100 Ia 427
60. Auszug aus dem Urteil vom 18. September 1974 i.S. Gugelberg gegen Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden.
Regeste (de):
- Art. 85 lit. a
OG; Gemeindeautonomie.
- Der Private kann die Rüge der Autonomieverletzung nicht als selbständigen Beschwerdegrund vorbringen, sondern nur zur Unterstützung anderweitiger Verfassungsrügen, zu denen er legitimiert ist.
- Voraussetzungen, unter denen eine Autonomieverletzung mittels Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 85 lit. a
OG gerügt werden kann.
Regeste (fr):
- Art. 85 lettre a OJ; autonomie communale.
- Un particulier ne peut pas soulever le grief de violation de l'autonomie communale comme moyen indépendant, mais seulement à l'appui d'autres griefs de violations constitutionnelles qu'il a qualité pour alléguer.
- Conditions auxquelles le grief de violation de l'autonomie communale peut être soulevé dans un recours en matière d'élections et de votations selon l'art. 85 lettre a OJ.
Regesto (it):
- Art. 85 lett. a
OG; autonomia comunale.
- Un privato non può sollevare la censura di violazione dell'autonomia comunale come mezzo indipendente, ma soltanto a sostegno di altrecensure che egli sia legittimato a far valere, relative a violazioni della Costituzione.
- Presupposti che devono essere adempiuti perchè possa essere sollevata la censura di violazione dell'autonomia comunale in un ricorso in materia di elezioni e votazioni ai sensi dell'art. 85 lett. a
OG.
Sachverhalt ab Seite 428
BGE 100 Ia 427 S. 428
Aus dem Sachverhalt:
A.- Leonhard Hermann-Kuoni stellte bei der Stadtverwaltung Maienfeld das Gesuch, seine im Übrigen Gemeindegebiet gelegene Parzelle Nr. 1714 in die Wohnzone W 1 umzuteilen. Der Stadtrat beschloss einstimmig, der Gemeindeversammlung das Gesuch zu Annahme zu empfehlen, diese lehnte es jedoch in der Folge mit grosser Mehrheit ab.
B.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden hiess einen von Hermann hiegegen erhobenen Rekurs gut, hob den ablehnenden Gemeindeversammlungsbeschluss auf und wies die Gemeinde an, die fragliche Parzelle in die Wohnzone W 1 umzuteilen.
C.- Die Stadtgemeinde Maienfeld und der in Maienfeld stimmberechtigte Dr. Andreas von Gugelberg führen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes je staatsrechtliche Beschwerde. Die Stadtgemeinde rügt eine Verletzung der Gemeindeautonomie, Dr. von Gugelberg eine Verletzung seines politischen Stimmrechtes durch Missachtung der Gemeindeautonomie. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Stadtgemeinde Maienfeld gut. Auf die Beschwerde des Dr. A. von Gugelberg tritt es hingegen mangels Legitimation nicht ein.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Der Beschwerdeführer Dr. Andreas von Gugelberg rügt gestützt auf Art. 85 lit. a
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BGE 100 Ia 427 S. 429
Rechte staatsrechtliche Beschwerde führt, befugt, vorfrageweise auch eine Verletzung der Gemeindeautonomie zu rügen (BGE 99 Ia 252 E. 3, BGE 94 I 131, BGE 93 I 445 E. 7 a, BGE 91 I 412 E. 2; ZIMMERLI, ZBl 1972, S. 272 f). Der Private kann somit die Rüge der Autonomieverletzung nicht als selbständigen Beschwerdegrund vorbringen, sondern nur zur Unterstützung einer anderweitigen Verfassungsrüge, zu deren Erhebung er legitimiert ist. So kann beispielsweise der durch ein Bauprojekt betroffene Nachbar den Entscheid einer kantonalen Beschwerdeinstanz, mit welchem die Baubewilligung entgegen dem Willen der erstinstanzlich verfügenden Gemeindebehörden erteilt wird, nicht nur wegen Verletzung von Art. 4
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
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BGE 100 Ia 427 S. 430
Beschlusses streitig ist. Der Stimmbürger kann sich selbst dann nicht über eine Verletzung seiner politischen Rechte beschweren, wenn sich die kantonale Behörde nicht damit begnügt, den Beschluss der Gemeindeversammlung aufzuheben, sondern darüber hinaus - wie hier - der Gemeinde eine bestimmte Anweisung erteilt und die betreffende Angelegenheit insoweit der freien Beurteilung durch die Stimmbürger entzieht. Wohl wird dadurch indirekt in die Befugnisse der Stimmberechtigten eingegriffen, doch würde es Sinn und Zweck der Vorschrift von Art. 85 lit. a
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
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Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor. Es steht kein grundlegender Eingriff in die Rechte der Stimmbürger in
BGE 100 Ia 427 S. 431
Frage; es geht lediglich darum, ob das kantonale Verwaltungsgericht anordnen durfte, dass eine bestimmte Parzelle entgegen dem ablehnenden Beschluss in die Bauzone aufgenommen wird, wobei unbestritten ist, dass eine solche Anweisung an sich in der Kompetenz der Beschwerdeinstanz liegt; der Beschwerdeführer stellt einzig die sachliche Richtigkeit des Urteils in Frage. Die genannten besonderen Voraussetzungen, unter denen die Legitimation des Stimmbürgers zur Beschwerdeführung ausnahmsweise zu bejahen ist, sind hier nicht erfüllt. Auf die Beschwerde des Dr. Andreas von Gugelberg ist daher nicht einzutreten.