111 IV 97
24. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. August 1985 i.S. D. gegen Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Graubünden (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 15 Abs. 1 ARV; Bedienung des Fahrtenschreibers.
- Der berufsmässige Lastwagenchauffeur darf während der Beladearbeiten den Fahrtenschreiber nicht auf "Ruhezeit" schalten, wenn er anwesend sein muss, um bei allfälligen Schwierigkeiten jederzeit und rasch einschreiten zu können.
Regeste (fr):
- Art. 15 al. 1 OTR; emploi du tachygraphe.
- Le chauffeur professionnel de camion ne doit pas mettre le tachygraphe sur la position "pause" pendant la durée du chargement, lorsqu'il doit être présent et se tenir prêt à intervenir à chaque instant en cas de difficulté.
Regesto (it):
- Art. 15 cpv. 1 OLR; uso del cronotachigrafo.
- Non è consentito all'autista professionale di autocarri di porre il cronotachigrafo sulla posizione "pausa" durante i lavori di carico, se egli dev'essere presente e pronto ad intervenire rapidamente in qualsiasi momento in caso di difficoltà.
Sachverhalt ab Seite 97
BGE 111 IV 97 S. 97
Anlässlich einer Verkehrsüberwachung am 2. November 1984 wurde der Lastwagenlenker D. angehalten und kontrolliert. Dabei wurde durch die Polizei festgestellt, dass er die Zeit, in welcher er sich in der Führerkabine aufhält und wartet, bis ab- oder aufgeladen worden ist, nicht als Arbeitszeit durch den Fahrtenschreiber registrieren lässt. Die Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Graubünden sprach D. am 19. März 1985 der Übertretung von Art. 15 in Verbindung
BGE 111 IV 97 S. 98
mit Art. 28 ARV schuldig und büsste ihn deswegen mit Fr. 60.--. Einen dagegen erhobenen Rekurs wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden am 3. Mai 1985 ab. Dagegen richtet sich die vorliegende Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, der Beschwerdeführer sei in Aufhebung des angefochtenen Entscheids freizusprechen; eventuell sei er schuldig zu sprechen, wobei im Sinne von Art. 20
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 20 - Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln, so ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen an. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. a) Der Beschwerdeführer transportierte Sägemehl, welches durch ein Gebläse aus dem Lager der Sägerei gesogen und auf den Lastwagen geblasen wurde. Er vertritt die Ansicht, dass er während des Ladevorganges keinerlei Arbeit zu leisten habe und dabei "vielleicht durchaus" in der Kabine des Lastwagens sitze; das heisse aber nicht, dass er dabei nicht Pause machen oder gar irgendwelche andere Arbeiten verrichten würde. Im übrigen hatte er im kantonalen Verfahren ausgeführt, er müsse nur dann eingreifen, wenn es mit dem Gebläsemotor Schwierigkeiten gebe. b) Als Arbeitszeit im Sinne des Gesetzes gilt auch die blosse Präsenzzeit (Art. 2 Abs. 2 lit. e
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 20 - Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln, so ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen an. |
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV) VRV Art. 73 Ladung; Allgemeines - (Art. 30 Abs. 2 SVG) |
|
1 | Die Ladung ist so anzuordnen, dass die Lenkachsen wenigstens 20 Prozent des Betriebsgewichtes tragen und bei Zentralachsanhängern der Schwerpunkt vor der Achse liegt.282 |
2 | Die Ladung darf mehrspurige Motorfahrzeuge und Anhänger seitlich nicht überragen.283 Es gelten folgende Ausnahmen: |
a | unteilbare Sportgeräte von höchstens 2,55 m Breite auf Sportgeräteanhängern; |
b | Heu- und Strohballen und dergleichen bis zu einer Breite von 2,55 m auf land- und forstwirtschaftlichen Fahrten; |
c | loses Heu, Stroh und dergleichen auf land- und forstwirtschaftlichen Fahrten, wenn keine festen Gegenstände über den Fahrzeugrand vorstehen; |
d | Fahrräder und Motorfahrräder, die hinten an Motorfahrzeugen befestigt sind, sofern die Überragung nicht mehr als 20 cm pro Seite (Art. 38 Abs. 1bis VTS287) und die Gesamtbreite nicht mehr als 2 m beträgt.288 |
3 | Die Ladung darf bei Motorfahrzeugen, von der Mitte der Lenkvorrichtung gemessen, höchstens 3,00 m nach vorne und bei Motorfahrzeugen und Anhängern höchstens 5,00 m hinter die Mitte der Hinterachse oder den Drehpunkt der Hinterachsen hinausreichen, wenn sie über die Ladefläche hinausragt.289 |
4 | Waren dürfen mit Motorfahrzeugen nur auf einer Ladefläche befördert werden. Die kantonale Behörde kann aus zwingenden Gründen für den Transport besonderer Güter an Kranen, auf Ladegabeln u. dgl. Ausnahmen bewilligen. Sie trifft die erforderlichen Sicherheitsmassnahmen. |
5 | Durch geeignete Massnahmen ist sicherzustellen, dass Ladungen und Teile von Ladungen nicht leicht abgeweht werden können; dies gilt nicht für Fahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von maximal 40 km/h.290 |
6 | Auf Ladeflächen vor und neben dem Führersitz sind nur Ladungen gestattet, welche die Sicht nicht behindern. |
7 | Wo wegen Vereisung Gleitgefahr besteht, darf keine Ware transportiert werden, von der Wasser auf die öffentliche Strasse abtropft, z.B. nasser Kies, Sand u. dgl. |
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV) VRV Art. 73 Ladung; Allgemeines - (Art. 30 Abs. 2 SVG) |
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1 | Die Ladung ist so anzuordnen, dass die Lenkachsen wenigstens 20 Prozent des Betriebsgewichtes tragen und bei Zentralachsanhängern der Schwerpunkt vor der Achse liegt.282 |
2 | Die Ladung darf mehrspurige Motorfahrzeuge und Anhänger seitlich nicht überragen.283 Es gelten folgende Ausnahmen: |
a | unteilbare Sportgeräte von höchstens 2,55 m Breite auf Sportgeräteanhängern; |
b | Heu- und Strohballen und dergleichen bis zu einer Breite von 2,55 m auf land- und forstwirtschaftlichen Fahrten; |
c | loses Heu, Stroh und dergleichen auf land- und forstwirtschaftlichen Fahrten, wenn keine festen Gegenstände über den Fahrzeugrand vorstehen; |
d | Fahrräder und Motorfahrräder, die hinten an Motorfahrzeugen befestigt sind, sofern die Überragung nicht mehr als 20 cm pro Seite (Art. 38 Abs. 1bis VTS287) und die Gesamtbreite nicht mehr als 2 m beträgt.288 |
3 | Die Ladung darf bei Motorfahrzeugen, von der Mitte der Lenkvorrichtung gemessen, höchstens 3,00 m nach vorne und bei Motorfahrzeugen und Anhängern höchstens 5,00 m hinter die Mitte der Hinterachse oder den Drehpunkt der Hinterachsen hinausreichen, wenn sie über die Ladefläche hinausragt.289 |
4 | Waren dürfen mit Motorfahrzeugen nur auf einer Ladefläche befördert werden. Die kantonale Behörde kann aus zwingenden Gründen für den Transport besonderer Güter an Kranen, auf Ladegabeln u. dgl. Ausnahmen bewilligen. Sie trifft die erforderlichen Sicherheitsmassnahmen. |
5 | Durch geeignete Massnahmen ist sicherzustellen, dass Ladungen und Teile von Ladungen nicht leicht abgeweht werden können; dies gilt nicht für Fahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von maximal 40 km/h.290 |
6 | Auf Ladeflächen vor und neben dem Führersitz sind nur Ladungen gestattet, welche die Sicht nicht behindern. |
7 | Wo wegen Vereisung Gleitgefahr besteht, darf keine Ware transportiert werden, von der Wasser auf die öffentliche Strasse abtropft, z.B. nasser Kies, Sand u. dgl. |
BGE 111 IV 97 S. 99
Carchauffeurs, der auf die Rückfahrt der Fahrgäste warten muss. Dieser verabredet mit seinen Passagieren einen Zeitpunkt und kann die dazwischenliegende Zeit z.B. mit einem Restaurantbesuch, Spazierengehen oder auch Schlafen ausfüllen. Der Beschwerdeführer musste demgegenüber bei auftretenden Schwierigkeiten jederzeit und rasch einschreiten können. Indem er unter diesen Umständen den Fahrtenschreiber auf "Ruhezeit" schaltete, verstiess er gegen Art. 15 Abs. 1 ARV.
3. Der Beschwerdeführer macht eventualiter geltend, er habe mit Rechtsirrtum gehandelt, da die zitierte Wegleitung des BAP nur den Schluss zulasse, die inkriminierte Wartezeit sei als Pause aufzufassen. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. In der genannten Wegleitung wird z.B. schon die Wartezeit eines Taxifahrers ausdrücklich als Arbeitszeit aufgeführt; ebenso ist nach den dortigen Erörterungen die Wartezeit des Carchauffeurs dann Arbeitszeit, wenn dieser gewisse Aufgaben (z.B. Heizen des Wagens) wahrnehmen muss (BAP, a.a.O. S. 4). Diese Ausführungen lassen keineswegs die Meinung entstehen, ein Lastwagenchauffeur, der bei den Beladearbeiten zur Verfügung stehen muss, um allenfalls einen Gebläsemotor in Ordnung bringen zu helfen, pausiere während dieser Zeit.