111 Ia 146
25. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 30. April 1985 i.S. Wassergenossenschaft W. gegen F. und Obergericht des Kantons Zug (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 88
OG; Legitimation einer Wassergenossenschaft.
- Beschwerde einer Wassergenossenschaft gegen ein Zivilurteil, das einen Streit der Genossenschaft mit einem Genossenschafter über Bedingungen des Wasserbezugs betrifft: Legitimation bejaht.
Regeste (fr):
- Art. 88 OJ; qualité pour recourir d'une société coopérative de fourniture d'eau.
- Recours formé par une société coopérative de fourniture d'eau contre un jugement civil concernant un litige entre la coopérative et l'un de ses membres au sujet des conditions de la fourniture d'eau: qualité pour recourir admise.
Regesto (it):
- Art. 88
OG; legittimazione ricorsuale di una società cooperativa che esercisce un acquedotto.
- Ricorso proposto da una società cooperativa che esercisce un acquedotto contro una sentenza civile concernente una lite tra la cooperativa e uno dei suoi membri circa le condizioni del prelievo d'acqua: legittimazione ricorsuale ammessa.
Sachverhalt ab Seite 147
BGE 111 Ia 146 S. 147
A.- Der Wassergenossenschaft W. obliegt aufgrund eines "Konzessions-Vertrages" mit der Einwohnergemeinde E. vom 28. Juni 1971/10. April 1972 die Versorgung der Gemeindeeinwohner mit Wasser. Sie geriet in Streit mit ihrem Genossenschafter F. über Beiträge an Leitungskosten, über eine Anschlussgebühr sowie einen Wasserzins.
B.- Am 8. Januar 1978 klagte sie gegen F. auf Zahlung von Fr. 30'313.20 nebst Zins sowie sämtlicher Anschlussgebühren und der Kosten für die Erstellung einer Wasserleitung. F. verlangte widerklageweise die Rückerstattung irrtümlich bezahlter Beträge. Das Kantonsgericht des Kantons Zug wies die Klage ab und hiess die Widerklage im Umfang von Fr. 4'523.30 gut. Auf Appellation und Anschlussappellation hin bestätigte das Obergericht des Kantons Zug am 17. Dezember 1982 das kantonsgerichtliche Urteil.
C.- Die Wassergenossenschaft hat staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts wegen Verletzung von Art. 4
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 58 Armee - 1 Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert. |
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1 | Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert. |
2 | Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen. |
3 | Der Einsatz der Armee ist Sache des Bundes.18 |
Erwägungen
aus folgenden Erwägungen:
1. Das Recht zur Beschwerdeführung steht Bürgern (Privaten) und Korporationen zur Wahrung ihrer verfassungsmässigen Individualrechte gegen Übergriffe der Staatsgewalt zu (Art. 88
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BGE 111 Ia 146 S. 148
b) Nicht völlig abwegig erscheint freilich die Auffassung, die Beschwerdeführerin sei angesichts ihres Zwecks und ihrer Funktion - Versorgung der Bevölkerung mit Wasser - den öffentlichrechtlichen Körperschaften gleichzustellen (vgl. §§ 2 und 59 Abs. 1 Ziff. 2 des Gesetzes über die Organisation und die Verwaltung der Gemeinden vom 4. September 1980; Art. 4 Abs. 1 der Konzession; BGE 96 I 330 E. 3). Aber auch das würde an der Legitimation der Beschwerdeführerin nichts ändern. Öffentlichrechtlichen Körperschaften steht die Legitimation immer dann zu, wenn sie sich auf dem Boden des Privatrechts bewegen, vom angefochtenen Urteil wie Privatpersonen betroffen sind (BGE 109 Ia 175 E. 2 mit Verweisung, BGE 107 Ia 178 E. b; analog für Völkerrechtssubjekte BGE 106 Ia 144 E. 2a; ferner KÄLIN, S. 254 und 259). Vor den kantonalen Zivilgerichten ist die Beschwerdeführerin wie ein Privater, der Zivilansprüche verfolgt, aufgetreten und auch so behandelt worden; ob zu Recht oder Unrecht, spielt insoweit keine Rolle. Die Beschwerdelegitimation ist daher zu bejahen; auch die zu dieser Frage angehörten öffentlichrechtlichen Abteilungen haben sich in diesem Sinn geäussert.