113 Ib 357
56. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 23. Dezember 1987 i.S. Erbengemeinschaft S. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 31
FPolG und Art. 1 Abs. 1
und 3
FPolV; Waldfeststellung.
- 1. Bei einer Hangbestockung genügt für die Annahme von Wald schon grundsätzlich deren Eignung, eine Schutzfunktion auszuüben. Es ist daher unerheblich, ob tatsächlich Rutschungen vorgekommen sind (E. 2c).
- 2. Nach 10-15 Jahren wird auch vordringender Waldwuchs, der mit einer Waldfläche auf dem benachbarten Grundstück zusammenhängt, als Wald im Rechtssinne betrachtet (E. 2d).
- 3. Voraussetzungen für die Annahme einer Garten- oder Parkanlage; im Rahmen des Gesamtwürdigung sind allenfalls vorhandene Parkbäume weiterhin als Entscheidungskriterium zu beachten (E. 3).
Regeste (fr):
- Art. 31 LFor et art. 1 al. 1 et 3 OFor; constatation de la nature forestière d'un fonds.
- 1. Pour pouvoir conclure à l'existence de forêt dans le cas d'une pente boisée, il suffit en principe que celle-ci soit propre à exercer une fonction protectrice. Il est dès lors sans importance de savoir si des glissements se sont effectivement produits (consid. 2c).
- 2. Après 10-15 ans, la végétation forestière poussant dans le prolongement d'une surface boisée sise sur le bien-fonds voisin est aussi considérée comme forêt au sens de la loi (consid. 2d).
- 3. Conditions pour l'admission d'un jardin ou d'un parc; dans l'examen de l'ensemble des circonstances, l'existence éventuelle d'arbres de parc reste un critère décisif à prendre en considération (consid. 3).
Regesto (it):
- Art. 31 LVPF, art. 1 cpv. 1 e 3 OVPF; accertamento della natura boschiva.
- 1. Perché sia ammessa l'esistenza di un bosco nel caso di un pendio boscato basta, in linea di principio, che esso sia idoneo a esercitare una funzione protettiva. È quindi irrilevante sapere se siano effettivamente intervenuti scoscendimenti (consid. 2c).
- 2. Dopo 10-15 anni è considerata come bosco ai sensi della legge anche la vegetazione silvestre sorta sul prolungamento di una superficie boscata ubicata sul fondo vicino (consid. 2d).
- 3. Condizioni per ammettere la presenza di un giardino o di un parco; nell'esame dell'insieme delle circostanze, l'eventuale esistenza di alberi usuali in un parco continua a costituire uno dei criteri decisivi (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 358
BGE 113 Ib 357 S. 358
Die Erbengemeinschaft S. ist Eigentümerin eines Grundstückes in Opfikon. Am 26. März 1986 ersuchte das Bauamt Opfikon im Zusammenhang mit der kommunalen Nutzungsplanung das Oberforstamt des Kantons Zürich um die Feststellung, ob die auf diesem Grundstück vorhandene Bestockung Wald bilde. Mit Verfügung vom 5. Mai 1986 stellte die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich fest, die bestockte Fläche im südöstlichen Teil des erwähnten Grundstückes sei Wald im Sinne der eidgenössischen Forstgesetzgebung. Ein gegen diese Verfügung gerichteter Rekurs wies der Regierungsrat des Kantons Zürich ab, soweit er darauf eintrat. Er begründete seinen Entscheid hauptsächlich damit, es handle sich im vorliegenden Fall um eine Hangbestockung mit einer wesentlichen Schutzfunktion. Sie bestehe zudem aus typischen einheimischen Waldbäumen. Das Bundesgericht weist die gegen diesen Entscheid erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.
Erwägungen
Erwägungen:
2. a) Das Waldareal ist Schutzobjekt des eidgenössischen Forstpolizeirechtes (Art. 31 Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend
BGE 113 Ib 357 S. 359
die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902). Art. 1

BGE 113 Ib 357 S. 360
einer Fläche nichts (BGE 111 Ib 302 E. 2 mit Hinweisen).
c) Die Beschwerdeführer wenden ein, die Bestockung diene nicht der Hangsicherung; es sei noch nie etwas heruntergerutscht. Nach Art. 1 Abs. 1

d) Weiter machen die Beschwerdeführer geltend, bei ihrer Bestockung handle es sich bloss um einen Ausläufer des benachbarten Bubenholzwäldchens. Die Rechtsprechung betrachtet indessen auch vordringenden Waldwuchs nach 10 bis 15 Jahren als Wald im Rechtssinne (BGE 111 Ib 305 E. 4 mit Hinweisen). Wie die erwähnten Flugaufnahmen zeigen, war die Bestockung schon im Jahre 1970 ansehnlich gross, was darauf hindeutet, dass die Beschwerdeführer nicht alles getan haben, was von ihnen zur Verhinderung des vordringenden Waldwuchses erwartet werden könnte. e) Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, die Böschung sei lediglich mit Gras und Blütensträuchern bepflanzt. Halbwüchsige Birken, wilde Kirschen, Haselstauden etc. seien noch lange keine Waldbäume. Dem ist entgegenzuhalten, dass auch Kirschbäume unter den Begriff der Waldbäume im Sinne von Art. 1 Abs. 1


BGE 113 Ib 357 S. 361
(9 x 24 m gegenüber 17 x 24 m gemäss Regierungsratsentscheid). Angesichts der Tatsache des - heutigen und früheren - Wuchszusammenhanges der Bestockung auf dem Grundstück der Beschwerdeführer mit dem angrenzenden öffentlichen Wald ist die Frage der hinreichenden Grösse der Bestockung ohne Bedeutung, kommt es doch in einem solchen Fall auf den genauen Flächeninhalt nicht an (BGE 108 Ib 511; BGE 107 Ib 53 E. 4a). Immerhin sei beigefügt, dass die am Augenschein ermittelte Bestockungsfläche von 317 m2 (275 m2 unterhalb der Stützmauer bis zum Hangfuss, zuzüglich 42 m2 Wald, der in die kleine Wiese längs der Unteren Bubenholzstrasse hinausragt) genügend gross ist, um selbständig als Wald zu gelten. So betrachten der Kanton Aargau eine Mindestfläche von 100 m2, der Kanton Zürich eine solche von 160 m2 (früher 150 m2) und der Kanton Graubünden eine solche von 250 m2 als Wald (BGE 110 Ib 382 f.). g) Die umstrittene Bestockung erfüllt daher die nach bundesgerichtlicher Praxis an Wald im Sinne von Art. 1 Abs. 1

3. Im vorliegenden Fall stellt sich allerdings die Frage, ob es sich bei der Bestockung um eine blosse Gartenanlage im Sinne von Art. 1 Abs. 3


BGE 113 Ib 357 S. 362
nicht aber Wald zu schaffen (BGE 107 Ib 357 f.). Im Hinblick auf die Entwicklungen und Tendenzen des modernen Gartenbaus, zur Schaffung naturnaher Anlagen auf die Anpflanzung typischer Garten- und Parkbäume zu verzichten, kann für die Annahme einer Gartenanlage nicht mehr länger kumulativ verlangt werden, dass Parkbäume und typische bauliche Anlagen vorhanden sind. Vielmehr muss in jedem Einzelfall eine Gesamtwürdigung der Verhältnisse vorgenommen werden (BGE BGE 113 Ib 356 E. 4c), in deren Rahmen allenfalls vorhandene Parkbäume weiterhin als Entscheidungskriterien zu beachten sind. Diese Gesamtwürdigung ergibt hier, wie dargelegt, dass angesichts der Waldbäume, der Schutzfunktion und der Grösse der bestockten Fläche sowie des Wuchszusammenhanges mit dem benachbarten Wald vom Waldcharakter der Bestockung auf dem Grundstück der Beschwerdeführer auszugehen ist. Entscheidend ist zudem, dass keine für Gärten typischen baulichen Anlagen, welche wichtiges Merkmal für eine Garten- bzw. Parkanlage bilden, vorhanden sind. Nebst einer Stützmauer am oberen Rand der Bestockung führt durch diese lediglich ein schmaler Weg von der Unteren Bubenholzstrasse zum Einfamilienhaus oberhalb der Waldfläche. Im unteren Teil gleicht er einem natürlichen Waldweg, im oberen Teil wurden angesichts der Steilheit des Geländes Betontritte angebracht. Der Weg samt Treppe gehört hingegen funktionell nicht zum Garten, sondern bildet ausschliesslich einen Zugang zum Haus. Unter diesen Umständen kann die Bestockung nicht als eine Garten- bzw. Parkanlage betrachtet werden.