114 Ia 164
25. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 7. Oktober 1988 i.S. X. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 2
ÜbBest. BV.
- - Subsidiarität der staatsrechtlichen Beschwerde (E. 1a).
- - Zuständigkeiten des Bundes und der Kantone auf dem Gebiet der zahnmedizinischen Ausbildung (E. 3).
Regeste (fr):
- Art. 2 Disp. trans. Cst.
- - Subsidiarité du recours de droit public (consid. 1a).
- - Compétences de la Confédération et des cantons dans le domaine de la formation en médecine dentaire (consid. 3).
Regesto (it):
- Art. 2 Disp. trans. Cost.
- - Sussidiarietà del ricorso di diritto pubblico (consid. 1a).
- - Competenza della Confederazione e dei cantoni nell'ambito della formazione odontoiatrica (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 164
BGE 114 Ia 164 S. 164
X. begann im Wintersemester 1985/86 zum zweiten Mal mit dem Besuch des Jahreskurses V am Zahnärztlichen Institut der Universität Zürich. Wegen ungenügender Leistungen wurde X. im Laufe des Semesters in den Jahreskurs IV zurückversetzt. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos. Das Bundesgericht weist die gegen den Entscheid des Regierungsrates erhobene staatsrechtliche Beschwerde ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. a) Gegen kantonale Erlasse oder Verfügungen kann wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger staatsrechtliche Beschwerde erhoben werden (Art. 84 Abs. 1 lit. a
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BGE 114 Ia 164 S. 165
Ausser der staatsrechtlichen Beschwerde kommt im vorliegenden Fall die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht in Betracht. Mit ihr können Verfügungen im Sinne von Art. 5
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SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 5 - 1 Als Verfügungen gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand haben: |
|
1 | Als Verfügungen gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand haben: |
a | Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten; |
b | Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder Umfanges von Rechten oder Pflichten; |
c | Abweisung von Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten oder Nichteintreten auf solche Begehren. |
2 | Als Verfügungen gelten auch Vollstreckungsverfügungen (Art. 41 Abs. 1 Bst. a und b), Zwischenverfügungen (Art. 45 und 46), Einspracheentscheide (Art. 30 Abs. 2 Bst. b und 74), Beschwerdeentscheide (Art. 61), Entscheide im Rahmen einer Revision (Art. 68) und die Erläuterung (Art. 69).25 |
3 | Erklärungen von Behörden über Ablehnung oder Erhebung von Ansprüchen, die auf dem Klageweg zu verfolgen sind, gelten nicht als Verfügungen. |
Die gestützt auf Art. 6 des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 1877 betreffend die Freizügigkeit des Medizinalpersonals erlassene Allgemeine Medizinalprüfungsverordnung vom 19. November 1980 (AMV; SR 811.112.1) regelt die Organisation der Prüfungen, die Zulassung und die Befreiung von den Prüfungen und das Prüfungsverfahren; sie betrifft jedoch nicht die Organisation des Studiums und die Zulassung zu diesem. Die damit zusammenhängenden Fragen müssen vom kantonalen Recht gelöst werden. Öffentliches Recht des Bundes, welches anstelle des kantonalen Rechts anwendbar gewesen wäre, ist demnach nicht vorhanden, weshalb die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht soweit ausgeschlossen ist. In solchen Fällen steht als subsidiäres Rechtsmittel die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechts zur Verfügung (vgl. E. 3). Gegen den Regierungsratsentscheid gibt es auch kein kantonales Rechtsmittel. Die staatsrechtliche Beschwerde ist somit grundsätzlich zulässig.
3. a) Die Beschwerdeführerin rügt, das Qualifikationsreglement des Zahnärztlichen Instituts verletze das in Art. 2
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
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1 | Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
2 | Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes. |
3 | Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern. |
4 | Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung. |
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 33 Petitionsrecht - 1 Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen. |
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1 | Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen. |
2 | Die Behörden haben von Petitionen Kenntnis zu nehmen. |
BGE 114 Ia 164 S. 166
Der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts regelt an sich das Verhältnis zwischen dem Bund und den Kantonen; er hat aber auch unmittelbare Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Einzelnen und ist als verfassungsmässiges Recht des Bürgers anerkannt. Die erhobene Rüge ist somit zulässig. b) Art. 33
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 33 Petitionsrecht - 1 Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen. |
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1 | Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen. |
2 | Die Behörden haben von Petitionen Kenntnis zu nehmen. |
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 33 Petitionsrecht - 1 Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen. |
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1 | Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen. |
2 | Die Behörden haben von Petitionen Kenntnis zu nehmen. |
Solche Besonderheiten bestehen beim Studium der Zahnheilkunde. Die Vorbereitung auf die Prüfung ist nicht möglich, ohne dass der Kandidat schon während des Studiums am Patienten gearbeitet hat. Die bereits erwähnte bundesrechtliche Prüfungsverordnung schreibt in Art. 14 ausdrücklich vor, dass im Rahmen der Prüfung Behandlungen am Patienten vorzunehmen sind und dass Vorarbeiten dazu schon im vorangehenden Semester durchgeführt werden können. Da die Arbeit am Patienten eine weite Verantwortung für dessen Gesundheit voraussetzt, müssen völlig ungeeignete Studenten von dieser Arbeit ausgeschlossen werden können. Auf dem Gebiet der zahnärztlichen Ausbildung gibt es dazu keine
BGE 114 Ia 164 S. 167
bundesrechtlichen Vorschriften. Da die Kantone zuständig sind, die Ausbildung der Studenten zu regeln, haben sie diese Lücke im Bundesrecht durch eigene Vorschriften zu schliessen. Das angefochtene Qualifikationsreglement tut dies in sinnvoller Weise, denn es erlaubt, einen Studenten, welcher den Patienten gefährden könnte, von der Arbeit am Patienten auszuschliessen. Die vom Kanton Zürich getroffene Regelung widerspricht damit nicht dem Sinn und Zweck der bundesrechtlichen Vorschriften, sondern ergänzt diese. Sie verletzt das Prinzip der derogatorischen Kraft des Bundesrechts von Art. 2
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
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1 | Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
2 | Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes. |
3 | Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern. |
4 | Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung. |