Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2012.145

Beschluss vom 25. September 2012 Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Andreas Keller, Vorsitz, Emanuel Hochstrasser und Patrick Robert-Nicoud, Gerichtsschreiberin Sarah Wirz

Parteien

A.,

Beschwerdeführer

gegen

Bundesanwaltschaft,

Beschwerdegegnerin

Gegenstand

Bestellung einer notwendigen amtlichen Verteidigung (Art. 132 Abs. 1 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 132 Amtliche Verteidigung - 1 Die Verfahrensleitung ordnet eine amtliche Verteidigung an, wenn:
1    Die Verfahrensleitung ordnet eine amtliche Verteidigung an, wenn:
a  bei notwendiger Verteidigung:
a1  die beschuldigte Person trotz Aufforderung der Verfahrensleitung keine Wahlverteidigung bestimmt,
a2  der Wahlverteidigung das Mandat entzogen wurde oder sie es niedergelegt hat und die beschuldigte Person nicht innert Frist eine neue Wahlverteidigung bestimmt;
b  die beschuldigte Person nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und die Verteidigung zur Wahrung ihrer Interessen geboten ist.
2    Zur Wahrung der Interessen der beschuldigten Person ist die Verteidigung namentlich geboten, wenn es sich nicht um einen Bagatellfall handelt und der Straffall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, denen die beschuldigte Person allein nicht gewachsen wäre.
3    Ein Bagatellfall liegt jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als 4 Monaten oder eine Geldstrafe von mehr als 120 Tagessätzen zu erwarten ist.64
i.V.m. Art. 133
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 133 Bestellung der amtlichen Verteidigung - 1 Die amtliche Verteidigung wird von der im jeweiligen Verfahrensstadium zuständigen Verfahrensleitung bestellt.
1    Die amtliche Verteidigung wird von der im jeweiligen Verfahrensstadium zuständigen Verfahrensleitung bestellt.
1bis    Bund und Kantone können die Auswahl der amtlichen Verteidigung an eine andere Behörde oder an Dritte übertragen.65
2    Bei der Auswahl der amtlichen Verteidigung sind deren Eignung sowie nach Möglichkeit die Wünsche der beschuldigten Person zu berücksichtigen.66
StPO)

Die Beschwerdekammer hält fest und zieht in Erwägung, dass:

- die Bundesanwaltschaft gegen A. eine Strafuntersuchung wegen des Verdachts des gewerbsmässigen Betrugs sowie weiterer Delikte führt;

- bereits mehrfach festgehalten wurde, dass dieses Verfahren eine notwendige Verteidigung für A. erfordert und diesem bereits mehrere Verteidiger zur Seite gestellt wurden (act. 2, E. 2);

- A. bis anhin jede Bestellung eines notwendigen Verteidigers ablehnte bzw. die Zusammenarbeit mit diesem verweigerte oder durch sein Verhalten verunmöglichte (act. 2);

- er bereits mehrfach um Ernennung von Rechtsanwalt B. als amtlichen Verteidiger ersuchte, was jedoch von der Bundesanwaltschaft wie auch von der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts aufgrund des bestehenden Interessenskonflikts, begründet durch die Verteidigung der Ehefrau von A. durch RA B., im gleichen Sachzusammenhang abgelehnt bzw. auf entsprechende Beschwerden nicht eingetreten wurde (vgl. hierzu die Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BB.2011.49 vom 7. Juli 2011; BB.2011.85 vom 30. August 2011 sowie das hierzu ergangene bestätigende Urteil des Bundesgerichts 1B_518/2011 vom 26. September 2011; BB.2011.77 vom 2. November 2011);

- die Bundesanwaltschaft A. mit Verfügung vom 5. September 2012 Rechtsanwalt C. als amtlichen Verteidiger zur Seite stellte, wobei sie A. mitteilte, es sei ihm freigestellt, eine Wahlverteidigung zu bestellen, wovon allerdings das amtliche Verteidigungsmandat unberührt bleiben würde, um eine weitere Verfahrensverschleppung zu verhindern (act. 2);

- A. dagegen mit Schreiben vom 14. September 2012 Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts einreichte und mitteilt, da er noch nicht ordentlich verteidigt sei, könne er die Sache betreffend noch keine Anträge stellen, er beantrage deshalb nur, ihm sei von der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts ein amtlicher Verteidiger in der Person von RA B. zu bestellen (act. 1);

- gemäss Art. 387
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 387 Aufschiebende Wirkung - Rechtsmittel haben keine aufschiebende Wirkung; vorbehalten bleiben abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes oder Anordnungen der Verfahrensleitung der Rechtsmittelinstanz.
StPO der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zukommt, sofern keine anderslautende Anordnung getroffen worden ist;

- der vorliegenden Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, weswegen der Beschwerdeführer bereits zum jetzigen Zeitpunkt durch RA C. amtlich verteidigt ist;

- den Antrag des Beschwerdeführers um Bestellung von RA B. als amtlichen Verteidiger bereits mehrfach von der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts abgewiesen worden ist;

- die Beschwerde ohnehin abzuweisen ist, da der Beschwerdeführer, wie zuvor ausgeführt, bereits amtlich verteidigt ist;

- anzumerken ist, dass auch das Institut der notwendigen Verteidigung unter dem Verbot des Rechtsmissbrauchs steht, wobei von einem Missbrauch insbesondere dann auszugehen ist, wenn ein Rechtsinstitut zweckwidrig zur Verwirklichung von Interessen verwendet wird, die dieses Rechtsinstitut nicht schützen will (BGE 131 I 185 E. 3.2.4);

- die Beschwerdegegnerin durch die Einsetzung von RA C. als amtlichen Verteidiger alles unternommen hat, um die Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers in seinem Strafverfahren sicherzustellen;

- der Beschwerdeführer durch sein obstruktives Verhalten hinsichtlich der Frage seiner Verteidigung ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen an den Tag legt;

- die Beschwerde daher insgesamt als offensichtlich unbegründet im Sinne von Art. 390 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 390 Schriftliches Verfahren - 1 Wer ein Rechtsmittel ergreifen will, für welches dieses Gesetz das schriftliche Verfahren vorschreibt, hat eine Rechtsmittelschrift einzureichen.
1    Wer ein Rechtsmittel ergreifen will, für welches dieses Gesetz das schriftliche Verfahren vorschreibt, hat eine Rechtsmittelschrift einzureichen.
2    Ist das Rechtsmittel nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so stellt die Verfahrensleitung den anderen Parteien und der Vorinstanz die Rechtsmittelschrift zur Stellungnahme zu. Kann die Rechtsmittelschrift nicht zugestellt werden oder bleibt eine Stellungnahme aus, so wird das Verfahren gleichwohl weitergeführt.
3    Die Rechtsmittelinstanz ordnet wenn nötig einen zweiten Schriftenwechsel an.
4    Sie fällt ihren Entscheid auf dem Zirkularweg oder in einer nicht öffentlichen Beratung aufgrund der Akten und der zusätzlichen Beweisabnahmen.
5    Sie kann von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei eine Verhandlung anordnen.
StPO abzuweisen ist, weswegen die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts auf einen Schriftenwechsel verzichtet;

- bei diesem Ausgang des Verfahrens der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen hat, wobei die Gerichtsgebühr auf Fr. 500.-- festzusetzen ist (Art. 73
SR 173.71 Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG) - Strafbehördenorganisationsgesetz
StBOG Art. 73 Kosten und Entschädigung - 1 Das Bundesstrafgericht regelt durch Reglement:
1    Das Bundesstrafgericht regelt durch Reglement:
a  die Berechnung der Verfahrenskosten;
b  die Gebühren;
c  die Entschädigungen an Parteien, die amtliche Verteidigung, den unentgeltlichen Rechtsbeistand, Sachverständige sowie Zeuginnen und Zeugen.
2    Die Gebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien sowie nach dem Kanzleiaufwand.
3    Es gilt ein Gebührenrahmen von 200-100 000 Franken für jedes der folgenden Verfahren:
a  Vorverfahren;
b  erstinstanzliches Verfahren;
c  Rechtsmittelverfahren.
StBOG i.V.m. Art. 5 und Art. 8 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]).

Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

Bellinzona, 25. September 2012

Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Vorsitzende: Die Gerichtsschreiberin:

Zustellung an

- A.

- Rechtsanwalt C.

- Bundesanwaltschaft

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : BB.2012.145
Datum : 25. September 2012
Publiziert : 08. Oktober 2012
Quelle : Bundesstrafgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Beschwerdekammer: Strafverfahren
Gegenstand : Bestellung einer notwendigen amtlichen Verteidigung (Art. 132 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 133 StPO).


Gesetzesregister
StBOG: 73
SR 173.71 Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG) - Strafbehördenorganisationsgesetz
StBOG Art. 73 Kosten und Entschädigung - 1 Das Bundesstrafgericht regelt durch Reglement:
1    Das Bundesstrafgericht regelt durch Reglement:
a  die Berechnung der Verfahrenskosten;
b  die Gebühren;
c  die Entschädigungen an Parteien, die amtliche Verteidigung, den unentgeltlichen Rechtsbeistand, Sachverständige sowie Zeuginnen und Zeugen.
2    Die Gebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien sowie nach dem Kanzleiaufwand.
3    Es gilt ein Gebührenrahmen von 200-100 000 Franken für jedes der folgenden Verfahren:
a  Vorverfahren;
b  erstinstanzliches Verfahren;
c  Rechtsmittelverfahren.
StPO: 132 
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 132 Amtliche Verteidigung - 1 Die Verfahrensleitung ordnet eine amtliche Verteidigung an, wenn:
1    Die Verfahrensleitung ordnet eine amtliche Verteidigung an, wenn:
a  bei notwendiger Verteidigung:
a1  die beschuldigte Person trotz Aufforderung der Verfahrensleitung keine Wahlverteidigung bestimmt,
a2  der Wahlverteidigung das Mandat entzogen wurde oder sie es niedergelegt hat und die beschuldigte Person nicht innert Frist eine neue Wahlverteidigung bestimmt;
b  die beschuldigte Person nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und die Verteidigung zur Wahrung ihrer Interessen geboten ist.
2    Zur Wahrung der Interessen der beschuldigten Person ist die Verteidigung namentlich geboten, wenn es sich nicht um einen Bagatellfall handelt und der Straffall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, denen die beschuldigte Person allein nicht gewachsen wäre.
3    Ein Bagatellfall liegt jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als 4 Monaten oder eine Geldstrafe von mehr als 120 Tagessätzen zu erwarten ist.64
133 
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 133 Bestellung der amtlichen Verteidigung - 1 Die amtliche Verteidigung wird von der im jeweiligen Verfahrensstadium zuständigen Verfahrensleitung bestellt.
1    Die amtliche Verteidigung wird von der im jeweiligen Verfahrensstadium zuständigen Verfahrensleitung bestellt.
1bis    Bund und Kantone können die Auswahl der amtlichen Verteidigung an eine andere Behörde oder an Dritte übertragen.65
2    Bei der Auswahl der amtlichen Verteidigung sind deren Eignung sowie nach Möglichkeit die Wünsche der beschuldigten Person zu berücksichtigen.66
387 
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 387 Aufschiebende Wirkung - Rechtsmittel haben keine aufschiebende Wirkung; vorbehalten bleiben abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes oder Anordnungen der Verfahrensleitung der Rechtsmittelinstanz.
390
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 390 Schriftliches Verfahren - 1 Wer ein Rechtsmittel ergreifen will, für welches dieses Gesetz das schriftliche Verfahren vorschreibt, hat eine Rechtsmittelschrift einzureichen.
1    Wer ein Rechtsmittel ergreifen will, für welches dieses Gesetz das schriftliche Verfahren vorschreibt, hat eine Rechtsmittelschrift einzureichen.
2    Ist das Rechtsmittel nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so stellt die Verfahrensleitung den anderen Parteien und der Vorinstanz die Rechtsmittelschrift zur Stellungnahme zu. Kann die Rechtsmittelschrift nicht zugestellt werden oder bleibt eine Stellungnahme aus, so wird das Verfahren gleichwohl weitergeführt.
3    Die Rechtsmittelinstanz ordnet wenn nötig einen zweiten Schriftenwechsel an.
4    Sie fällt ihren Entscheid auf dem Zirkularweg oder in einer nicht öffentlichen Beratung aufgrund der Akten und der zusätzlichen Beweisabnahmen.
5    Sie kann von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei eine Verhandlung anordnen.
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