113 Ia 17
3. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 23. April 1987 i.S. Eheleute X. gegen Eheleute Z., Bauinspektorat des Kantons Basel-Stadt und Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Die Basler Praxis, wonach ein Bauvorhaben den Nachbarn unmittelbar berühren muss, um seine Rekursberechtigung zu begründen, ist nicht verfassungswidrig; sie stimmt mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 103 lit. a
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
Regeste (fr):
- Art. 4 Cst.; qualité du voisin pour recourir contre une autorisation de construire.
- La pratique bâloise qui veut qu'un voisin ne soit habilité à recourir que s'il est directement touché par un projet de construction n'est pas contraire à la Constitution; elle est en accord avec la jurisprudence rendue par le Tribunal fédéral sur la base de l'art. 103 let. a OJ.
Regesto (it):
- Art. 4 Cost.; legittimazione del vicino a ricorrere contro una licenza edilizia.
- Non è contraria alla Costituzione la prassi basilese secondo cui un vicino è legittimato a ricorrere soltanto se è toccato direttamente dal progetto edilizio; tale prassi corrisponde alla giurisprudenza del Tribunale federale relativa all'art. 103 lett. a
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
Sachverhalt ab Seite 17
BGE 113 Ia 17 S. 17
Die Eheleute X. sind Eigentümer einer Liegenschaft in Riehen. Die Eheleute Z. als Eigentümer der Nachbarliegenschaft planen die Erstellung eines erdgeschossigen Anbaus auf der Südseite des bestehenden Wohnhauses. Gemäss ihrem am 14. November 1984 eingereichten Baubegehren sahen sie ausserdem auf der nördlichen Seite des Hauses an der Grenze gegen die Liegenschaft der Eheleute X. eine Parkplatzüberdeckung vor. Doch verzichteten sie auf
BGE 113 Ia 17 S. 18
diese aufgrund der von den Eheleuten X. erhobenen Einsprache, wovon das Bauinspektorat in seinem Baubewilligungsentscheid vom 29. März 1985 ausdrücklich Kenntnis nahm. Die Einsprache der Eheleute X., in welcher diese auch weitere angebliche Gesetzwidrigkeiten des Projektes beanstandeten, wies es ebenfalls am 29. März 1985 ab. Hiergegen reichten die Eheleute X. bei der Baurekurskommission des Kantons Basel-Stadt einen Rekurs ein, in dem sie u.a. geltend machten, das Bauvorhaben verletze die massgebenden Freiflächenvorschriften und verstosse auch gegen die Grenz- und Gebäudeabstandsvorschriften gegenüber der östlichen Parzellengrenze zur Liegenschaft Nr. 2276 sowie zur überbauten Parzelle 2772. Die Rekurskommission trat auf den Rekurs ein, wies ihn jedoch mit Entscheid vom 25. Oktober 1985 als materiell unbegründet ab. Die Eheleute X. wandten sich hierauf mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das baselstädtische Appellationsgericht als Verwaltungsgericht. Gemäss ihrer Rekursbegründung vom 23. Juni 1986 beschränkten sie sich auf die Anfechtung des Entscheides der Baurekurskommission hinsichtlich der nach ihrer Auffassung unzulässigen Höhe des Bauprojektes sowie der Verletzung der öffentlichrechtlichen Grenz- und Gebäudeabstandsvorschriften. Auf die vor der Baurekurskommission umstrittene Frage der Bebauungs- bzw. Nutzungsziffer gingen sie gemäss ausdrücklicher Erklärung nicht ein. Mit Urteil vom 12. Dezember 1986 trat das Verwaltungsgericht auf den Rekurs nicht ein. Das Gericht verneinte, dass die Beschwerdeführer gemäss § 13 Abs. 1 des baselstädtischen Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRPG) durch den angefochtenen Entscheid berührt seien und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hätten. Mit staatsrechtlicher Beschwerde werfen die Eheleute X. dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht vor, es habe eine formelle Rechtsverweigerung begangen, indem es auf ihre Beschwerde nicht eingetreten sei. Sie sind der Meinung, das Verwaltungsgericht hätte ihre Legitimation zur Beschwerde in gleicher Weise anerkennen müssen, wie dies die Baurekurskommission getan habe. Insbesondere machen sie geltend, das Verwaltungsgericht verkenne die präjudizierende Vorwirkung des Anbauprojektes. Dieses ziehe zwangsläufig die Erweiterung der Heizungsanlage in der bestehenden Garage und damit einen neuen Garagebau an der Grenze zu ihrer Liegenschaft nach sich. Hieraus
BGE 113 Ia 17 S. 19
ergebe sich ihr schutzwürdiges Interesse zur Bekämpfung des Vorhabens, auch wenn der Anbau von ihrer Liegenschaft nicht einsehbar sei.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. § 13 VRPG bezeichnet denjenigen als zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt, der durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Diese Umschreibung der Rekursberechtigung deckt sich mit derjenigen des Art. 103 lit. a
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 22 Baubewilligung - 1 Bauten und Anlagen dürfen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden. |
|
1 | Bauten und Anlagen dürfen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden. |
2 | Voraussetzung einer Bewilligung ist, dass: |
a | die Bauten und Anlagen dem Zweck der Nutzungszone entsprechen; und |
b | das Land erschlossen ist. |
3 | Die übrigen Voraussetzungen des Bundesrechts und des kantonalen Rechts bleiben vorbehalten. |
BGE 113 Ia 17 S. 20
sogar vorzuziehen wäre; das Bundesgericht weicht nur vom Entscheid der kantonalen Behörde ab, wenn dieser offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 112 Ia 27 E. 1c; BGE 111 Ia 19, 178, je mit Hinweisen). Von Willkür im dargelegten Sinne kann entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer klarerweise nicht die Rede sein.
b) Das Bundesgericht hat bereits wiederholt anerkannt, dass die kantonalen Rekursinstanzen eine mit Art. 103 lit. a
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 113 Ia 17 S. 21
Beschwerdeführer nicht. Der Anbau ist - was unbestritten ist und sich auch aus den Plänen ergibt - vom Haus der Beschwerdeführer aus nicht einsehbar. Auch wenn sich im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren Nachbarn ebenfalls auf Normen berufen können, die nicht speziell ihren Schutz bezwecken, so ist es keineswegs willkürlich, wenn das Verwaltungsgericht festgestellt hat, dies genüge nicht zur Begründung ihrer Legitimation. Die Verwaltungsrechtspflegeinstanzen sind nämlich nicht Aufsichtsbehörden, welche ohne Rücksicht auf die Frage, ob ein Beschwerdeführer in schutzwürdigen Interessen verletzt ist, die objektiv richtige Rechtsanwendung durch die Verwaltung zu überprüfen haben. Die Beschwerdeführer scheinen zu übersehen, dass es sich bei der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht um eine Popularbeschwerde handelt. c) Dass die Baurekurskommission auf die Beschwerde eingetreten ist, ändert nichts daran, dass das Verwaltungsgericht die Prozessvoraussetzung der Beschwerdelegitimation unabhängig und umfassend zu prüfen hat. Der Gedanke, das Gericht habe nicht "ohne Not" von der Rechtsauffassung der Vorinstanz abzuweichen, ist abwegig. Im übrigen war vor der Baurekurskommission, worauf die privaten Beschwerdegegner zutreffend hinweisen, auch die Frage des Nutzungsmasses umstritten, was zu einer unterschiedlichen Beurteilung der Legitimationsfrage führen konnte. d) Als schutzwürdiges Interesse machen die Beschwerdeführer, wie bereits vor Verwaltungsgericht, einzig geltend, die Bewilligung des Vorhabens ziehe zwangsläufig die Einrichtung einer neuen Heizung im bestehenden Garagebau und damit die ursprünglich geplante Überdeckung der Autoabstellplätze entlang ihrer Nachbargrenze nach sich. Wenn das Verwaltungsgericht diese Hypothese nicht als ausreichend bezeichnet hat, um das für die Rekursberechtigung verlangte schutzwürdige Interesse anzunehmen, so kann ihm keineswegs Willkür vorgeworfen werden. Selbst wenn mit einer Änderung der Heizungsanlage gerechnet werden muss, so steht keineswegs fest, dass hiefür der bestehende Garagebau in Anspruch genommen werden muss. Es ist nicht auszuschliessen, dass ein anderes Heizsystem gewählt wird, das mit einem geringeren Platzbedarf auskommt. Abgesehen hievon ist entscheidend, dass die Verwirklichung einer überdeckten Abstellfläche oder eines Garagegebäudes entlang der Nachbargrenze zur Liegenschaft der Beschwerdeführer ein neues Baubegehren voraussetzt. Im Bewilligungsverfahren erhalten die Beschwerdeführer erneut Gelegenheit,
BGE 113 Ia 17 S. 22
ihre Recht zu wahren. Wenn das Verwaltungsgericht verlangt, dass ein Bauvorhaben die Nachbarn unmittelbar berühren muss, um ihre Rekursberechtigung zu begründen, so steht dies durchaus mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 103 lit. a
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |