Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BG.2008.24

Entscheid vom 11. Dezember 2008 I. Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Emanuel Hochstrasser, Vorsitz, Tito Ponti und Alex Staub, Gerichtsschreiberin Tanja Inniger

Parteien

Kanton Basel-Stadt, Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt,

Gesuchsteller

gegen

1. Canton de Genève, Parquet du Procureur général du canton de Genève,

2. Kanton Basel-Landschaft, Bezirks-statthalteramt Arlesheim,

Gesuchsgegner

Gegenstand

Örtlicher Gerichtsstand (Art. 279 Abs. 1 BStP i.V.m. Art. 345 StGB)

Sachverhalt:

A. A., B. und C. wurden am 30. August 2008 in flagranti bei einem versuchten Einbruchdiebstahl in Z. / BS gemeinsam festgenommen und befinden sich seither in Untersuchungshaft. Im Kanton Basel-Stadt werden sie eines weiteren versuchten Einbruchdiebstahls am 15./16. August 2008 sowie eines vollendeten Einbruchdiebstahls am 17./18. August 2008 beschuldigt. Darüber hinaus werden A. im Kanton Genf sowie B. und C. im Kanton Basel-Landschaft je eines weiteren vollendeten Einbruchdiebstahls beschuldigt (act. 1, S. 2).

Bei allen vier vollendeten Einbruchdiebstählen besteht jeweils gegen einen der drei Verdächtigen ein gesicherter Tatverdacht (DNA-Hit) und es liegen einzelne Anhaltspunkte für eine Mehrheit von Tätern vor.

B. Nach Erledigung erster Ermittlungshandlungen versuchte der Kanton Basel-Stadt bzw. dessen Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 6. und 21. Oktober 2008 (act. 1.3; act. 1.5), das Strafverfahren gegen die drei Verdächtigen erst an den Kanton Genf, vertreten durch den Procureur général, und anschliessend an den Kanton Basel-Landschaft bzw. das Bezirksstatt­halteramt Arlesheim abzutreten. Beide Kantone lehnten jedoch den Gerichtsstand ab (act. 1.4; act. 1.6).

C. Mit Gesuch vom 5. November 2008 gelangte der Kanton Basel-Stadt, vertreten durch die Staatsanwaltschaft, an die I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und beantragte, es seien die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Genf, eventualiter des Kantons Basel-Landschaft zur Strafverfolgung von A., B. und C. für zuständig zu erklären (act. 1).

Der Kanton Genf schloss in der Gesuchsantwort des Procureur général vom 13. November 2008 auf die Abweisung des Gesuchs (act. 3).

Mit Gesuchsantwort vom 17. November 2008 beantragte der Kanton Basel-Landschaft bzw. das Bezirkstatthalteramt Arlesheim, die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Genf für zuständig zu erklären (act. 4).

Die eingereichten Gesuchsantworten wurden den Parteien mit Schreiben vom 19. November 2008 wechselseitig zur Kenntnis gebracht (act. 5-7).

Auf die Ausführungen der Parteien sowie die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die I. Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Die Zuständigkeit der I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zum Entscheid über Gerichtsstandsstreitigkeiten ergibt sich aus Art. 345 StGB i.V.m. Art. 279 Abs. 1 BStP, Art. 28 Abs. 1 lit. g SGG und Art. 9 Abs. 2 des Reglements für das Bundesstrafgericht, SR 173.710. Voraussetzung für die Anrufung der I. Beschwerdekammer ist allerdings, dass ein Streit über einen interkantonalen Gerichtsstand vorliegt und dass die Kantone über diesen Streit einen Meinungsaustausch durchgeführt haben. Eine Frist für die Anrufung der I. Beschwerdekammer besteht für die Kantone grundsätzlich nicht, das Prinzip von Treu und Glauben bildet jedoch die zeitliche Grenze zur Einreichung des Gesuchs. Die Behörden, welche berechtigt sind, ihren Kanton im Meinungsaustausch und im Verfahren vor der I. Beschwerdekammer zu vertreten, bestimmen sich nach dem jeweiligen kantonalen Prozessrecht (Schweri/Bänziger, Interkantonale Gerichtsstandsbestimmung in Strafsachen, 2. Aufl., Bern 2004, N. 561 ff., 599, 623; Guidon/ Bänziger, Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesstrafgerichts zum interkantonalen Gerichtsstand in Strafsachen, in: Jusletter 21. Mai 2007 [Rz 5], [Rz 11], [Rz 15]; TPF BG.2004.8 vom 27. Mai 2004 E. 1.1 und TPF BG.2004.9 vom 26. Mai 2004 E. 2.2).

1.2 Vor Einreichung des Gesuchs haben der Gesuchsteller und die Gesuchsgegner als ernstlich in Betracht kommende Kantone einen abschliessenden und erfolglosen Meinungsaustausch durchgeführt. Somit liegt ein endgültiger Gerichtsstandskonflikt im Sinne eines negativen Kompetenzkonfliktes vor. Die jeweiligen Behörden der Kantone Basel-Stadt und Genf sind nach ihren kantonalen Zuständigkeitsordnungen berechtigt, bei interkantonalen Gerichtsstandskonflikten ihre Kantone vor der I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zu vertreten (§ 2 Abs. 3 der Strafprozessordnung des Kantons Basel-Stadt vom 8. Januar 1997 [SG 257.100]; art. 4 al. 2 du code de procédure pénale [CPP] du 29 septembre 1977 [E 4 20] du canton de Genève). Der Strafprozessordnung des Kantons Basel-Landschaft lässt sich keine ausdrückliche Regelung betreffend interkantonale Anstände über die örtliche Zuständigkeit entnehmen, praxisgemäss sind aber im Ermittlungsstadium die Bezirksstatthalterämter – wie das hier zur Frage stehende Bezirksstatthalteramt Arlesheim – legitimiert, den Kanton Basel-Landschaft bei interkantonalen Gerichtsstandsanständen sowohl gegenüber anderen Kantonen als auch gegenüber der I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zu vertreten (Schweri/Bänziger, a.a.O., Anhang II, S. 213). Auch die übrigen Eintretensvoraussetzungen sind vorliegend erfüllt und geben zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass, sodass auf das Gesuch einzutreten ist.

2.

2.1 Art. 343 Abs. 2 StGB besagt, wenn an der Tat mehrere als Mittäter beteiligt sind, so sind die Behörden des Ortes zuständig, wo die Untersuchung zuerst angehoben wurde. Nach dem Wortlaut bezieht sich diese Bestimmung nur auf den Fall, in dem Mittäter eine Tat an verschiedenen Orten ausgeführt haben (BGE 109 IV 56 E. 1; Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 245). Der Grundgedanke von Art. 343 Abs. 2 StGB, wonach Mittäter nicht an verschiedenen Orten verfolgt und beurteilt werden sollen, ist jedoch gemäss der Rechtsprechung nach Möglichkeit auch zu wahren, wenn ein Mittäter ausser der in Mittäterschaft begangenen strafbaren Handlung an anderen Orten weitere Delikte verübt hat (vgl. BGE 109 IV 56 E. 1; Schweri/Bänzi­ger, a.a.O., N. 246; zum Ganzen Nay/Thommen, Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2007, Art. 343 StGB N. 4).

Entsprechend sind gemäss dem Bundesgericht unter Beizug des Art. 344 Abs. 1 Satz 1 StGB zusätzlich zu Art. 343 Abs. 2 StGB alle Mittäter in der Regel dort zu verfolgen, wo der eine von ihnen die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen hat (BGE 109 IV 56 E. 1, 95 IV 37 E. 2; Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 246). Wenn die von einem Mittäter allein verübten strafbaren Taten mit gleicher Strafe bedroht sind wie die in Mittäterschaft begangenen und die Untersuchung für die Ersteren an deren Begehungsort angehoben wurde, bevor die anderen Delikte zur Anzeige gelangten, ist die Einheit des Gerichtsstandes durch eine Verbindung des in Art. 343 Abs. 2 StGB ausgesprochenen Grundgedankens mit Art. 344 Abs. 1 Satz 2 StGB herzustellen (BGE 109 IV 56 E. 1; Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 313). Dies bedeutet, dass sich der Gerichtsstand für alle Beteiligten nach dem Ort bestimmt, wo die Untersuchung zuerst angehoben wurde, und das selbst dann, wenn nur die allein verübten Taten Gegenstand der ersten Untersuchungshandlungen bildeten (BGE 109 IV 56; Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 247; zum Ganzen Nay/Thommen, a.a.O., Art. 343 StGB N. 4).

2.2 Unbestritten ist, dass es sich bei den insgesamt sechs Einbruchdiebstählen (vier vollendete und zwei versuchte) um die gerichtsstandsrelevanten Delikte handelt. In jedem der drei Kantone wurde mindestens ein vollendeter Einbruchdiebstahl (Art. 139
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 139 - 1. Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    ...193
3    Der Dieb wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wenn er:
a  gewerbsmässig stiehlt;
b  den Diebstahl als Mitglied einer Bande ausführt, die sich zur fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl zusammengefunden hat;
c  zum Zweck des Diebstahls eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt oder eine Explosion verursacht; oder
d  sonst wie durch die Art, wie er den Diebstahl begeht, seine besondere Gefährlichkeit offenbart.194
4    Der Diebstahl zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
, Art. 144
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 144 - 1 Wer eine Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchs- oder Nutzniessungsrecht besteht, beschädigt, zerstört oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchs- oder Nutzniessungsrecht besteht, beschädigt, zerstört oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Hat der Täter die Sachbeschädigung aus Anlass einer öffentlichen Zusammenrottung begangen, so wird er von Amtes wegen verfolgt.
3    Hat der Täter einen grossen Schaden verursacht, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Die Tat wird von Amtes wegen verfolgt.198
und Art. 186
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 186 - Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB) begangen. Folglich ergibt sich in Bezug auf die Strafdrohung kein Unterschied. Ebenfalls unbestritten ist, dass es sich beim ersten zur Anzeige gebrachten Einbruchdiebstahl um denjenigen vom 19./20. Oktober 2007 in Y. / GE handelt, wobei die DNA von A. auf einem am Tatort zurückgelassen Einbruchwerkzeug sowie Anhaltspunkte für eine Mehrheit von Tätern festgestellt wurden (act. 3.1). Deshalb liegt das forum praeventionis und somit der gesetzliche Gerichtsstand im Kanton Genf.

3.

3.1 Die I. Beschwerdekammer kann den Gerichtsstand bei Teilnahme mehrerer an einer strafbaren Handlung anders als in Art. 343 StGB bzw. beim Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen anders als in Art. 344
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 186 - Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB bestimmen (Art. 262 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 186 - Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
und 263 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 186 - Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
BStP), wo es zweckmässig erscheint. Wird vom gesetzlichen Gerichtsstand abgewichen, kann entweder das Verfahren getrennt und entgegen dem Grundsatz der Einheit des Gerichtsstandes verschiedene Gerichtsstände begründet werden oder ein einziger Gerichtsstand geschaffen werden, der sich mit dem gesetzlich vorgesehenen nicht deckt (Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 436; vgl. BGE 95 IV 37 E. 2). Von der Möglichkeit der Art. 262
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 186 - Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
/263
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 186 - Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
BStP ist jedoch zurückhaltend Gebrauch zu machen. Die Überlegungen, die den gesetzlichen Gerichtsstand als unzweckmässig erscheinen lassen, müssen sich gebieterisch aufdrängen. Nach der Praxis darf vom gesetzlichen Gerichtsstand also nur ausnahmsweise abgewichen werden, wenn triftige Gründe – insbesondere solche der Zweckmässigkeit, Wirtschaftlichkeit und Prozessökonomie – es gebieten und ein örtlicher Anknüpfungspunkt in demjenigen Kanton besteht, der die Strafverfolgung übernehmen soll (Schweri/Bänzi­ger, a.a.O., N. 428, 435; Guidon/Bänziger, a.a.O., [Rz 44] f.; Nay/Thom­men, a.a.O., Vor Art. 340
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 186 - Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB N. 18 f., je m.w.H.; BGE 121 IV 224 E. 3a m.w.H., 123 IV 23 E. 2a, 117 IV 87 E. 2a, 86 IV 128 E. 2, 120 IV 280 E. 2b; TPF BG.2005.6 vom 6. Juni 2005 E. 2.2; TPF BK_G 166/04 vom 11. November 2004 E. 3.2; TPF BG.2005.8 vom 18. Mai 2005 E. 3.1; TPF BG.2004.20 vom 14. März 2005 E. 3.2).

3.2 Zur Beurteilung steht vorliegend eine relativ kleine Serie von versuchten und vollendeten Einbruchdiebstählen, deren Verbindungsmerkmale darin liegen, dass für jeden der vollendeten Vorfälle ein DNA-Hit für einen der drei Beschuldigten vorliegt, einzelne Anhaltspunkte für eine Mehrheit von Tätern bestehen und dass die drei Beschuldigten gemeinsam in flagranti festgenommen wurden. Es gibt vorliegend keine triftigen Gründe für ein Abweichen von der allgemeinen Regel der Einheit des Gerichtsstandes, gemäss welcher entsprechend verbundene Delikte möglichst von einem einzigen Richter beurteilt werden sollen (vgl. Nay/Thommen, a.a.O., Vor Art. 340
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 186 - Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB N. 21; vgl. Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 492).

3.3 Zu prüfen bleibt jedoch, ob vom Kanton Genf als eindeutig feststehendes forum praeventionis abgewichen werden soll. Der Procureur général des Kantons Genf macht für ein solches Abweichen insbesondere Zweckmässigkeitsgründe geltend. Er hält den Gerichtsstand in Basel-Stadt für naheliegender, da die drei Mittäter dort zusammen gehandelt haben sowie aus sprachlichen Gründen, sei das Dossier doch bis anhin in Deutsch geführt worden; ausserdem sprächen die Beschuldigten offenbar gebrochen Deutsch, jedoch kein Französisch. Die Untersuchung in Basel-Stadt sei auch schon so weit fortgeschritten, dass eine Übertragung der Verfahrensherrschaft mit der Prozessökonomie nicht vereinbar sei (act. 1.4; act. 3).

3.4 Die Tatsache, dass die Untersuchung bis anhin in Basel-Stadt geführt wurde und eventuell schon ziemlich weit fortgeschritten ist, steht der Übertragung des Verfahrens nicht entgegen, soll doch eine Strafverfolgungsbehörde nicht bestraft werden, wenn sie während der Abklärung der Gerichtsstandsfrage die Strafuntersuchung mit der notwendigen Beschleunigung vorantreibt (vgl. Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 443 in fine).

Die Sprache des oder der Beschuldigten allein vermag das Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand ebenfalls nicht zu bewirken, jedoch können sprachliche Gründe die Grundlage für ein solches Abweichen bilden, wenn ein sprachlicher Deliktsschwerpunkt in einer der drei Sprachregionen der Schweiz liegt, eine überwiegende Mehrheit der Delikte also innerhalb der gleichen Sprachregion verübt wurde (Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 467, 506).

Fünf der sechs vorliegend zu behandelnden Delikte, und damit die überwiegende Mehrheit, sind in der deutschen Schweiz begangen worden. Das dadurch begründete Schwergewicht der deliktischen Tätigkeit rechtfertigt vorliegend ein Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand, erscheint es doch wenig sinnvoll, die Untersuchung im Kanton Genf zu führen; die Genfer Behörden müssten ja sonst im überwiegenden Ausmass Fälle untersuchen, die sich in der deutschsprachigen Region zugetragen haben. Von der Übertragung der Zuständigkeit an den Kanton Genf ist daher abzusehen.

3.5 Betrachtet man die in den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt begangenen Delikte isoliert, wurde das so betrachtet erste Delikt spätestens am 11. August 2008 in X. / BL begangen. Am gleichen Tag wurde auch die Untersuchung aufgenommen, weshalb sich das forum praeventionis im Kanton Basel-Landschaft befindet (vgl. E. 2.1).

3.6 Gestützt auf die vorangehenden Ausführungen ist vorliegend ein ausnahmsweises Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand (Kanton Genf) gerechtfertigt und es ist der Eventualantrag des Gesuchstellers gutzuheissen. Die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Basel-Landschaft sind somit für berechtigt und verpflichtet zu erklären, die A., B. und C. zur Last gelegten strafbaren Handlungen zu verfolgen und zu beurteilen.

4. Es werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 245 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 186 - Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
BStP i.V.m. Art. 66 Abs. 4
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt die I. Beschwerdekammer:

1. Die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Basel-Landschaft sind berechtigt und verpflichtet, die A., B. und C. zur Last gelegten strafbaren Handlungen zu verfolgen und zu beurteilen.

2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Bellinzona, 11. Dezember 2008

Im Namen der I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Zustellung an

- Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt

- Bezirksstatthalteramt Arlesheim

- Parquet du Procureur général du Canton de Genève

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.

Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : BG.2008.24
Datum : 11. Dezember 2008
Publiziert : 01. Juni 2009
Quelle : Bundesstrafgericht
Status : Publiziert als TPF 2008 183
Sachgebiet : Beschwerdekammer: Strafverfahren
Gegenstand : Örtlicher Gerichtsstand (Art. 279 Abs. 1 BStP i.V.m. Art. 345 StGB)


Gesetzesregister
BGG: 66
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BStP: 245  262  263  279
SGG: 28
StGB: 139 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 139 - 1. Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    ...193
3    Der Dieb wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wenn er:
a  gewerbsmässig stiehlt;
b  den Diebstahl als Mitglied einer Bande ausführt, die sich zur fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl zusammengefunden hat;
c  zum Zweck des Diebstahls eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt oder eine Explosion verursacht; oder
d  sonst wie durch die Art, wie er den Diebstahl begeht, seine besondere Gefährlichkeit offenbart.194
4    Der Diebstahl zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
144 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 144 - 1 Wer eine Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchs- oder Nutzniessungsrecht besteht, beschädigt, zerstört oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchs- oder Nutzniessungsrecht besteht, beschädigt, zerstört oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Hat der Täter die Sachbeschädigung aus Anlass einer öffentlichen Zusammenrottung begangen, so wird er von Amtes wegen verfolgt.
3    Hat der Täter einen grossen Schaden verursacht, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Die Tat wird von Amtes wegen verfolgt.198
186 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 186 - Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
340  343  344  345
BGE Register
109-IV-56 • 117-IV-87 • 120-IV-280 • 121-IV-224 • 123-IV-23 • 86-IV-128 • 95-IV-37
Stichwortregister
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basel-stadt • basel-landschaft • beschwerdekammer • bundesstrafgericht • beschuldigter • strafbare handlung • meinungsaustausch • gesuchsteller • strafuntersuchung • strafverfolgung • gerichtskosten • in flagranti • strafsache • sachverhalt • akte • genf • prozessvoraussetzung • gerichts- und verwaltungspraxis • region • bundesgericht
... Alle anzeigen
Entscheide BstGer
BG.2008.24 • BG.2004.9 • BG.2004.20 • BG.2004.8 • BG.2005.6 • BG.2005.8 • BK_G_166/04