Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

1B 361/2021

Urteil vom 16. Juli 2021

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
Bundesrichter Haag, Merz,
Gerichtsschreiberin Dambeck.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Clivia Wullimann,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, 4500 Solothurn.

Gegenstand
Sicherheitshaft,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Solothurn, Beschwerdekammer, vom 21. Mai 2021 (BKBES.2021.56).

Sachverhalt:

A.
Das Amtsgericht Solothurn-Lebern verurteilte A.________ am 25. März 2021 wegen mehrfacher Vergewaltigung, mehrfacher sexueller Nötigung, mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern etc. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten, einer Geldstrafe von 170 Tagessätzen zu je Fr. 30.-- sowie einer Busse. Gleichzeitig wurde eine stationäre therapeutische Behandlung angeordnet. A.________ meldete gegen das Urteil Berufung an.

Mit separatem Beschluss vom 27. März 2021 ordnete das Amtsgericht Solothurn-Lebern gegenüber A.________ die Verlängerung der Sicherheitshaft um sechs Monate an. Diesen Beschluss focht A.________ beim Obergericht des Kantons Solothurn, Beschwerdekammer, an, das die Beschwerde mit Beschluss vom 21. Mai 2021 abwies.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 24. Juni 2021 gelangt A.________ an das Bundesgericht und beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Beschlusses sowie seine umgehende Entlassung aus der Sicherheitshaft, eventualiter die Rückweisung der Sache an das Obergericht zum Entscheid über die unverzügliche Haftentlassung, subeventualiter die Anordnung von Ersatzmassnahmen. In prozessualer Hinsicht ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn verzichtet auf eine Vernehmlassung. Die Vorinstanz beantragt die Abweisung der Beschwerde, verzichtet aber auf eine ausführliche Vernehmlassung. Die Eingaben wurden dem Beschwerdeführer zur allfälligen Stellungnahme zugestellt. Dieser äussert sich mit Eingabe vom 15. Juli 2021.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid betreffend die Verlängerung von Sicherheitshaft. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 78 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 78 Grundsatz - 1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
1    Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
2    Der Beschwerde in Strafsachen unterliegen auch Entscheide über:
a  Zivilansprüche, wenn diese zusammen mit der Strafsache zu behandeln sind;
b  den Vollzug von Strafen und Massnahmen.
. BGG offen. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und befindet sich, soweit aus den Akten ersichtlich, nach wie vor in Haft. Er hat folglich ein aktuelles, rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids und ist somit gemäss Art. 81 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 81 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; und
b  ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, insbesondere:
b1  die beschuldigte Person,
b2  ihr gesetzlicher Vertreter oder ihre gesetzliche Vertreterin,
b3  die Staatsanwaltschaft, ausser bei Entscheiden über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft,
b4  ...
b5  die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann,
b6  die Person, die den Strafantrag stellt, soweit es um das Strafantragsrecht als solches geht,
b7  die Staatsanwaltschaft des Bundes und die beteiligte Verwaltung in Verwaltungsstrafsachen nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197455 über das Verwaltungsstrafrecht.
2    Eine Bundesbehörde ist zur Beschwerde berechtigt, wenn das Bundesrecht vorsieht, dass ihr der Entscheid mitzuteilen ist.56
3    Gegen Entscheide nach Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b steht das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zu, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann.
BGG zur Beschwerde berechtigt. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.

2.1. In formeller Hinsicht rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung der Begründungspflicht bzw. seines Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Vorinstanz (Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV) : Zwar sei es nicht unzulässig, bei sich wiederholenden Streitpunkten wie den gegen ihn ergangenen Haftentscheiden auf frühere Entscheide zu verweisen. Allerdings müsse aus dem Verweis mit genügender Klarheit hervorgehen, welche Argumente die Behörde weiterhin als massgeblich erachte, müssten die Verhältnisse vergleichbar sein und neue Argumente der Verfahrensbeteiligten angemessen berücksichtigt werden, sodass eine aktuelle Würdigung der wesentlichen Tat- und Rechtsfragen stattfinde. Indem keine konkrete Würdigung der massgeblichen gegenwärtigen Umstände stattgefunden habe, fehle es nicht nur an einer rechtsgenüglichen Begründung, sondern habe die Vorinstanz den Sachverhalt auch willkürlich festgestellt (Art. 97 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
BGG).

2.2.

2.2.1. Die Rechtsprechung leitet aus Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV die Verpflichtung der Behörde ab, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinn müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 146 II 335 E. 5.1; 143 III 65 E. 5.2; 136 I 229 E. 5.2).

2.2.2. Die Vorinstanz verwies insbesondere hinsichtlich der Voraussetzungen und der Begründung für das Vorliegen des besonderen Haftgrunds der Fluchtgefahr auf ihre Beschlüsse vom 16. April 2020 und 13. Juli 2020 betreffend Verlängerung bzw. Entlassung aus der Untersuchungshaft und hielt fest, daran habe sich nichts geändert. Anschliessend legte sie dar, inwiefern die Fluchtgefahr nach wie vor zu bejahen sei (vgl. dazu unten E. 4.2). In ihrer Eingabe an das Bundesgericht vom 5. Juli 2021 führt sie aus, sich bereits wiederholt mit Haftbeschwerden des Beschwerdeführers befasst zu haben, weshalb sie - nachdem sich nichts Wesentliches geändert habe - darauf verzichtet habe, alle bisherigen Erwägungen erneut wiederzugeben.

2.2.3. Dem angefochtenen Beschluss der Vorinstanz ist ohne Weiteres zu entnehmen, auf welche Überlegungen diese ihren Entscheid gestützt hat, zumal sie es nicht bei einem blossen Verweis auf ihre früheren Beschlüsse belassen hat. Eine Verpflichtung, jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich zu widerlegen, besteht nicht. Es ist sodann weder ersichtlich noch macht der Beschwerdeführer geltend, dass er sich über die Tragweite des Entscheids nicht hätte Rechenschaft geben und diesen sachgerecht anfechten können. Abgesehen davon legt der Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern sich die Verhältnisse seit den obergerichtlichen Beschlüssen vom 16. April 2020 und 13. Juli 2020 geändert haben sollen und welche "konkreten aktuellen Umstände" die Vorinstanz nicht berücksichtigt haben soll. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV ist somit zu verneinen.

2.3.

2.3.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG). Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (vgl. Art. 97 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
BGG). Eine entsprechende Sachverhaltsrüge ist substanziiert vorzubringen (vgl. Art. 106 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG; BGE 144 V 50 E. 4.1; 136 I 184 E. 1.2).

2.3.2. Indem sich den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht entnehmen lässt, wie sich die Verhältnisse seit den obergerichtlichen Beschlüssen vom 16. April 2020 und 13. Juli 2020 verändert haben sollen und welche "konkreten aktuellen Umstände" die Vorinstanz nicht berücksichtigt haben soll (vgl. oben E. 2.2.3), ist auch nicht dargetan, inwiefern die Vorinstanz den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt hat. Auf die Rüge der willkürlichen Sachverhaltsfeststellung ist daher mangels Substanziierung nicht einzugehen.

3.
Gemäss Art. 221 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 221 Voraussetzungen - 1 Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie:
1    Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie:
a  sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht;
b  Personen beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen; oder
c  durch Verbrechen oder schwere Vergehen die Sicherheit anderer unmittelbar erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat.
1bis    Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind ausnahmsweise zulässig, wenn:
a  die beschuldigte Person dringend verdächtig ist, durch ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer Person schwer beeinträchtigt zu haben; und
b  die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, die beschuldigte Person werde ein gleichartiges, schweres Verbrechen verüben.112
2    Haft ist auch zulässig, wenn die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen.113
StPO sind Untersuchungs- und Sicherheitshaft nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht (lit. a). Zudem ist Haft zulässig, wenn ernsthaft zu befürchten ist, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen (Art. 221 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 221 Voraussetzungen - 1 Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie:
1    Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie:
a  sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht;
b  Personen beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen; oder
c  durch Verbrechen oder schwere Vergehen die Sicherheit anderer unmittelbar erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat.
1bis    Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind ausnahmsweise zulässig, wenn:
a  die beschuldigte Person dringend verdächtig ist, durch ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer Person schwer beeinträchtigt zu haben; und
b  die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, die beschuldigte Person werde ein gleichartiges, schweres Verbrechen verüben.112
2    Haft ist auch zulässig, wenn die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen.113
StPO).

Das Bestehen eines dringenden Tatverdachts ist vorliegend nicht bestritten. Hinsichtlich der besonderen Haftgründe ging die Vorinstanz von Fluchtgefahr sowie von Ausführungsgefahr aus. Der Beschwerdeführer ist demgegenüber der Auffassung, es sei keine Fluchtgefahr gegeben. Sein Lebensmittelpunkt befinde sich in der Schweiz, wo er über gefestigte familiäre und soziale Bindungen verfüge. Ebenso bestreitet er das Vorliegen von Ausführungsgefahr, da auf das psychiatrische Gutachten nicht hätte abgestellt werden dürfen und keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass er gegenüber seiner Ehefrau, von der er demnächst geschieden sein werde, straffällig werde.

4.

4.1. Die Annahme von Fluchtgefahr als besonderer Haftgrund setzt ernsthafte Anhaltspunkte dafür voraus, dass sich die beschuldigte Person dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion durch Flucht entziehen könnte (Art. 221 Abs. 1 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 221 Voraussetzungen - 1 Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie:
1    Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie:
a  sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht;
b  Personen beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen; oder
c  durch Verbrechen oder schwere Vergehen die Sicherheit anderer unmittelbar erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat.
1bis    Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind ausnahmsweise zulässig, wenn:
a  die beschuldigte Person dringend verdächtig ist, durch ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer Person schwer beeinträchtigt zu haben; und
b  die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, die beschuldigte Person werde ein gleichartiges, schweres Verbrechen verüben.112
2    Haft ist auch zulässig, wenn die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen.113
StPO). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts darf die Schwere der drohenden Sanktion zwar als ein Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden. Sie genügt jedoch für sich allein nicht, um einen Haftgrund zu bejahen. Vielmehr müssen die konkreten Umstände des betreffenden Falls, insbesondere die gesamten Lebensverhältnisse der beschuldigten Person, in Betracht gezogen werden (BGE 145 IV 503 E. 2.2; 143 IV 160 E. 4.3; 125 I 60 E. 3a; je mit Hinweisen). So ist es zulässig, ihre familiären und sozialen Bindungen, ihre berufliche Situation und Schulden sowie Kontakte ins Ausland und Ähnliches mitzuberücksichtigen, ebenso besondere persönliche Merkmale (wie z.B. eine Tendenz zu überstürzten Aktionen, ausgeprägte kriminelle Energie etc.), die auf eine Fluchtneigung schliessen lassen könnten. Auch bei einer befürchteten Ausreise in ein Land, das die beschuldigte Person grundsätzlich an die Schweiz ausliefern bzw. stellvertretend verfolgen könnte, fiele die Annahme von Fluchtgefahr nicht dahin (BGE
145 IV 503 E. 2.2; 123 I 31 E. 3d). Die Wahrscheinlichkeit einer Flucht nimmt in der Regel mit zunehmender Verfahrens- bzw. Haftdauer ab, da sich auch die Dauer des allenfalls noch zu verbüssenden strafrechtlichen Freiheitsentzugs mit der bereits erstandenen prozessualen Haft, die auf die mutmassliche Freiheitsstrafe anzurechnen wäre (vgl. Art. 51
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 51 - Das Gericht rechnet die Untersuchungshaft, die der Täter während dieses oder eines anderen Verfahrens ausgestanden hat, auf die Strafe an. Ein Tag Haft entspricht einem Tagessatz Geldstrafe.41
StGB), kontinuierlich verringert (BGE 143 IV 160 E. 4.3 mit Hinweis). Anklageerhebungen oder gerichtliche Verurteilungen können allerdings, je nach den Umständen des Einzelfalls, im Verlaufe des Verfahrens auch neue Fluchtanreize auslösen (vgl. BGE 145 IV 503 E. 2.2; 143 IV 160 E. 4.1 S. 165).

4.2. Die Vorinstanz erwog in Bezug auf die Fluchtgefahr, zwar wäre es für den Beschwerdeführer wohl nicht einfach, sich mit den Kindern, zu denen eine Entfremdung stattgefunden habe, in die Türkei abzusetzen. Auch sei glaubhaft, dass ihm die Kinder sehr viel bedeuteten und er grundsätzlich nicht ohne sie leben möchte. Jedoch bestehe aufgrund konkreter Hinweise der Verdacht, dass er sich, sobald er in Freiheit sei, in die Türkei begeben würde, vorerst allenfalls auch ohne Kinder. Die ausgesprochene Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten sowie die angeordnete stationäre Massnahme seien ein gewichtiges Fluchtindiz. Zudem verfüge der Beschwerdeführer über einen starken familiären Bezug zur Türkei und tätige er immer wieder Vorbereitungen für eine Geschäftstätigkeit in der Türkei. In Briefen erwähne er, dass er in die Türkei reisen werde, sobald es die Pandemie zulasse. Er wolle in die Türkei gehen und heiraten und habe sich wegen Ausweisen und Identitätskarten für sich und seine Söhne an die türkische Botschaft gewandt. Schliesslich sei er in der Schweiz auch beruflich nicht mehr integriert.

4.3. Der Beschwerdeführer wurde erstinstanzlich zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt. Gleichzeitig wurde eine stationäre therapeutische Massnahme angeordnet. Ihm droht mithin eine empfindliche Freiheitsstrafe, welche die Dauer der bisher erstandenen Haft von bald zwei Jahren deutlich übersteigt und einen erheblichen Fluchtanreiz zu setzen vermag. Die Möglichkeit einer bedingten Entlassung nach Verbüssung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe (vgl. Art. 86
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 86 - 1 Hat der Gefangene zwei Drittel seiner Strafe, mindestens aber drei Monate verbüsst, so ist er durch die zuständige Behörde bedingt zu entlassen, wenn es sein Verhalten im Strafvollzug rechtfertigt und nicht anzunehmen ist, er werde weitere Verbrechen oder Vergehen begehen.
1    Hat der Gefangene zwei Drittel seiner Strafe, mindestens aber drei Monate verbüsst, so ist er durch die zuständige Behörde bedingt zu entlassen, wenn es sein Verhalten im Strafvollzug rechtfertigt und nicht anzunehmen ist, er werde weitere Verbrechen oder Vergehen begehen.
2    Die zuständige Behörde prüft von Amtes wegen, ob der Gefangene bedingt entlassen werden kann. Sie holt einen Bericht der Anstaltsleitung ein. Der Gefangene ist anzuhören.
3    Wird die bedingte Entlassung verweigert, so hat die zuständige Behörde mindestens einmal jährlich neu zu prüfen, ob sie gewährt werden kann.
4    Hat der Gefangene die Hälfte seiner Strafe, mindestens aber drei Monate verbüsst, so kann er ausnahmsweise bedingt entlassen werden, wenn ausserordentliche, in der Person des Gefangenen liegende Umstände dies rechtfertigen.
5    Bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe ist die bedingte Entlassung nach Absatz 1 frühestens nach 15, nach Absatz 4 frühestens nach zehn Jahren möglich.
StGB) ist im Haftprüfungsverfahren grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, es sei denn, es gebe konkrete Anhaltspunkte für eine in hohem Mass wahrscheinliche bedingte Entlassung (vgl. BGE 143 IV 160 E. 4.2 mit Hinweisen). Solche liegen hier indessen nicht vor.
Der Beschwerdeführer ist schweizerisch-türkischer Doppelbürger. Seine beiden Kinder sowie seine Ehefrau halten sich in der Schweiz auf, wobei sich der Beschwerdeführer und seine Ehefrau aktuell in Scheidung befinden. In Bezug auf die Kinder bestätigt der Beschwerdeführer die vorinstanzlichen Feststellungen (vgl. oben E. 4.2), indem er ausführt, für seine Söhne da sein zu wollen. Sie sollten ihre Ausbildung in der Schweiz absolvieren und bei ihm aufwachsen. Er habe einen Mietvertrag für eine Wohnung abgeschlossen, in der er dannzumal mit seinen Söhnen zusammenwohnen wolle. Die für das Bundesgericht verbindliche Feststellung der Vorinstanz, wonach zwischen ihm und seinen Kindern eine Entfremdung stattgefunden hat, bestreitet er jedoch nicht (vgl. Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG; oben E. 2.3.1). Aus den Akten geht zudem hervor, dass er sowohl in Bezug auf seine Ehefrau als auch auf seine Kinder mit einem Kontaktverbot belegt wurde. Weiter ist dem vorinstanzlichen Beschluss zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer einen starken familiären Bezug zur Türkei hat und sich wegen Ausweisen und Identitätspapieren für sich und seine Kinder an die türkische Botschaft gewandt hat. Dass er über seine Kinder hinaus über feste persönliche Beziehungen in der
Schweiz verfügen würde, legt der Beschwerdeführer sodann nicht substanziiert dar. Es ist denn auch nicht nachvollziehbar, was er aus dem Umstand, dass er während seiner ersten, bis ins Jahr 2002 dauernden Ehe strafrechtlich nicht belangt worden sein soll, mit Blick auf seine "zwischenmenschlichen Beziehungen" in der Schweiz zu seinen Gunsten ableiten will.

Dies gilt auch hinsichtlich seiner Vorbringen, dass er im Rentenalter sei, eine AHV-Rente beziehen könne und nicht zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet sei. Damit dürfte er kein Interesse mehr daran haben, in der Schweiz wieder arbeiten zu können. Die vorinstanzliche Feststellung, wonach er Vorbereitungen für eine Geschäftstätigkeit in der Türkei tätige, blieb denn auch unbestritten. Sein Vorbringen, durch eine Flucht riskiere er den Verlust seiner AHV-Rente, ist sodann unbehelflich. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern bei einer Wohnsitznahme im Ausland ein Risiko des Wegfalls der AHV-Rente bestehen soll. Zwar trifft es zu, dass sich der Bezug der Rente allenfalls erschweren könnte, doch können moderne Zahlungs- und Überweisungsmöglichkeiten diesbezüglich Abhilfe schaffen (vgl. Urteil 1B 369/2020 vom 5. August 2020 E. 3.2 mit Hinweis).

Somit ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz das Vorliegen von Fluchtgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 221 Voraussetzungen - 1 Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie:
1    Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie:
a  sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht;
b  Personen beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen; oder
c  durch Verbrechen oder schwere Vergehen die Sicherheit anderer unmittelbar erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat.
1bis    Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind ausnahmsweise zulässig, wenn:
a  die beschuldigte Person dringend verdächtig ist, durch ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer Person schwer beeinträchtigt zu haben; und
b  die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, die beschuldigte Person werde ein gleichartiges, schweres Verbrechen verüben.112
2    Haft ist auch zulässig, wenn die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen.113
StPO bejaht hat. Es braucht daher nicht geklärt zu werden, ob auch die Ausführungsgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 221 Voraussetzungen - 1 Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie:
1    Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie:
a  sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht;
b  Personen beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen; oder
c  durch Verbrechen oder schwere Vergehen die Sicherheit anderer unmittelbar erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat.
1bis    Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind ausnahmsweise zulässig, wenn:
a  die beschuldigte Person dringend verdächtig ist, durch ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer Person schwer beeinträchtigt zu haben; und
b  die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, die beschuldigte Person werde ein gleichartiges, schweres Verbrechen verüben.112
2    Haft ist auch zulässig, wenn die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen.113
StPO gegeben ist, weshalb auf die damit zusammenhängenden Vorbringen des Beschwerdeführers hier nicht einzugehen ist.

5.

5.1. Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, die Vorinstanz habe das Electronic Monitoring als Ersatzmassnahme pauschal verneint und sich zu den anderen Ersatzmassnahmen, namentlich der Ausweis- und Schriftensperre, nicht geäussert. Damit habe sie ihre Begründungspflicht verletzt (Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV) und mit der Bestätigung der Haftverlängerung gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstossen (Art. 197 Abs. 1 lit. c
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 197 Grundsätze - 1 Zwangsmassnahmen können nur ergriffen werden, wenn:
1    Zwangsmassnahmen können nur ergriffen werden, wenn:
a  sie gesetzlich vorgesehen sind;
b  ein hinreichender Tatverdacht vorliegt;
c  die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können;
d  die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt.
2    Zwangsmassnahmen, die in die Grundrechte nicht beschuldigter Personen eingreifen, sind besonders zurückhaltend einzusetzen.
StPO).

5.2. Die Vorinstanz hat sich in Erwägung 4 ihres Beschlusses mit den vom Beschwerdeführer beantragten Ersatzmassnahmen (Auflage, sich nur oder sich nicht an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Haus aufzuhalten bzw. Verbot, mit bestimmten Personen Kontakte zu pflegen) und der elektronischen Überwachung auseinandergesetzt und sie als ungeeignet erachtet. Eine Verletzung der Begründungspflicht, wie sie der Beschwerdeführer geltend macht, ist daher zu verneinen.

5.3. Nach der Praxis des Bundesgerichts vermag eine Ausweis- und Schriftensperre, eine Meldepflicht oder eine elektronische Überwachung ("Electronic Monitoring") eine erhebliche Fluchtgefahr in der Regel nicht ausreichend zu bannen (BGE 145 IV 503 E. 3.2 f.; Urteile 1B 312/2021 vom 23. Juni 2021 E. 3.4; 1B 177/2021 vom 22. April 2021 E. 5; 1B 125/2020 vom 26. März 2020 E. 3.7; 1B 55/2020 vom 21. Februar 2020 E. 2.3; je mit Hinweisen). Weshalb sich dies im vorliegenden Fall anders verhalten sollte, macht der Beschwerdeführer weder geltend noch ist dies ersichtlich. Die Ausweis- und Schriftensperre ist angesichts der türkischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers von beschränkter Wirkung, da die Schweiz ausländischen Behörden nicht verbieten kann, neue Ausweise auszustellen. Eine elektronische Überwachung vermag eine Flucht, wie dies bereits die Vorinstanz erwogen hat, sodann nicht in Echtzeit zu verhindern. Das vom Beschwerdeführer als geeignete Ersatzmassnahme erachtete Electronic Monitoring mit Echtzeitüberwachung ist derzeit nicht realisierbar (BGE 145 IV 503 E. 3.3.1) und fällt daher von vornherein nicht in Betracht.

Schliesslich droht dem Beschwerdeführer bei einer erstinstanzlich ausgesprochenen Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten nach einer ausgestandenen Haftdauer von bald zwei Jahren zurzeit keine Überhaft (vgl. Art. 212 Abs. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 212 Grundsätze - 1 Die beschuldigte Person bleibt in Freiheit. Sie darf nur im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes freiheitsentziehenden Zwangsmassnahmen unterworfen werden.
1    Die beschuldigte Person bleibt in Freiheit. Sie darf nur im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes freiheitsentziehenden Zwangsmassnahmen unterworfen werden.
2    Freiheitsentziehende Zwangsmassnahmen sind aufzuheben, sobald:
a  ihre Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind;
b  die von diesem Gesetz vorgesehene oder von einem Gericht bewilligte Dauer abgelaufen ist; oder
c  Ersatzmassnahmen zum gleichen Ziel führen.
3    Untersuchungs- und Sicherheitshaft dürfen nicht länger dauern als die zu erwartende Freiheitsstrafe.
StPO). Dass eine Haftverlängerung um sechs Monate Art. 227 Abs. 7
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 227 Haftverlängerungsgesuch - 1 Läuft die vom Zwangsmassnahmengericht festgesetzte Dauer der Untersuchungshaft ab, so kann die Staatsanwaltschaft ein Haftverlängerungsgesuch stellen. Hat das Zwangsmassnahmengericht die Haftdauer nicht beschränkt, so ist das Gesuch vor Ablauf von 3 Monaten Haft zu stellen.
1    Läuft die vom Zwangsmassnahmengericht festgesetzte Dauer der Untersuchungshaft ab, so kann die Staatsanwaltschaft ein Haftverlängerungsgesuch stellen. Hat das Zwangsmassnahmengericht die Haftdauer nicht beschränkt, so ist das Gesuch vor Ablauf von 3 Monaten Haft zu stellen.
2    Die Staatsanwaltschaft reicht dem Zwangsmassnahmengericht das schriftliche und begründete Gesuch spätestens 4 Tage vor Ablauf der Haftdauer ein und legt ihm die wesentlichen Akten bei.
3    Das Zwangsmassnahmengericht gibt der beschuldigten Person und ihrer Verteidigung Gelegenheit, die ihm vorliegenden Akten einzusehen und innert 3 Tagen schriftlich zum Gesuch Stellung zu nehmen.
4    Es kann die provisorische Fortdauer der Untersuchungshaft bis zu seinem Entscheid anordnen.
5    Das Zwangsmassnahmengericht entscheidet spätestens innert 5 Tagen nach Eingang der Stellungnahme beziehungsweise Ablauf der in Absatz 3 genannten Frist. Es kann die Staatsanwaltschaft anweisen, bestimmte Untersuchungshandlungen vorzunehmen, oder eine Ersatzmassnahme anordnen.
6    Das Verfahren ist in der Regel schriftlich, doch kann das Zwangsmassnahmengericht eine Verhandlung anordnen; diese ist nicht öffentlich.
7    Die Verlängerung der Untersuchungshaft wird jeweils für längstens 3 Monate, in Ausnahmefällen für längstens 6 Monate bewilligt.
StPO widersprechen würde, macht er im Unterschied zum vorinstanzlichen Verfahren nicht mehr geltend.

6.
Die mit dem angefochtenen Beschluss bestätigte Haftverlängerung erweist sich nach diesen Erwägungen als bundesrechtskonform, weshalb die Beschwerde unbegründet und abzuweisen ist.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Er stellt indes ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung, das gutzuheissen ist, da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 64 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
1    Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann.
3    Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.
4    Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen.

2.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

2.2. Rechtsanwältin Clivia Wullimann wird als unentgeltliche Rechtsvertreterin eingesetzt und für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- aus der Bundesgerichtskasse entschädigt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Juli 2021

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Kneubühler

Die Gerichtsschreiberin: Dambeck
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 1B_361/2021
Date : 16. Juli 2021
Published : 29. Juli 2021
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Strafprozess
Subject : Sicherheitshaft


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BGG: 64  66  78  81  95  97  105  106
BV: 29
StGB: 51  86
StPO: 197  212  221  227
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123-I-31 • 125-I-60 • 136-I-184 • 136-I-229 • 143-III-65 • 143-IV-160 • 144-V-50 • 145-IV-503 • 146-II-335
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