Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BG.2012.51

Beschluss vom 21. März 2013 Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz, Andreas J. Keller und Cornelia Cova, Gerichtsschreiber Stefan Graf

Parteien

Kanton Basel-Stadt, Staatsanwaltschaft Basel-Stadt,

Gesuchsteller

gegen

Kanton Zürich, Oberstaatsanwaltschaft,

Gesuchsgegner

Gegenstand

Gerichtsstandskonflikt (Art. 40 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
StPO)

Sachverhalt:

A. Die Stiftung A. reichte am 5. Juli 2012 bei der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Strafanzeige gegen unbekannte Täterschaft wegen unlauteren Wettbewerbs ein. Gemäss der Strafanzeige habe die Täterschaft im April 2012 per Fax Offertformulare für ein nicht näher beschriebenes "B.-Verzeichnis" an diverse in der Schweiz domizilierte Unternehmen und Privatpersonen versandt und dabei insbesondere gegen Art. 3 Abs. 1 lit. p
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 3 - 1 Unlauter handelt insbesondere, wer:
und q des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG, SR 241) verstossen (act. 1.1).

B. Mit Entscheid BG.2012.33 vom 28. November 2012 trat die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts auf ein Gesuch der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt um Festlegung der Zuständigkeit mangels Vorliegen eines endgültigen Gerichtsstandskonflikts nicht ein.

C. Hierauf richtete die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Gerichtsstandsanfragen an die zuständigen Strafbehörden der Kantone Zürich, Solothurn, Thurgau, Graubünden und Bern (act. 1.9 – 1.13). Die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau (act. 1.16), die Staatsanwaltschaft Graubünden (act. 1.17), die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (act. 1.18) sowie die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn (act. 1.20) lehnten die an sie gerichteten Ersuchen ab. Die letzte dieser abschlägigen Antworten datiert vom 18. Dezember 2012 (act. 1.18).

D. Hierauf gelangte die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt mit Gesuch vom 23. Dezember 2012 erneut an die Beschwerdekammer und beantragt, die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Zürich im vorliegenden Fall zur Strafverfolgung für zuständig zu erklären (act. 1).

Die Beschwerdekammer forderte die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt diesbezüglich auf, die noch ausstehende Antwort der Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern auf die an sie gerichtete Gerichtsstandsanfrage einzureichen (act. 2). Diese ging am 10. Januar 2013 bei der Beschwerdekammer ein (act. 3, 3.1).

In ihrer Stellungnahme vom 15. Januar 2013 verweist die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich auf ihre im Rahmen des Meinungsaustauschs gemachten Ausführungen und verzichtet ansonsten auf eine Gesuchsantwort (act. 5). Diese Eingabe wurde der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt am 17. Januar 2013 zur Kenntnis gebracht (act. 6).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter (Art. 39 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 39 Prüfung der Zuständigkeit und Einigung - 1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter.
StPO). Erscheinen mehrere Strafbehörden als örtlich zuständig, so informieren sich die beteiligten Staatsanwaltschaften unverzüglich über die wesentlichen Elemente des Falles und bemühen sich um eine möglichst rasche Einigung (Art. 39 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 39 Prüfung der Zuständigkeit und Einigung - 1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter.
StPO). Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zum Entscheid (Art. 40 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1
SR 173.71 Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG) - Strafbehördenorganisationsgesetz
StBOG Art. 37 Zuständigkeiten - 1 Die Beschwerdekammern des Bundesstrafgerichts treffen die Entscheide, für welche die StPO13 die Beschwerdeinstanz oder das Bundesstrafgericht als zuständig bezeichnet.
1    Die Beschwerdekammern des Bundesstrafgerichts treffen die Entscheide, für welche die StPO13 die Beschwerdeinstanz oder das Bundesstrafgericht als zuständig bezeichnet.
2    Sie entscheiden zudem über:
a  Beschwerden in internationalen Rechtshilfeangelegenheiten gemäss:
a1  dem Rechtshilfegesetz vom 20. März 198114,
a2  dem Bundesgesetz vom 21. Dezember 199515 über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten zur Verfolgung schwerwiegender Verletzungen des humanitären Völkerrechts,
a3  dem Bundesgesetz vom 22. Juni 200116 über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof,
a4  dem Bundesgesetz vom 3. Oktober 197517 zum Staatsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen;
b  Beschwerden, die ihnen das Bundesgesetz vom 22. März 197418 über das Verwaltungsstrafrecht zuweist;
c  Beschwerden gegen Verfügungen des Bundesverwaltungsgerichts über das Arbeitsverhältnis seiner Richter und Richterinnen und seines Personals sowie des Personals der ständigen Sekretariate der eidgenössischen Schätzungskommissionen;
d  Konflikte über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit;
e  Anstände, die ihnen das Bundesgesetz vom 21. März 199720 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit zum Entscheid zuweist;
f  Anstände, die ihnen das Bundesgesetz vom 7. Oktober 199421 über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes zum Entscheid zuweist;
g  Konflikte über die Zuständigkeit nach dem Geldspielgesetz vom 29. September 201723.
StBOG). Hinsichtlich der Frist, innerhalb welcher die ersuchende Behörde ihr Gesuch einzureichen hat, ist im Normalfall die Frist von zehn Tagen gemäss Art. 396 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 396 Form und Frist - 1 Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert 10 Tagen schriftlich und begründet bei der Beschwerdeinstanz einzureichen.
StPO analog anzuwenden (vgl. hierzu u. a. TPF 2011 94 E. 2.2). Die Behörden, welche berechtigt sind, ihren Kanton im Meinungsaustausch und im Verfahren vor der Beschwerdekammer zu vertreten, bestimmen sich nach dem jeweiligen kantonalen Recht (Art. 14 Abs. 4
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 14 Bezeichnung und Organisation der Strafbehörden - 1 Bund und Kantone bestimmen ihre Strafbehörden und deren Bezeichnungen.
StPO; vgl. hierzu Kuhn, Basler Kommentar, Basel 2011, Art. 39
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 39 Prüfung der Zuständigkeit und Einigung - 1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter.
StPO N. 9 sowie Art. 40
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
StPO N. 10; Schmid, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, Zürich/St. Gallen 2009, N. 488; Galliani/Marcellini, Codice svizzero di procedura penale [CPP] – Commentario, Zürich/St. Gallen 2010, n. 5 ad art. 40 CPP).

1.2 Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt ist berechtigt, den Gesuchsteller bei interkantonalen Gerichtsstandskonflikten vor der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zu vertreten (Art. 40 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
StPO i.V.m. § 49 Abs. 2 des Gesetzes betreffend Wahl und Organisation der Gerichte sowie der Arbeitsverhältnisse des Gerichtspersonals und der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt vom 27. Juni 1895 [Gerichtsorganisationsgesetz, GOG/BS; SG 154.100]). Im Kanton Zürich steht diese Befugnis der Oberstaatsanwaltschaft zu (§ 107 Abs. 1 lit. b des Gesetzes über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess des Kantons Zürich vom 10. Mai 2010 [GOG/ZH; LS 211.1]). Die übrigen Eintretens­voraus­setzungen geben vorliegend – nach nunmehr ordentlich erfolgtem Abschluss des Meinungsaustauschs zwischen den Parteien und dem nachträglichen Eintreffen der Stellungnahme der vom Gesuchsteller ebenfalls noch angegangenen Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern – zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass, weshalb auf das Gesuch einzutreten ist.

2.

2.1 Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig (Art. 31 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 31 Gerichtsstand des Tatortes - 1 Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig.
StPO). Der in der Schweiz liegende Handlungsort geht somit dem Erfolgsort vor und ist bei der Bestimmung des Gerichtsstandes allein massgebend (vgl. u. a. den Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2011.50 vom 31. Januar 2012, E. 2.1 m.w.H.). Lässt sich der Handlungsort in der Schweiz nicht bestimmen oder nicht ermitteln, so sind ebenfalls die Behörden am Erfolgsort zuständig. Vorausgesetzt wird hierbei, dass die schweizerische Gerichtsbarkeit nach Art. 3 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 3 - 1 Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
. StGB nicht offensichtlich auszuschliessen ist (siehe Fingerhuth/Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Zürich/Ba­sel/Genf 2010, Art. 31
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 31 Gerichtsstand des Tatortes - 1 Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig.
StPO N. 16 m.w.H.).

Hat eine beschuldigte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt, so sind für die Verfolgung und Beurteilung sämtlicher Taten die Behörden des Ortes zuständig, an dem die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen worden ist. Bei gleicher Strafdrohung sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind (Art. 34 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 34 - 1 Hat eine beschuldigte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt, so sind für die Verfolgung und Beurteilung sämtlicher Taten die Behörden des Ortes zuständig, an dem die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen worden ist. Bei gleicher Strafdrohung sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
StPO). Sind noch an keinem der Tatorte Verfolgungshandlungen vorgenommen worden und besteht überdies in keinem dieser Kantone ein Schwergewicht der deliktischen Tätigkeit, ist darauf abzustellen, wo die beschuldigte Person das erste Delikt begangen hat (vgl. BGE 128 IV 216).

2.2 Im vorliegenden Fall liess sich durch die bisherigen Ermittlungen der Strafbehörden des Gesuchstellers kein in der Schweiz liegender Ort ermitteln, von welchem aus die unbekannte Täterschaft die zur Diskussion stehenden Fax-Schreiben versandt hat. Das wird auch vom Gesuchsgegner nicht bestritten, weshalb diesbezüglich auf die Ausführungen des Gesuchstellers in act. 1, Rz. 2.2 f. verwiesen werden kann.

2.3 Umstritten ist demgegenüber die Frage, ob und wo sich in der Schweiz allenfalls ein Erfolgsort im Sinne von Art. 31 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 31 Gerichtsstand des Tatortes - 1 Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig.
StPO ermitteln lässt. Der Gesuchsgegner vertritt diesbezüglich den Standpunkt, dass es sich bei den zu untersuchenden Straftaten um reine Tätigkeitsdelikte handle (mit Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichts 6S.677/2001 vom 16. März 2002, E. 4.b.cc), denen es an einem Erfolgsort fehle, weshalb sich der Gerichtsstand nach Art. 31
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 31 Gerichtsstand des Tatortes - 1 Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig.
StPO nicht fixieren lasse (act. 1.18). Der Gesuchsteller macht demgegenüber mit Hinweis auf BGE 125 IV 177 geltend, dass auch bei Tätigkeitsdelikten wie beispielsweise bei Ehrverletzungen, bei denen die Täterschaft vom Ausland aus handle, die Möglichkeit eines hiesigen "Erfolgs" im Sinne von Art. 8 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 8 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
StGB anerkannt werde, wenn die Ehrverletzung in der Schweiz zur Kenntnis genommen werde (act. 1, Rz. 3.1).

Mit Blick auf die vom Gesuchsteller angeführte Rechtsprechung ist bei den hier zur Diskussion stehenden Delikten von einem in der Schweiz liegenden Erfolgsort im Sinne von Art. 8 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 8 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
StGB auszugehen, wurde die vom Lauterkeitsrecht verpönte Werbung offensichtlich gezielt an in der Schweiz domizilierte Kunden verschickt ("B.-Verzeichnis") bzw. in der Schweiz zur Kenntnis genommen. Die schweizerische Gerichtsbarkeit ist demzufolge nicht offensichtlich auszuschliessen. Folgt man den Ausführungen des Gesuchsgegners, so würde es im vorliegenden Fall trotz Bejahung der schweizerischen Strafhoheit aber an einem schweizerischen Gerichtsstand fehlen; ein solches Ergebnis ist nicht vertretbar (vgl. hierzu Fingerhuth/Lieber, a.a.O., Art. 31
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 31 Gerichtsstand des Tatortes - 1 Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig.
StPO N. 7 m.w.H.) bzw. muss durch eine analoge Anwendung von Art. 8 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 8 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
StGB auch auf die inter- bzw. innerkantonale Gerichtsstandsbestimmung korrigiert werden können. Damit soll der Grundsatz, wonach der Begehungsort nach Art. 8
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 8 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
StGB keinen direkten Einfluss auf die Gerichtsstandsbestimmung innerhalb der Schweiz hat (BGE 120 IV 146 E. 2a S. 151 f.; Urteil des Bundesgerichts 8G.94/2003 vom 17. Oktober 2003, E. 2.1), nicht ausser Kraft gesetzt werden (diesbezüglich nicht eindeutig der Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2012.37 vom 24. Januar 2013, E. 2.2.2). Fehlt es – wie im vorliegenden Fall – aber trotz gestützt auf den Erfolgsort im Sinne des Art. 8 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 8 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
StGB bejahter schweizerischer Strafhoheit an jeglichen bestimmbaren Anknüpfungspunkten zur Festlegung des Gerichtsstandes innerhalb der Schweiz, so ist hilfsweise auf den Erfolgsort im Sinne von Art. 8 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 8 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist.
StGB und die hierzu ergangene Gerichtspraxis zurückzugreifen (vgl. im Ergebnis bereits den Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2012.14 vom 2. August 2012, E. 3.5).

Bezüglich der hier zur Diskussion stehenden Delikte befinden sich die Erfolgsorte im oben beschriebenen Sinne am jeweiligen Ort, wo die Empfänger die Offertformulare empfangen haben (Standorte der jeweiligen Telefax-Geräte der betroffenen Personen).

2.4 Vorliegend wurden mehrere Personen und Unternehmen in verschiedenen Kantonen mit Offertformularen bedient. In keinem der betroffenen Kantone wurden bisher jedoch Verfolgungshandlungen vorgenommen. Solche erfolgten bis dato nur im Kanton Basel-Stadt, in dessen Gebiet jedoch keinerlei Erfolgsort im oben beschriebenen Sinne vorliegt. Eine Gerichtsstandsbestimmung gestützt auf das "forum praeventionis" im Sinne von Art. 34 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 34 - 1 Hat eine beschuldigte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt, so sind für die Verfolgung und Beurteilung sämtlicher Taten die Behörden des Ortes zuständig, an dem die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen worden ist. Bei gleicher Strafdrohung sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
StPO erweist sich hier somit als nicht möglich. Für Schwergewichtsüberlegungen fehlt es vorderhand bereits an der vorausgesetzten grossen Anzahl von bisher in Frage stehenden Delikten (Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BG.2012.15 vom 23. Mai 2012, E. 3.3; BG.2012.9 vom 10. Mai 2012, E. 3.2 in fine; BG.2011.25 vom 28. September 2011, E. 3.2). Mit Blick auf den in E. 2.1 angeführten BGE 128 IV 216 ist daher auf das in zeitlicher Hinsicht erste Delikt abzustellen. Ausgehend vom jeweiligen – zumindest gemäss derzeitigem Aktenstand – an das Versanddatum der Fax-Schreiben angepassten Redaktionschluss für Rückantworten dürfte es als gesichert anzunehmen sein, dass das erste der zur Diskussion stehenden Offertformulare unmittelbar vor dem 13. April 2012 an die Eheleute C. in Z. (Kanton Zürich) gerichtet worden ist (act. 1.1, pag. 16).

3. Nach dem Gesagten erweist sich das Gesuch als begründet und es sind die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Zürich für berechtigt und verpflichtet zu erklären, die vorliegenden Widerhandlungen gegen das UWG zu verfolgen und zu beurteilen.

4. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 423 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 423 Grundsätze - 1 Die Verfahrenskosten werden vom Bund oder dem Kanton getragen, der das Verfahren geführt hat; abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben vorbehalten.
StPO).

Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Strafbehörden des Kantons Zürich sind berechtigt und verpflichtet, die von der Stiftung A. zur Anzeige gebrachten Widerhandlungen gegen das UWG zu verfolgen und zu beurteilen.

2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Bellinzona, 21. März 2013

Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Zustellung an

- Staatsanwaltschaft Basel-Stadt

- Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.

Decision information   •   DEFRITEN
Document : BG.2012.51
Date : 21. März 2013
Published : 28. März 2013
Source : Bundesstrafgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Beschwerdekammer: Strafverfahren
Subject : Gerichtsstandskonflikt (Art. 40 Abs. 2 StPO).


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