Urteilskopf

95 IV 37

10. Entscheid der Anklagekammer vom 22. April 1969 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen Staatsanwaltschaften der Kantone Zürich und Solothurn.
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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 38

BGE 95 IV 37 S. 38

A.- Rolf Holzer, geb. 1948, wurde 1967 im Kanton Solothurn wegen Raubversuches in Untersuchung gezogen. Das Schwurgericht des Kantons Solothurn verurteilte ihn am 4. März 1969 zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von sieben Monaten. Holzer soll zudem am 25. Mai 1968 in Zufikon (Kanton Aargau) einen Lastwagen zum Gebrauche entwendet und ihn in dieser Ortschaft ohne Führerausweis auf öffentlicher Strasse geführt haben. Die diesbezügliche Strafuntersuchung wurde vom Bezirksamt Bremgarten am 2. September 1968 abgeschlossen, worauf die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau die Akten am 6. Januar 1969 dem Bezirksgericht Bremgarten überwies mit dem Antrag, Holzer gemäss Art. 10 Abs. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 10 - 1 Motorfahrzeuge und ihre Anhänger dürfen nur mit Fahrzeugausweis und Kontrollschildern in Verkehr gebracht werden.
1    Motorfahrzeuge und ihre Anhänger dürfen nur mit Fahrzeugausweis und Kontrollschildern in Verkehr gebracht werden.
2    Wer ein Motorfahrzeug führt, bedarf des Führerausweises, wer Lernfahrten unternimmt, des Lernfahrausweises.
3    ...33
4    Die Ausweise sind stets mitzuführen und den Kontrollorganen auf Verlangen vorzuweisen; dasselbe gilt für besondere Bewilligungen.
, 94 Ziff. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 94 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
1    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a  ein Motorfahrzeug zum Gebrauch entwendet;
b  ein solches Fahrzeug führt oder darin mitfährt, obwohl er bei Antritt der Fahrt von der Entwendung Kenntnis hatte.
2    Ist einer der Täter ein Angehöriger oder Familiengenosse des Halters und hatte der Führer den erforderlichen Führerausweis, so erfolgt die Bestrafung nur auf Antrag; die Strafe ist Busse.
3    Mit Busse wird auf Antrag bestraft, wer ein ihm anvertrautes Motorfahrzeug zu Fahrten verwendet, zu denen er offensichtlich nicht ermächtigt ist.
4    Mit Busse wird bestraft, wer ein Fahrrad unberechtigt verwendet. Ist der Täter ein Angehöriger oder Familiengenosse des Besitzers, so erfolgt die Bestrafung nur auf Antrag.
5    Artikel 141 des Strafgesetzbuches247 findet in diesen Fällen keine Anwendung.
und 95 Ziff. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 95 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
1    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a  ohne den erforderlichen Führerausweis ein Motorfahrzeug führt;
b  ein Motorfahrzeug führt, obwohl ihm der Lernfahr- oder Führerausweis verweigert, entzogen oder aberkannt wurde;
c  ein Motorfahrzeug führt, obwohl der Führerausweis auf Probe verfallen ist;
d  ohne Lernfahrausweis oder ohne die vorgeschriebene Begleitung Lernfahrten ausführt;
e  ein Motorfahrzeug einem Führer überlässt, von dem er weiss oder bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit wissen kann, dass er den erforderlichen Ausweis nicht hat.
2    Mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Motorfahrzeug führt, obwohl die Gültigkeitsdauer des Führerausweises auf Probe abgelaufen ist.249
3    Mit Busse wird bestraft, wer:
a  die mit dem Führerausweis im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet;
b  bei einer Lernfahrt die Aufgabe des Begleiters übernimmt, ohne die Voraussetzungen zu erfüllen;
c  ohne Fahrlehrerausweis berufsmässig Fahrunterricht erteilt.
4    Mit Busse wird bestraft, wer:
a  ein Fahrrad führt, obwohl ihm das Radfahren untersagt wurde;
b  ein Fuhrwerk führt, obwohl ihm das Führen eines Tierfuhrwerks untersagt wurde.
SVG in Verbindung mit Art. 100
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 100 - Die Verjährung beginnt mit dem Tag, an dem das Urteil rechtlich vollstreckbar wird. Bei der bedingten Strafe oder beim vorausgehenden Vollzug einer Massnahme beginnt sie mit dem Tag, an dem der Vollzug der Strafe angeordnet wird.
und 65
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 65 - 1 Sind bei einem Verurteilten vor oder während des Vollzuges einer Freiheitsstrafe oder einer Verwahrung nach Artikel 64 Absatz 1 die Voraussetzungen einer stationären therapeutischen Massnahme gegeben, so kann das Gericht diese Massnahme nachträglich anordnen.67 Zuständig ist das Gericht, das die Strafe ausgesprochen oder die Verwahrung angeordnet hat. Der Vollzug einer Reststrafe wird aufgeschoben.
1    Sind bei einem Verurteilten vor oder während des Vollzuges einer Freiheitsstrafe oder einer Verwahrung nach Artikel 64 Absatz 1 die Voraussetzungen einer stationären therapeutischen Massnahme gegeben, so kann das Gericht diese Massnahme nachträglich anordnen.67 Zuständig ist das Gericht, das die Strafe ausgesprochen oder die Verwahrung angeordnet hat. Der Vollzug einer Reststrafe wird aufgeschoben.
2    Ergibt sich bei einem Verurteilten während des Vollzuges der Freiheitsstrafe aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel, dass die Voraussetzungen der Verwahrung gegeben sind und im Zeitpunkt der Verurteilung bereits bestanden haben, ohne dass das Gericht davon Kenntnis haben konnte, so kann das Gericht die Verwahrung nachträglich anordnen. Zuständigkeit und Verfahren bestimmen sich nach den Regeln, die für die Revision (Art. 410-415 der Strafprozessordnung68) gelten.69 70
StGB mit 10 Tagen Haft und Fr. 60.- Busse zu bestrafen.
Holzer wurde ferner zusammen mit Roman Bänziger am 27. Dezember 1968 von der aargauischen Kantonspolizei wegen einfacher Körperverletzung (Art. 123 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 123 - 1. Wer vorsätzlich einen Menschen in anderer Weise an Körper oder Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich einen Menschen in anderer Weise an Körper oder Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Der Täter wird von Amtes wegen verfolgt,172
StGB), Sachbeschädigung (Art. 145
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB), Drohung (Art. 180
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 180 - 1 Wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Der Täter wird von Amtes wegen verfolgt, wenn er:
a  der Ehegatte des Opfers ist und die Drohung während der Ehe oder bis zu einem Jahr nach der Scheidung begangen wurde; oder
bbis  der hetero- oder homosexuelle Lebenspartner des Opfers ist, sofern sie auf unbestimmte Zeit einen gemeinsamen Haushalt führen und die Drohung während dieser Zeit oder bis zu einem Jahr nach der Trennung begangen wurde.247
StGB), Hausfriedensbruchs (Art. 186
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 186 - Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB) und fahrlässiger Störung des Eisenbahnverkehrs (Art. 238 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 238
StGB) angezeigt. Er soll diese Vergehen gemeinsam mit Bänziger am 25./26. Dezember 1968 auf der SBB-Station Muri (Kanton Aargau) begangen haben.
Gegen Bänziger war bei der Bezirksanwaltschaft Hinwil (Kanton Zürich) bereits ein Strafverfahren wegen Betruges hängig.
B.- Mit Rücksicht auf das letzterwähnte Strafverfahren erklärte sich die Bezirksanwaltschaft Hinwil am 24. Januar 1969 gegenüber dem Bezirksamt Muri bereit, Bänziger auch wegen der in Muri begangenen Vergehen zu verfolgen. Dagegen lehnte sie es mit Brief vom 20. März 1969 an die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau ab, auch das Verfahren gegen Holzer zu übernehmen. Sie vertrat die Auffassung, Art. 349 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 349
StGB gelte nur, wenn die Mittäter an verschiedenen Orten gehandelt haben, was im vorliegenden Falle nicht zutreffe. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich schloss sich mit Schreiben vom
BGE 95 IV 37 S. 39

3. April 1969 an die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau der Auffassung der Bezirksanwaltschaft Hinwil an. Anderseits lehnte mit Schreiben vom 29. Januar 1969 an das Bezirksamt Muri auch die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn es ab, Holzer wegen der in Muri verübten Vergehen verfolgen und beurteilen zu lassen. Sie machte geltend, das solothurnische Verfahren gegen Holzer wegen Raubversuches sei schon beim Obergericht hängig und die Hauptverhandlung, die immer wieder habe ausgesetzt werden müssen, vertrage keine weitere Verschiebung.
C.- Mit Gesuch vom 15./16. April 1969 beantragt die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau der Anklagekammer des Bundesgerichtes, den Gerichtsstand für die Verfolgung Holzers zu bestimmen. Sie macht geltend, an sich wäre das Verfahren gegen Holzer von den solothurnischen Behörden zu übernehmen, doch stelle sich ernstlich die Frage, ob Holzer und Bänziger für die in Muri gemeinsam begangenen Taten nicht an ein und demselben Orte, nämlich im Kanton Zürich, verfolgt werden sollten. Art. 349 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 349
StGB wolle zweifellos nicht sagen, Mittäter seien nur dann gemeinsam zu beurteilen, wenn sie an verschiedenen Orten gehandelt haben. Für die gemeinsame Beurteilung im Kanton Zürich spreche auch der Umstand, dass sich die wesentlichen Akten in Hinwil befänden, so dass Holzer ausserhalb des Kantons Zürich zur Zeit gar nicht vernünftig beurteilt werden könnte. Die Akten wegen der in Zufikon verübten SVG-Vergehen sodann seien mit den Akten wegen der Vergehen von Muri vereinigt worden, bevor das Bezirksgericht Bremgarten den Fall an die Hand genommen habe. Es sei wohl zweckmässig, diese beiden Verfahren zu vereinigen.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hält den Gerichtsstand Zürich nicht für gegeben. Sie beantragt, die Behörden des Kantons Solothurn oder jene des Kantons Aargau zur Verfolgung Holzers zu verpflichten.
Erwägungen

Die Anklagekammer zieht in Erwägung:

1. Wird jemand wegen mehrerer an verschiedenen Orten verübter strafbarer Handlungen verfolgt, so sind die Behörden des Ortes, wo die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat verübt worden ist, auch für die Verfolgung und die Beurteilung der anderen Taten zuständig (Art. 350 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
. Abs. 1 StGB). Diese Bestimmung hätte allenfalls verlangt, dass Holzer für
BGE 95 IV 37 S. 40

die im Kanton Aargau verübten strafbaren Handlungen im Kanton Solothurn verfolgt werde, da ihm dort eine mit schwererer Strafe bedrohte Tat, ein Raubversuch, vorgeworfen wurde. Heute stellt sich indessen die Frage, ob die Behörden des Kantons Solothurn zuständig gewesen wären, nicht mehr, da Holzer in diesem Kanton bereits beurteilt worden ist, also dort nicht mehr verfolgt wird (vgl.BGE 70 IV 93).
2. Wenn an einer Tat mehrere als Mittäter beteiligt sind, müssen sie gemäss Art. 349 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 349
StGB durch die Behörden des Ortes verfolgt werden, wo die Untersuchung zuerst angehoben wurde. Diese Bestimmung wurde für Mittäter erlassen, die nicht alle am gleichen Orte handelten (BGE 70 IV 88f.,BGE 72 IV 194). Ihr Grundgedanke geht aber dahin, dass Mittäter grundsätzlich nicht an verschiedenen Orten verfolgt und beurteilt werden sollen. Wenn sie die Tat am gleichen Orte ausgeführt haben, ergibt sich die Einheit des Gerichtsstandes in der Regel schon aus Art. 346 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 349
StGB. Ist einer der Mittäter ausserhalb des Ausführungsortes zu verfolgen, weil er anderwärts strafbare Handlungen begangen hat, die mit schwererer Strafe bedroht sind als die in Mittäterschaft verübten, so ist die Einheit des Gerichtsstandes für die Mittäter womöglich ebenfalls zu wahren (BGE 72 IV 194), d.h. alle sind grundsätzlich ausserhalb des Ausführungsortes zu verfolgen, nämlich dort, wo der eine von ihnen die mit schwererer Strafe bedrohte Handlung begangen hat. Abweichungen sind im einzelnen Falle aus Gründen der Zweckmässigkeit zulässig, sei es, dass gemäss Art. 262
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 349
BStP die Einheit des Gerichtsstandes für die Mittäter geopfert wird, sei es, dass die Behörden sie wahren, aber in Anwendung des Art. 263
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 349
BStP die Zuständigkeit anders bestimmen, als Art. 350 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB es verlangen würde.
3. Die Behörden der Kantone Zürich und Aargau haben sich geeinigt, dass Bänziger für die in Muri verübten Vergehen im Kanton Zürich zu verfolgen und zu beurteilen sei, wo ihm ein Betrug vorgeworfen wird, der mit schwererer Strafe bedroht ist als die in Muri begangenen Taten. Keiner der beiden Kantone beantragt, dass Bänziger im Kanton Aargau zu verfolgen sei. Ein einheitlicher Gerichtsstand kann daher nur in der Weise bestimmt werden, dass die Behörden des Kantons Zürich zuständig erklärt werden, Holzer für die in Muri verübten strafbaren Handlungen mitzuverfolgen und zu beurteilen. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich macht keine

BGE 95 IV 37 S. 41

Gründe geltend, die es ausnahmsweise rechtfertigen würden, den Gerichtsstand für die beiden Mittäter zu trennen. Sie geht - zu Unrecht - lediglich davon aus, die Trennung bilde die Regel, weil Art. 349 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 349
StGB die Einheit des Gerichtsstandes nur bei Verschiedenheit der Ausführungsorte verlange. Es ist denn auch nicht zu ersehen, welche besonderen Umstände nahe legen würden, Holzer der aargauischen Gerichtsbarkeit zu unterstellen, während Bänziger im Kanton Zürich beurteilt wird. Dadurch würde die Abstimmung des einen Urteils auf das andere erschwert. Auch müssten die Behörden des Kantons Aargau mit der Beurteilung zuwarten, bis die Behörden des Kantons Zürich gegen Bänziger geurteilt hätten und ihnen die Akten zur Verfügung stellen würden. Fragen kann sich höchstens, ob der aargauische Gerichtsstand wenigstens für die von Holzer begangene Entwendung eines Motorfahrzeuges zum Gebrauch und für das Führen ohne Führerausweis beizubehalten sei. Das sind jedoch verhältnismässig unbedeutende Vergehen, deren Mitverfolgung und Mitbeurteilung den Behörden des Kantons Zürich ohne weiteres zugemutet werden kann. Es wäre nicht zu verstehen, wenn sich Holzer, nachdem bereits im Kanton Solothurn ein Urteil gegen ihn gefällt wurde, sich für die noch nicht beurteilten Vergehen in zwei weiteren Kantonen verantworten müsste. Das widerspräche dem Grundgedanken des Art. 350 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich bringt denn auch keinerlei Gründe vor, die eine Abtrennung des Verfahrens wegen der beiden Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz zu rechtfertigen vermöchten.
Dispositiv

Demnach erkennt die Anklagekammer:
Die Behörden des Kantons Zürich werden zuständig erklärt, Rolf Holzer für die im Kanton Aargau ausgeführten strabfaren Handlungen zu verfolgen und zu beurteilen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 95 IV 37
Datum : 22. April 1969
Publiziert : 31. Dezember 1970
Quelle : Bundesgericht
Status : 95 IV 37
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : 1. Art. 350 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Wegen einer Tat verfolgt ist der Beschuldigte nur bis zur Beurteilung (Erw. 1). 2. Art.


Gesetzesregister
BStP: 262  263
SVG: 10 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 10 - 1 Motorfahrzeuge und ihre Anhänger dürfen nur mit Fahrzeugausweis und Kontrollschildern in Verkehr gebracht werden.
1    Motorfahrzeuge und ihre Anhänger dürfen nur mit Fahrzeugausweis und Kontrollschildern in Verkehr gebracht werden.
2    Wer ein Motorfahrzeug führt, bedarf des Führerausweises, wer Lernfahrten unternimmt, des Lernfahrausweises.
3    ...33
4    Die Ausweise sind stets mitzuführen und den Kontrollorganen auf Verlangen vorzuweisen; dasselbe gilt für besondere Bewilligungen.
94 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 94 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
1    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a  ein Motorfahrzeug zum Gebrauch entwendet;
b  ein solches Fahrzeug führt oder darin mitfährt, obwohl er bei Antritt der Fahrt von der Entwendung Kenntnis hatte.
2    Ist einer der Täter ein Angehöriger oder Familiengenosse des Halters und hatte der Führer den erforderlichen Führerausweis, so erfolgt die Bestrafung nur auf Antrag; die Strafe ist Busse.
3    Mit Busse wird auf Antrag bestraft, wer ein ihm anvertrautes Motorfahrzeug zu Fahrten verwendet, zu denen er offensichtlich nicht ermächtigt ist.
4    Mit Busse wird bestraft, wer ein Fahrrad unberechtigt verwendet. Ist der Täter ein Angehöriger oder Familiengenosse des Besitzers, so erfolgt die Bestrafung nur auf Antrag.
5    Artikel 141 des Strafgesetzbuches247 findet in diesen Fällen keine Anwendung.
95
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 95 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
1    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a  ohne den erforderlichen Führerausweis ein Motorfahrzeug führt;
b  ein Motorfahrzeug führt, obwohl ihm der Lernfahr- oder Führerausweis verweigert, entzogen oder aberkannt wurde;
c  ein Motorfahrzeug führt, obwohl der Führerausweis auf Probe verfallen ist;
d  ohne Lernfahrausweis oder ohne die vorgeschriebene Begleitung Lernfahrten ausführt;
e  ein Motorfahrzeug einem Führer überlässt, von dem er weiss oder bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit wissen kann, dass er den erforderlichen Ausweis nicht hat.
2    Mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Motorfahrzeug führt, obwohl die Gültigkeitsdauer des Führerausweises auf Probe abgelaufen ist.249
3    Mit Busse wird bestraft, wer:
a  die mit dem Führerausweis im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet;
b  bei einer Lernfahrt die Aufgabe des Begleiters übernimmt, ohne die Voraussetzungen zu erfüllen;
c  ohne Fahrlehrerausweis berufsmässig Fahrunterricht erteilt.
4    Mit Busse wird bestraft, wer:
a  ein Fahrrad führt, obwohl ihm das Radfahren untersagt wurde;
b  ein Fuhrwerk führt, obwohl ihm das Führen eines Tierfuhrwerks untersagt wurde.
StGB: 65 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 65 - 1 Sind bei einem Verurteilten vor oder während des Vollzuges einer Freiheitsstrafe oder einer Verwahrung nach Artikel 64 Absatz 1 die Voraussetzungen einer stationären therapeutischen Massnahme gegeben, so kann das Gericht diese Massnahme nachträglich anordnen.67 Zuständig ist das Gericht, das die Strafe ausgesprochen oder die Verwahrung angeordnet hat. Der Vollzug einer Reststrafe wird aufgeschoben.
1    Sind bei einem Verurteilten vor oder während des Vollzuges einer Freiheitsstrafe oder einer Verwahrung nach Artikel 64 Absatz 1 die Voraussetzungen einer stationären therapeutischen Massnahme gegeben, so kann das Gericht diese Massnahme nachträglich anordnen.67 Zuständig ist das Gericht, das die Strafe ausgesprochen oder die Verwahrung angeordnet hat. Der Vollzug einer Reststrafe wird aufgeschoben.
2    Ergibt sich bei einem Verurteilten während des Vollzuges der Freiheitsstrafe aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel, dass die Voraussetzungen der Verwahrung gegeben sind und im Zeitpunkt der Verurteilung bereits bestanden haben, ohne dass das Gericht davon Kenntnis haben konnte, so kann das Gericht die Verwahrung nachträglich anordnen. Zuständigkeit und Verfahren bestimmen sich nach den Regeln, die für die Revision (Art. 410-415 der Strafprozessordnung68) gelten.69 70
100 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 100 - Die Verjährung beginnt mit dem Tag, an dem das Urteil rechtlich vollstreckbar wird. Bei der bedingten Strafe oder beim vorausgehenden Vollzug einer Massnahme beginnt sie mit dem Tag, an dem der Vollzug der Strafe angeordnet wird.
123 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 123 - 1. Wer vorsätzlich einen Menschen in anderer Weise an Körper oder Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich einen Menschen in anderer Weise an Körper oder Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Der Täter wird von Amtes wegen verfolgt,172
145 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
180 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 180 - 1 Wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Der Täter wird von Amtes wegen verfolgt, wenn er:
a  der Ehegatte des Opfers ist und die Drohung während der Ehe oder bis zu einem Jahr nach der Scheidung begangen wurde; oder
bbis  der hetero- oder homosexuelle Lebenspartner des Opfers ist, sofern sie auf unbestimmte Zeit einen gemeinsamen Haushalt führen und die Drohung während dieser Zeit oder bis zu einem Jahr nach der Trennung begangen wurde.247
186 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 186 - Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
238 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 238
346  349 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 349
350
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
BGE Register
70-IV-92 • 72-IV-192 • 95-IV-37
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
holz • aargau • strafbare handlung • anklagekammer • ausserhalb • frage • stelle • weiler • betrug • entscheid • strassenverkehrsgesetz • beschuldigter • sachverhalt • staatsanwalt • strafuntersuchung • solothurn • brief • busse • monat • hausfriedensbruch
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