Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2007.17

Entscheid vom 12. März 2007 I. Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Emanuel Hochstrasser, Vorsitz, Tito Ponti und Alex Staub , Gerichtsschreiber David Heeb

Parteien

A., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Christoph Hohler,

Beschwerdeführer

gegen

Schweizerische Bundesanwaltschaft,

Beschwerdegegnerin

Vorinstanz

Eidgenössisches Untersuchungsrichteramt,

Gegenstand

Beschwerde gegen Schlussverfügung und Gesuch um aufschiebende Wirkung (Art. 119 und Art. 218 BStP)

Sachverhalt:

A. Die Schweizerische Bundesanwaltschaft (nachfolgend „Bundesanwaltschaft“) eröffnete am 2. Februar 2004 im Zusammenhang mit dem Flugzeugunfall in Z. gegen unbekannte Täterschaft ein gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger (schwerer) Körperverletzung und fahrlässiger Tötung. Am 12. März 2004 dehnte die Bundesanwaltschaft das Verfahren unter anderem auf A. aus (act. 1.2, S. 9). Am 14. Januar 2005 stellte die Bundesanwaltschaft beim Eidgenössischen Untersuchungsrichteramt (nachfolgend „Untersuchungsrichteramt“) den Antrag auf Eröffnung einer Voruntersuchung (act. 1.2, S. 11). Die Voruntersuchung wurde mit Verfügung vom 28. Februar 2005 eröffnet (act. 1.2, S. 13). Nachdem das Untersuchungsrichteramt den Parteien bis 4. September 2006 Frist nach Art. 119 Abs. 1 BStP gewährt hatte, reichte die Bundesanwaltschaft im Januar 2007 dem Untersuchungsrichteramt Berichte der Fachgruppe B. ein (act. 1.2, S. 17). Mit Schlussverfügung vom 22. Februar 2007 schloss das Untersuchungsrichteramt die Voruntersuchung (act. 1.1), ohne A. die Berichte zugestellt oder von deren Eingang zumindest Kenntnis gegeben zu haben. Das Untersuchungsrichteramt stützt seinen Schlussbericht vom 22. Februar 2007 mitunter auf die Berichte der Fachgruppe B. (act. 1.2, S. 37 f., S. 47, S. 58, S. 64).

B. Mit Beschwerde vom 28. Februar 2007 beantragt A. bei der Beschwerdekammer die Aufhebung der Schlussverfügung vom 22. Februar 2007, die Rückweisung des Verfahrens an das Untersuchungsrichteramt zum ordnungsgemässen Abschluss nach Offenlegung der Geheimakten sowie die Erteilung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Bundes (act. 1). Er beanstandet, dass das Untersuchungsrichteramt seinen Schlussbericht auf Berichte der Fachgruppe B. abgestützt habe, welche ihm gegenüber verheimlicht worden seien. Dadurch habe das Untersuchungsrichteramt Art. 119 Abs. 2 BStP, Art. 116 BStP sowie seinen verfassungsmässigen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (act. 1).

Die I. Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gegen Amtshandlungen und wegen Säumnis des Untersuchungsrichters ist die Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zulässig (Art. 214 Abs. 1 BStP sowie Art. 28 Abs. 1 lit. a SGG). Ist die Beschwerde gegen eine Amtshandlung des Untersuchungsrichters gerichtet, so ist sie innert fünf Tagen, nachdem der Beschwerdeführer von der Amtshandlung Kenntnis erhalten hat, einzureichen (Art. 217 BStP). Die Beschwerde steht den Parteien und einem jeden zu, der durch eine Verfügung oder durch die Säumnis des Untersuchungsrichters einen ungerechtfertigten Nachteil erleidet (Art. 214 Abs. 2 BStP).

1.2 Die Beschwerde vom 28. Februar 2007 richtet sich gegen die Schlussverfügung vom 22. Februar 2007. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingereicht. Im Rahmen der Eintretensvoraussetzungen ist weiter zu prüfen, ob der Beschwerdeführer durch die Schlussverfügung vom 22. Februar 2007 beschwert ist. Gemäss Art. 119 Abs. 3 BStP schliesst das Untersuchungsrichteramt die Voruntersuchung und stellt die Akten mit seinem Schlussbericht der Bundesanwaltschaft zu. Das Untersuchungsrichteramt nimmt somit gemäss dem Wortlaut des Gesetzes zwei Amtshandlungen vor, indem es die Voruntersuchung schliesst und einen Schlussbericht erstellt. Die Voruntersuchung wird mit der Schlussverfügung geschlossen. Weitergehende Wirkungen hat die Schlussverfügung nicht. Insofern stellt die Schlussverfügung einen reinen prozessualen Schritt dar, welcher keine materiellen Wirkungen hat. Deshalb ist der Schlussverfügung vom 22. Februar 2007 keine Rechtsmittelbelehrung zu entnehmen, weil sie – wie übrigens auch die Eröffnungsverfügung oder die allfällige Anklageerhebung (Art. 127 Abs. 2 BStP) - kein Anfechtungsobjekt darstellt. Es ist kein Grund ersichtlich, die Schlussverfügung betreffend die Anfechtbarkeit anders zu behandeln als die Eröffnungsverfügung oder die Anklageerhebung. Der Beschwerdeführer ist deshalb durch die angefochtene Schlussverfügung vom 22. Februar 2007 nicht beschwert.

1.3 Soweit der Beschwerdeführer die Aufhebung der Schlussverfügung vom 22. Februar 2007 mit der Argumentation verlangt, der Schlussbericht enthalte geheime Berichte der Fachgruppe B., so rügt er im Übrigen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im Zusammenhang mit dem Schlussbericht. Insofern hätte sich gestützt auf die Vorbringen des Beschwerdeführers eher die Frage gestellt, ob er durch den Schlussbericht beschwert ist.

Soweit der Beschwerdeführer ein Akteneinsichtsrecht bezüglich der Berichte der Fachgruppe B. geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass nunmehr die Verfahrensherrschaft bei der Bundesanwaltschaft liegt. Ein allfälliges Akteneinsichtsgesuch wäre somit direkt bei der Bundesanwaltschaft zu stellen. Für den Fall der Anklageerhebung hat der Beschwerdeführer gestützt auf Art. 137 Abs. 3 BStP zudem die Möglichkeit, die Akten im Rahmen des Verfahrens vor dem Bundesstrafgericht einzusehen. Selbst wenn man im Vorgehen des Untersuchungsrichters eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Beschwerdeführers sähe, so wäre eine Heilung im weiteren Verlaufe des Verfahrens ohne Weiteres möglich. Der Beschwerdeführer hätte damit keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil erlitten.

1.4 Zusammenfassend steht somit fest, dass die Schlussverfügung vom 22. Februar 2007 nicht anfechtbar ist. Die Beschwerde erweist sich damit sofort als unzulässig und es ist darauf in Anwendung von Art. 219 Abs. 1 BStP nicht einzutreten.

3.

3.1 Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat grundsätzlich der Beschwerdeführer die Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Das Vorgehen von Bundesanwaltschaft und Untersuchungsrichteramt bezüglich der Aktenergänzung durch die Berichte der Fachgruppe B. ist jedoch in einem solchen Masse als ungewöhnlich einzustufen, dass ausnahmsweise auf die Erhebung von Verfahrenskosten verzichtet werden kann (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

3.2 Zufolge Unterliegens wird dem Beschwerdeführer keine Parteientschädigung ausgerichtet.

Demnach erkennt die I. Beschwerdekammer:

1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. Es werden keine Kosten erhoben.

Bellinzona, 12. März 2007

Im Namen der I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Zustellung an

- Rechtsanwalt Dr. iur. Christoph Hohler

- Eidg. Untersuchungsrichteramt

- Schweizerische Bundesanwaltschaft

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : BB.2007.17
Datum : 12. März 2007
Publiziert : 01. Juni 2009
Quelle : Bundesstrafgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Beschwerdekammer: Strafverfahren
Gegenstand : Beschwerde gegen Schlussverfügung und Gesuch um aufschiebendeWirkung (Art. 119 und Art. 218 BStP)


Gesetzesregister
BGG: 66
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BStP: 116  119  127  137  214  217  218  219
SGG: 28
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