuen Verfassungsartikel und dessen Entstehungsgeschichte bestärkt. c) Mit seiner Botschaft zum heutigen Art. 24novies
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
BGE 119 Ia 460 S. 487
Amtl.Bull. SR 1990 489, 490 und 491). Der Nationalrat führte eine ausgedehnte Debatte zur Frage, ob die In-vitro-Fertilisation im Grundsatze, wenn auch nur unter einschränkenden Bedingungen, zuzulassen oder aber ganz generell bereits auf Verfassungsstufe zu untersagen sei. Der Rat ging dabei auf die verschiedensten Probleme und insbesondere auch auf die Frage der Verwendung und des Schicksals von überzähligen Embryonen ein. Schliesslich hat er einen ausdrücklichen Antrag, die Befruchtung menschlicher Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau zu verbieten, unter Namensaufruf abgelehnt (Amtl.Bull. NR 1991 601 (Antrag der Minderheit II) und 617 f. (Abstimmung) sowie S. 602 ff. (Diskussion)). Der Ständerat behandelte die Frage im Sinne einer prinzipiellen Zulässigkeit darauf erneut (Amtl.Bull. SR 1991 450 ff. (Diskussion) und 457 (Abstimmung)). Das Ergebnis der parlamentarischen Beratung hierzu ist die heutige Bestimmung von Art. 24novies Abs. 2 lit. c
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
BGE 119 Ia 460 S. 488
vorliegenden Zusammenhang die Frage, unter welchen Bedingungen die IVF/ET zuzulassen ist und in welcher Hinsicht sie eingeschränkt werden kann. aa) Nach dem Sinn und der Systematik des angefochtenen Gesetzes hat das Verbot des Eingriffs in das Erbgut und der Einflussnahme auf Geschlecht und Erbeigenschaften des Kindes (§ 6 GRM) auch für die IVF/ET Gültigkeit; ferner gelten die Erfordernisse der schriftlichen Einwilligung sowie der Information und Aufklärung (§ 7 GRM). Eine IVF/ET kann nicht ohne Beizug eines Arztes vorgenommen werden (§ 4 Abs. 3 GRM). Und in gleicher Weise sind die Vorschriften nach § 8 GRM zu beachten. Schliesslich dürfen die Verfahren der Fortpflanzungshilfe nach Bundesverfassungsrecht nur angewendet werden, wenn die Unfruchtbarkeit oder die Gefahr der Übertragung einer schweren Krankheit nicht anders behoben werden kann (Art. 24novies Abs. 2 lit. c
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
bb) Neben diesen Randbedingungen verfügt der kantonale Gesetzgeber über einen breiten Spielraum, die Voraussetzungen und den Zugang zur IVF/ET festzulegen, solange der Bundesgesetzgeber noch keine Ausführungsnormen zu Art. 24novies
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BGE 119 Ia 460 S. 489
SR 1990 478 sowie die Medizinisch-ethischen Richtlinien mit dem Verbot der Heterologie bei unverheirateten Paaren nach Ziff. 3.2 Satz 2). Aus dem ungeschriebenen Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit kann kein unbedingter Anspruch auf Zulassung zu allen Formen und Varianten der In-vitro-Fertilisation abgeleitet und ebensowenig ein entsprechender Anspruch auf Leistungen gegenüber dem Staat erhoben werden. Es ist demnach Sache des kantonalen Gesetzgebers, im Rahmen der vorstehenden Bedingungen gestützt auf das eigene Recht den Zugang zur IVF/ET zu umschreiben, entsprechende Ansprüche einzuräumen oder aber Beschränkungen zu erlassen. Auch in dieser Hinsicht wird der Grosse Rat darüber zu entscheiden haben, ob er das Gesetz über die Reproduktionsmedizin beim Menschen ergänzen will und in welchem Ausmasse die IVF/ET mit der Aufhebung der Verbotsnorm von Art. 4 Abs. 2 lit. d und lit. e GRM als zugelassen gelten soll. Wie vorne im Zusammenhang mit der heterologen Insemination ausgeführt (E. 6e/cc), wird über die Auslegung des nunmehr noch bestehenden Gesetzestextes allenfalls im Einzelfall entschieden werden müssen.
8. § 4 Abs. 2 lit. c GRP untersagt den intratubaren Gametentransfer (gamete intrafallopian transfer, GIFT). Darunter wird die künstliche Einführung von Samen- und Eizellen in den Eileiter zum Zwecke der Verschmelzung verstanden (§ 2 Abs. 2 GRM; BBl 1989 III 1044 und 1169). a) Die Beschwerdeführer fechten auch dieses Verbot an. Sie erklären, der intratubare Gametentransfer sei - abgesehen von der homologen Insemination - die "harmloseste" aller künstlichen Fortpflanzungsmethoden. Es entstehe dabei kein menschlicher Embryo ausserhalb des Mutterkörpers. Die Keimzellen vereinigten sich im Körper der Frau und würden lediglich zuvor künstlich dorthin verbracht. Selbst der Kanton St. Gallen habe diese Form der Fortpflanzungshilfe nicht verboten. Demgegenüber räumt der Grosse Rat ein, es treffe wohl zu, dass sich das Problem der überzähligen Embryonen beim GIFT insoweit nicht stelle, als die Befruchtung im Mutterleib und nicht in vitro erfolge. Doch seien die gesundheitlichen Risiken nicht geringer und sei die Erfolgsrate nicht wesentlich höher. Es stelle sich das Problem des Absterbens von Embryonen in ähnlicher Weise. Schliesslich sei auch die Missbrauchsgefahr gegeben, bestehe diese doch immer dort, wo die Eizelle für Manipulationen zur Verfügung stehe. Zwischen IVF/ET und GIFT bestehe somit kein entscheidender Unterschied, der eine grundlegend andere Beurteilung zwingend erfordere. Das
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Verbot des GIFT erweise sich somit aus denselben Gründen wie dasjenige von IVF/ET als gerechtfertigt und verhältnismässig. b) Das Bundesgericht hat in seinem Entscheid vom Jahre 1989 keine Ausführungen zum intratubaren Gametentransfer gemacht, da diese Methode vom st. gallischen Gesetzgeber ausdrücklich zugelassen worden war (vgl. BGE 115 Ia 234 S. 238). Ein Vergleich mit der IFV/ET drängt sich insofern auf, als auch beim GIFT zuerst Samen- und Eizellen gewonnen werden müssen, was bei der Frau mit einem Eingriff verbunden ist. Der intratubare Gametentransfer unterscheidet sich indessen grundlegend von der IVF/ET dadurch, dass keine Befruchtung in vitro erfolgt und demnach keine Embryonen ausserhalb des Körpers der Frau entstehen; vielmehr werden die Keimzellen gemeinsam in den Eileiter eingeführt, damit sie sich im Körper verschmelzen können. Damit entfällt die Problematik um die Verwendung überzähliger Embryonen zum vornherein. Nicht ins Gewicht fällt, dass im Falle einer Verschmelzung der Keimzellen das dadurch entstandene Embryo in gleicher Weise wie bei einer natürlichen Befruchtung abgestossen werden kann. Und auch die Missbrauchsgefahr wird bei dieser Sachlage in entscheidendem Masse verringert. Die relativ geringe Erfolgsrate stellt unter dem Gesichtswinkel der Verhältnismässigkeit keinen Umstand dar, der das Verbot der Methode zu rechtfertigen vermöchte. Da bereits die In-vitro-Fertilisation verfassungsrechtlich zuzulassen ist, kann nach den Grundsätzen der persönlichen Freiheit auch der intratubare Gametentransfer nicht untersagt werden. Dieses Ergebnis wird in ähnlicher Weise wie für die heterologe Insemination und die In-vitro-Fertilisation durch die Entstehungsgeschichte von Art. 24novies
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 118 - 1 Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Wer eine Schwangerschaft ohne Einwilligung der schwangeren Frau abbricht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr166 bis zu zehn Jahren bestraft. |
3 | Die Frau, die ihre Schwangerschaft nach Ablauf der zwölften Woche seit Beginn der letzten Periode abbricht, abbrechen lässt oder sich in anderer Weise am Abbruch beteiligt, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 Absatz 1 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
4 | In den Fällen der Absätze 1 und 3 tritt die Verjährung in drei Jahren ein.167 |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
BGE 119 Ia 460 S. 491
über die Reproduktionsmedizin beim Menschen hinsichtlich der Insemination gültigen Schranken. Darüber hinaus sind diejenigen Bedingungen und Einschränkungen zu beachten, wie sie sich aus Art. 24novies Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 118 - 1 Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Wer eine Schwangerschaft ohne Einwilligung der schwangeren Frau abbricht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr166 bis zu zehn Jahren bestraft. |
3 | Die Frau, die ihre Schwangerschaft nach Ablauf der zwölften Woche seit Beginn der letzten Periode abbricht, abbrechen lässt oder sich in anderer Weise am Abbruch beteiligt, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 Absatz 1 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
4 | In den Fällen der Absätze 1 und 3 tritt die Verjährung in drei Jahren ein.167 |
9. Die Beschwerdeführer fechten neben den eben behandelten Verboten einzelner Methoden der Fortpflanzungshilfe die Bestimmung von § 5 GRM an, der die Konservierung von Keimzellen und Embryonen ordnet. Die Bestimmung enthält einen Absatz über die Konservierung von Samenzellen einerseits und einen solchen zu den Eizellen und Embryonen andererseits. Es rechtfertigt sich, die Anfechtung der beiden Absätze getrennt voneinander zu behandeln. Nach § 5 Abs. 1 GRM dürfen Samenzellen nur während der laufenden ärztlichen Behandlungsphase konserviert werden; diese umfasst in der Regel drei, jedoch höchstens sieben Tage. Die Beschwerdeführer verlangen unter Berufung auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur persönlichen Freiheit die Aufhebung dieser Bestimmung. Sie machen geltend, vor einer Krebsbehandlung mit Strahlentherapie soll sich der Patient die Chance zu eigenem, nicht-strahlengeschädigtem Nachwuchs durch vorgängige Samenhinterlegung wahren können. Die Methode der Kryokonservierung von Samenzellen sei heute gut entwickelt und erlaube eine sichere Langzeitaufbewahrung. Es sei kein vernünftiger Grund ersichtlich, die Chance eigenen, erbgesunden Nachwuchses durch ein Konservierungsverbot vorzuenthalten. Zudem sei nach § 8 Abs. 2 GRM die Forschung an Samenzellen erlaubt. Das Verbot verstosse demzufolge gegen die Verfassung. a) Das Bundesgericht hat bereits im Jahre 1989 zur Aufbewahrung von Samenzellen ausführlich Stellung genommen (BGE 115 Ia 234 E. 8 S. 259). Danach kann sich der aufgrund der persönlichen Freiheit verfassungsrechtlich geschützte Kinderwunsch nicht nur bei Wunscheltern zeigen, welche in einer bestimmten Situation und in einem gewissen Zeitpunkt moderne Methoden der Fortpflanzungsmedizin
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in Anspruch nehmen möchten. Es ist ebenso sehr denkbar, dass ein fester, aber noch nicht aktueller Kinderwunsch im Rahmen des Möglichen für die Zukunft gesichert werden soll. Diese Situation kann sich etwa bei verheirateten oder nicht verheirateten Männern ergeben, die sich infolge ihrer Berufsausübung oder wegen einer Hodenkrebsbehandlung der Gefahr ausgesetzt sehen, später keine Kinder mehr zeugen oder eine natürliche Zeugung wegen genetischer Veränderungen der Samenzellen und den damit verbundenen Risiken für das Kind nicht mehr verantworten zu können. Auch dieser Aspekt betrifft das ungeschriebene Grundrecht der persönlichen Freiheit.
In jenem Verfahren hat das Bundesgericht das generelle Verbot des Samendepots als verfassungswidrig bezeichnet. Hierfür ist es davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber die kurzfristige Aufbewahrung von Samenzellen zulässt und demnach der Methode der Kryokonservierung als solcher keine gesundheitlichen Gründe entgegenstehen. Es sind denn auch keine Bedenken bekannt, dass die Kryokonservierung eine Veränderung der Samenzellen bewirken würde und dass bei ihrer Verwendung gesundheitliche Risiken für Mutter und Kind entstehen könnten. Eine spezielle Missbrauchsgefahr hat das Bundesgericht nicht erkennen können, da solche bei einer längerfristigen Aufbewahrung nicht wesentlich grösser erscheint als bei einer vom Gesetzgeber zugelassenen kürzeren Dauer. Aber auch andere Gründe vermochten ein absolutes Verbot der Aufbewahrung von Samenzellen im Hinblick auf eine spätere eigene Verwendung unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Freiheit nicht zu rechtfertigen. Diese Erwägungen bezogen sich sowohl auf verheiratete als auch auf unverheiratete Männer (BGE 115 Ia 234 S. 260 f.). b) Demgegenüber bringt der Grosse Rat vor, die Beschränkung der Konservierung von Samenzellen stehe in engem Zusammenhang mit dem Verbot der heterologen künstlichen Insemination. Der Kanton Basel-Stadt wolle damit sicherstellen, dass keine Samenbanken entstünden, mit denen dieses Verbot allenfalls umgangen werden könnte. Er bewerte im übrigen das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Missbräuchen höher als das individuelle Interesse einzelner Personen an der langfristigen Aufbewahrung ihrer Samenzellen. Selbst wenn das Bundesgericht für den speziellen Fall der Strahlentherapie bei Hodenkrebs (und nur um diesen oder ähnliche Fälle könne es hier gehen) eine Aufbewahrungsdauer von sieben Tagen als zu kurz ansehen sollte, so müsse jedenfalls eine zeitliche Grenze zulässig sein.
BGE 119 Ia 460 S. 493
Diese Überlegungen des Grossen Rates vermögen gegenüber der bisherigen Rechtsprechung nicht durchzudringen. Er bringt keine wesentlich neuen Gründe vor, welche in der Interessenabwägung des Bundesgerichts nicht schon mitberücksichtigt worden wären. Es gilt insbesondere darauf hinzuweisen, dass einer längeren Aufbewahrung keine gesundheitlichen Interessen entgegenstehen. Die Missbrauchsgefahr ist bei einer längerfristigen, aber geordneten und kontrollierten Aufbewahrung nicht in erheblichem Masse grösser als bei kurzfristiger Konservierung im Hinblick auf eine konkrete Behandlung; zudem sind Samenzellen ohnehin jederzeit ohne grösseren Aufwand erhältlich. Schliesslich geht wohl auch der kantonale Gesetzgeber mit der Bestimmung von § 8 Abs. 2 GRM, wonach die Forschung an Keimzellen unter bestimmten Bedingungen zulässig ist, davon aus, dass Samenzellen grundsätzlich über eine Dauer von sieben Tagen hinaus konserviert werden dürfen. Die Aufbewahrung von eigenen Samenzellen im Hinblick auf eine spätere Verwendung - etwa in Anbetracht einer gefährlichen Berufsausübung oder einer Strahlenbehandlung wegen (Hoden-)Krebs - kann unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Freiheit mit solchen Gründen nicht untersagt werden. Soweit das Verbot der längerfristigen Aufbewahrung von Samenzellen und die Verhinderung von eigentlichen Samenbanken mit dem gesetzlichen Verbot der heterologen Insemination begründet wird, kann daran schon aufgrund der vorstehenden Erwägungen, mit denen die heterologe Insemination im Grundsatz zulässig erklärt wird (E. 6), nicht festgehalten werden. Die meisten behandelten Reproduktionsmethoden setzen die Aufbewahrung von Samenzellen weitgehend voraus. Schliesslich geht auch der Verfassungsgeber mit Art. 24novies Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 118 - 1 Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Wer eine Schwangerschaft ohne Einwilligung der schwangeren Frau abbricht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr166 bis zu zehn Jahren bestraft. |
3 | Die Frau, die ihre Schwangerschaft nach Ablauf der zwölften Woche seit Beginn der letzten Periode abbricht, abbrechen lässt oder sich in anderer Weise am Abbruch beteiligt, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 Absatz 1 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
4 | In den Fällen der Absätze 1 und 3 tritt die Verjährung in drei Jahren ein.167 |
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Verwechslungen und nach Ausschluss einer grösseren Zahl von unerwünschten und unerkannten genetischen Verwandtschaften kann die Aufbewahrung bei einer zentralen Stelle wie etwa dem Kantonsspital vorgesehen werden. Ebensowenig ist es ausgeschlossen, die Konservierung auf eine bestimmte Dauer zu beschränken und die Verwendung von Samenzellen eines Verstorbenen zu verbieten (BGE 115 Ia 234 E. c S. 261 und S. 258; vgl. die nicht angefochtene Bestimmung von § 4 Abs. 2 lit. b GRM sowie die Medizinisch-ethischen Richtlinien, Ziff. 10 und 12). In diesem Rahmen kann auch dem Anliegen des kantonalen Gesetzgebers grundsätzlich Rechnung getragen werden, dass hinterlegte Samenzellen vom Hinterleger nur so lange verwendet werden dürfen, als dieser beim natürlichen Gang der Dinge zu einer Zeugung noch fähig wäre. Es ist daher allenfalls Sache des Kantons, entsprechende ergänzende Vorschriften zu erlassen und die Bedingungen im einzelnen festzulegen.
10. Die Beschwerdeführer richten ihre Beschwerde auch gegen § 5 Abs. 2 GRM, wonach die Konservierung von Eizellen und Embryonen verboten ist, und verlangen dessen Aufhebung. Für die folgende Behandlung ist zwischen der Aufbewahrung von Eizellen und derjenigen von Embryonen (unten E. 11) zu unterscheiden. a) Die Beschwerdeführer bringen in dieser Hinsicht vor, es stelle eine Verletzung der persönlichen Freiheit dar, dass der Frau die Konservierung von Eizellen in genereller Weise untersagt werde. Bereits die geforderte Zulassung der In-vitro-Fertilisation erfordere als Methode eine minimale Aufbewahrung von Eizellen. Es müsse der Frau auch erlaubt werden, Eizellen zu diagnostischen Zwecken untersuchen und entsprechend aufbewahren zu lassen. Auf dem Gebiete der Eizellengewinnung seien im übrigen in den letzten Jahren grosse Fortschritte erzielt worden; insbesondere sei es nunmehr möglich, der Frau ohne Vollnarkose ambulant Eizellen zu entnehmen. Zudem erfordere die nach § 8 Abs. 2 GRM im Grundsatz zugelassene Forschung ein Minimum an Konservierung gerade auch von Eizellen. Demgegenüber betont der Grosse Rat die ungenügende Erprobung der Aufbewahrung von Eizellen auf längere Dauer. Er bringt vor, eine spätere Verwendung von eigenen Eizellen sei mit einem Aufbewahren von Samenzellen für eine Verwendung nach einer Strahlenbehandlung nicht vergleichbar; denn bei einer Bestrahlung der Frau würde auch die Gebärmutterfunktion beeinträchtigt, so dass sich die Aufbewahrung von eigenen Eizellen nicht als nützlich erweise. Die grosse Missbrauchsgefahr, welche mit der Gewinnung und längerfristigen
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Aufbewahrung von Eizellen begründet wird, lasse deren Verbot rechtfertigen. b) Das Bundesgericht hat sich mit der Methode der Aufbewahrung von Eizellen und deren Zulässigkeit bzw. Beschränkbarkeit in seinem Präjudiz nicht näher auseinandergesetzt (vgl. BGE 115 Ia 234 S. 262 oben). Es ist oben ausgeführt worden, dass die absoluten Verbote der IVF/ET und des GIFT als Methode vor der Verfassung nicht standzuhalten vermögen und diese Methoden daher, unter allenfalls einschränkenden Bedingungen, im Grundsatze zuzulassen sind. Diese Techniken setzen nun aber eine minimale Aufbewahrung von Eizellen geradezu voraus. Die entnommenen Eizellen müssen vor ihrer Verwendung für die IVF/ET und den GIFT behandelt werden. Es können nicht Eizellen entnommen und gewissermassen gleichzeitig in vitro befruchtet bzw. zusammen mit Samenzellen intratubar in die Gebärmutter eingefügt werden. Ein absolutes Aufbewahrungsverbot würde damit die als zulässig erachteten Methoden der IVF/ET und des GIFT verunmöglichen. Schon aus diesem Grunde steht das absolute Aufbewahrungsverbot mit der persönlichen Freiheit nicht im Einklang. Dieser Schluss steht auch mit der neuen Verfassungsbestimmung von Art. 24novies
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Konservierung von Eizellen von Verfassungs wegen nicht in genereller Weise verboten werden kann. Die Beschwerde erweist sich demnach in diesem Punkte als begründet, und die Worte "Eizellen und" sind aus § 5 Abs. 2 GRM zu streichen. c) Die Zulassung der Eizellenkonservierung bedeutet nun aber nicht, dass diese nicht Einschränkungen unterstellt werden könnte. Es ist dem kantonalen Gesetzgeber daher bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften unbenommen, die Bedingungen der Konservierung von Eizellen im Rahmen der vorstehenden Erwägungen durch kantonale Normen im einzelnen festzulegen. Angesichts der
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Aufhebung des absoluten Verbotes der Eizellenkonservierung wird sich der Grosse Rat auch dieser Frage erneut annehmen können. Dabei darf er den technischen Entwicklungsstand berücksichtigen; die Langzeitgefrierung von Eizellen gilt heute noch als ungenügende Methode, auch wenn in der Fachliteratur darauf hingewiesen wird, dass es schon verschiedentlich gelungen sei, unbefruchtete Eizellen zu kryokonservieren (KELLER/GÜNTHER/KAISER, a.a.O., Rz. 4 zu § 1 Abs. 1 Nr. 5, S. 167). Die Aufbewahrung von männlichen und weiblichen Keimzellen braucht nicht in derselben Weise geregelt zu werden, da sie sehr unterschiedliche Fragen aufwirft. Die Gewinnung von Samen- bzw. Eizellen ist verschieden und die medizinischen Möglichkeiten stossen auf grundlegende Unterschiede. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer kann daher nicht verlangt werden, dass die Konservierung für männliche bzw. weibliche Keimzellen in derselben Weise geordnet wird.
11. Die Beschwerdeführer fechten in diesem Zusammenhang überdies das generelle Verbot nach § 5 Abs. 2 GRM an, Embryonen aufzubewahren. a) In prozessualer Hinsicht bringt der Grosse Rat vor, die Beschwerdeführer verlangten in ihrem Antrag zwar die Aufhebung der ganzen Bestimmung von § 5 Abs. 2 GRM inklusive des Verbotes der Konservierung von Embryonen. In der Beschwerdebegründung bezögen sie sich indessen in keiner Weise auf die Embryonenaufbewahrung und machten in dieser Hinsicht keine Verfassungsverletzung geltend, weshalb insoweit auf die Beschwerde nicht eingetreten werden könne. Demgegenüber replizieren die Beschwerdeführer, die Begründung ergebe sich mindestens sinngemäss aus ihren Ausführungen zum Konservierungsverbot von Eizellen sowie aus ihrer Anfechtung des Verbotes der IVF/ET als solcher. Es kann nicht übersehen werden, dass die Beschwerdeführer trotz ihres Aufhebungsantrages nicht im einzelnen begründen, weshalb das Verbot der Embryonenkonservierung in seiner Gesamtheit gegen die Verfassung verstossen sollte. Ihr Antrag reicht damit tatsächlich über die abgegebene Beschwerdebegründung hinaus; soweit die Beschwerdeführer das Verbot einer langfristigen Konservierung von Embryonen anfechten, kann demnach auf ihre Beschwerde nicht eingetreten werden. Es ist andererseits aber auch zu beachten, dass die Beschwerdeführer das generelle Verbot der In-vitro-Fertilisation mit nachfolgendem Embryotransfer in zulässiger Weise angefochten haben; soweit diese Methode ein Mindestmass an Aufbewahrung von Embryonen voraussetzt, bezieht sich ihre Beschwerde auch auf § 5
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Abs. 2 GRM. In diesem Rahmen ist demnach auf die Anfechtung des Embryonenkonservierungsverbotes einzutreten. b) Nach den obenstehenden Erwägungen ist die In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer verfassungsrechtlich im Grundsatze zuzulassen. Bei der Anwendung dieser Methode werden operativ gewonnene Eizellen der Frau ausserhalb ihres Körpers mit Spermien befruchtet; hernach werden die sich entwickelnden Embryonen der Frau eingepflanzt. Ein solches Vorgehen erfordert ein minimales Aufbewahren der auf diese Weise entstandenen Embryonen. Soweit mit § 5 Abs. 2 GRM schon ein derartiges Aufbewahren untersagt werden sollte, hält die Bestimmung vor der persönlichen Freiheit nicht stand. Diese Betrachtung wird bestärkt durch Art. 24novies
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IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
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Beschränkung hat als Rahmenbedingung auch für die kantonale Gesetzgebung Gültigkeit. Diese Überlegungen zeigen, dass zum Zwecke der Bekämpfung von Missbräuchen keine überzähligen Embryonen erzeugt und etwa im Hinblick auf einen späteren Zyklus kryokonserviert aufbewahrt werden dürfen. In dieser grundsätzlichen Hinsicht erweist sich die Beschwerde demnach als unbegründet. - Soweit lediglich die Aufbewahrung von Embryonen bis zur unmittelbaren Einpflanzung in den weiblichen Körper in Frage steht, ist sie in Anbetracht der Zulässigkeit der IVF/ET zu gestatten. Das Verbot der Konservierung von Embryonen nach § 5 Abs. 2 GRM lässt sich in diesem Sinne verfassungskonform interpretieren. Einer förmlichen Aufhebung bedarf es hierfür nicht. Demnach ist die Beschwerde in bezug auf das Verbot der Aufbewahrung von Embryonen nach § 5 Abs. 2 GRM im Sinne der vorstehenden Erwägungen abzuweisen. c) Anlässlich der ständerätlichen Beratung der nunmehr in Kraft stehenden Vorgabe von Art. 24novies Abs. 2 lit. c
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werden sollte, wenn bei dieser Methode Missbräuche ausgeschlossen seien. Von wissenschaftlicher Seite her wird darauf hingewiesen, dass eine derartige Aufbewahrung von Eizellen im Vorkernstadium leichter zu bewerkstelligen sei als eine Kryokonservierung von unbefruchteten Eizellen (vgl. insbes. Amtl.Bull. SR 1991 452 und 456; KELLER/GÜNTHER/KAISER, a.a.O., Rz. 4 und 22 zu § 1 Abs. 1 Nr. 5, S. 167 f.). Wie es sich mit dieser differenzierenden Betrachtungsweise und dem Verbot der Aufbewahrung von Embryonen im Sinne von Art. 24novies Abs. 2 lit. c
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
12. § 8 Abs. 1 des angefochtenen Gesetzes schreibt vor, dass lebende Embryonen, Föten oder Teile davon nicht zu Forschungszwecken verwendet werden dürfen. a) Die Beschwerdeführer machen in bezug auf § 8 Abs. 1 GRM geltend, Einschränkungen der Forschung an lebenden Embryonen und Föten liessen sich, wie bei der Forschung am Menschen schlechthin, nur insofern rechtfertigen, als Gesundheit und Leben bzw. Entwicklungsfähigkeit auf dem Spiele stünden. Werde das Forschungsverbot ausschliesslich mit dem Schutz des werdenden menschlichen Lebens begründet, sei das generelle Verbot nach § 8 Abs. 1 GRM unverhältnismässig. Die verfahrensbegleitende Beobachtung des Embryos, welche ebenfalls als Forschung zu bezeichnen sei, müsse vielmehr zulässig bleiben. Die Beschwerdeführer anerkennen andererseits, dass für lebende Embryonen und Föten gefährliche bzw. gesundheitsschädliche, d.h. die sogenannte verbrauchende Forschung verboten sein soll bzw. verfassungsrechtlich verboten werden könne. Da das generelle Forschungsverbot vom Grossen Rat aber ausschliesslich gesellschaftspolitisch begründet sei, erweise es sich als verfassungsrechtlich unzulässiger Versuch der Forschungszensur. - Eventualiter beantragen die Beschwerdeführer die Streichung der in § 8 Abs. 1 GRM enthaltenen Wendung "oder Teile davon". Unter Teilen von lebenden Embryonen und Föten könnten nur Zellen oder Gewebe verstanden werden, die nicht selbständig lebensfähig seien. Solche Zellen und Gewebe würden z.B. bei der Fruchtwasserpunktion (Amniozentese) zwecks Diagnostizierung von Mongolismus gewonnen,
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ferner bei der Chorionzottenbiopsie und bei der Nabelschnurpunktion (Chordozentese). Warum an solchen Zellen und Geweben Forschung generell verboten werden müsse, sei nicht ersichtlich. - Die Methoden der pränatalen Diagnostik sind nach der Auffassung der Beschwerdeführer im angefochtenen Gesetz zudem nicht geregelt. Das gehe aus § 1 desselben hervor. Verboten seien nach dem Gesagten lediglich Eingriffe zu Forschungszwecken, die auf eine Instrumentalisierung menschlichen Lebens hinausliefen. Demgegenüber legt der Grosse Rat in seiner Beschwerdeantwort dar, das Bundesgericht habe in BGE 115 Ia 234 lediglich das Verbot der Forschung an Keimzellen für unzulässig erklärt. Ferner habe es durchblicken lassen, dass es die Forschung an Embryonen wegen schwerwiegender Gefahren und Missbrauchsmöglichkeiten für unzulässig halte. Für ein Verbot der Embryonenforschung sprächen gewichtige Interessen. Zulässigkeit und Sinn einer solchen Forschung seien im übrigen höchst umstritten, wie sich insbesondere aus dem Bericht der Expertenkommission Humangenetik und Reproduktionsmedizin (BBl 1989 III 1029, insbes. 1131 ff.) und den Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften von 1985 (BBl 1987 III 1210 Ziff. 7 und 8) ergebe. - In bezug auf den Eventualantrag der Beschwerdeführer bringt der Grosse Rat vor, § 8 Abs. 1 GRM bezwecke in erster Linie, Forschung am Embryo oder Teilen hievon zu verhindern, die mit dessen Integrität nicht zu vereinbaren sei und auf eine blosse Instrumentalisierung menschlichen Lebens zu Forschungszwecken hinauslaufe, wie durch das Wort "verwendet" deutlich gemacht werde. Diese Gefahr bestehe auch bei der "Verwendung" eines Teils des lebenden Embryos. b) Vorerst ist im Zusammenhang mit der Anfechtung des Forschungsverbotes zu prüfen, auf welches Verfassungsrecht sich die Beschwerdeführer mit ihrer staatsrechtlichen Beschwerde berufen können. Im Jahre 1989 liess das Bundesgericht die Frage offen, ob die Wissenschafts- oder Forschungsfreiheit als Garantie eines unantastbaren schöpferischen Kerns wissenschaftlicher Erkenntnis und Lehre sowie zur Bewahrung der geistigen und methodischen Unabhängigkeit der Forschung im Sinne eines ungeschriebenen, eigenständigen Verfassungsrechts anzuerkennen ist. Es genügte damals, entsprechende Teilgehalte an bestehende geschriebene oder ungeschriebene Grundrechte anzuknüpfen. Hierfür fiel einerseits die Meinungsfreiheit in dem Sinne in Betracht, sich mittels Forschung eine
BGE 119 Ia 460 S. 501
Meinung über Sachverhalte zu bilden und diese später allenfalls zu verbreiten; andererseits ging das Bundesgericht davon aus, dass die Forschung, verstanden als Methode zur Vertiefung und Mehrung der Erkenntnisse, unmittelbar der Selbstverwirklichung des Menschen dienen und insofern der persönlichen Freiheit zugeordnet werden könne (BGE 115 Ia 234 S. 268 f.). Die Frage nach einer ausdrücklichen Anerkennung der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit braucht auch im vorliegenden Fall, der sich nicht wesentlich von der Konstellation bei der Anfechtung der st. gallischen Fortpflanzungsregelung unterscheidet, nicht abschliessend entschieden zu werden. Es genügt auch hier, wenn sich die in Lehre und Forschung tätigen Beschwerdeführer im dargelegten Sinne auf die Meinungsfreiheit und die persönliche Freiheit berufen können. Ob sie darüber hinaus auch in der Handels- und Gewerbefreiheit betroffen sind, kann offengelassen werden. c) Der so verstandene Freiraum kann nicht unbeschränkt gelten und unterliegt wie bei anderen Grundrechten der Einschränkung, soweit eine solche im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig ist. Schranken ergeben sich in allgemeiner Weise auf den Gebieten des Straf- und Polizeirechts sowie des Persönlichkeitsrechts, deren Normen dem ebenfalls verfassungsrechtlichen Schutz von Rechtspositionen dienen. Besonders problematisch erweist sich die Forschungsfreiheit auf dem Gebiete der medizinischen Biologie, wo elementare Verfassungsziele und die Menschenwürde entgegenstehen können (BGE 115 Ia 234 S. 269 f.). - Im folgenden ist zu prüfen, ob das in § 8 Abs. 1 des angefochtenen Gesetzes enthaltene Forschungsverbot im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig ist. d) Im Zusammenhang mit der Prüfung der st. gallischen Gesetzgebung über die Fortpflanzungsmedizin brauchte das Bundesgericht zur Forschung an Embryonen und Föten nicht Stellung zu nehmen und konnte sich mit dem Hinweis begnügen, dass eine solche Forschung sowie die Veränderung des Erbgutes die Möglichkeit zu bedeutenden Gefahren und Missbräuchen eröffnen könnten. An anderer Stelle hat es ausgeführt, dass mit der Befruchtung einer Eizelle eine menschliche Identität determiniert sei und demnach das Schicksal des Embryos in vitro der Rechtsgemeinschaft nicht gleichgültig sein könne (BGE 115 Ia 234 S. 264). Dieses Grundanliegen hat auch für die Frage der Forschung am Embryo Gültigkeit.
BGE 119 Ia 460 S. 502
Die Expertenkommission Humangenetik und Reproduktionsmedizin hat sich in ihrem Bericht eingehend auch mit der Forschung und insbesondere der Frage nach der Zulässigkeit und den Bedingungen der Forschung am Embryo in vitro als zentralem Thema auseinandergesetzt. Einerseits hat sie den Eigenwert des menschlichen Lebens schon im Embryonalstadium betont und darauf hingewiesen, dass Forschung am keimenden Leben als entwürdigende Instrumentalisierung menschlichen Lebens empfunden werde und die grundsätzliche Zulassung der Forschung alles Bestreben, keine überzähligen Embryonen entstehen zu lassen, faktisch zunichte mache. Auf der andern Seite möge es hochrangige Forschungsziele geben, die eine Forschung am Embryo in vitro rechtfertigen könnten; immerhin seien bisher keine relevanten Forschungsziele bekanntgeworden, welche die Forschung am Embryo in vitro unerlässlich machten (BBl 1989 III 1029, 1131 ff.). Unter allgemeinen Gesichtspunkten ist schliesslich auf die neue Verfassungsbestimmung von Art. 24novies
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 12 Recht auf Eheschliessung - Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. |
e) Die sogenannte verbrauchende Forschung, bei der das Embryo in vitro "verbraucht" wird und keine Chance zum Weiterleben hat, ist bereits von der Expertenkommission Humangenetik und Reproduktionsmedizin abgelehnt worden (BBl 1989 III 1029, 1132). In der parlamentarischen Beratung ist darauf hingewiesen worden, die Forschungsfreiheit sei nicht grenzenlos und es sei klar auszuschliessen, dass Embryonen zu Forschungszwecken erzeugt würden (Amtl.Bull. SR 1990 478 und 1991 451). Die Beschwerdeführer anerkennen denn auch selber, dass für lebende Embryonen und Föten gefährliche bzw. gesundheitsschädliche oder zerstörende Forschung verboten sein soll bzw. verfassungsrechtlich verboten werden könne. In dieser Hinsicht erweist sich die Bestimmung von § 8 Abs. 1 GRM in Anbetracht der obenstehenden Ausführungen als verfassungsmässig. Das gilt auch für die Forschung an Teilen von lebenden Embryonen oder Föten, soweit die Herauslösung von solchen gesundheitsschädigende oder zerstörende Wirkung zeitigt. Weitere Grenzen ergeben sich ferner
BGE 119 Ia 460 S. 503
aus den in § 8 Abs. 3 GRM enthaltenen, nicht selbständig angefochtenen Verboten. Schliesslich kann auf die Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften für die ärztlich-assistierte Fortpflanzung hingewiesen werden, nach welchen menschliche Embryonen nicht als Forschungsobjekte verwendet werden dürfen (Ziff. 11). Demgegenüber erscheint die Forschung an Embryonen und Föten in einem andern Lichte, soweit es sich um deren Beobachtung bzw. um Forschungsuntersuchung handelt. Die Beobachtung und das Verfolgen der Entwicklung eines Embryos in vitro, welche bereits als Forschung bezeichnet werden können, dienen dessen Gesunderhaltung und können darauf abzielen, bessere Bedingungen für die Entwicklung zu schaffen. Eine solche Tätigkeit ist mit der Würde des Menschen, welche schon dem Embryo in vitro zukommt, durchaus vereinbar (vgl. Art. 24novies Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 118 - 1 Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Wer eine Schwangerschaft ohne Einwilligung der schwangeren Frau abbricht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr166 bis zu zehn Jahren bestraft. |
3 | Die Frau, die ihre Schwangerschaft nach Ablauf der zwölften Woche seit Beginn der letzten Periode abbricht, abbrechen lässt oder sich in anderer Weise am Abbruch beteiligt, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 Absatz 1 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
4 | In den Fällen der Absätze 1 und 3 tritt die Verjährung in drei Jahren ein.167 |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
2. Die staatsrechtliche Beschwerde wird teilweise gutgeheissen.
BGE 119 Ia 460 S. 504
Das Gesetz des Kantons Basel-Stadt vom 18. Oktober 1990 betreffend die Reproduktionsmedizin beim Menschen wird im Sinne der Erwägungen in folgendem Umfang aufgehoben: - § 4 Abs. 2 lit. a
- § 4 Abs. 2 lit. c
- § 4 Abs. 2 lit. d
- § 4 Abs. 2 lit. e
- § 5 Abs. 1
- in § 5 Abs. 2 die Worte "Eizellen und"
Im übrigen wird die staatsrechtliche Beschwerde im Sinne der Erwägungen abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.