Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung V
E-4556/2017
Urteil vom 14. August 2019
Richter David R. Wenger (Vorsitz),
Richter Gérard Scherrer,
Besetzung
Richterin Esther Marti,
Gerichtsschreiberin Eliane Kohlbrenner.
A._______, geboren am (...),
Sri Lanka,
vertreten durch lic. iur. Monique Bremi,
Parteien
Zustelladresse:
(...),
Beschwerdeführer,
gegen
Staatssekretariat für Migration (SEM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Asyl und Wegweisung;
Gegenstand
Verfügung des SEM vom 14. Juli 2017 / N (...).
Sachverhalt:
A.
Der Beschwerdeführer ersuchte am 11. Januar 2016 in der Schweiz um Asyl. Anlässlich der Befragung zur Person vom 19. Januar 2016, der Erstanhörung vom 18. Oktober 2016 und der Zweitanhörung vom 4. Juli 2017 führte er im Wesentlichen aus, er sei Tamile. Er habe mit seiner Familie in B._______, Distrikt C._______, gelebt. In den Jahren 2005 und 2006 habe er die Schule besucht. Nach Ausbruch des Bürgerkriegs sei ein Bruder von den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) zwangsrekrutiert worden. Im Jahr 2009 sei er in einem Gefecht gestorben. Zwei weitere Brüder hätten Probleme mit den LTTE bekommen und seien deswegen im Jahr 2007 beziehungsweise 2008 ins Ausland gereist. Er sei mit seinen Eltern und dem jüngeren Bruder im Jahr 2010 nach D._______, Distrikt E._______, gegangen und habe dort bis 2011 in einem Flüchtlingslager gelebt. Danach seien sie nach B._______ zurückgekehrt und er habe seinem Vater beim Fischen geholfen. Am 10. September 2015 seien zwei Männer, einer in Militäruniform und einer in ziviler Kleidung, zu Hause vorbeigekommen, hätten sich nach den beiden im Ausland lebenden Brüdern erkundigt und ihn in ein nahegelegenes Militärcamp mitgenommen. Im Militärcamp hätten sie ihn sexuell missbraucht und nach circa zwei Stunden wieder gehen lassen. Im Oktober 2015 seien die zwei Männer erneut gekommen und hätten ihn ins Militärcamp mitgenommen. Sie hätten ihn wiederum sexuell missbraucht. Die Erkundigungen nach seinem Bruder seien ein Vorwand gewesen, ihn mitzunehmen. Zu Hause habe er alles seiner Mutter erzählt. Als die Männer im November 2015 ein drittes Mal vorbeigekommen seien, habe er sich hinter dem Haus versteckt. Sie hätten die Vorfälle nicht der Polizei gemeldet, da dies nur mehr Probleme verursacht hätte. Die Familie habe stattdessen beschlossen, ihn ins Ausland zu schicken. Am 20. Dezember 2015 sei er mit seinem Vater nach Colombo gegangen und am 2. Januar 2016 ausgereist. Wäre er nicht ausgereist, hätten sie ihn weiterhin sexuell missbraucht. Nach seiner Ausreise hätten sich die zwei Männer noch zwei Mal zu Hause nach ihm erkundigt.
Der Beschwerdeführer reichte seine Geburtsurkunde, eine Kopie seiner Identitätskarte und ein Schreiben seiner Mutter vom 6. August 2016 ein.
B.
Mit Verfügung vom 14. Juli 2017 (eröffnet am 18. Juli 2017) stellte die Vor-
instanz fest, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, lehnte das Asylgesuch ab, verfügte die Wegweisung aus der Schweiz und ordnete deren Vollzug an.
C.
Am 25. Juli 2017 stellte die Vorinstanz dem Beschwerdeführer auf sein Gesuch hin eine Kopie des Aktenverzeichnisses sowie Kopien der gewünschten Akten zu, soweit sie dem Akteneinsichtsrecht unterlagen.
D.
Mit Eingabe vom 16. August 2017 erhob der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde. Er beantragt, der angefochtene Entscheid der Vorinstanz vom 14. Juli 2017 sei aufzuheben. Es sei festzustellen, dass der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft erfülle und es sei ihm Asyl zu gewähren. Eventualiter sei die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers festzustellen und er sei als Flüchtling vorläufig aufzunehmen. Subeventualiter sei die Unzulässigkeit beziehungsweise Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs festzustellen und der Beschwerdeführer als Ausländer vorläufig aufzunehmen. Subsubeventualiter sei die Sache zur hinreichenden Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts an die Vorinstanz zurückzuweisen. Es sei dem Beschwerdeführer in der Person der unterzeichneten Rechtvertreterin eine unentgeltliche Rechtsbeiständin beizuordnen. Es sei auf die Erhebung eines Kostenvorschusses zu verzichten und die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren. Eventualiter sei ein medizinisches Gutachten nach den Vorgaben des Istanbul Protokolls in Auftrag zu geben. Eventualiter sei der Beschwerdeführer zu einer persönlichen Anhörung beim Bundesverwaltungsgericht vorzuladen.
Der Beschwerdeführer reichte eine Fürsorgeabhängigkeitsbestätigung, zwei Fotos seines verstorbenen Bruders, vier Fotos der französischen Aufenthaltsausweise von seinem Bruder F._______ und seiner Tante G._______ sowie ein Schreiben des Service l'asile de la République France vom 4. April 2016, wonach F._______ und G._______ in keinem Ausländerverzeichnis registriert und den französischen Behörden nicht bekannt seien, ein.
E.
Am 30. August 2017 reichte der Beschwerdeführer die Todesbescheinigung seines verstorbenen Bruders H._______ und ein Schreiben eines Mitglieds des Provinzrates vom 17. August 2017, wonach er von den Eltern über die Missbräuche informiert worden sei und von einer Rückkehr des Beschwerdeführers abrate, ein.
F.
Mit Zwischenverfügung vom 21. September 2017 hiess der Instruktionsrichter die Gesuche um unentgeltliche Prozessführung und amtliche Verbeiständung gut, verzichtete auf die Erhebung eines Kostenvorschusses und gab der Vorinstanz Gelegenheit zur Einreichung einer Vernehmlassung.
G.
Am 26. September 2017 reichte der Beschwerdeführer einen Arztbericht eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie vom 21. September 2017 ein.
H.
Am 27. September 2017 nahm die Vorinstanz zur Beschwerde Stellung. Die Vernehmlassung wurde dem Beschwerdeführer am 28. September 2017 zugestellt.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Am 1. März 2019 ist die Teilrevision (AS 2016 3101) des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG; SR 142.31) in Kraft getreten. Für das vorliegende Verfahren gilt das bisherige Recht (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des AsylG vom 25. September 2015).
1.2 Am 1. Januar 2019 wurde das Ausländergesetz vom 16. Dezember 2005 (AuG, SR 142.20) teilrevidiert (AS 2018 3171) und in Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) umbenannt. Die vorliegend anzuwendenden Gesetzesartikel (Art. 83 Abs. 1 -7 und Art. 84 ) sind unverändert vom AuG ins AIG übernommen worden, weshalb das Gericht nachfolgend die neue Gesetzesbezeichnung verwendet.
2.
Gemäss Art. 31 VGG ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG zuständig und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel - wie auch vorliegend - endgültig (Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG; Art. 105 AsylG [SR 142.31]). Der Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 48 VwVG). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (aArt. 108 Abs. 1 AsylG und Art. 52 Abs. 1 VwVG).
3.
Mit Beschwerde in Asylsachen kann die Verletzung von Bundesrecht (einschliesslich Missbrauch und Überschreiten des Ermessens) sowie die unrichtige und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG). Im Bereich des Ausländerrechts richtet sich die Kognition nach Art. 49 VwVG (BVGE 2014/26 E. 5).
4.
4.1 Der Beschwerdeführer beantragt, es sei ein medizinisches Gutachten nach den Vorgaben des Istanbul Protokolls in Auftrag zu gegeben und eine persönliche Anhörung beim Bundesverwaltungsgericht durchzuführen.
4.2 Der Beschwerdeführer reichte am 26. September 2017 einen Arztbericht eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie ein. Der Antrag auf Einholung eines medizinischen Gutachtens ist damit gegenstandslos geworden. Nach Art. 57 Abs. 2 VwVG kann die Beschwerdeinstanz auf jeder Stufe des Verfahrens eine mündliche Verhandlung anberaumen. Das Bundesverwaltungsgericht machte im Bereich des Asylrechts von dieser Möglichkeit bislang keinen Gebrauch. Der Beschwerdeführer wurde zu seiner Person befragt und zwei Mal angehört. Die Befragung und die Anhörungen weisen keine Unregelmässigkeiten auf; der rechtserhebliche Sachverhalt ist hinreichend erstellt. Es besteht somit auch im vorliegenden Fall keine Notwendigkeit für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Der entsprechende Antrag ist abzuweisen.
5.
5.1 Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG). Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken (Art. 3 Abs. 2 AsylG).
5.2 Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG).
6.
6.1 Die Vorinstanz begründet ihren Entscheid damit, der Beschwerdeführer habe zwar teilweise ausführlich berichtet und die Vorbringen logisch konsistent vorgebracht, aber aufgrund mehrerer Ungereimtheiten und oberflächlicher Schilderungen zentraler Elemente seien seine Vorbringen nicht glaubhaft. So habe er bei der Erstanhörung angegeben, er sei bei beiden Mitnahmen über eine Nebenstrasse ins Militärcamp gebracht worden, während er an der Zweitanhörung meinte, über eine Hauptstrasse ins Militärcamp gefahren zu sein. Betreffend die anwesenden Personen im Militärcamp habe er anlässlich der Erstanhörung angegeben, es seien mehrere Personen in verschiedenen Zelten anwesend gewesen. An der Zweitanhörung habe er hingegen gesagt, er habe keine anderen Soldaten gesehen. Des Weiteren habe er sich beim Ort, wo er sich versteckt habe, als die Soldaten zum dritten Mal gekommen seien, widersprochen. Bei seiner zweiten Mitnahme habe er bereits gewusst, was die Soldaten ihm antun könnten, und sich demnach in einer Angstsituation befunden. Es wäre davon auszugehen gewesen, dass er die unmittelbare Umgebung beobachtet und allfällige Fluchtmöglichkeiten in Erwägung gezogen hätte. Die Schilderung, wie er sich den sexuellen Missbräuchen widersetzt habe, sei vage und unsubstantiiert ausgefallen. Er habe auch nicht plausibel erklären können, weshalb seine Familie wegen der Vorfälle keine Anzeige bei der Polizei erstattet habe.
6.2 Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe das Erlebte sehr substantiiert, detailreich und mit Realkennzeichen versehen geschildert. An der Zweitanhörung habe er erklärt, der Weg zum Militärcamp habe anfangs über eine Nebenstrasse und dann über eine Hauptstrasse geführt. Der angebliche Widerspruch betreffend die anwesenden Personen im Militärcamp sei auf die ungenaue Befragung durch die Vorinstanz zurückzuführen; bei der Erstanhörung hätten sich seine Angaben auf den ersten Vorfall, bei der Zweitanhörung auf den zweiten Vorfall bezogen. Bei der Erstanhörung habe er angegeben, sich hinter dem Haus versteckt zu haben, als die Soldaten ein drittes Mal gekommen seien. An der Zweitanhörung habe er dies lediglich dahingehend präzisiert, dass er sich im Schlafzimmer, welches sich auf der hinteren Seite des Hauses befinde, versteckt habe. Zudem beträfen die geltend gemachten Widersprüche nur sekundäre Punkte seiner Angaben und sollten deshalb keinen Einfluss auf seine Glaubwürdigkeit haben. Er habe erklärt, dass er sich aus Angst, noch schlimmer missbraucht oder getötet zu werden, nicht gegen die sexuellen Übergriffe gewehrt habe. Er sei auch physisch nicht in der Lage gewesen, sich zwei grossen Männern zu widersetzen. Die Annahme der Vorinstanz, er hätte sich wehren oder zumindest Anzeige erstatten können, zeuge nicht von länderspezifischen Kenntnissen. Er habe ausführlich erklärt, dass die Eltern aus Angst vor gesellschaftlicher Ausgrenzung und Repressalien keine Anzeige bei der Polizei erstattet hätten. Unzählige Berichte belegten, dass in Sri Lanka sexueller Missbrauch durch Militär- und Polizeiangehörige häufig vorkommen würde, ohne dass diese belangt würden. Der Hintergrund der Vorfälle sei politisch (mit)bedingt, da der Missbrauch im Militärcamp durch singhalesisch sprechende Soldaten geschehen sei. Zum Zeitpunkt seiner Ausreise sei er deshalb asylrelevanten Nachteilen im Sinne von Art. 3 AsylG ausgesetzt gewesen und er habe begründete Furcht vor künftiger Verfolgung. Zudem erfülle er die Risikofaktoren, da er wegen Verhaftungen und Misshandlungen geflüchtet sei, sich seit über zwei Jahren in der Schweiz, die als Hort für LTTE-Sympathisanten eingestuft werde, aufhalte und zwei Brüder gegen Ende des Krieges geflüchtet seien.
6.3 Für die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Beschwerdeführers spricht, dass er die zeitlichen und örtlichen Angaben zu den Vorfällen, die Reaktion seiner Familie auf die Vorfälle und die Gründe für den Entscheid der Eltern, ihn ins Ausland zu schicken widerspruchlos und nachvollziehbar schilderte. Die Erklärung, er habe sich nicht gegen den sexuellen Missbrauch zur Wehr gesetzt, weil er den beiden bewaffneten Männern körperlich unterlegen gewesen sei und sie ihm mit dem Tod gedroht hätten, erscheint ebenfalls plausibel. Seine Erklärungen zu den Ungereimtheiten betreffend den Weg zum Militärcamp, die im Militärcamp anwesenden Personen und sein Versteck, als ihn die Soldaten ein drittes Mal hätten abholen wollen, vermögen indes nicht zu überzeugen. So hat er an der Erstanhörung ausdrücklich gesagt, sie hätten zum Militärcamp beide Male nicht die Hauptstrasse, sondern die Nebenstrasse genommen, während er an der Zweitanhörung die Hauptstrasse als Weg angab (act. A25/24 F 123; A29/13 F 12). Seine Angabe an der Zweitanhörung zu den anwesenden Personen, er habe niemanden gesehen, bezog sich auf beide Aufenthalte im Militärcamp (act. A23/13 F 35). Dies steht im Widerspruch zur Aussage an der Erstanhörung, wonach sich beim ersten Aufenthalt im Militärcamp verschiedene Personen in verschiedenen Zelten und beim zweiten Aufenthalt zwei Soldaten in einem anderen Zelt befunden hätten (act. A25/24 F 102 und F 124). Den Widerspruch bezüglich des Verstecks (hinter dem Haus bzw. im hinteren Zimmer) konnte er nicht entkräften. Die Frage der Glaubhaftigkeit der Vorbringen des Beschwerdeführers kann indes aufgrund der nachfolgenden Ausführungen offenbleiben.
Für die Bejahung einer asylrelevanten Verfolgung nach Art. 3 AsylG muss die betroffene Person die ernsthaften Nachteile wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen erlitten haben. Es ist nicht in Abrede zu stellen, dass sexuelle Gewalt in der Vergangenheit durch Soldaten oder Polizisten auch gezielt als Folterinstrument bei Verdacht auf Verbindungen zu den LTTE eingesetzt worden ist (Urteil des BVGer D-3073/2017 vom 14. November 2018 E. 4.2). Der Beschwerdeführer war indes nicht bei den LTTE und wurde von den sri-lankischen Behörden auch nie verdächtigt, Sympathisant der LTTE zu sein. Ein Bruder war bei den LTTE und ist in einem Gefecht getötet worden. Der Beschwerdeführer gab dazu an, er und seine Familie hätten deswegen keine Probleme mit den Behörden gehabt (act. A25/24 F 54). Die zwei Männer hätten ihn wegen der zwei im Ausland lebenden Brüder mitgenommen. Die Brüder sind nach Problemen mit den LTTE im Jahr 2007 beziehungsweise 2008 ausgereist. Zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer acht beziehungsweise neun Jahre alt. Vom Jahr 2008 bis zum ersten Vorfall im September 2015 wurden er und seine Familie nie von den sri-lankischen Behörden behelligt. Im September 2015 kamen die Soldaten vorbei und verlangten ausdrücklich den Beschwerdeführer, um ihn über seine beiden Brüder zu befragen. Hätten die Soldaten tatsächlich Auskünfte über die Brüder gewollt, so wäre es naheliegend gewesen, seine Eltern dazu zu befragen statt den Beschwerdeführer, der sich kaum mehr an die Brüder erinnern kann und nur weiss, dass sie wegen irgendwelcher Probleme mit den LTTE ausgereist sind. Ein weiterer Hinweis, dass die Soldaten den Beschwerdeführer nur für den sexuellen Missbrauch und nicht zwecks Informationsbeschaffung zu den Brüdern mitnahmen, ist, dass die Soldaten dem Beschwerdeführer lediglich auf dem Weg ins Militärcamp ein paar Fragen zu den Brüdern gestellt haben. Im Militärcamp missbrauchten sie ihn sexuell und liessen ihn, ohne weitere Fragen zu stellen, wieder gehen (act. A25/24 F 161). Der Beschwerdeführer gab denn auch selbst an, die Soldaten hätten sich nur nach seinen Brüdern erkundigt, weil sie einen Grund gesucht hätten, ihn mitzunehmen (act. A25/24 F 77). Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass der sexuelle Missbrauch des Beschwerdeführers nicht auf einem asylbeachtlichen Motiv beruht, sondern kriminell motiviert war (vgl. Urteile des BVGer D-1125/2017 vom 15. November 2017 E. 7.2; D-3073/2017 E. 4.2). Es gibt zudem keine Hinweise, dass der sri-lankische Staat den sexuellen Missbrauch im vorliegenden Fall angeordnet oder bei Bekanntwerden geschützt hätte, zumal der Beschwerdeführer selbst annahm, dass die
Soldaten ihn absichtlich zu einem Zeitpunkt missbrauchten, als die anderen Soldaten nicht im Militärcamp waren (act. 29/13 F 37). An der Schlussfolgerung, dass der sexuelle Missbrauch nicht aus einem asylrelevanten Motiv heraus erfolgte, ändern auch die eingereichten Beweismittel nichts. Sie dienen lediglich als Beleg für den Tod seines Bruders und den Aufenthalt eines Bruders sowie einer Tante in Frankreich und den sexuellen Missbrauch.
7.
7.1 Das Bundesverwaltungsgericht hat im Referenzurteil E-1866/2015 vom 15. Juli 2016 festgestellt, dass Angehörige der tamilischen Ethnie bei einer Rückkehr nach Sri Lanka nicht generell einer ernstzunehmenden Gefahr von Verhaftung und Folter ausgesetzt sind (vgl. a.a.O. E. 8.3). Zur Beurteilung des Risikos von Rückkehrenden, Opfer ernsthafter Nachteile in Form von Verhaftung und Folter zu werden, wurden verschiedene Risikofaktoren identifiziert. Eine tatsächliche oder vermeintliche, aktuelle oder vergangene Verbindung zu den LTTE, ein Eintrag in der "Stop List" und die Teilnahme an exilpolitischen regimekritischen Handlungen wurden als stark risikobegründende Faktoren eingestuft, da sie unter den im Entscheid dargelegten Umständen bereits für sich alleine genommen zur Bejahung einer begründeten Furcht führen könnten. Demgegenüber stellen das Fehlen ordentlicher Identitätsdokumente bei der Einreise in Sri Lanka, Narben und eine gewisse Aufenthaltsdauer in einem westlichen Land schwach risikobegründende Faktoren dar. Von den Rückkehrenden, die diese weitreichenden Risikofaktoren erfüllten, habe jedoch nur jene kleine Gruppe tatsächlich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ernsthafte Nachteile im Sinne von Art. 3 AsylG zu befürchten, die nach Ansicht der sri-lankischen Behörden bestrebt sei, den tamilischen Separatismus wiederaufleben zu lassen und so den sri-lankischen Einheitsstaat gefährde. Mit Blick auf die dargelegten Risikofaktoren seien in erster Linie jene Rückkehrer gefährdet, deren Namen in der am Flughafen in Colombo abrufbaren "Stop-List" vermerkt seien und der Eintrag den Hinweis auf eine Verhaftung beziehungsweise einen Strafregistereintrag im Zusammenhang mit einer tatsächlichen oder vermuteten Verbindung zu den LTTE enthalte. Entsprechendes gelte für sri-lankische Staatsangehörige, die sich im Ausland regimekritisch betätigt hätten (vgl. a.a.O. E. 8).
7.2 Der Beschwerdeführer war nie Mitglied der LTTE und wurde von den Behörden auch nicht als Sympathisant der LTTE eingestuft. Ein Bruder war zwar bei den LTTE und wurde im Jahr 2009 in einem Gefecht getötet, aber die Familie bekam deswegen nie Probleme mit den Behörden. Die zwei im Ausland lebenden Brüder waren ebenfalls kein Anlass für behördliche Behelligungen (vgl. E. 6.3). Des Weiteren wurde der Beschwerdeführer weder verhaftet noch einer Straftat angeklagt oder gar verurteilt und verfügt somit auch nicht über einen Strafeintrag. Er ist nicht exilpolitisch tätig. Allein aus der tamilischen Ethnie und der mittlerweile knapp dreieinhalbjährigen Landesabwesenheit kann er keine Gefährdung ableiten. Dass er in einer "Stop List" aufgeführt sein soll, ist aufgrund des Gesagten unwahrscheinlich. Unter Würdigung aller Umstände ist somit anzunehmen, dass der Beschwerdeführer von der sri-lankischen Regierung nicht zu jener kleinen Gruppe gezählt wird, die bestrebt ist, den tamilischen Separatismus wieder aufleben zu lassen, und so eine Gefahr für den sri-lankischen Einheitsstaat darstellt. Es ist nicht davon auszugehen, dass ihm persönlich im Falle einer Rückkehr nach Sri Lanka ernsthafte Nachteile im Sinne von Art. 3 AsylG drohen würden.
7.3 Zusammenfassend hat der Beschwerdeführer nichts vorgebracht, was geeignet wäre, seine Flüchtlingseigenschaft nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen. Die Vorinstanz hat sein Asylgesuch zu Recht abgelehnt.
8.
Gemäss Art. 44 AsylG verfügt das SEM in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz, wenn es das Asylgesuch ablehnt oder nicht darauf eintritt. Der Beschwerdeführer verfügt weder über eine ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer solchen (vgl. BVGE 2009/50 E. 9 S. 733). Die Wegweisung wurde zu Recht angeordnet.
9.
9.1 Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt die Vorinstanz das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme (Art. 44 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AIG [SR 142.20]).
9.2 Nach Art. 83 Abs. 3 AIG ist der Vollzug nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat entgegenstehen. Vorliegend kommt dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zu. Das flüchtlingsrechtliche Rückschiebungsverbot von Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30) und Art. 5 AsylG ist daher nicht anwendbar. Die Zulässigkeit des Vollzugs beurteilt sich vielmehr nach den allgemeinen verfassungs- und völkerrechtlichen Bestimmungen (Art. 25 Abs. 3 BV; Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe [FoK, SR 0.105]; Art. 3 EMRK).
Der EGMR hat sich mit der Gefährdungssituation im Hinblick auf eine EMRK-widrige Behandlung namentlich für Tamilen, die aus einem europä-ischen Land nach Sri Lanka zurückkehren müssen, wiederholt befasst (vgl. EGMR, R.J. gegen Frankreich, Urteil vom 19. September 2013, Be-schwerde Nr. 10466/11; T.N. gegen Dänemark, Urteil vom 20. Januar 2011, Beschwerde Nr. 20594/08; P.K. gegen Dänemark, Urteil vom 20. Januar 2011, Beschwerde Nr. 54705/08; N.A. gegen Grossbritannien, Urteil vom 17. Juli 2008, Beschwerde Nr. 25904/07). Dabei unterstreicht der Gerichtshof, dass nicht in genereller Weise davon auszugehen sei, zurückkehrenden Tamilen drohe eine unmenschliche Behandlung. Vielmehr müssten im Rahmen der Beurteilung, ob der oder die Betroffene ernsthafte Gründe für die Befürchtung habe, die Behörden hätten an seiner Festnahme und Befragung ein Interesse, verschiedene Aspekte - welche im Wesentlichen durch die in Erwägung 7.1 identifizierten Risikofaktoren abgedeckt sind (vgl. EGMR, T.N. gegen Dänemark, a.a.O., § 94) - in Betracht gezogen werden, wobei dem Umstand gebührend Beachtung zu schenken sei, dass diese einzelnen Aspekte, auch wenn sie für sich alleine betrachtet möglicherweise kein "real risk" darstellen, diese Schwelle bei einer kumulativen Würdigung erreichen könnten.
Nachdem der Beschwerdeführer - wie in den Erwägungen 6.3 und 7.2 ausgeführt - nicht darlegen konnte, dass er befürchten müsse, bei einer Rückkehr ins Heimatland die Aufmerksamkeit der sri-lankischen Behörden in einem flüchtlingsrechtlich relevanten Ausmass auf sich zu ziehen, bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, ihm würde aus demselben Grund eine menschenrechtswidrige Behandlung in Sri Lanka drohen.
9.3 Nach Art. 83 Abs. 4 AIG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimat- oder Herkunftsstaat auf Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind.
Nach einer eingehenden Analyse der sicherheitspolitischen Lage in Sri Lanka ist das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss gekommen, dass der Wegweisungsvollzug in die Nordprovinz (mit Ausnahme des Vanni-Gebiets) zumutbar ist, wenn das Vorliegen der individuellen Zumutbarkeitskriterien (insbesondere Existenz eines tragfähigen familiären oder sozialen Beziehungsnetzes sowie Aussichten auf eine gesicherte Einkommens- und Wohnsituation) bejaht werden kann (Urteil E-1866/2015 E. 13.2). In seinem neusten als Referenzurteil publizierten Entscheid erachtet das Bundesverwaltungsgericht auch den Wegweisungsvollzug ins Vanni-Gebiet als zumutbar (Urteil D-3619/2016 vom 16. Oktober 2017 E. 9.5). Daran vermögen auch die Anschläge am 22. April 2019 und der gleichentags von der sri-lankischen Regierung verhängte Ausnahmezustand (Neue Zürcher Zeitung [NZZ] vom 23. April 2019, Sri Lanka: Colombo spricht von islamistischem Terror, < https://www.nzz.ch/.../sri-lanka-colombo-spricht-von-islamistischem-terror-ld.1476769 >, abgerufen am 13.06.2019) nichts zu ändern (Urteil des BVGer D-2361/2019 vom 2. Juli 2019 E. 9.3).
Der Beschwerdeführer lebte vor seiner Ausreise in B._______ im Distrikt C._______, Nordprovinz. Er wohnte bei seinen Eltern und half seinem Vater in der Fischerei. Es ist anzunehmen, dass er nach seiner Rückkehr wieder bei seinen Eltern wohnen und diese Tätigkeit wieder aufnehmen kann. Zudem verfügt er mit seinen Eltern und seinem jüngeren Bruder über ein tragfähiges familiäres Beziehungsnetz in Sri Lanka, das in der Lage sein sollte, ihn bei der Wiedereingliederung zu unterstützen.
Gemäss dem eingereichten Arztbericht vom 21. September 2017 leidet der Beschwerdeführer an einer posttraumatischen Belastungsstörung ohne Selbst- oder Fremdgefährdung. Er wird nicht medikamentös behandelt. Dem Länderinformationsblatt der International Organization for Migration (IOM) vom Juni 2014 ist zu entnehmen, dass Sri Lanka grosse Fortschritte hinsichtlich der medizinischen Versorgung gemacht hat und die Investitionen ins Gesundheitswesen zugenommen haben. Die IOM führt in ihrem Bericht aus, staatliche Krankenhäuser seien in jeder grösseren Stadt angesiedelt und würden über modernste Geräte verfügen, sodass sie viele Behandlungsmethoden anbieten könnten. Die medizinischen Dienstleistungen seien in der Regel kostenlos. Zusätzlich gebe es sehr viele sehr gut ausgestattete Privatkliniken. Diese seien jedoch in der Regel teuer (International Organization for Migration (IOM), Länderinformationsblatt - Sri Lanka, 06.2014, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_sri-lanka-dl_de.pdf;jsessionid=129A642CCB742AC2E7B0C0A694A8FCFB.1_cid294?__blob=publicationFile >, abgerufen am 25.07.2019). Zudem befinden sich in Sri Lanka 23 Spitäler mit psychiatrischen Abteilungen zur stationären Betreuung und über 300 Kliniken für ambulante Behandlungen psychisch kranker Patienten (Ministry of Health, Nutrition and Indigenous Medicine Sri Lanka, Annual Health Bulletin 2014, published in 2016, < http://www.health.gov.lk/moh_final/english/public/elfinder/files/publications/AHB/AHB2014.pdf >, abgerufen am 28.01.2019; Sri Lankan Ministery of Health, Performance and Progress Report 2012-2013, < http://www.health.gov.lk/en/publication/P-PReport2012.pdf/Performance
Report2012-E.pdf >, abgerufen am 25.07.2019). Der Beschwerdeführer befindet sich wegen seiner psychischen Probleme nicht in medizinischer Behandlung. Sollte eine solche Behandlung künftig nötig sein, so ist diese auch in Sri Lanka durchführbar. Der Vollzug erweist sich deshalb auch in individueller Hinsicht als zumutbar.
9.4 Nach Art. 83 Abs. 2 AIG ist der Vollzug auch als möglich zu bezeichnen, weil es dem Beschwerdeführer obliegt, bei der zuständigen Vertretung seines Heimatstaats die für seine Rückkehr notwendigen Reisedokumente zu beschaffen (Art. 8 Abs. 4 AslyG; BVGE 2008/34 E. 12).
9.5 Die Vorinstanz hat somit den Wegweisungsvollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich bezeichnet. Eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme fällt somit ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1 -4 AIG).
10.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung den rechtserheblichen Sachverhalt richtig sowie vollständig feststellt, Bundesrecht nicht verletzt (Art. 106 Abs. 1 AsylG) und - soweit diesbezüglich überprüfbar - angemessen ist. Die Beschwerde ist abzuweisen.
11.
11.1 Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG; Art. 1 -3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Mit Zwischenverfügung vom 21. September 2017 wurden die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Beiordnung einer amtlichen Rechtsbeiständin gutgeheissen. Es sind somit keine Verfahrenskosten zu erheben.
11.2 Die amtliche Rechtsbeiständin des Beschwerdeführers reichte keine Kostennote ein. Der Aufwand lässt sich allerdings aufgrund der Akten zuverlässig abschätzen (Art. 14 Abs. 2 VGKE). In Anwendung der massgeblichen Bemessungsfaktoren (vgl. Art. 8 -11 VGKE) ist das Honorar auf Fr. 2'250.- (inkl. Auslagen) festzusetzen. Dieser Betrag ist lic. iur. Monique Bremi als amtliches Honorar zu Lasten des Gerichts auszurichten.
(Dispositiv nächste Seite)
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
3.
Der amtlichen Rechtsbeiständin wird zu Lasten der Gerichtskasse ein Honorar von Fr. 2'250.- entrichtet.
4.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die zuständige kantonale Behörde.
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
David R. Wenger Eliane Kohlbrenner
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