109 IV 121
33. Urteil des Kassationshofes vom 30. Mai 1983 i.S. I. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 204 , 58 Abs. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 58 - 1 ...56
1 ...56 2 Die therapeutischen Einrichtungen im Sinne der Artikel 59-61 sind vom Strafvollzug getrennt zu führen. - 1. Eine zurückhaltende Anwendung des Art. 204 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 58 - 1 ...56
1 ...56 2 Die therapeutischen Einrichtungen im Sinne der Artikel 59-61 sind vom Strafvollzug getrennt zu führen. - 2. Soweit die Einziehung der unzüchtigen Gegenstände nicht mehr möglich ist, steht dem Staat eine Ersatzforderung in der Höhe des Bruttoertrages aus dem "Pornohandel" zu (E. 2).
Regeste (fr):
- Art. 204, 58 al. 4 CP; publications obscènes, créance compensatrice de l'Etat.
- 1. Une application restrictive de l'art. 204 ch. 1 CP ne s'impose que pour les cas ne relevant pas de la pure pornographie (consid. 1).
- 2. Lorsque la confiscation des objets obscènes n'est plus possible, l'Etat possède une créance compensatrice égale au résultat brut du commerce illicite (consid. 2).
Regesto (it):
- Art. 204, 58 cpv. 4 CP; pubblicazioni oscene, pretesa risarcitoria dello Stato.
- 1. Un'applicazione restrittiva dell'art. 204 n. 1 CP s'impone soltanto nei casi in cui non si tratti di pornografia vera e propria (consid. 1).
- 2. Ove la confisca degli oggetti osceni non sia più possibile, spetta allo Stato una pretesa risarcitoria pari al reddito lordo risultante dal commercio illecito (consid. 2).
Sachverhalt ab Seite 121
BGE 109 IV 121 S. 121
A.- I. betreibt seit Ende Juni 1979 in S. ein und seit Anfang Oktober 1979 in Z. zwei weitere Geschäfte, in denen er Sexartikel, insbesondere pornographische Filme, Kassetten, Magazine und Bücher sowie künstliche Geschlechtsteile und andere Manipulierinstrumente zum Verkauf anbot. Auch wurden in seinen Ladenlokalen pornographische Filme vorgeführt. Die Erzeugnisse bezog I. grösstenteils aus dem Ausland und lagerte sie ausser in den drei Geschäften an seinem Wohnort in A. sowie vorübergehend in einem Lokal in B. Von Ende Juni 1979 bis Ende Dezember 1980 erzielte I. aus dem von ihm betriebenen Pornohandel einen Bruttoertrag
BGE 109 IV 121 S. 122
von Fr. 377'000.-- und einen Nettogewinn von mindestens Fr. 38'400.--.
B.- Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte I. am 19. November 1982 wegen fortgesetzter unzüchtiger Veröffentlichung im Sinne von Art. 204 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 58 - 1 ...56 |
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2 | Die therapeutischen Einrichtungen im Sinne der Artikel 59-61 sind vom Strafvollzug getrennt zu führen. |
C.- I. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, Urteil und Beschluss des Obergerichts Zürich seien aufzuheben und es sei die Sache zu seiner Freisprechung und zur Freigabe der beschlagnahmten Gegenstände an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Was I. auf den Seiten 6 bis 20 seiner Rechtsschrift vorbringt, ist nichts anderes als die wörtliche Wiedergabe der Ausführungen seines Verteidigers vor Obergericht. Das auf den Seiten 21 bis 24 als "persönliche und spontane Äusserungen des Beschwerdeführers zu einzelnen vorinstanzlichen Argumenten" Vorgetragene erschöpft sich teils in tatsächlichen Behauptungen oder Bestreitungen (z.B. den Vorsatz), wofür in der Nichtigkeitsbeschwerde kein Raum ist, teils in der Wiederholung vom Verteidiger in anderer Form schon im kantonalen Verfahren erhobener Einwendungen. Soweit sie rechtlicher Natur sind, betreffen sie zur Hauptsache die Begriffe des Unzüchtigen und des Öffentlichen. Mit allen diesbezüglichen Vorbringen haben sich jedoch die kantonalen Instanzen eingehend befasst. Da ihre Erwägungen den von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung für die Auslegung jener Rechtsbegriffe ausgebildeten Kriterien folgen (insbes. BGE 100 IV 236, BGE 96 IV 68 E. 2, BGE 89 IV 134 E. 4) und kein Anlass besteht, von der bisherigen Praxis abzugehen, ist die Beschwerde insoweit unter Verweisung auf die Gründe der Vorinstanz zu verwerfen.
Ergänzend sei lediglich vermerkt, dass der im Gesetz enthaltene Begriff des Unzüchtigen ein normativer Begriff ist (BGE 103 IV 97 E. 2b, BGE 99 IV 59 E. 1b), der seiner Natur nach wertender Auslegung durch den Richter bedarf. Indem dieser einen solchen Begriff nach Sinn und Zweck der Norm auslegt, überschreitet er keineswegs
BGE 109 IV 121 S. 123
seine Kompetenz und masst sich nicht widerrechtlich Befugnisse des Gesetzgebers an (s. BGE 98 Ib 481). Der Einwand, die Begriffe des Unzüchtigen und des Öffentlichen befänden sich nicht unter den Legaldefinitionen des Art. 110
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 110 - 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.154 |
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1 | Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.154 |
2 | Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben. |
3 | Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben. |
3bis | Stellt eine Bestimmung auf den Begriff der Sache ab, so findet sie entsprechende Anwendung auf Tiere.155 |
4 | Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient. |
5 | Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden. |
6 | Der Tag hat 24 aufeinander folgende Stunden. Der Monat und das Jahr werden nach der Kalenderzeit berechnet. |
7 | Untersuchungshaft ist jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 110 - 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.154 |
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1 | Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.154 |
2 | Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben. |
3 | Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben. |
3bis | Stellt eine Bestimmung auf den Begriff der Sache ab, so findet sie entsprechende Anwendung auf Tiere.155 |
4 | Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient. |
5 | Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden. |
6 | Der Tag hat 24 aufeinander folgende Stunden. Der Monat und das Jahr werden nach der Kalenderzeit berechnet. |
7 | Untersuchungshaft ist jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt. |
2. Bleibt es aber bei der Verurteilung des Beschwerdeführers nach Art. 204 StGB, dann war auch die Einziehung als notwendige Voraussetzung der in Art. 204 Ziff. 3
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 58 - 1 ...56 |
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2 | Die therapeutischen Einrichtungen im Sinne der Artikel 59-61 sind vom Strafvollzug getrennt zu führen. |
BGE 109 IV 121 S. 124
Übereinstimmung mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hat das Obergericht diesen Vorteil in casu im Bruttoertrag aus dem von I. in der fraglichen Zeit betriebenen "Pornohandel" gesehen. Hiergegen wendet sich die Beschwerde mit dem Einwand, Vorteil könne nur sein, was aus Geschäften netto hervorgehe, und eine extensive Auslegung gegen den üblichen Sprachgebrauch sei unzulässig. a) Der Gesetzestext ist wohl Ausgangspunkt der Gesetzesanwendung. Selbst der klare Wortlaut bedarf aber der Auslegung, wenn er vernünftigerweise nicht den wirklichen Sinn des Gesetzes wiedergibt. Massgeblich ist nicht der Buchstabe, sondern der Sinn der Norm, wie er sich aus den ihr zugrundeliegenden Zwecken und Wertungen ergibt (BGE 95 IV 73 E. 3a). b) Wie der Kassationshof in BGE 103 IV 143 grundsätzlich entschieden hat, erlaubt nichts die Annahme, es könnten von den nach Art. 58 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 58 - 1 ...56 |
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2 | Die therapeutischen Einrichtungen im Sinne der Artikel 59-61 sind vom Strafvollzug getrennt zu führen. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 58 - 1 ...56 |
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2 | Die therapeutischen Einrichtungen im Sinne der Artikel 59-61 sind vom Strafvollzug getrennt zu führen. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 58 - 1 ...56 |
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2 | Die therapeutischen Einrichtungen im Sinne der Artikel 59-61 sind vom Strafvollzug getrennt zu führen. |
BGE 109 IV 121 S. 125
c) Dass die auf Fr. 250'393.-- bemessene Ersatzforderung des Staates (das Obergericht hatte diese aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht auf den erst in seiner Instanz ermittelten höheren Bruttoertrag von Fr. 337'000.-- festlegen können) seine Wiedereingliederung erheblich erschweren würde, macht der Beschwerdeführer nicht geltend. Es stellt sich deshalb die Frage nicht, ob allfällige Zahlungserleichterungen zu gewähren seien (BGE 105 IV 22 E. 1a) oder die Ersatzforderung ermässigt werden müsse (BGE 106 IV 10). Schliesslich ist die Massnahme auch sonst nicht unverhältnismässig; denn abgesehen davon, dass Art. 58 Ziff. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 58 - 1 ...56 |
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2 | Die therapeutischen Einrichtungen im Sinne der Artikel 59-61 sind vom Strafvollzug getrennt zu führen. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.