107 Ia 343
66. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. Oktober 1981 i.S. W. gegen Vormundschaftsbehörde X. und Regierungsrat des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 88
OG und Art. 381
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 381 - 1 Die Erwachsenenschutzbehörde errichtet eine Vertretungsbeistandschaft, wenn keine vertretungsberechtigte Person vorhanden ist oder das Vertretungsrecht ausüben will.
1 Die Erwachsenenschutzbehörde errichtet eine Vertretungsbeistandschaft, wenn keine vertretungsberechtigte Person vorhanden ist oder das Vertretungsrecht ausüben will. 2 Sie bestimmt die vertretungsberechtigte Person oder errichtet eine Vertretungsbeistandschaft, wenn: 1 unklar ist, wer vertretungsberechtigt ist; 2 die vertretungsberechtigten Personen unterschiedliche Auffassungen haben; oder 3 die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt sind. 3 Sie handelt auf Antrag der Ärztin oder des Arztes oder einer anderen nahestehenden Person oder von Amtes wegen. - Den Eltern des Mündels fehlt die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Ernennung des Vormundes (E. 2). Doch können sie insofern eine formelle Rechtsverweigerung mit staatsrechtlicher Beschwerde rügen, als ihnen verwehrt worden ist, einen Vormund vorzuschlagen oder die Wahl des Vormundes anzufechten und in diesem Zusammenhang Beweisanträge zu stellen (E. 3).
Regeste (fr):
- Art. 88 OJ et art. 381 CC.
- Les parents du pupille n'ont pas qualité pour former un recours de droit public contre la nomination du tuteur (consid. 2). Mais ils peuvent se plaindre de déni de justice formel par la voie du recours de droit public dans la mesure où ils ont été empêchés de proposer un tuteur ou de contester le choix du tuteur et de faire des offres de preuve à ce sujet (consid. 3).
Regesto (it):
- Art. 88 e art. 381 CC.
- I genitori del tutelato non sono legittimati a proporre ricorso di diritto pubblico contro la nomina del tutore (consid. 2). Mediante ricorso di diritto pubblico essi possono nondimeno invocare un diniego di giustizia formale nella misura in cui siano stati impediti di proporre un tutore o di contestare la nomina del tutore e di chiedere l'assunzione di prove al riguardo (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 343
BGE 107 Ia 343 S. 343
E. W., geb. 1954, wurde am 10. Juni 1977 in Anwendung von Art. 369
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 369 - 1 Wird die auftraggebende Person wieder urteilsfähig, so verliert der Vorsorgeauftrag seine Wirksamkeit von Gesetzes wegen. |
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1 | Wird die auftraggebende Person wieder urteilsfähig, so verliert der Vorsorgeauftrag seine Wirksamkeit von Gesetzes wegen. |
2 | Werden dadurch die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet, so ist die beauftragte Person verpflichtet, so lange für die Fortführung der ihr übertragenen Aufgaben zu sorgen, bis die auftraggebende Person ihre Interessen selber wahren kann. |
3 | Aus Geschäften, welche die beauftragte Person vornimmt, bevor sie vom Erlöschen ihres Auftrags erfährt, wird die auftraggebende Person verpflichtet, wie wenn der Auftrag noch bestehen würde. |
BGE 107 Ia 343 S. 344
X. daraufhin einen ihrer Bekannten als Vormund ihrer Tochter vor. Die Vormundschaftsbehörde wählte jedoch am 8. Januar 1980 als Vormund von E. W. den Nachfolger von Z., Amtsvormund G. Gegen diesen Beschluss legte M. W. beim Regierungsstatthalter Rekurs ein, der am 30. Juni 1980 abgewiesen wurde. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid wies der Regierungsrat des Kantons Bern am 10. Februar 1981 ab. M. W. führt beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Die staatsrechtliche Beschwerde steht den Bürgern (Privaten) hinsichtlich solcher Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich treffende Erlasse oder Verfügungen erlitten haben (Art. 88
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 381 - 1 Die Erwachsenenschutzbehörde errichtet eine Vertretungsbeistandschaft, wenn keine vertretungsberechtigte Person vorhanden ist oder das Vertretungsrecht ausüben will. |
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1 | Die Erwachsenenschutzbehörde errichtet eine Vertretungsbeistandschaft, wenn keine vertretungsberechtigte Person vorhanden ist oder das Vertretungsrecht ausüben will. |
2 | Sie bestimmt die vertretungsberechtigte Person oder errichtet eine Vertretungsbeistandschaft, wenn: |
1 | unklar ist, wer vertretungsberechtigt ist; |
2 | die vertretungsberechtigten Personen unterschiedliche Auffassungen haben; oder |
3 | die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt sind. |
3 | Sie handelt auf Antrag der Ärztin oder des Arztes oder einer anderen nahestehenden Person oder von Amtes wegen. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 388 - 1 Die behördlichen Massnahmen des Erwachsenenschutzes stellen das Wohl und den Schutz hilfsbedürftiger Personen sicher. |
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1 | Die behördlichen Massnahmen des Erwachsenenschutzes stellen das Wohl und den Schutz hilfsbedürftiger Personen sicher. |
2 | Sie sollen die Selbstbestimmung der betroffenen Person so weit wie möglich erhalten und fördern. |
BGE 107 Ia 343 S. 345
anwendbar ist. Diese ist nicht Bestandteil eines für das Vormundschaftsrecht vorgesehenen Verfahrens, sondern hat einen neuen, selbständigen, vom kantonalen Verfahren durchaus verschiedenen Gegenstand (nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts i.S. St. c. Regierungsrat Solothurn vom 30. Oktober 1944). Da die Mutter des Mündels im vorliegenden Fall durch die Wahl des Vormundes lediglich tatsächlich oder mittelbar berührt, in ihren rechtlich geschützten Interessen indessen nicht beeinträchtigt worden ist, fehlt ihr die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde ebenso wie dem Geschädigten oder Anzeiger im Strafprozess, der die Verurteilung des Angeschuldigten erreichen will (BGE 104 Ia 156; ZVW 17/1962 S. 103).
3. Das Bundesgericht hat in BGE 104 Ia 156 in diesem Zusammenhang weiter ausgeführt, unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst seien aber Anzeiger und Geschädigter befugt, mit staatsrechtlicher Beschwerde die Verletzung solcher Rechte zu rügen, die ihnen das kantonale Recht wegen ihrer Stellung als am Strafverfahren beteiligte Partei einräume und deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstelle oder auf eine solche hinauslaufe. Wer beispielsweise nach dem kantonalen Recht befugt sei, als Anzeiger oder Geschädigter in einem Strafprozess Beweisanträge zu stellen, könne daher mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend machen, man habe ihm in Missachtung der entsprechenden kantonalen Vorschriften keine Gelegenheit gegeben, solche Anträge zu stellen. Er könne dagegen nicht rügen, sie seien zu Unrecht wegen Unerheblichkeit oder aufgrund vorweggenommener Beweiswürdigung abgewiesen worden oder die kantonale Behörde habe die Beweise willkürlich gewürdigt. Ebensowenig seien Anzeiger und Geschädigter befugt, sich mit staatsrechtlicher Beschwerde über eine willkürliche Anwendung des materiellen Strafrechts zu beklagen (BGE 104 Ia 156 /57 mit Hinweisen). Wird diese Rechtsprechung in analoger Weise auf die Eltern des Mündels angewendet, die im Sinne von Art. 381
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 381 - 1 Die Erwachsenenschutzbehörde errichtet eine Vertretungsbeistandschaft, wenn keine vertretungsberechtigte Person vorhanden ist oder das Vertretungsrecht ausüben will. |
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1 | Die Erwachsenenschutzbehörde errichtet eine Vertretungsbeistandschaft, wenn keine vertretungsberechtigte Person vorhanden ist oder das Vertretungsrecht ausüben will. |
2 | Sie bestimmt die vertretungsberechtigte Person oder errichtet eine Vertretungsbeistandschaft, wenn: |
1 | unklar ist, wer vertretungsberechtigt ist; |
2 | die vertretungsberechtigten Personen unterschiedliche Auffassungen haben; oder |
3 | die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt sind. |
3 | Sie handelt auf Antrag der Ärztin oder des Arztes oder einer anderen nahestehenden Person oder von Amtes wegen. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 388 - 1 Die behördlichen Massnahmen des Erwachsenenschutzes stellen das Wohl und den Schutz hilfsbedürftiger Personen sicher. |
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1 | Die behördlichen Massnahmen des Erwachsenenschutzes stellen das Wohl und den Schutz hilfsbedürftiger Personen sicher. |
2 | Sie sollen die Selbstbestimmung der betroffenen Person so weit wie möglich erhalten und fördern. |
BGE 107 Ia 343 S. 346
wegen Unerheblichkeit oder aufgrund vorweggenommener Beweiswürdigung abgelehnt worden sind, rügen. Die Beurteilung dieser Fragen kann nämlich nicht von der Prüfung der Sache selbst getrennt werden; auf eine solche haben die in Art. 381
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 381 - 1 Die Erwachsenenschutzbehörde errichtet eine Vertretungsbeistandschaft, wenn keine vertretungsberechtigte Person vorhanden ist oder das Vertretungsrecht ausüben will. |
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1 | Die Erwachsenenschutzbehörde errichtet eine Vertretungsbeistandschaft, wenn keine vertretungsberechtigte Person vorhanden ist oder das Vertretungsrecht ausüben will. |
2 | Sie bestimmt die vertretungsberechtigte Person oder errichtet eine Vertretungsbeistandschaft, wenn: |
1 | unklar ist, wer vertretungsberechtigt ist; |
2 | die vertretungsberechtigten Personen unterschiedliche Auffassungen haben; oder |
3 | die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt sind. |
3 | Sie handelt auf Antrag der Ärztin oder des Arztes oder einer anderen nahestehenden Person oder von Amtes wegen. |