H 110/01 Gb
II. Kammer
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari;
Gerichtsschreiber Hadorn
Urteil vom 18. Dezember 2001
in Sachen
M.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Stefan Lenz, Aarbergerstrasse 40, 3001 Bern,
gegen
Ausgleichskasse Gross- + Transithandel, Schönmattstrasse 4, 4153 Reinach/BL, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Fürsprecherin Raymonde Zeller-Pauli, Marienstrasse 25, 3005 Bern,
und
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau
Mit Verfügung vom 27. Juli 1999 verpflichtete die Ausgleichskasse Gross- + Transithandel M.________, Verwaltungsratsmitglied der in Konkurs gefallenen Firma X.________ AG Schadenersatz im Ausmass von Fr. 9886. 90 für nicht mehr einbringliche Sozialversicherungsbeiträge zuzüglich Verzugszinsen und Mahngebühren zu leisten.
Auf Einspruch von M.________ hin klagte die Kasse auf Bezahlung des genannten Betrages. Mit Entscheid vom 6. März 2001 hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau die Klage im Umfang der bundesrechtlichen Beiträge von Fr. 7896. 90 gut.
M.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, der kantonale Entscheid sei aufzuheben, und die Klage der Kasse sei zurück-, eventuell abzuweisen.
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Der Beschwerdeführer macht geltend, das Versicherungsgericht des Kantons Aargau sei zur Beurteilung der vorliegenden Schadenersatzklage örtlich nicht zuständig gewesen. Diese Rüge betrifft ein formelles Gültigkeitserfordernis des Verfahrens und ist vorab zu prüfen (BGE 119 V 12 Erw. 1b, 116 V 202 Erw. 1a; Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege,
2. Aufl. , S. 72 f.).
a) Mit Bezug auf die örtliche Zuständigkeit der kantonalen Rekursinstanz in Schadenersatzprozessen gemäss Art. 52

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
b) Der Beschwerdeführer hat seinen zivilrechtlichen Wohnsitz im Kanton Y.________, die in Konkurs gefallene Firma hingegen hatte ihren Geschäftssitz im Kanton Aargau.
Nun verlangt der Beschwerdeführer, dass sich die Rekursbehörde des Kantons Y.________ mit der vorliegenden Streitsache befasse. Er bestreitet zwar nicht, dass die Vorinstanz ihre örtliche Zuständigkeit an sich in Übereinstimmung mit der geltenden Rechtsprechung bejaht habe. Vielmehr verlangt er eine Praxisänderung. Zur Begründung führt er aus, gemäss Art. 81 Abs. 3

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
Falle ein Betrieb aber in Konkurs, könnten naturgemäss nur noch ihre ehemaligen Organe als Privatpersonen belangt werden.
Diesfalls sei "Arbeitgeber" eine natürliche Person, weshalb unter dem Wohnsitz des Arbeitgebers nur deren persönlicher Wohnsitz, nicht aber der ehemalige Geschäftssitz der konkursiten Firma zu verstehen sei. Eine konsequente Anwendung von Art. 81 Abs. 3

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |

SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV) AHVV Art. 200 Besondere Zuständigkeit - Wohnt ein obligatorisch versicherter Beschwerdeführer im Ausland, so ist das Versicherungsgericht des Kantons, in welchem der Arbeitgeber des Versicherten den Sitz hat, zur Beurteilung der Beschwerde zuständig. |

SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV) AHVV Art. 200bis |
c) Sprechen keine entscheidenden Gründe zu Gunsten einer Praxisänderung, ist die bisherige Praxis beizubehalten.
Gegenüber dem Postulat der Rechtssicherheit lässt sich eine Praxisänderung grundsätzlich nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht. Nach der Rechtsprechung ist eine bisherige Praxis zu ändern, wenn sie als unrichtig erkannt oder wenn deren Verschärfung wegen veränderter Verhältnisse oder zufolge zunehmender Missbräuche für zweckmässig gehalten wird (BGE 124 V 124 Erw. 6a, 387 Erw. 4c, je mit Hinweisen).
d) Mit der hier vorgetragenen Problematik zur Auslegung von Art. 81 Abs. 3

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |

SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV) AHVV Art. 200 Besondere Zuständigkeit - Wohnt ein obligatorisch versicherter Beschwerdeführer im Ausland, so ist das Versicherungsgericht des Kantons, in welchem der Arbeitgeber des Versicherten den Sitz hat, zur Beurteilung der Beschwerde zuständig. |

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Art. 81 Abs. 3

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |

SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV) AHVV Art. 200 Besondere Zuständigkeit - Wohnt ein obligatorisch versicherter Beschwerdeführer im Ausland, so ist das Versicherungsgericht des Kantons, in welchem der Arbeitgeber des Versicherten den Sitz hat, zur Beurteilung der Beschwerde zuständig. |
schweizerische Rekursinstanz bezeichnet werden. Eine derartige Lösung hätte somit erhebliche Nachteile für die Rechtssicherheit, weshalb Haftungsklagen gegen Gesellschaftsorgane beim Gericht desjenigen Kantons anzustrengen seien, in welchem die Gesellschaft Sitz hatte oder hat.
e) Die in diesem Urteil angestellten Erwägungen sind weiterhin gültig. Wegen den beschriebenen nachteiligen Folgen für die Rechtssicherheit, gegen welche die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Gründe für eine Praxisänderung nicht aufzukommen vermögen, ist die bisherige Rechtsprechung beizubehalten.
2.- Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132

SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV) AHVV Art. 200 Besondere Zuständigkeit - Wohnt ein obligatorisch versicherter Beschwerdeführer im Ausland, so ist das Versicherungsgericht des Kantons, in welchem der Arbeitgeber des Versicherten den Sitz hat, zur Beurteilung der Beschwerde zuständig. |

SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV) AHVV Art. 200 Besondere Zuständigkeit - Wohnt ein obligatorisch versicherter Beschwerdeführer im Ausland, so ist das Versicherungsgericht des Kantons, in welchem der Arbeitgeber des Versicherten den Sitz hat, zur Beurteilung der Beschwerde zuständig. |

SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV) AHVV Art. 200 Besondere Zuständigkeit - Wohnt ein obligatorisch versicherter Beschwerdeführer im Ausland, so ist das Versicherungsgericht des Kantons, in welchem der Arbeitgeber des Versicherten den Sitz hat, zur Beurteilung der Beschwerde zuständig. |
3.- Das kantonale Gericht hat unter Hinweis auf Gesetz (Art. 52

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 14 Bezugstermine und -verfahren - 1 Die Beiträge vom Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit sind bei jeder Lohnzahlung in Abzug zu bringen und vom Arbeitgeber zusammen mit dem Arbeitgeberbeitrag periodisch zu entrichten. |
|
a | die Zahlungstermine für die Beiträge; |
b | das Mahn- und Veranlagungsverfahren; |
c | die Nachzahlung zu wenig bezahlter Beiträge; |
d | den Erlass der Nachzahlung, auch in Abweichung von Artikel 24 ATSG; |
e | ...76.77 |

SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV) AHVV Art. 34 Zahlungsperioden - 1 Es haben der Ausgleichskasse die Beiträge zu zahlen: |
|
a | Arbeitgeber monatlich oder, wenn die jährliche Lohnsumme 200 000 Franken nicht übersteigt, vierteljährlich; |
b | Selbstständigerwerbende und Nichterwerbstätige sowie Arbeitnehmer nicht beitragspflichtiger Arbeitgeber, vierteljährlich; |
c | Arbeitgeber im vereinfachten Verfahren nach den Artikeln 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005150 über Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (BGSA), jährlich. |
4.- Die Vorinstanz hat für das Eidgenössische Versicherungsgericht verbindlich (Erw. 2 hievor) festgestellt, dass der Beschwerdeführer mit der Geschäftsführung der kleinen Firma X.________ AG nichts zu tun gehabt hat. Der Verwaltungsratspräsident habe alles allein erledigt und dem Beschwerdeführer die nötigen Informationen vorenthalten. Im Frühsommer 1994 sei der Beschwerdeführer von diesem um ein Darlehen von Fr. 4000.- gebeten worden; im Herbst 1994 habe er weitere Fr. 1500.- in die Firma gesteckt. Obwohl somit Hinweise auf finanzielle Probleme vorgelegen hätten, habe der Beschwerdeführer nichts vorgekehrt, um Einblick in die Geschäftsbücher zu erhalten. Eine solche Passivität erachtete die Vorinstanz als grobfahrlässig im Sinne von Art. 52

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
In der Tat weist der Beschwerdeführer keine geeigneten Massnahmen wie Fristansetzung, Einberufung einer Verwaltungsratssitzung, Austritt aus dem Verwaltungsrat nach, mit welchen er versucht hätte, Einblick in die Unterlagen des Betriebes zu erhalten. Gerade faktisch von der Geschäftsführung ausgeschlossene Verwaltungsräte müssen sich umso bestimmter bemühen, die mit ihrem Mandat von Gesetzes wegen verbundenen Pflichten zu erfüllen (jüngst bestätigt in den Urteilen S. vom 28. März 2001, H 310/97, und T. vom 21. November 2000, H 37/00). Die Passivität, welche der Beschwerdeführer gar nicht bestreitet, ist grobfahrlässig (ZAK 1989 S. 104). Mit dem Abschieben der Schuld auf den Verwaltungsratspräsidenten kann er sich nicht exkulpieren. Weitere Beweismassnahmen drängen sich nicht auf, da diese nichts daran zu ändern vermöchten, dass der Beschwerdeführer seinen Pflichten nicht nachgekommen ist. Dem zutreffenden kantonalen Entscheid ist nichts Weiteres beizufügen.
5.- Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134

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SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II. Die Gerichtskosten von total Fr. 900.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
III. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 18. Dezember 2001
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der II. Kammer:
Der Gerichtsschreiber:
i.V.