119 Ia 453
53. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 15. Dezember 1993 i.S. Z. gegen Bezirksanwaltschaft I für den Kanton Zürich und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 2 ÜbBest.BV (derogatorische Kraft des Bundesrechts; Konflikt zwischen kantonalem Strafprozessrecht und Bundeszivilrecht?).
- Verhältnis zwischen strafprozessualer Beschlagnahme und güterrechtlichen Ansprüchen der Ehefrau eines Angeschuldigten nach rechtskräftiger Trennung der Ehe. Es ist mit dem Bundeszivilrecht vereinbar, wenn die kantonalen Behörden das auf Grund von Ehegüterrecht rechtskräftig an die Ehefrau zugewiesene frühere Vermögen des Ehemannes weiterhin als Haftungssubstrat für bereits aufgelaufene und künftig noch anfallende Kosten eines Strafverfahrens gegen den Ehemann beanspruchen.
Regeste (fr):
- Art. 2 Disp. trans. Cst. (force dérogatoire du droit fédéral; conflit entre le droit cantonal de procédure pénale et le droit civil fédéral?).
- Rapport entre le séquestre pénal et les droits réels de l'épouse de l'accusé après la séparation de corps. Les autorités cantonales ne violent pas le droit civil fédéral en continuant de retenir, en garantie des frais échus ou à échoir de la procédure pénale en cours contre l'époux, des biens appartenant précédemment à celui-ci et attribués définitivement à l'épouse sur la base du régime matrimonial.
Regesto (it):
- Art. 2 Disp. trans. Cost. (forza derogatoria del diritto federale; conflitto tra il diritto cantonale di procedura penale e il diritto civile federale?).
- Rapporto tra il sequestro penale e i diritti reali della moglie dell'accusato dopo la separazione dei coniugi. Le autorità cantonali non violano il diritto civile federale trattenendo, a titolo di garanzia per le spese già occasionate e future della procedura penale promossa nei confronti del marito, dei beni in precedenza appartenuti a quest'ultimo e in seguito attribuiti definitivamente alla moglie in base al regime matrimoniale dei beni.
Sachverhalt ab Seite 454
BGE 119 Ia 453 S. 454
Die Bezirksanwaltschaft I für den Kanton Zürich führt eine Strafuntersuchung gegen X. und Y., u.a. wegen Mordversuchen und schwersten Sexualverbrechen an Kindern. Bei einer Hausdurchsuchung am 21. Januar 1993 in den Räumlichkeiten der Fa. X. AG und am Wohnort des Angeschuldigten X. wurde neben weiterem Mobiliar diverser Schmuck und eine Uhrensammlung sichergestellt. Am 11. März 1993 machte Z. eine Scheidungsklage gegen ihren Ehemann X. anhängig. Am 8./9. April 1993 wurde unter den Eheleuten eine Trennungskonvention abgeschlossen und eine güterrechtliche Regelung getroffen. Danach wurden verschiedene Vermögenswerte aus dem Eigentum von X. an Z. übertragen. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Bülach vom 28. April 1993 wurden die Eheleute X. und Z. auf die Dauer von 18 Monaten getrennt. Gleichzeitig wurde die Vereinbarung der Parteien über die Nebenfolgen der Trennung genehmigt. Am 12. Mai 1993 erliess die Zürcher Bezirksanwaltschaft eine Beschlagnahmeverfügung betreffend eine Wohnung von X. Einen Tag später, am 13. Mai 1993, erwuchs das Urteil des Bezirksgerichtes Bülach in Rechtskraft. Mit Schreiben vom 14. Mai 1993 an die Bezirksanwaltschaft beantragte Z. die Herausgabe der beschlagnahmten Vermögenswerte, soweit ihr diese gemäss Trennungsurteil zugesprochen worden waren. Am 20. Mai 1993 beschwerte sich Z. über eine von der Bezirksanwaltschaft unterdessen veranlasste Grundbuchsperre betreffend die genannte Wohnung. Sie verlangte die Zustellung einer Beschlagnahmeverfügung bzw. die Bekanntgabe der Gründe für die getroffenen Massnahmen. Am 25. Mai 1993 forderte Z. die Bezirksanwaltschaft auf, ihr sämtliche sie betreffenden Beschlagnahmeverfügungen zuzustellen.
Mit Eingabe vom 17. Juni 1993 erhob Z. Rekurs bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen "diverse, der Rekurrentin nicht eröffnete (...) Beschlagnahmeverfügungen". Sie stellte im wesentlichen die Anträge, es seien ihr die Beschlagnahmeverfügungen in der Strafuntersuchung gegen X. formell und begründet zu eröffnen und es seien ihr die mit Trennungsurteil des Bezirksgerichtes Bülach rechtskräftig zugesprochenen Vermögenswerte herauszugeben. Eventualiter sei die Beschlagnahme von ihr zustehenden Vermögenswerten nur in dem Umfange aufrechtzuerhalten, als dies zur Deckung der bis 11. März 1993 (Rechtshängigkeit der Scheidungsklage) aufgelaufenen Kosten der Strafuntersuchung notwendig ist.
BGE 119 Ia 453 S. 455
Mit Entscheid vom 21. Juli 1993 wies die Staatsanwaltschaft den Rekurs ab, soweit sie darauf eintrat. Dagegen führt Z. staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht. Sie rügt eine Verletzung von Art. 4
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999 Cst. Art. 4 Langues nationales - Les langues nationales sont l'allemand, le français, l'italien et le romanche. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. a) Die Staatsanwaltschaft ging im angefochtenen Entscheid davon aus, dass die Beschwerdeführerin dazu legitimiert sei, die Aufhebung der Beschlagnahme über die ihr gerichtlich zugesprochenen Vermögenswerte zu verlangen. Soweit ihr die Bezirksanwaltschaft konkludent die Herausgabe verweigert habe, sei auf ihren Rekurs einzutreten. In der Folge lehnte die Staatsanwaltschaft den Rekurs ab. aa) Zur Begründung wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin könne ihr Herausgabegesuch "nur auf Gründe stützen, welche nicht schon seinerzeit durch den Angeschuldigten bei Anordnung der Beschlagnahmen hätten vorgebracht werden können". Ausserdem würden die beschlagnahmten Vermögenswerte "nach Wortlaut wie auch Sinn und Zweck des Gesetzes Haftungssubstrat für sämtliche im Verfahren anfallenden Kosten" bilden. Deshalb könne das von der Beschwerdeführerin beanspruchte Vermögen auch nicht in dem Umfang freigegeben werden, als die zum Zeitpunkt des Eigentümerwechsels angefallenen Verfahrenskosten durch Beschlagnahme gedeckt wären. Dem Angeschuldigten dürfe nicht ermöglicht werden, "durch Veräusserung beschlagnahmter Werte die Beschlagnahme zu unterlaufen". Das beschlagnahmte Vermögen hafte für die "seinerzeitigen, Gegenstand der Strafuntersuchung bildenden Handlungen des Angeschuldigten", somit für "vor dem 11. März 1993 liegende Umstände". Im übrigen hätte "der Einwand des Übermasses der Beschlagnahme seinerzeit vom Angeschuldigten vorgebracht werden müssen", die Beschwerdeführerin sei damit ausgeschlossen. Weder habe sie einen "Anspruch auf Abrechnung der aufgelaufenen Untersuchungskosten", noch sprächen ihre Vorbringen gegen eine Aufrechterhaltung der Beschlagnahme als Beweis- oder Einziehungsbeschlagnahme.
BGE 119 Ia 453 S. 456
bb) Im Ergebnis weigern sich die kantonalen Behörden, der Beschwerdeführerin den ihr vom Trennungsrichter rechtskräftig zugesprochenen ehegüterrechtlichen Vermögensanteil herauszugeben, und es wird die Haftung ihres güterrechtlichen Anteils für sämtliche (auch nach der Ehetrennung angefallenen und noch anfallenden) Verfahrenskosten beansprucht. cc) Die Beschwerdeführerin rügt, der auf kantonales Recht gestützte angefochtene Entscheid verstosse gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes (Art. 2 ÜbBest.BV). Entgegen der in dieser Hinsicht abschliessenden Regelung des Bundeszivilrechtes werde ihr eine Haftung ihres Vermögens für neue Schulden des Ehemannes trotz rechtskräftiger gerichtlicher Trennung auferlegt. Ausserdem würden ihre durch rechtskräftiges Gerichtsurteil zugesprochenen Vermögensansprüche aus Ehegüterrecht verletzt. Die Verweigerung der Herausgabe der ihr zustehenden Vermögenswerte bzw. deren Verwendung zur Deckung von Strafverfahrenskosten treffe sie um so härter, als sie und ihre drei minderjährigen Kinder dadurch der Sozialfürsorge anheimgefallen seien. Ausserdem sei ihr von den kantonalen Behörden das rechtliche Gehör verweigert worden, indem ihr weder die sie persönlich tangierenden Beschlagnahmeverfügungen noch die Rekursvernehmlassung der Bezirksanwaltschaft eröffnet worden seien. Dieses Vorgehen verletze Art. 4
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999 Cst. Art. 4 Langues nationales - Les langues nationales sont l'allemand, le français, l'italien et le romanche. |
BGE 119 Ia 453 S. 457
Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 3. Aufl., Zürich 1993, N. 365 ff., 395).
3. c) Im vorliegenden Fall bezieht sich die streitige Beschlagnahme auf Vermögenswerte, die unter den ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung gefallen sind. Dieser Güterstand umfasst die Errungenschaft und das Eigengut jedes Ehegatten (Art. 196
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907 CC Art. 196 - Le régime de la participation aux acquêts comprend les acquêts et les biens propres de chaque époux. |
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907 CC Art. 202 - Chaque époux répond de ses dettes sur tous ses biens. |
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907 CC Art. 202 - Chaque époux répond de ses dettes sur tous ses biens. |
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907 CC Art. 192 - Les époux procèdent à la liquidation consécutive à la séparation de biens conformément aux règles de leur régime antérieur, sauf dispositions légales contraires. |
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907 CC Art. 205 - 1 Chaque époux reprend ceux de ses biens qui sont en possession de son conjoint. |
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1 | Chaque époux reprend ceux de ses biens qui sont en possession de son conjoint. |
2 | Lorsqu'un bien est en copropriété, un époux peut demander, en sus des autres mesures prévues par la loi, que ce bien lui soit attribué entièrement s'il justifie d'un intérêt prépondérant, à charge de désintéresser son conjoint. |
3 | Les époux règlent leurs dettes réciproques. |
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907 CC Art. 215 - 1 Chaque époux ou sa succession a droit à la moitié du bénéfice de l'autre. |
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1 | Chaque époux ou sa succession a droit à la moitié du bénéfice de l'autre. |
2 | Les créances sont compensées. |
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907 CC Art. 193 - 1 L'adoption ou la modification d'un régime matrimonial ainsi que les liquidations entre époux ne peuvent soustraire à l'action des créanciers d'un conjoint ou de la communauté les biens sur lesquels ils pouvaient exercer leurs droits. |
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1 | L'adoption ou la modification d'un régime matrimonial ainsi que les liquidations entre époux ne peuvent soustraire à l'action des créanciers d'un conjoint ou de la communauté les biens sur lesquels ils pouvaient exercer leurs droits. |
2 | L'époux auquel ces biens ont passé est personnellement tenu de payer lesdits créanciers, mais il peut se libérer de sa responsabilité dans la mesure où il établit que les biens reçus ne suffisent pas. |
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907 CC Art. 193 - 1 L'adoption ou la modification d'un régime matrimonial ainsi que les liquidations entre époux ne peuvent soustraire à l'action des créanciers d'un conjoint ou de la communauté les biens sur lesquels ils pouvaient exercer leurs droits. |
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1 | L'adoption ou la modification d'un régime matrimonial ainsi que les liquidations entre époux ne peuvent soustraire à l'action des créanciers d'un conjoint ou de la communauté les biens sur lesquels ils pouvaient exercer leurs droits. |
2 | L'époux auquel ces biens ont passé est personnellement tenu de payer lesdits créanciers, mais il peut se libérer de sa responsabilité dans la mesure où il établit que les biens reçus ne suffisent pas. |
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907 CC Art. 249 - Chaque époux répond de ses dettes sur tous ses biens. |
BGE 119 Ia 453 S. 458
Auseinandersetzung bzw. der Änderung des Güterstandes schon bestanden haben, dem Gläubigerschutz von Art. 193
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907 CC Art. 193 - 1 L'adoption ou la modification d'un régime matrimonial ainsi que les liquidations entre époux ne peuvent soustraire à l'action des créanciers d'un conjoint ou de la communauté les biens sur lesquels ils pouvaient exercer leurs droits. |
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1 | L'adoption ou la modification d'un régime matrimonial ainsi que les liquidations entre époux ne peuvent soustraire à l'action des créanciers d'un conjoint ou de la communauté les biens sur lesquels ils pouvaient exercer leurs droits. |
2 | L'époux auquel ces biens ont passé est personnellement tenu de payer lesdits créanciers, mais il peut se libérer de sa responsabilité dans la mesure où il établit que les biens reçus ne suffisent pas. |
4. d) § 83 StPO/ZH sieht vor, dass das Vermögen des Angeschuldigten für sämtliche (auch erst künftig anfallenden) voraussichtlichen Prozesskosten mit Beschlag belegt werden kann. Gemäss angefochtenem Entscheid "bilden die beschlagnahmten Werte nach Wortlaut wie auch Sinn und Zweck des Gesetzes Haftungssubstrat für sämtliche im Verfahren anfallenden Kosten". Es stellt sich die Frage, ob diese Auffassung im hier zu entscheidenden Fall, in dem die Beschwerdeführerin unterdessen Alleineigentumsansprüche aus Güterrecht auf gewisse beschlagnahmte Vermögenswerte geltend machen kann, mit dem Bundeszivilrecht vereinbar ist. aa) Der Gläubigerschutz von Art. 193
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907 CC Art. 193 - 1 L'adoption ou la modification d'un régime matrimonial ainsi que les liquidations entre époux ne peuvent soustraire à l'action des créanciers d'un conjoint ou de la communauté les biens sur lesquels ils pouvaient exercer leurs droits. |
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1 | L'adoption ou la modification d'un régime matrimonial ainsi que les liquidations entre époux ne peuvent soustraire à l'action des créanciers d'un conjoint ou de la communauté les biens sur lesquels ils pouvaient exercer leurs droits. |
2 | L'époux auquel ces biens ont passé est personnellement tenu de payer lesdits créanciers, mais il peut se libérer de sa responsabilité dans la mesure où il établit que les biens reçus ne suffisent pas. |
SR 281.1 Loi fédérale du 11 avril 1889 sur la poursuite pour dettes et la faillite (LP) LP Art. 44 - La réalisation d'objets confisqués en vertu des lois fédérales ou cantonales en matière pénale ou fiscale ou en vertu de la loi du 18 décembre 2015 sur les valeurs patrimoniales d'origine illicite83 s'opère en conformité avec ces lois. |
BGE 119 Ia 453 S. 459
mit Beschlag belegt werden, als zur Deckung der Prozesskosten, einer allfälligen Busse, des verursachten Schadens und der Strafvollzugskosten voraussichtlich erforderlich ist. Es muss dem direkt Betroffenen daher möglich sein, die Verhältnismässigkeit der Deckungsbeschlagnahme zu überprüfen. bb) Nach dem Gesagten ist es mit dem Bundesrecht vereinbar, wenn die kantonalen Behörden das auf Grund von Ehegüterrecht unterdessen rechtskräftig an die Beschwerdeführerin zugewiesene Vermögen weiterhin als Haftungssubstrat für bereits aufgelaufene und künftig noch anfallende Kosten des Strafverfahrens beanspruchen. Ein entsprechender Deckungsanspruch zugunsten des Kantons Zürich im Sinne von Art. 193
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907 CC Art. 193 - 1 L'adoption ou la modification d'un régime matrimonial ainsi que les liquidations entre époux ne peuvent soustraire à l'action des créanciers d'un conjoint ou de la communauté les biens sur lesquels ils pouvaient exercer leurs droits. |
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1 | L'adoption ou la modification d'un régime matrimonial ainsi que les liquidations entre époux ne peuvent soustraire à l'action des créanciers d'un conjoint ou de la communauté les biens sur lesquels ils pouvaient exercer leurs droits. |
2 | L'époux auquel ces biens ont passé est personnellement tenu de payer lesdits créanciers, mais il peut se libérer de sa responsabilité dans la mesure où il établit que les biens reçus ne suffisent pas. |