Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung II
B-7904/2007

{T 0/2}

Urteil vom 16. Januar 2008

Besetzung
Einzelrichter Frank Seethaler;
Gerichtsschreiber Kaspar Plüss.

Parteien
A._______,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Jean Daniel Schwab, Asylstrasse 40, 8750 Glarus,
Beschwerdeführerin,

gegen

Eidgenössisches Departement des Innern EDI, Inselgasse 1, 3003 Bern,
handelnd durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG), Geschäftsstelle MEBEKO, Ressort Ausbildung, Schwarzenburgstrasse 161, 3003 Bern,
Vorinstanz,

Gegenstand
Akteneinsicht in Medizinalprüfungs-Unterlagen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Beschwerdeführerin legte im Sommer 2006 die Prüfung des ersten Studienjahres des veterinärmedizinischen Studiengangs in Bern ab und wiederholte diese Prüfung im Sommer 2007. Mit Verfügung vom 3. September 2007 teilte die Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern der Beschwerdeführerin mit, dass sie die Prüfung zum zweiten Mal nicht bestanden habe und endgültig von sämtlichen weiteren Prüfungen ausgeschlossen werde. Diesen Entscheid focht die Beschwerdeführerin am 1. Oktober 2007 bei der Medizinalberufekommission (MEBEKO, Vorinstanz) an. Sie stellte u.a. den Verfahrensantrag, es sei ihr umgehend Einsicht in ihre Akten zu gewähren, wobei es ihr erlaubt sein solle, Kopien der Prüfungsunterlagen zu erstellen. Am 26. Oktober 2007 verfügte die Vorinstanz, die Akteneinsicht sei der Beschwerdeführerin grundsätzlich zu gewähren. Die Dauer der Einsichtnahme sei jedoch auf 2 Stunden zu beschränken und habe unter Aufsicht der Präsidentin der Prüfungskommission zu erfolgen. Der Beschwerdeführerin sei es gestattet, handschriftliche Notizen für eine allfällige Beschwerdeergänzung zu erstellen. Nicht zulässig sei dagegen die Erstellung von Fotokopien sowie das Abschreiben per Hand oder mit technischen Mitteln.
2.
Die Beschwerdeführerin, nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Jean Daniel Schwab (Glarus), focht die Verfügung der Vorinstanz am 8. November 2007 beim Bundesverwaltungsgericht an. Sie beantragte umfassende Einsicht in die Akten (inkl. Fragenheft, Computerkarte sowie eigene Bemerkungen im Fragenheft) sowie das Recht, Kopien der Prüfungsunterlagen erstellen zu dürfen. Die Beschwerdeführerin begründete diesen Antrag damit, dass die Verfügung der Vorinstanz zu einer unzulässigen Einschränkung des Akteneinsichtsrechts bzw. des rechtlichen Gehörs führen würde. Ferner stellte die Beschwerdeführerin den Antrag, das geltend gemachte umfassende Akteneinsichtsrecht sei ihr superprovisorisch zu gewähren. Diesen Antrag begründete sie damit, dass sie möglichst rasch über das weitere Vorgehen bzw. über ihre berufliche Karriere entscheiden wolle. Ohne umgehende umfassende Akteneinsicht würde sie ein Studienjahr verlieren und könnte sich allenfalls nicht mehr rechtzeitig für ein anderes Studium anmelden. Dieser nicht wieder gutzumachende Nachteil könne durch die Gutheissung der vorliegenden Beschwerde stark reduziert werden. Die Vorinstanz schloss in ihrer Stellungnahme vom 12. Dezember 2007 - unter Verweis auf die bisherige Rechtsprechung - auf Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdeführerin, der dieses Schreiben mit Verfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2007 zur Kenntnis gebracht wurde, liess sich innerhalb der gesetzten Frist nicht vernehmen.
3.
Das Bundesverwaltungsgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind und ob auf die Beschwerde einzutreten ist (vgl. Art. 7 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 [VwVG, SR 172.021] sowie Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, Bern 1983, S. 73 f.; Alfred Kölz / Isabelle Häner, Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Auflage, Zürich 1998, Rz. 410).
Für die Beurteilung der vorliegenden Streitsache ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig (vgl. Art. 31 ff . des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]).
Die angefochtene Verfügung stellt eine selbständig eröffnete Zwischenverfügung dar, denn sie betrifft einzig die Frage der Akteneinsicht, nicht aber die Hauptstreitfrage (Ausschluss aus dem Veterinärstudium). Gemäss Art. 46 Abs. 1 Bst. a VwVG ist eine solche Zwischenverfügung nur dann anfechtbar, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Bewirkt eine Zwischenverfügung hingegen keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil, so kann sie erst mit Beschwerde gegen die Endverfügung angefochten werden (vgl. Art. 46 Abs. 2 VwVG). Die beschränkte Anfechtbarkeit von Zwischenverfügungen soll verhindern, dass die Beschwerdeinstanz Zwischenentscheide überprüfen muss, die durch einen günstigen Endentscheid für die betroffene Person jeden Nachteil verlieren. Die Rechtsmittelinstanz soll sich in der Regel nur einmal mit einer Streitsache befassen müssen (vgl. BGE 116 Ib 344 E. 1c sowie VPB 64.108 E. 2.1).
Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die Verweigerung der sofortigen umfassenden Akteneinsicht für sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken würde, da sie ein Studienjahr verlöre bzw. sich nicht mehr rechtzeitig für ein anderes Studium anmelden könnte. Sinngemäss rügt die Beschwerdeführerin damit, dass sich das Verfahren unnötig in die Länge ziehen würde, wenn sie die Beschränkung des Akteneinsichtsrechts erst im Zusammenhang mit dem Endentscheid anfechten könnte. Zwar scheint die Eidgenössische Rekurskommission für medizinische Aus- und Weiterbildung (REKO MAV), die bis am 31. Dezember 2006 für Beschwerden der vorliegenden Art zuständig war, die Anfechtbarkeit von derart begründeten Zwischenverfügungen bejaht zu haben (vgl. die Entscheide REKO MAV 04.051 vom 18. März 2005, E. 1.2, REKO MAW 03.030 vom 11. Juni 2004, E. 1.2, und REKO MAW 03.013 vom 29. April 2003, E. 1). Die Praxis der REKO MAV steht freilich insofern nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts, als dieses in der blossen möglichen Verfahrensverlängerung, die sich aufgrund einer Beschränkung des Akteneinsichtsrechts ergeben kann, noch keinen unheilbaren Nachteil erblickt (Urteil des Bundesgerichts 2A.215/2005 vom 1. September 2005 E. 1.3). Das Bundesverwaltungsgericht hat sich zur Frage der Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden betreffend Akteneinsicht bei Medizinalprüfungen bisher zwar noch nicht geäussert. Im Zusammenhang mit nicht-medizinischen Prüfungen hat das Bundesverwaltungsgericht indessen - in Anlehnung an die erwähnte höchstrichterliche Praxis - die selbständige Anfechtbarkeit solcher Zwischenentscheide verneint (B-1907/2007 vom 14. Mai 2007, E. 1.2 und 1.3). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Akteneinsicht nicht derart stark beschränkt wurde, dass eine Beschwerdebegründung gänzlich unmöglich wäre. Vielmehr wurde der Beschwerdeführerin eine 2-stündige Akteneinsicht gewährt, was eine materielle Stellungnahme zumindest in den Grundzügen erlaubt. Bei einer prima-facie-Beurteilung scheinen jedenfalls die Grundsätze, die die Reko MAV im Zusammenhang mit der Akteneinsicht entwickelt hat und die seit dem 1. September 2007 in Art. 56
SR 811.11 Bundesgesetz vom 23. Juni 2006 über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, MedBG) - Medizinalberufegesetz
MedBG Art. 56 Modalitäten der Einsichtnahme in Prüfungsunterlagen - Zur Sicherstellung der Geheimhaltung der Prüfungsfragen in Medizinalprüfungen kann die Herausgabe der Prüfungsunterlagen verweigert, die Herstellung von Kopien oder Abschriften verboten und die Dauer der Einsichtnahme beschränkt werden.
des Medizinalberufegesetzes (MedBG, SR 811.11) konkretisiert sind, nicht offensichtlich verletzt worden zu sein. Im Übrigen bedeutet die Beschränkung des Akteneinsichtsrechts auch insofern keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil, als das Bundesverwaltungsgericht in der Sache volle Kognition hat (Art. 49
SR 811.11 Bundesgesetz vom 23. Juni 2006 über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, MedBG) - Medizinalberufegesetz
MedBG Art. 56 Modalitäten der Einsichtnahme in Prüfungsunterlagen - Zur Sicherstellung der Geheimhaltung der Prüfungsfragen in Medizinalprüfungen kann die Herausgabe der Prüfungsunterlagen verweigert, die Herstellung von Kopien oder Abschriften verboten und die Dauer der Einsichtnahme beschränkt werden.
VwVG), so dass eine allfällige Rüge der Gehörsverletzung auch noch im Rahmen einer Beschwerde gegen die Endverfügung umfassend überprüft werden könnte.
4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass mangels eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils keine selbständig anfechtbare Zwischenverfügung vorliegt, so dass auf die Beschwerde nicht einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 63 Abs. 1
SR 811.11 Bundesgesetz vom 23. Juni 2006 über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, MedBG) - Medizinalberufegesetz
MedBG Art. 56 Modalitäten der Einsichtnahme in Prüfungsunterlagen - Zur Sicherstellung der Geheimhaltung der Prüfungsfragen in Medizinalprüfungen kann die Herausgabe der Prüfungsunterlagen verweigert, die Herstellung von Kopien oder Abschriften verboten und die Dauer der Einsichtnahme beschränkt werden.
VwVG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1
SR 811.11 Bundesgesetz vom 23. Juni 2006 über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, MedBG) - Medizinalberufegesetz
MedBG Art. 56 Modalitäten der Einsichtnahme in Prüfungsunterlagen - Zur Sicherstellung der Geheimhaltung der Prüfungsfragen in Medizinalprüfungen kann die Herausgabe der Prüfungsunterlagen verweigert, die Herstellung von Kopien oder Abschriften verboten und die Dauer der Einsichtnahme beschränkt werden.
VwVG sowie Art. 7
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
des Reglements vom 11. Dezember 2006 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE; SR 173.320.2]).
5. Gemäss Art. 83 Bst. t
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110) ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht unzulässig gegen Entscheide über das Ergebnis von Prüfungen. Dies gilt auch für nicht verfahrensabschliessende Entscheide. Das vorliegende Urteil ist somit endgültig.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 250.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Dieser Betrag wird mit dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 400.- verrechnet. Der Restbetrag von Fr. 150.- wird der Beschwerdeführerin zurückerstattet.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil geht an:
- die Beschwerdeführerin (eingeschrieben)
- die Vorinstanz (Ref-Nr. ...; eingeschrieben; Vernehmlassungsbeilagen zurück)

Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:

Frank Seethaler Kaspar Plüss

Versand: 21. Januar 2008
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : B-7904/2007
Datum : 16. Januar 2008
Publiziert : 28. Januar 2008
Quelle : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren des Bundes
Gegenstand : Akteneinsicht (in Medizinalprüfungs-Unterlagen)


Gesetzesregister
BGG: 83
MedBG: 56
SR 811.11 Bundesgesetz vom 23. Juni 2006 über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, MedBG) - Medizinalberufegesetz
MedBG Art. 56 Modalitäten der Einsichtnahme in Prüfungsunterlagen - Zur Sicherstellung der Geheimhaltung der Prüfungsfragen in Medizinalprüfungen kann die Herausgabe der Prüfungsunterlagen verweigert, die Herstellung von Kopien oder Abschriften verboten und die Dauer der Einsichtnahme beschränkt werden.
VGG: 31
VGKE: 7
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
VwVG: 7  46  49  63  64
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116-IB-344
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