117 Ia 393
61. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 20. August 1991 i.S. J. gegen Stadtgemeinde Zürich sowie Obergericht (II. Zivilkammer) und Kassationsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- 1. Art. 86 f . OG. Letztinstanzlichkeit des angefochtenen Entscheides.
- Ob der Entscheid einer unteren kantonalen Instanz neben dem letztinstanzlichen Entscheid im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren mitangefochten werden kann, hängt von der Überprüfungsbefugnis der letzten kantonalen Rechtsmittelinstanz ab (E. 1b).
- 2. Art. 90 Abs. 1 lit. b OG.
- Anforderungen an die Substantiierung einer staatsrechtlichen Beschwerde (E. 1c).
Regeste (fr):
- 1. Art. 86 s. OJ. Recours contre une décision prise en dernière instance.
- Un recours de droit public peut, à certaines conditions, être dirigé simultanément contre la décision prise en dernière instance cantonale et contre celle de l'autorité cantonale inférieure: cela dépend du pouvoir d'examen de l'autorité cantonale de dernière instance (consid. 1b).
- 2. Art. 90 al. 1 let. b OJ.
- Exigences quant à la motivation d'un recours de droit public (consid. 1c).
Regesto (it):
- 1. Art. 86 seg. OG. Ricorso contro una decisione emanata in ultima istanza.
- Dipende dal potere d'esame dell'autorità cantonale di ultima istanza se un ricorso di diritto pubblico possa essere diretto simultaneamente contro la decisione di tale autorità e contro quella dell'autorità cantonale inferiore (consid. 1b).
- 2. Art. 90 cpv. 1 lett. b OG.
- Requisiti relativi alla motivazione di un ricorso di diritto pubblico (consid. 1c).
Sachverhalt ab Seite 393
BGE 117 Ia 393 S. 393
Im Umfeld der Jugendunruhen im Zusammenhang mit der Schliessung des "Autonomen Jugendzentrums" in Zürich kam es am Abend des 10. Juli 1981 am Limmatquai zu Sachbeschädigungen, Auseinandersetzungen mit der Polizei und Festnahmen. J. veranlasste am 3. August 1981 eine Strafuntersuchung gegen mehrere Polizeibeamte sowie gegen Unbekannt. Er machte geltend, er sei während und nach seiner Festnahme am 10./11. Juli
BGE 117 Ia 393 S. 394
1981 von Polizisten massiv geschlagen, getreten und beschimpft worden. Das betreffende Strafverfahren wurde von der Bezirksanwaltschaft Zürich am 6. März 1984 eingestellt. Mit Klage vom 20. November 1985 verlangte J. von der Stadtgemeinde Zürich die Bezahlung einer Genugtuungsentschädigung von Fr. 10'000.-- sowie Schadenersatz von Fr. 3'400.-- nebst Zinsen. Das Bezirksgericht Zürich und das Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich wiesen die Klage mit Urteilen vom 4. September 1987 bzw. 5. September 1989 ab. Am 10. Oktober 1990 wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich eine von J. gegen das zweitinstanzliche Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ab. Gegen die Urteile des Kassations- und des Obergerichtes gelangte J. mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht. Er rügt eine Verletzung von Art. 4 BV, Art. 7 der zürcherischen Kantonsverfassung, Art. 3 und 5 EMRK sowie des ungeschriebenen verfassungsmässigen Rechtes der persönlichen Freiheit. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. a) Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 116 Ia 79 E. 1; BGE 114 Ia 81 E. 1, 223 E. 1b, 462 E. 1). b) Die vorliegende Beschwerde richtet sich sowohl gegen das Urteil des Kassationsgerichtes des Kantons Zürich vom 10. Oktober 1990 als auch gegen das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 5. September 1989. Mit der staatsrechtlichen Beschwerde kann - von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen - nur ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid angefochten werden (Art. 86 f . OG). Der Entscheid einer unteren Instanz kann dann mitangefochten werden, wenn die letzte kantonale Rechtsmittelinstanz nicht alle Fragen, die Gegenstand der staatsrechtlichen Beschwerde bilden, beurteilen konnte, oder wenn sie die Rügen nur mit einer engeren Kognition, als sie dem Bundesgericht zukommt, zu überprüfen befugt war. In solchen Fällen kann ausnahmsweise auch das vorangegangene kantonale Sachurteil mitangefochten werden. War jedoch die Überprüfungsbefugnis der letzten kantonalen Behörde nicht beschränkter als diejenige des Bundesgerichtes im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, so kann sich die Beschwerde nur
BGE 117 Ia 393 S. 395
gegen den letzten kantonalen Entscheid richten (BGE 115 Ia 414 f.; BGE 114 Ia 311 E. 3a mit Hinweisen). aa) Die Kognition, über die das Kassationsgericht bei der Beurteilung der Nichtigkeitsbeschwerde gemäss § 281 ff. ZPO/ZH verfügte, war nicht eingeschränkter als die Überprüfungsbefugnis, die dem Bundesgericht bei Entscheid über die Rüge der Verletzung von Art. 4 BV zukommt (vgl. STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl., Zürich 1982, N 45 f. zu § 281; OSCAR VOGEL, Grundriss des Zivilprozessrechts, 2. Aufl., Bern 1988, S. 290 f.). Soweit mit der staatsrechtlichen Beschwerde auch das Urteil des Obergerichtes als gegen Art. 4 BV verstossend gerügt wird, kann daher nicht darauf eingetreten werden. bb) Demgegenüber überprüft das Bundesgericht die Anwendung von kantonalem Verfassungsrecht grundsätzlich frei (BGE 114 Ia 170 E. 2b; BGE 112 Ia 342 E. 2 mit Hinweisen); ebenso besteht freie Kognition bei der Beurteilung von schwerwiegenden Eingriffen in die persönliche Freiheit (BGE 114 Ia 283 E. 3; BGE 112 Ia 162 f. E. 3a mit Hinweisen). Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die kantonalen Instanzen hätten das Recht auf persönliche Freiheit, Art. 7
SR 131.211 Verfassung des Kantons Zürich, vom 27. Februar 2005 KV/ZH Art. 7 - Kanton und Gemeinden schaffen günstige Voraussetzungen für den Dialog zwischen den Kulturen, Weltanschauungen und Religionen. |
BGE 117 Ia 393 S. 396
Diesen gesetzlichen Anforderungen vermag die Beschwerde nicht in allen Teilen zu genügen. Namentlich setzt sich der Beschwerdeführer mit der von ihm angerufenen verfassungsmässigen Garantie der persönlichen Freiheit bzw. mit Art. 3 und 5 EMRK und den Bestimmungen von Art. 7
SR 131.211 Verfassung des Kantons Zürich, vom 27. Februar 2005 KV/ZH Art. 7 - Kanton und Gemeinden schaffen günstige Voraussetzungen für den Dialog zwischen den Kulturen, Weltanschauungen und Religionen. |
SR 131.211 Verfassung des Kantons Zürich, vom 27. Februar 2005 KV/ZH Art. 7 - Kanton und Gemeinden schaffen günstige Voraussetzungen für den Dialog zwischen den Kulturen, Weltanschauungen und Religionen. |
d) Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt und brauchen nicht weiter erörtert zu werden. Auf die Beschwerde ist daher im aufgezeigten Umfang - nämlich hinsichtlich der Rügen der Verletzung von Art. 4 BV durch das Urteil des Kassationsgerichtes - einzutreten.