Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
7B.67/2003 /min

Urteil vom 31. Juli 2003
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Besetzung
Bundesrichterin Escher, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Gysel.

Parteien
F.________ AG,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Advokat lic. iur. Christoph Dumartheray, Steinentorstrasse 13, Postfach 204, 4010 Basel,

gegen

Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Basel-Landschaft (Dreierkammer des Kantonsgerichts, Abteilung Zivil- und Strafrecht), Gerichtsgebäude, Bahnhofplatz 16, 4410 Liestal.

Gegenstand
Konkursandrohung,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 4. März 2003.

Die Kammer zieht in Erwägung:
1.
In der vom Kanton Basel-Landschaft (Bau- und Umweltschutzdirektion) gegen die F.________ AG eingeleiteten Betreibung Nr. ... stellte das Betreibungsamt T.________ am 5. Dezember 2002 einen Verlustschein gemäss Art. 115
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 115 - 1 War kein pfändbares Vermögen vorhanden, so bildet die Pfändungsurkunde den Verlustschein im Sinne des Artikels 149.
1    War kein pfändbares Vermögen vorhanden, so bildet die Pfändungsurkunde den Verlustschein im Sinne des Artikels 149.
2    War nach der Schätzung des Beamten nicht genügendes Vermögen vorhanden, so dient die Pfändungsurkunde dem Gläubiger als provisorischer Verlustschein und äussert als solcher die in den Artikeln 271 Ziffer 5 und 285 bezeichneten Rechtswirkungen.
3    Der provisorische Verlustschein verleiht dem Gläubiger ferner das Recht, innert der Jahresfrist nach Artikel 88 Absatz 2 die Pfändung neu entdeckter Vermögensgegenstände zu verlangen. Die Bestimmungen über den Pfändungsanschluss (Art. 110 und 111) sind anwendbar.239
SchKG über Fr. 122'014.45 aus.

Der Kanton Basel-Landschaft verlangte die Aufhebung des Pfändungsverlustscheins und den Erlass einer Konkursandrohung mit der Begründung, es handle sich bei der gegen die F.________ AG in Betreibung gesetzten Forderung aus Ersatzvornahme nicht um einen im öffentlichen Recht begründeten Anspruch.

Das Betreibungsamt hob am 18. Dezember 2002 die Pfändung von Amtes wegen auf, erklärte den Verlustschein als nichtig und kündigte für den Fall der Anerkennung durch die Beteiligten die Ausstellung einer Konkursandrohung an. Am 10. Januar 2003 erliess es eine Konkursandrohung, die der F.________ AG am 27. Januar 2003 zugestellt wurde.

Die von der F.________ AG gegen die Konkursandrohung erhobene Beschwerde wies die Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Basel-Landschaft am 4. März 2003 ab.

Diesen Entscheid nahm die F.________ AG am 10. März 2003 in Empfang. Mit einer vom 20. März 2003 datierten und noch am gleichen Tag zur Post gebrachten Eingabe führt sie (rechtzeitig) Beschwerde an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts.

Durch Präsidialverfügung vom 25. März 2003 ist der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.

Die kantonale Aufsichtsbehörde hat sich zur Beschwerde nicht geäussert. Der Beschwerdegegner (Kanton Basel-Landschaft) schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Betreibungsamt T.________ hat sich nicht vernehmen lassen.
2.
Die Verfügung vom 18. Dezember 2002, worin das Betreibungsamt die Pfändung aufhob, den Verlustschein als nichtig erklärte und den Erlass einer Konkursandrohung ankündigte, blieb offensichtlich unangefochten. Dieser Umstand ist hier indessen nicht näher zu erörtern: Wird die Betreibung auf dem Weg des Konkurses anstatt der Pfändung fortgesetzt, ist die Konkursandrohung nämlich ohnehin nichtig (BGE 120 III 105 E. 1 S. 106), was die erkennende Kammer jederzeit von Amtes wegen festzustellen hat (Art. 22 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 22 - 1 Verstossen Verfügungen gegen Vorschriften, die im öffentlichen Interesse oder im Interesse von am Verfahren nicht beteiligten Personen erlassen worden sind, so sind sie nichtig. Unabhängig davon, ob Beschwerde geführt worden ist, stellen die Aufsichtsbehörden von Amtes wegen die Nichtigkeit einer Verfügung fest.
1    Verstossen Verfügungen gegen Vorschriften, die im öffentlichen Interesse oder im Interesse von am Verfahren nicht beteiligten Personen erlassen worden sind, so sind sie nichtig. Unabhängig davon, ob Beschwerde geführt worden ist, stellen die Aufsichtsbehörden von Amtes wegen die Nichtigkeit einer Verfügung fest.
2    Das Amt kann eine nichtige Verfügung durch Erlass einer neuen Verfügung ersetzen. Ist bei der Aufsichtsbehörde ein Verfahren im Sinne von Absatz 1 hängig, so steht dem Amt diese Befugnis bis zur Vernehmlassung zu.
SchKG).
3.
Gemäss Art. 43 Ziff. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 43 - Die Konkursbetreibung ist in jedem Fall ausgeschlossen für:
1  Steuern, Abgaben, Gebühren, Sporteln, Bussen und andere im öffentlichen Recht begründete Leistungen an öffentliche Kassen oder an Beamte;
1bis  Prämien der obligatorischen Unfallversicherung;
2  periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge sowie Unterhaltsbeiträge nach dem Partnerschaftsgesetz vom 18. Juni 200478;
3  Ansprüche auf Sicherheitsleistung.
SchKG ist die Konkursbetreibung ausgeschlossen für Steuern, Abgaben, Gebühren, Sporteln, Bussen und andere im öffentlichen Recht begründete Leistungen an öffentliche Kassen oder an Beamte. Der Ausschluss der Konkursbetreibung setzt - kumulativ - voraus, dass der Gläubiger ein Rechtssubjekt des öffentlichen Rechts ist und dass die in Betreibung gesetzte Forderung ihre Grundlage im öffentlichen Recht hat (BGE 125 III 250 E. 1 S. 251).
3.1 Der Gläubiger (Kanton Basel-Landschaft) ist hier eine öffentlichrechtliche Körperschaft. Die erste der beiden genannten Voraussetzungen ist mithin ohne weiteres erfüllt.
3.2 Charakteristisch für eine als öffentlichrechtlich im Sinne von Art. 43 Ziff. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 43 - Die Konkursbetreibung ist in jedem Fall ausgeschlossen für:
1  Steuern, Abgaben, Gebühren, Sporteln, Bussen und andere im öffentlichen Recht begründete Leistungen an öffentliche Kassen oder an Beamte;
1bis  Prämien der obligatorischen Unfallversicherung;
2  periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge sowie Unterhaltsbeiträge nach dem Partnerschaftsgesetz vom 18. Juni 200478;
3  Ansprüche auf Sicherheitsleistung.
SchKG zu qualifizierende Forderung ist, dass der Anspruch auf dem durch das öffentliche Recht geschaffenen Subordinationsverhältnis zwischen Gemeinwesen und Bürger beruht und die geforderte Geldleistung den Interessen des betreffenden Gemeinwesens, und nicht etwa einer bestimmten Einzelperson, dient (dazu BGE 94 III 65 E. 3 S. 72; 54 III 223 E. 2 S. 225; 33 I 681 S. 682; Pierre-Robert Gilliéron, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, N. 38 zu Art. 43
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 43 - Die Konkursbetreibung ist in jedem Fall ausgeschlossen für:
1  Steuern, Abgaben, Gebühren, Sporteln, Bussen und andere im öffentlichen Recht begründete Leistungen an öffentliche Kassen oder an Beamte;
1bis  Prämien der obligatorischen Unfallversicherung;
2  periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge sowie Unterhaltsbeiträge nach dem Partnerschaftsgesetz vom 18. Juni 200478;
3  Ansprüche auf Sicherheitsleistung.
SchKG; Karl Spühler, Probleme bei der Schuldbetreibung für öffentlichrechtliche Geldforderungen, in: ZBl 100/1999 S. 255; Valérie Défago Gaudin, L'Etat créancier et l'article 43 LP, in: La défaillance de paiement, retard et défaut de paiement, Freiburg 2002, S. 153).
3.2.1 Zu beurteilen ist, ob die gegen die Beschwerdeführerin in Betreibung gesetzten Kosten für Räumungsarbeiten samt Transport als im öffentlichen Recht begründete Leistungen unter Art. 43 Ziff. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 43 - Die Konkursbetreibung ist in jedem Fall ausgeschlossen für:
1  Steuern, Abgaben, Gebühren, Sporteln, Bussen und andere im öffentlichen Recht begründete Leistungen an öffentliche Kassen oder an Beamte;
1bis  Prämien der obligatorischen Unfallversicherung;
2  periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge sowie Unterhaltsbeiträge nach dem Partnerschaftsgesetz vom 18. Juni 200478;
3  Ansprüche auf Sicherheitsleistung.
SchKG fallen. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hatte der durch die Bau- und Umweltschutzdirektion handelnde Kanton Basel-Landschaft die Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 13. Juli 2000 verpflichtet, Altholz, das ohne Bewilligung gelagert worden war, abzuräumen. Der Beschwerdeführerin sei hierfür eine Frist von zehn Tagen angesetzt worden, unter der Androhung der Ersatzvornahme im Unterlassungsfall. Der von der Beschwerdeführerin erhobenen Beschwerde sei mit Verfügung des Rechtsdienstes des Regierungsrates vom 28. Juli 2000 die aufschiebende Wirkung entzogen worden. Gestützt auf eine vom Bezirksstatthalteramt Liestal noch am gleichen Tag erlassene Verfügung sei die Räumung alsdann vollzogen worden.
3.2.2 Auf Grund des Gesagten ist der strittige Anspruch entgegen der Auffassung der Vorinstanz als öffentlichrechtliche Forderung im Sinne von Art. 43 Ziff. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 43 - Die Konkursbetreibung ist in jedem Fall ausgeschlossen für:
1  Steuern, Abgaben, Gebühren, Sporteln, Bussen und andere im öffentlichen Recht begründete Leistungen an öffentliche Kassen oder an Beamte;
1bis  Prämien der obligatorischen Unfallversicherung;
2  periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge sowie Unterhaltsbeiträge nach dem Partnerschaftsgesetz vom 18. Juni 200478;
3  Ansprüche auf Sicherheitsleistung.
SchKG zu qualifizieren. Es trifft zwar zu, dass der Beschwerdeführerin während einer gewissen Zeit die Wahl offen stand, selbst jemanden mit dem Wegschaffen des Altholzes zu beauftragen, doch ändert das nichts daran, dass auch einer solchen Auftragserteilung der Zwang des von der kantonalen Bau- und Umweltschutzdirektion erlassenen - hoheitlichen - Räumungsbefehls zu Grunde gelegen hätte. Die vorliegenden Umstände unterscheiden sich von dem durch das Bezirksgericht Zürich mit Entscheid vom 3. Juni 1992 (veröffentlicht in: SJZ 90/1994 S. 14 ff., Nr. 2) beurteilten Sachverhalt insofern in wesentlicher Hinsicht, als der Schuldner in jenem Fall nicht nur frei wählen konnte, ob sein Tier im kantonalen Tierspital oder von einem privaten Veterinär gepflegt werden soll, sondern überhaupt hätte verzichten können, das Tier behandeln zu lassen. Das von der Vorinstanz angerufene Gebot der restriktiven Auslegung der (Ausnahme-)Bestimmung des Art. 43
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 43 - Die Konkursbetreibung ist in jedem Fall ausgeschlossen für:
1  Steuern, Abgaben, Gebühren, Sporteln, Bussen und andere im öffentlichen Recht begründete Leistungen an öffentliche Kassen oder an Beamte;
1bis  Prämien der obligatorischen Unfallversicherung;
2  periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge sowie Unterhaltsbeiträge nach dem Partnerschaftsgesetz vom 18. Juni 200478;
3  Ansprüche auf Sicherheitsleistung.
SchKG (dazu BGE 125 III 250 E. 2 S. 252) rechtfertigt für sich allein nicht, die Bestimmung nur dann anzuwenden, wenn die durch hoheitliche
Anordnung begründete Forderung von Anfang an direkt eine Geldleistung zum Gegenstand hatte.
4.
Für die vom Kanton Basel-Landschaft gegen die Beschwerdeführerin in Betreibung gesetzte Forderung ist der Konkurs mithin ausgeschlossen. In Gutheissung der Beschwerde ist die vom Betreibungsamt T.________ am 10. Januar 2003 erlassene Konkursandrohung daher aufzuheben.

Demnach erkennt die Kammer:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und die vom Betreibungsamt T.________ am 10. Januar 2003 gegen die Beschwerdeführerin erlassene Konkursandrohung aufgehoben.
2.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Beschwerdegegner (Kanton Basel-Landschaft, Bau- und Umweltschutzdirektion), dem Betreibungsamt T.________ und der Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Basel-Landschaft (Dreierkammer des Kantonsgerichts, Abteilung Zivil- und Strafrecht) schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 31. Juli 2003
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 7B.67/2003
Date : 31. Juli 2003
Published : 16. August 2003
Source : Bundesgericht
Status : Publiziert als BGE-129-III-554
Subject area : Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Tribunale federale Tribunal federal {T 0/2} 7B.67/2003 /min Urteil vom 31. Juli


Legislation register
SchKG: 22  43  115
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90/1994 S.14