Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2007.39

Entscheid vom 12. Juni 2007 I. Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Emanuel Hochstrasser, Vorsitz, Tito Ponti und Alex Staub, Gerichtsschreiber David Heeb

Parteien

A., vertreten durch Fürsprecher Franz Müller,

Beschwerdeführer

gegen

Bundesanwaltschaft,

Beschwerdegegnerin

Vorinstanz

Eidgenössisches Untersuchungsrichteramt,

Gegenstand

Fristerstreckung (Art. 214 BStP)

Sachverhalt:

A. Mit Verfügung des Eidgenössischen Untersuchungsrichteramtes (nachfolgend „Untersuchungsrichteramt“) vom 10. Mai 2007 wurde A. und weiteren Parteien gestützt auf Art. 119 Abs. 1 BStP bis am 14. Juni 2007 Frist gesetzt zur Einsicht und Ergänzung der Akten (act. 1.3). Als Beilage erhielten die Parteien eine DVD betreffend die Verfahrens- und Beweisakten des Untersuchungsrichteramtes.

B. Mit Schreiben vom 24. Mai 2007 beantragte A. beim Untersuchungsrichteramt eine Fristerstreckung von 4 Monaten ab Zustellung eines Entwurfs des Schlussberichtes, mindestens bis Ende September 2007 (act. 1.4). Im Wesentlichen wird geltend gemacht, es seien eine physische Akteneinsicht und ein Entwurf des Schlussberichtes erforderlich.

C. Mit Verfügung vom 25. Mai 2007 wies das Untersuchungsrichteramt den Antrag ab, soweit darauf einzutreten sei (act. 1.1). Zur Begründung wird ausgeführt, A. habe seit Ende August 2006 praktisch uneingeschränkte Akteneinsicht. Aufgrund der DVD habe er spätestens seit Mitte Mai 2007 uneingeschränkte Akteneinsicht in die vollständig digitalisierten Akten der Bundesanwaltschaft und des Untersuchungsrichteramtes. Es sei deshalb kein Grund ersichtlich, die im Rahmen von Art. 119 Abs. 1 BStP gesetzte Frist bis am 14. Juni 2007 zu verlängern. Das allfällige Vorliegen eines Entwurfs des Schlussberichtes habe auf die Bemessung der Frist gemäss Art. 119 Abs. 1 BStP keinen Einfluss.

D. Gegen diese Verfügung gelangt A. mit Eingabe vom 4. Juni 2007 an die I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und beantragt, der angefochtene Beschluss sei aufzuheben und es sei ihm die Frist zur Einreichung seiner Anträge gemäss Art. 119 Abs. 1 BStP um 4 Monate ab Zustellung eines Entwurfs des Schlussberichtes, mindestens bis Ende September 2007, zu verlängern, unter Kostenfolgen (act. 1). A. macht geltend, dass der DVD des Untersuchungsrichteramtes ca. 20'000 Seiten entnommen werden könnten. Die Akten der Bundesanwaltschaft umfassten mehrere hundert Ordner. Aufgrund dieses Aktenumfanges sei ihm die Frist angemessen zu erstrecken, damit er sein rechtliches Gehör wahrnehmen könne. Die DVD vermöge im Übrigen eine physische Einsichtnahme in die Akten nicht zu ersetzen. Zudem sei ihm ein Entwurf des Schlussberichtes zuzustellen, damit er besser entscheiden könne, welche Akten von erhöhter Relevanz seien.

Die I. Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gegen Amtshandlungen und wegen Säumnis des Untersuchungsrichters ist die Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zulässig (Art. 214 Abs. 1 BStP sowie Art. 28 Abs. 1 lit. a SGG). Ist die Beschwerde gegen eine Amtshandlung des Untersuchungsrichters gerichtet, so ist sie innert fünf Tagen, nachdem der Beschwerdeführer von der Amtshandlung Kenntnis erhalten hat, einzureichen (Art. 217 BStP). Die Beschwerde steht den Parteien und einem jeden zu, der durch eine Verfügung oder durch die Säumnis des Untersuchungsrichters einen ungerechtfertigten Nachteil erleidet (Art. 214 Abs. 2 BStP).

1.2 Der Beschwerdeführer ist durch die Verweigerung der Fristerstreckung beschwert und somit zur Beschwerde legitimiert. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingereicht. Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.

2.

2.1 Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, dass ihm die mit Verfügung der Vorinstanz vom 10. Mai 2007 angesetzte Frist bis am 14. Juni 2007 nicht ausreiche, um die Akten vollständig einzusehen und Anträge zu stellen. Der DVD des Untersuchungsrichteramtes könnten ca. 20'000 Seiten entnommen werden. Er verlange deshalb eine Fristerstreckung um 4 Monate ab Zustellung eines Entwurfs des Schlussberichtes, mindestens bis Ende September 2007.

2.2 Gemäss Art. 119 Abs. 1 BStP setzt der Untersuchungsrichter den Parteien vor Schluss der Voruntersuchung eine Frist zur Ergänzung der Akten. Die Parteien sollen damit eine weitere Gelegenheit erhalten, die Akten zu ergänzen. Der Beschwerdeführer verlangt eine Fristerstreckung ohne geltend zu machen, inwiefern er die Akten ergänzen möchte. Sein Antrag erweist sich daher als nicht substantiiert. Aufgrund der Begründung des Beschwerdeführers ist davon auszugehen, dass er die Fristerstreckung benötigt, um die Akten zu lesen. Die Frist im Rahmen von Art. 119 Abs. 1 BStP dient aber nicht dazu, sich in umfangreiche Akten einzulesen. Entsprechend den Ausführungen der Vorinstanz in der Verfügung vom 25. Mai 2007 steht fest, dass der Beschwerdeführer seit Ende August 2006 praktisch uneingeschränkte Akteneinsicht hat (act. 1.1). Seit spätestens Mitte Mai 2007 hat er aufgrund der abgegebenen DVD vollständige Akteneinsicht (act. 1.1). Der Beschwerdeführer ist seit dem 31. Mai 2006 durch Fürsprecher Franz Müller vertreten (act. 1.2) und hatte somit genügend Zeit, die Akten einzusehen. Des Weitern ist zu berücksichtigen, dass der grösste Teil der Akten gar nicht den Beschwerdeführer sondern die anderen Beschuldigten betrifft. Es ist somit nicht notwendig, dass er sämtliche Akten liest. Vielmehr genügt eine genaue Durchsicht der Akten, um deren Vollständigkeit zu beurteilen und eventuelle Ergänzungsanträge zu stellen. Eine solche Durchsicht ist angesichts der geschilderten Umstände bis zum 14. Juni 2007 ohne weiteres möglich.

2.3 Aufgrund der Aktenlage sind die Voraussetzungen für eine Fristerstreckung nicht gegeben. Sollten jedoch innerhalb der dem Beschwerdeführer bis zum 14. Juni 2007 noch zur Verfügung stehenden Frist im Rahmen der unter Punkt 2.2 erwähnten Aktendurchsicht gewichtige Gründe für eine Fristerstreckung aufgetaucht sein, so besteht diese Möglichkeit im angemessenen Rahmen. Eine allfällige Fristerstreckung wird jedoch höchstens im Bereich eines Monats liegen und kann keinesfalls bis mindestens Ende September 2007 oder 4 Monate ab Zustellung eines Entwurfs des Schlussberichtes dauern (vgl. dazu TPF BB.2007.36 vom 1. Juni 2007 E. 2.5).

2.4 Soweit der Beschwerdeführer im Rahmen von Art. 119 Abs. 1 BStP einen Entwurf des Schlussberichtes beantragt, ist gestützt auf Art. 119 Abs. 3 BStP zu berücksichtigen, dass der Untersuchungsrichter erst sämtliche Anträge erledigt, die Voruntersuchung schliesst und alsdann dem Bundesanwalt den Schlussbericht zustellt. Die Parteien erhalten somit den Schlussbericht erst nach Schluss der Voruntersuchung. Der Beschwerdeführer hat deshalb während der hängigen Voruntersuchung keinen Anspruch auf Einsicht in den Entwurf des Schlussberichtes.

2.5 Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Beschwerdeführer auch nach Abschluss der Voruntersuchung Akteneinsichtsgesuche stellen kann. Im Falle einer Anklageerhebung sind im Rahmen der Vorbereitung der Hauptverhandlung Beweisanträge noch bis zum Abschluss des Beweisverfahrens in der Hauptverhandlung möglich. Der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör ist deshalb mit dem Vorgehen der Vorinstanz nicht im Geringsten gefährdet (vgl. dazu TPF BB.2007.36 vom 1. Juni 2007 E. 2.6, TPF BB.2007.17 vom 12. März 2007 E. 1.3 und TPF BB.2006.75 vom 30. Januar 2007 E. 2.3).

2.6 Die Beschwerde erweist sich damit sofort als unbegründet im Sinne von Art. 219 Abs. 1 BStP, weshalb von der Einholung einer Stellungnahme der Bundesanwaltschaft und der Vorinstanz abgesehen wird.

3. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG), wobei die Gerichtsgebühr auf Fr. 500.--festgesetzt wird (Art. 3 des Reglements über die Gerichtsgebühren vor dem Bundesstrafgericht vom 11. Februar 2004; SR 173.711.32).

Demnach erkennt die I. Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Die Verfahrenskosten von Fr. 500.-- werden A. auferlegt.

Bellinzona, 12. Juni 2007

Im Namen der I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Zustellung an

- Fürsprecher Franz Müller

- Bundesanwaltschaft

- Eidgenössisches Untersuchungsrichteramt

Beilage

1 Einzahlungsschein

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : BB.2007.39
Datum : 12. Juni 2007
Publiziert : 01. Juni 2009
Quelle : Bundesstrafgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Beschwerdekammer: Strafverfahren
Gegenstand : Fristerstreckung (Art. 214 BStP)


Gesetzesregister
BGG: 66
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BStP: 119  214  217  219
SGG: 28
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