103 Ia 414
63. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 18. November 1977 i.S. G. gegen Justizdirektion des Kantons Zürich
Regeste (de):
- Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Die Verfügung, während des Freiheitsentzuges aus dem Sperrkonto eines Gefangenen eine Auslage zu bezahlen, bedarf gemäss Art. 377 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 377 - 1 Die Kantone errichten und betreiben Anstalten und Anstaltsabteilungen für Gefangene im offenen und geschlossenen Vollzug sowie für Gefangene in Halbgefangenschaft und im Arbeitsexternat.
1 Die Kantone errichten und betreiben Anstalten und Anstaltsabteilungen für Gefangene im offenen und geschlossenen Vollzug sowie für Gefangene in Halbgefangenschaft und im Arbeitsexternat. 2 Sie können ferner Abteilungen für besondere Gefangenengruppen führen, insbesondere für: a Frauen; b Gefangene bestimmter Altersgruppen; c Gefangene mit sehr langen oder sehr kurzen Strafen; d Gefangene, die intensiv betreut oder behandelt werden müssen oder eine Aus- oder Weiterbildung erhalten. 3 Sie errichten und betreiben die in diesem Gesetz für den Massnahmenvollzug vorgesehenen Einrichtungen. 4 Sie sorgen dafür, dass die Reglemente und der Betrieb der Anstalten und Einrichtungen diesem Gesetz entsprechen. 5 Sie fördern die Aus- und Weiterbildung des Personals.
Regeste (fr):
- Art. 4 Cst.; prélèvement de frais sur le pécule.
- En vertu de l'art. 377 al. 2 CP, tout prélèvement de frais opéré sur le pécule inscrit au nom du détenu durant la privation de liberté doit être fondé sur une disposition du réglement de l'établissement.
Regesto (it):
- Art. 4 Cost.; pagamento di spese mediante prelevamento dal peculio.
- In virtù dell'art. 377 cpv. 2 CP, qualsiasi prelevamento destinato al pagamento di spese, effettuato sul peculio accreditato al detenuto durante la privazione della libertà, deve essere fondato su una disposizione del regolamento dello stabilimento.
Erwägungen ab Seite 414
BGE 103 Ia 414 S. 414
Aus den Erwägungen:
2. Der Strafvollzug ist Sache der Kantone, soweit Bundesrecht nicht eingreift (Art. 374

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 374 - 1 Über die auf Grund dieses Gesetzes verhängten Geldstrafen, Bussen und Einziehungen verfügen die Kantone. |
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1 | Über die auf Grund dieses Gesetzes verhängten Geldstrafen, Bussen und Einziehungen verfügen die Kantone. |
2 | In den von der Straf- oder Berufungskammer des Bundesstrafgerichts beurteilten Fällen verfügt darüber der Bund.579 |
3 | Die Verwendung zu Gunsten des Geschädigten nach Artikel 73 bleibt vorbehalten. |
4 | Vorbehalten sind die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 19. März 2004580 über die Teilung eingezogener Vermögenswerte.581 |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 376 - 1 Die Kantone richten die Bewährungshilfe ein. Sie können diese Aufgabe privaten Vereinigungen übertragen. |
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1 | Die Kantone richten die Bewährungshilfe ein. Sie können diese Aufgabe privaten Vereinigungen übertragen. |
2 | Die Bewährungshilfe obliegt in der Regel dem Kanton, in dem die betreute Person Wohnsitz hat. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 378 - 1 Die Kantone können über die gemeinsame Errichtung und den gemeinsamen Betrieb von Anstalten und Einrichtungen Vereinbarungen treffen oder sich das Mitbenutzungsrecht an Anstalten und Einrichtungen anderer Kantone sichern. |
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1 | Die Kantone können über die gemeinsame Errichtung und den gemeinsamen Betrieb von Anstalten und Einrichtungen Vereinbarungen treffen oder sich das Mitbenutzungsrecht an Anstalten und Einrichtungen anderer Kantone sichern. |
2 | Die Kantone informieren einander über die Besonderheiten ihrer Anstalten und Einrichtungen, namentlich über die Betreuungs-, Behandlungs- und Arbeitsangebote; sie arbeiten bei der Zuteilung der Gefangenen zusammen. |
BGE 103 Ia 414 S. 415
Ihm die Mittel für den Lebensunterhalt während der ersten Wochen nach der Entlassung zu sichern (BGE 102 Ib 255).
Was die Ausgaben aus dem Verdienstanteil während des Freiheitsentzuges angeht, bestimmt Art. 377 Abs. 2

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 377 - 1 Die Kantone errichten und betreiben Anstalten und Anstaltsabteilungen für Gefangene im offenen und geschlossenen Vollzug sowie für Gefangene in Halbgefangenschaft und im Arbeitsexternat. |
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1 | Die Kantone errichten und betreiben Anstalten und Anstaltsabteilungen für Gefangene im offenen und geschlossenen Vollzug sowie für Gefangene in Halbgefangenschaft und im Arbeitsexternat. |
2 | Sie können ferner Abteilungen für besondere Gefangenengruppen führen, insbesondere für: |
a | Frauen; |
b | Gefangene bestimmter Altersgruppen; |
c | Gefangene mit sehr langen oder sehr kurzen Strafen; |
d | Gefangene, die intensiv betreut oder behandelt werden müssen oder eine Aus- oder Weiterbildung erhalten. |
3 | Sie errichten und betreiben die in diesem Gesetz für den Massnahmenvollzug vorgesehenen Einrichtungen. |
4 | Sie sorgen dafür, dass die Reglemente und der Betrieb der Anstalten und Einrichtungen diesem Gesetz entsprechen. |
5 | Sie fördern die Aus- und Weiterbildung des Personals. |
3. a) Die regierungsrätliche Verordnung über die kantonale Strafanstalt Regensdorf vom 12. Februar 1975 behandelt den Verdienstanteil im IV. Abschnitt unter dem Titel "Arbeit, Ausbildung, Verdienst". Nach § 18 wird die Hälfte des monatlichen Verdienstanteils dem Gefangenen in bar zur freien Verfügung ausbezahlt. Die andere Hälfte wird dem Sperrkonto gutgeschrieben. Über dieses bestimmt § 21 Abs. 1 der Verordnung, dass das Guthaben grundsätzlich für die Entlassung reserviert bleibe. Mit Zustimmung der Anstaltsdirektion dürfe es jedoch "für Ausgaben, die der Ausbildung, der Vorbereitung der Eingliederung nach dem Straf- oder Massnahmevollzug, der Krankenversicherung und der Altersvorsorge dienen", in Anspruch genommen werden. Die angeführten Auslagen, für die ausnahmsweise das Sperrkonto verwendet werden darf, dienen mittelbar der Vorsorge nach der Entlassung. Keine von ihnen erfasst Ausgaben für Hilfsmittel wie die Brille, auch nicht dem Sinne nach. Die Vorinstanz beruft sich denn auch selber nicht auf § 21 der Verordnung. b) Die Vorinstanz will dagegen die Verwendung des Verdienstanteils aus § 34 Abs. 2 der Verordnung ableiten, der im VI. Abschnitt über die Gesundheitspflege die zahnärztliche Betreuung regelt. Nach § 34 Abs. 1 erfolgt die zahnärztliche Behandlung nur, soweit sie während des Vollzuges von Strafen und Massnahmen notwendig ist. Absatz 2 der Vorschrift sieht vor, dass andere zahnärztliche Arbeiten vorgenommen werden können, "wenn die Belastung des zahnärztlichen Dienstes dies erlaubt und die Kostentragung geregelt ist". Wie die Vorinstanz dazu bemerkt, wird in der Praxis bei Arbeiten, die über den reinen Zahnunterhalt hinausgehen, z.B. bei der Beschaffung von Prothesen, für den Grossteil der Kosten die
BGE 103 Ia 414 S. 416
zuständige Fürsorgebehörde herangezogen, der Gefangene nur insoweit, als dies im Verhältnis zu seinem Konto in der Strafanstalt als angemessen erscheine. Mangels einer besonderen Vorschrift werde § 34 Abs. 2 auch auf die Kosten von Brillen und ähnlichen Hilfsmitteln angewendet. Die Berufung auf § 34 Abs. 2 der Verordnung hält nicht stand. Die Vornahme zahnärztlicher Arbeiten wird davon abhängig gemacht, dass eine Regelung der Kostenfrage zustandegekommen ist. Damit wird sinngemäss zum Ausdruck gebracht, dass der Gefangene zur Kostentragung nur soweit herangezogen werden kann, als er ihr zugestimmt hat. Zum gleichen Schluss führt auch die Tatsache, dass die Bestimmung überhaupt keine Vorschrift über die Verwendung des Verdienstanteils, insbesondere keine solche über die Verwendung des Sperrkontos enthält. Eine ausdrückliche Bestimmung wäre aber erforderlich gewesen, wenn eine Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz hätte geschaffen werden wollen, wonach der Verdienstanteil für die Zeit nach der Entlassung reserviert bleiben soll. Das Fehlen einer entsprechenden Vorschrift hat demnach den Sinn, dass Kosten für zahnärztliche Betreuung ohne Einwilligung des Gefangenen nicht aus dem Sperrkonto gedeckt werden dürfen. Somit kann § 34 der Verordnung auch nicht analog für die Begleichung der Brillenrechnung aus dem Sperrkonto des Beschwerdeführers angewendet werden. c) Aus dem Gesagten folgt, dass die Verwendung des Verdienstanteils zur Bezahlung der Brille sich auf keine Vorschrift der Anstaltsverordnung stützen lässt. Die ohne Rechtsgrundlage vorgenommene Verfügung beruht daher auf einer willkürlichen Auslegung der Verordnung und ist wegen Verletzung von Art. 4

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 377 - 1 Die Kantone errichten und betreiben Anstalten und Anstaltsabteilungen für Gefangene im offenen und geschlossenen Vollzug sowie für Gefangene in Halbgefangenschaft und im Arbeitsexternat. |
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1 | Die Kantone errichten und betreiben Anstalten und Anstaltsabteilungen für Gefangene im offenen und geschlossenen Vollzug sowie für Gefangene in Halbgefangenschaft und im Arbeitsexternat. |
2 | Sie können ferner Abteilungen für besondere Gefangenengruppen führen, insbesondere für: |
a | Frauen; |
b | Gefangene bestimmter Altersgruppen; |
c | Gefangene mit sehr langen oder sehr kurzen Strafen; |
d | Gefangene, die intensiv betreut oder behandelt werden müssen oder eine Aus- oder Weiterbildung erhalten. |
3 | Sie errichten und betreiben die in diesem Gesetz für den Massnahmenvollzug vorgesehenen Einrichtungen. |
4 | Sie sorgen dafür, dass die Reglemente und der Betrieb der Anstalten und Einrichtungen diesem Gesetz entsprechen. |
5 | Sie fördern die Aus- und Weiterbildung des Personals. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid der Direktion der Justiz des Kantons Zürich vom 6. Juni 1977 aufgehoben.