Geschäftsnummer BK_K 003/04
Entscheid vom 6. Juli 2004 Beschwerdekammer
Besetzung
Bundesstrafrichter Hochstrasser, Vorsitz, Bundesstrafrichter Ponti und Kipfer Fasciati, Gerichtsschreiber Guidon
Parteien
E.______,
Gesuchsteller
vertreten durch Fürsprecherin Dr. Béatrice Pfister,
gegen
Schweizerische Bundesanwaltschaft, Taubenstrasse 16, 3003 Bern,
Eidgenössisches Untersuchungsrichteramt, Taubenstrasse 16, 3003 Bern,
Gesuchsgegner
Gegenstand
Entschädigung (Art. 122 BStP)
Sachverhalt:
A. Am 22. März 1995 leitete die Bundesanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen B.______, den Präsidenten einer italienischen Käseimportfirma, und gegen unbekannte Personen bei der Schweizerischen Käseunion AG (nachfolgend „Käseunion“) ein. Die Ermittlungen richteten sich in der Folge gegen verschiedene in verantwortlicher Stellung bei der Käseunion beziehungsweise beim Bundesamt für Landwirtschaft tätige Personen. Auf Antrag der Bundesanwältin vom 20. Mai 1997 und gestützt auf die Ermächtigungsverfügung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 10. Juli 1996 und 8. April 1997 sowie die Vereinigungsverfügung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 13. August 1997 eröffnete die Eidgenössische Untersuchungsrichterin am 3. September 1997 die Voruntersuchung gegen C.______, B.______, A.______, D.______ und E.______. Es bestand der Verdacht, dass sich diese im Zusammenhang mit Praktiken des Käseexports der ungetreuen Amtsführung, der Urkundenfälschung im Amt, der aktiven bzw. passiven Bestechung, der ungetreuen Geschäftsbesorgung und der Widerhandlung gegen EU-Zollrecht schuldig gemacht haben könnten. Am 30. Juni 1999 wurde die Voruntersuchung auf F.______ ausgedehnt.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2002 teilte die Bundesanwaltschaft der Eidgenössischen Untersuchungsrichterin unter Bezugnahme auf deren Schluss- sowie Ergänzungsbericht mit, dass sie gemäss Art. 120 Abs. 1 BStP von der Strafverfolgung zurücktrete, weil sich der Tatverdacht entweder nicht habe erhärten lassen oder aber die fraglichen Delikte jedenfalls teilweise verjährt wären. Am 8. April 2003 stellte die Eidgenössische Untersuchungsrichterin das Verfahren für alle in die Voruntersuchung involvierten Personen ein und auferlegte die Kosten der eingestellten Untersuchung der Bundeskasse.
B. Mit Eingabe vom 31. Januar 2003 stellte E.______ bei der Eidgenössischen Untersuchungsrichterin unter anderem den Antrag zuhanden der Anklagekammer des Bundesgerichts, ihm sei für die ihm durch die Strafuntersuchung entstandenen Anwaltskosten eine Parteikostenentschädigung in der Höhe von Fr. 114'088.30 zu entrichten sowie eine nach richterlichem Ermessen zu bestimmende Genugtuung zuzusprechen.
Die Eidgenössische Untersuchungsrichterin beantragte mit Schreiben vom 12. September 2003, E.______ sei die verlangte Entschädigung für die Verteidigungskosten, abzüglich Fr. 1'525.-- für anwaltliche Bemühungen, die auf die Zeit vor der Eröffnung des Strafverfahrens gefallen seien, auszurichten, insofern noch eine Erklärung eingehe, dass die geltend gemachten Verteidigungskosten effektiv von E.______ bezahlt worden seien. Zudem stellte sie den Antrag, E.______ sei eine reduzierte Genugtuung im Betrag von Fr. 5'000.-- für die durch das Verfahren erlittenen Nachteile zu entrichten.
C. Mit seiner Stellungnahme vom 8. Oktober 2003 zum Antrag der Eidgenössischen Untersuchungsrichterin brachte E.______ vor, dass die Kosten seiner Verteidigung nicht von dritter Seite übernommen worden seien. Im Übrigen sei ihm entgegen der Auffassung der Untersuchungsrichterin ein Schaden in der Höhe der mittels Honorarnote ausgewiesenen Forderung seines Verteidigers erwachsen, womit der entstandene Schaden bewiesen sei. Die Anwaltsrechnungen habe er bis zu derjenigen vom 2. Juli 2002 bezahlt. Die Restforderung habe die Anwältin noch nicht in Rechnung gestellt, was aber nach Abschluss des Verfahrens geschehen werde. Er anerkenne im Übrigen die beantragte Kürzung der Honorarnote um Fr. 1'525.--, mache aber eine zusätzliche Honorarforderung der Anwältin von Fr. 2'690.-- (inkl. MwSt.) für die Eingabe im bundesgerichtlichen Entschädigungsverfahren geltend. Schliesslich sei die von der Eidgenössischen Untersuchungsrichterin beantragte reduzierte Genugtuung von Fr. 5'000.-- zu gering; eine Genugtuung von Fr. 10'000.-- sei angemessen.
Die Bundesanwaltschaft verzichtete auf Vernehmlassung.
Die Eidgenössische Untersuchungsrichterin hielt in ihrer Eingabe vom 10. November 2003 an ihren Anträgen fest und führte aus, dass nun, da der Gesuchsteller habe ausführen lassen, dass die Verteidigungskosten nicht von dritter Seite aufgebracht worden seien, der Entschädigung für die Verteidigungskosten nichts im Wege stehe.
D. Gestützt auf Art. 33 und 34 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 2002 über das Bundesstrafgericht (SGG; SR 173.71) überwies die Anklagekammer des Bundesgerichts am 1. April 2004 das Entschädigungsbegehren zur Entscheidung zuständigkeitshalber an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts.
Die Beschwerdekammer räumte der Bundesanwaltschaft in der Folge Gelegenheit ein, das ihr anstelle der Eidgenössischen Untersuchungsrichterin neu von Gesetzes wegen zustehende Antragsrecht gemäss Art. 122 BStP geltend zu machen. Hiervon machte diese innert Frist keinen Gebrauch.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1. Die Anklagekammer des Bundesgerichts ist per 31. März 2004 aufgelöst worden. Gemäss Art. 33 Abs. 1 i.V.m. Art. 28 Abs. 1 lit. b SGG ergibt sich neu die Zuständigkeit der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zum Entscheid über das hängige Entschädigungsgesuch. Auf das Gesuch ist einzutreten.
2.
2.1 Gemäss Art. 122 Abs. 1 BStP ist dem Beschuldigten, gegen den die Untersuchung eingestellt wird, auf Begehren eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und für andere Nachteile, die er erlitten hat, auszurichten. Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch ist neben der Einstellung des Verfahrens eine gewisse objektive Schwere der Untersuchungshandlung und ein durch diese bewirkter erheblicher Nachteil, welcher vom Ansprecher zu substanziieren und zu beweisen ist (BGE 107 IV 155, 157 E. 5 m.w.H.; vgl. auch BGE 117 IV 209, 218 E. 4b). Als "andere Nachteile" im Sinne von Art. 122 BStP gelten dabei insbesondere die dem Beschuldigten entstandenen Verteidigungskosten, wenn der Beizug des Verteidigers zulässig war – was bei einem gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren und einer eidgenössischen Voruntersuchung gemäss Art. 35 Abs. 1 BStP zu jedem Zeitpunkt der Fall ist – und wenn die Kosten unmittelbar durch das Verfahren bedingt und aus Vorkehren entstanden sind, die sich bei sorgfältiger Interessenwahrung als geboten erweisen oder doch in guten Treuen verantworten lassen (BGE 115 IV 156, 159 E. 2c).
Die Entschädigung nach Art. 122 Abs. 1 BStP kann neben dem Ersatz des Schadens auch eine Geldsumme als Genugtuung umfassen, auch wenn das Gesetz dies nicht ausdrücklich festhält (BGE 84 IV 44, 47 E. 6). Eine immaterielle Unbill, die zu einer Genugtuung führt, kann nur gegeben sein, wenn die fraglichen Untersuchungshandlungen eine gewisse Schwere erreichen und durch sie in nicht unerheblicher Weise in die Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten eingegriffen worden ist. Ein solcher Eingriff liegt namentlich vor, wenn das Verfahren und die darin erhobenen und sich später als ungerechtfertigt erweisenden Anschuldigungen in der Öffentlichkeit bekannt werden. Der zu Unrecht Beschuldigte wird dabei nach dem Erfahrungssatz, dass immer etwas "hängen bleibt", moralisch geschädigt (vgl. BGE 103 Ia 73, 74 E. 7). Auch das Erdulden einer Hausdurchsuchung und dergleichen kann zu einer Genugtuung führen (BGE 84 IV 44, 47 E. 6).
2.2 Im vorliegenden Fall leitete die Bundesanwaltschaft am 22. März 1995 wegen bestimmter Vorgänge bei der Käseunion ein gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren ein, in das der Gesuchsteller Ende 1996 einbezogen wurde. Die entsprechende Voruntersuchung wurde am 3. September 1997 wegen Verdachts auf ungetreue Amtsführung (Art. 314
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 314 - Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die bei einem Rechtsgeschäft die von ihnen zu wahrenden öffentlichen Interessen schädigen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 317 - 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, |
|
1 | Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, |
2 | Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.445 |
3.
3.1 Die Entschädigung kann gemäss Art. 122 Abs. 1 BStP verweigert werden, wenn der Beschuldigte die Untersuchungshandlungen durch ein verwerfliches oder leichtfertiges Benehmen verschuldet oder erschwert hat. Die Beschwerdekammer ist dabei nicht an die gestellten Anträge gebunden (vgl. Urteil der Anklagekammer 8G.60/2003 vom 17. Juni 2003, E. 3), kann demgemäss auch eine Entschädigung verweigern, selbst wenn seitens des Eidgenössischen Untersuchungsrichters bzw. der Bundesanwaltschaft die Gutheissung beantragt wird. Immerhin wird die Beschwerdekammer, welche in diesem Sinne nur dem Recht verpflichtet ist (vgl. Art. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 317 - 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, |
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1 | Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, |
2 | Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.445 |
3.2 Vorliegend beantragt die Untersuchungsrichterin wie erwähnt, dem Gesuchsteller sei die verlangte Entschädigung für die Verteidigungskosten und eine reduzierte Genugtuung im Betrag von Fr. 5'000.-- für die durch das Verfahren erlittenen Nachteile auszurichten. Hiermit kontrastieren allerdings die Ausführungen der Untersuchungsrichterin in ihren Eingaben vom 12. September 2003 bzw. 10. November 2003, in welchen sie gegenüber dem Gesuchsteller – trotz gegenteiliger Antragsstellung – implizit einen zivilrechtlichen Vorwurf erhebt und sich eingehend zum entsprechenden „Fehlverhalten“ des Gesuchstellers äussert. Letzterer sah sich denn auch aufgrund dieser Bemerkungen veranlasst, zu den entsprechenden Vorwürfen in seiner Eingabe vom 8. Oktober 2003 Stellung zu nehmen und hatte damit Gelegenheit, sich auch im Hinblick auf eine allfällige Verweigerung bzw. Kürzung der Entschädigung zu äussern (vgl. im Übrigen bereits die Ausführungen im Gesuch vom 31. Januar 2003).
4.
4.1 Die Verweigerung der Entschädigung gemäss Art. 122 Abs. 1 BStP darf keine verdeckte Verdachtsstrafe sein, indem die Begründung der Kostenauflage den Eindruck vermittelt, der Beschuldigte habe sich eines Deliktes schuldig gemacht (Hauser/Schweri, Schweizerisches Strafprozessrecht, 5. Aufl., Basel 2002, § 108 N 17 f.). Mit Blick auf die Unschuldsvermutung gemäss Art. 32 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 32 Strafverfahren - 1 Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig. |
|
1 | Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig. |
2 | Jede angeklagte Person hat Anspruch darauf, möglichst rasch und umfassend über die gegen sie erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, die ihr zustehenden Verteidigungsrechte geltend zu machen. |
3 | Jede verurteilte Person hat das Recht, das Urteil von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Bundesgericht als einzige Instanz urteilt. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde. |
|
a | innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden; |
b | ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben; |
c | sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist; |
d | Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten; |
e | unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
|
1 | Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
2 | Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt. |
4.2.1 Widerrechtlich im Sinne von Art. 41 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
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1 | Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
2 | Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 54 Auswärtige Angelegenheiten - 1 Die auswärtigen Angelegenheiten sind Sache des Bundes. |
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1 | Die auswärtigen Angelegenheiten sind Sache des Bundes. |
2 | Der Bund setzt sich ein für die Wahrung der Unabhängigkeit der Schweiz und für ihre Wohlfahrt; er trägt namentlich bei zur Linderung von Not und Armut in der Welt, zur Achtung der Menschenrechte und zur Förderung der Demokratie, zu einem friedlichen Zusammenleben der Völker sowie zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen. |
3 | Er nimmt Rücksicht auf die Zuständigkeiten der Kantone und wahrt ihre Interessen. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 184 Beziehungen zum Ausland - 1 Der Bundesrat besorgt die auswärtigen Angelegenheiten unter Wahrung der Mitwirkungsrechte der Bundesversammlung; er vertritt die Schweiz nach aussen. |
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1 | Der Bundesrat besorgt die auswärtigen Angelegenheiten unter Wahrung der Mitwirkungsrechte der Bundesversammlung; er vertritt die Schweiz nach aussen. |
2 | Er unterzeichnet die Verträge und ratifiziert sie. Er unterbreitet sie der Bundesversammlung zur Genehmigung. |
3 | Wenn die Wahrung der Interessen des Landes es erfordert, kann der Bundesrat Verordnungen und Verfügungen erlassen. Verordnungen sind zu befristen. |
Ausgangspunkt für die Prüfung der Frage, ob das Verhalten des Gesuchstellers als widerrechtlich qualifiziert werden muss, bildet im vorliegenden Fall der als Staatsvertrag und damit als Bundesrecht einzustufende Briefwechsel vom 29. und 30. Juni 1967 zwischen der Schweiz und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über verschiedene Zollkonzessionen (SR 0.632.290.14), in welchem für verschiedene Käsesorten Präferenzzölle vereinbart wurden. Wie dem Briefwechsel entnommen werden kann, bildete Voraussetzung der entsprechenden Konzessionen unter anderem die Einhaltung von bestimmten Mindesteinfuhrpreisen pro 100 kg. Diese sollten ab 1. Juli 1967 fortschreitend in Kraft treten und nach Ablauf einer Frist von drei Jahren, ab gleichem Datum, automatisch unter Berücksichtigung der Änderungen in den die Preisbildung für Emmentalerkäse in der Gemeinschaft bestimmenden Faktoren angepasst werden. Um zu gewährleisten, dass die zum Vorzugszoll berechtigenden Bedingungen eingehalten werden, sah die Kommission der Europäischen Gemeinschaften in Art. 1 Abs. 2 ihrer (mittlerweile nicht mehr rechtskräftigen) Verordnung Nr. 1767/82 vom 1. Juli 1982, welche die Verordnungen Nr. 1054/68, Nr. 1055/68 und Nr. 2965/79 ersetzte, vor, dass die fraglichen Erzeugnisse lediglich dann in den Genuss der (reduzierten) Einfuhrabschöpfungen kommen sollten, wenn eine Bescheinigung IMA 1 vorgelegt und die in der Verordnung festgesetzten Bedingungen eingehalten wurden. Die Bescheinigung war nur gültig, wenn sie ordnungsgemäss ausgefüllt und mit dem Sichtvermerk der im Anhang IV als „ausstellende Stelle“ für Emmentaler, Greyerzer, Sbrinz sowie Schmelzkäse bezeichneten Käseunion versehen wurde (vgl. Art. 5 Abs. 1). Letztere hatte dabei unter anderem zu bestätigen, „que les indications figurant ci-dessus sont exactes et conformes aux dispositions communautaires en vigueur“ und „que, pour les produits désignés ci-dessus, ne sont ni ne seront accordées a l’acheteur aucune ristourne ou prime ou autre forme de rabais qui puisse avoir pour conséquence d’aboutir à une valeur inférieure à la valeur minimale fixée à l’importation pour le produit en cause" (vgl. Ziff. 17 der Bescheinigung IMA 1). Innerhalb der Käseunion stand die Berechtigung zur Zeichnung der Bescheinigung nur bestimmten Personen zu, welche jeweils über das Bundesamt für
Aussenwirtschaft (Integrationsbureau) den verantwortlichen Stellen innerhalb der Europäischen Gemeinschaften bzw. Union übermittelt werden mussten. Zeichnungsberechtigt war entgegen der Behauptung seiner Vertreterin in der Eingabe vom 8. Oktober 2003 auch der Gesuchsteller. So übermittelte er selbst am 16. Juli 1990 ein Verzeichnis der Unterschriftsberechtigten (unter welchen auch er figurierte) an das Bundesamt für Aussenwirtschaft und bat letzteres, das Verzeichnis an die verantwortlichen Stellen innerhalb der Europäischen Gemeinschaften weiterzuleiten.
Wie die Bundesanwaltschaft in ihrem Beschluss vom 23. Dezember 2002 betreffend Rücktritt von der Strafverfolgung festhielt, standen die operativen wie administrativen Verantwortlichen der Käseunion (Direktion, Verwaltungsrat, Gremium gemäss Art. 6
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 184 Beziehungen zum Ausland - 1 Der Bundesrat besorgt die auswärtigen Angelegenheiten unter Wahrung der Mitwirkungsrechte der Bundesversammlung; er vertritt die Schweiz nach aussen. |
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1 | Der Bundesrat besorgt die auswärtigen Angelegenheiten unter Wahrung der Mitwirkungsrechte der Bundesversammlung; er vertritt die Schweiz nach aussen. |
2 | Er unterzeichnet die Verträge und ratifiziert sie. Er unterbreitet sie der Bundesversammlung zur Genehmigung. |
3 | Wenn die Wahrung der Interessen des Landes es erfordert, kann der Bundesrat Verordnungen und Verfügungen erlassen. Verordnungen sind zu befristen. |
Ob der Sinn, welchen die vorerwähnten Verantwortlichen der Käseunion den Bestimmungen des Briefwechsels vom 29. und 30. Juni 1967 mit Blick auf die Agio-Theorie beigemessen haben, zutrifft, ist durch Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung eines Staatsvertrages hat dabei nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung in erster Linie vom Vertragstext auszugehen, wie ihn die Vertragsparteien nach dem Vertrauensprinzip im Hinblick auf den Vertragszweck verstehen durften (BGE 127 III 461, 465 E. 3b; 117 II 480, 486 E. 2b; 116 Ib 217, 221 E. 3a). Erscheint die Bedeutung des Textes, wie sie sich aus dem gewöhnlichen Sprachgebrauch sowie dem Gegenstand und Zweck des Vertrags ergibt, nicht offensichtlich sinnwidrig, kommt eine über den Wortlaut hinausreichende – ausdehnende oder einschränkende – Auslegung nur in Frage, wenn aus dem Zusammenhang oder der Entstehungsgeschichte mit Sicherheit auf eine vom Wortlaut abweichende Willenseinigung der Vertragsstaaten zu schliessen ist (BGE 127 III 461, 465 f. E. 3b; 124 I 225, 228 E. 3a).
Im vorliegenden Fall kann festgehalten werden, dass sich weder aus dem Wortlaut noch dem Zweck des Übereinkommens eine Auslegung im Sinne der Agio-Theorie ergibt. Ebenso wenig erlaubt mit Blick auf die erhebliche Bedeutung der Frage für die EG/EU die angeblich mündlich erteilte und heute nicht mehr zweifelsfrei eruierbare Zustimmung eines Beamten in Brüssel namens G.______, der offensichtlich zwischenzeitlich verstorben ist, mit Sicherheit auf eine über den Wortlaut hinausgehende ausdehnende Auslegung im Sinne der Agio-Theorie zu schliessen (dies gilt umso mehr als beispielsweise unklar bleibt, ob G.______ über die Checkeinlösungen mit Barauszahlungen in der Schweiz informiert gewesen ist; vgl. hierzu die Einvernahme von H.______ vom 10. Juli 2001, S. 7). Damit aber muss in der auf dieser Theorie basierenden Vorgehensweise der Käseunion – zumindest ohne schriftliche Bestätigung durch die EG bzw. EU (vgl. hierzu Erwägung 4.2.3) – ein Verstoss gegen die Bestimmungen im Briefwechsel vom 29. und 30. Juni 1967 zwischen der Schweiz und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gesehen werden (dem entspricht, dass die Eidgenossenschaft im Zusammenhang mit der Ausdehnung der Agio-Geschäfte auf Frankreich und Deutschland offensichtlich Nachzölle in der Höhe von Fr. 6'200'000.-- bzw. Fr. 2'400'000.-- und Bussen von je Fr. 500'000.-- zu bezahlen hatte [vgl. Einvernahmeprotokoll I.______ vom 24. April 2004, S. 7 sowie die entsprechende Aktennotiz]). In Anbetracht dessen, dass es der Käseunion als Zertifizierungsstelle und im Rahmen seiner öffentlich-rechtlichen Funktion gerade auch dem Gesuchsteller oblag, die erwähnten staatsvertraglichen Bestimmungen einzuhalten, ist demgemäss von einer Verletzung schweizerischer Rechtsnormen auszugehen.
4.2.2 Ein widerrechtliches Verhalten allein reicht für die Verweigerung der Entschädigung nicht aus. Erforderlich ist zudem, dass es die adäquate Ursache für die Einleitung oder Erschwerung des Strafverfahrens war. Dies trifft dann zu, wenn das gegen geschriebene oder ungeschriebene, kommunale, kantonale oder eidgenössische Verhaltensnormen klar verstossende Benehmen des Beschuldigten nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Erfahrung des Lebens geeignet war, den Verdacht einer strafbaren Handlung zu erwecken und damit Anlass zur Eröffnung eines Strafverfahrens zu geben oder die Durchführung des im Gange befindlichen Strafprozesses zu erschweren (BGE 116 Ia 162, 170 f. E. 1c). Dabei ist mit dem Bundesgericht zu betonen, dass eine Kostentragung nur dann in Frage kommt, wenn sich die Behörde aufgrund des normwidrigen Verhaltens des Beschuldigten in Ausübung pflichtgemässen Ermessens zur Einleitung eines Strafverfahrens veranlasst sehen konnte. Jedenfalls fällt eine Auferlegung von Kosten an den Beschuldigten insoweit ausser Betracht, als die Behörde aus Übereifer, aufgrund unrichtiger Beurteilung der Rechtslage oder vorschnell eine Strafuntersuchung eingeleitet hat.
Vorliegend kann festgehalten werden, dass das gegen die Bestimmungen im Briefwechsel vom 29. und 30. Juni 1967 verstossende Benehmen des Gesuchstellers geeignet war, den Verdacht auf ungetreue Amtsführung (Art. 314
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 314 - Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die bei einem Rechtsgeschäft die von ihnen zu wahrenden öffentlichen Interessen schädigen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 317 - 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, |
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1 | Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, |
2 | Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.445 |
4.2.3 Im Weiteren setzt die Verweigerung der Entschädigung – abgesehen von Ausnahmefällen – ein im zivilrechtlichen Sinne schuldhaftes Verhalten des Beschuldigten voraus, wobei den verschiedenen Formen des Verschuldens (Vorsatz und Fahrlässigkeit) in den Vorschriften über die Verweigerung der Entschädigung bei nicht verurteilendem Verfahrensabschluss mit den Ausdrücken "leichtfertig" und "verwerflich" Rechnung getragen wird (BGE 116 Ia 162, 171 E. 2c; vgl. in diesem Sinne auch der Wortlaut von Art. 122 Abs. 1 BStP). In der Lehre wird dabei eine Unterteilung in die objektiven und die subjektiven Seiten des Verschuldens vorgenommen: Auf der objektiven Seite des Verschuldens wird Vorsatz oder Fahrlässigkeit verlangt (vgl. Donatsch/Schmid, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, Zürich 2000, § 42 N 28). Als „verwerflich“ im Sinne von Art. 122 Abs. 1 BStP ist dabei das Verhalten desjenigen Beschuldigten zu qualifizieren, der trotzdem handelt, obwohl er weiss oder wissen müsste, dass seinem Verhalten eine Strafuntersuchung folgen muss. „Leichtfertig“ steht demgegenüber dem haftpflichtrechtlichen Begriff der groben Fahrlässigkeit am nächsten, also einem bei objektiver Betrachtungsweise als schwerwiegend zu qualifizierenden Verstoss eines Beschuldigten gegen die vom Betreffenden einzuhaltenden Sorgfaltspflichten; eine leichte Fahrlässigkeit genügt nicht (so Donatsch/Schmid, a.a.O., § 42 N 29 f., zur analogen Bestimmung in der zürcherischen Strafprozessordnung; zum Begriff der groben Fahrlässigkeit vgl. auch BSK-OR I-Schnyder, 3. Aufl., Basel 2003, Art. 41 N 49 m.w.H.). Auf der subjektiven Seite des Verschuldens bedarf es der Urteilsfähigkeit des Beschuldigten. Diese ist immer im Hinblick auf die konkreten Umstände zu beurteilen, weil die Verschiedenheit der Verhältnisse, die zu einem schädigenden Verhalten führen können, je ein anderes Mass an Einsicht erheischt. Dabei spielen vor allem die subjektiven Eigenschaften des Beschuldigten eine wichtige Rolle; hier kann die Vernachlässigung subjektiver Aspekte bei der Beurteilung der objektiven Seite des Verschuldens (Sorgfalt) gleichsam kompensiert und relativiert werden (BSK-OR I-Schnyder, a.a.O., Art. 41 N 52). Entsprechend können Alter, intellektuelle Fähigkeiten und Gemütszustand, aber auch der Beruf, die Erfahrung im
Beruf und die damit verbundenen Fachkenntnisse mit einer Erhöhung der Anforderungen verbunden sein (vgl. Oftinger/Stark, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Allgemeiner Teil, Band I, Zürich 1995, § 5 N 86).
Im vorliegenden Fall ist das zivilrechtliche Verschulden des Gesuchstellers, aber auch weiterer Verantwortlicher der Käseunion, zumindest im Sinne einer groben Fahrlässigkeit zu bejahen. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass G.______ die Agio-Theorie – wie vom Gesuchsteller unter Bezugnahme auf A.______ geltend gemacht – nicht nur vorgeschlagen, sondern auch genehmigt hat (vgl. in diesem Sinne die Einvernahme vom 25. Oktober 2001, S. 3), so ist den Verantwortlichen der Käseunion und damit auch dem Gesuchsteller vorzuwerfen, angesichts der weit reichenden Implikationen dieser Theorie allein auf die mündliche Aussage G.______s abgestellt zu haben. Gerade aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung hätten sie wissen müssen, dass es sich bei der Einhaltung der zum Vorzugszoll berechtigenden Bedingungen um eine – nicht nur in politischer Hinsicht – heikle Materie handelte und dass deshalb von einer unzweifelhaften, schriftlichen Bestätigung der Agio-Theorie durch die EG bzw. EU nicht hätte abgesehen werden dürfen (nicht entschieden zu werden braucht, ob G.______ in diesem Zusammenhang überhaupt als Vertreter der EG/EU im Sinne von Art. 7 Abs. 1 lit. b des Wiener Übereinkommen vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge [SR 0.111] hätte gelten können). Insbesondere war für die Beschuldigten erkennbar, dass ohne eine solche Bestätigung eine rein schweizerische „Zulässigkeitserklärung“ (wie sie offensichtlich seitens des Bundesamtes für Landwirtschaft und des Bundesamtes für Aussenwirtschaft erfolgte; vgl. das Schreiben des Bundesamtes für Landwirtschaft vom 27. April 1995) aufgrund des latenten Interessenkonfliktes nicht zu genügen vermochte. Schliesslich hätte nicht nur die von J.______ (Sektionschef bei der Eidgenössischen Finanzkontrolle) und H.______ (ehemaliger Personalchef und Leiter der Abteilung Finanzen/Informatik der Käseunion) gegenüber den Checkeinlösungen geübte Kritik, sondern auch die Tatsache, dass sich die Gremiumsvertreter des Eidgenössischen Finanzdepartementes jeweils weigerten, die Auflistungen über die Checkauszahlungen in der Schweiz zu unterschreiben (vgl. zum Ganzen Einvernahme von J.______ vom 23. Februar 2001 sowie von H.______ vom 10. Juli 2001), Zweifel am gewählten Vorgehen wecken müssen. Indem die Beschuldigten nichtsdestotrotz die entsprechenden Geschäfte über Jahre hin
sanktionierten, handelten sie den ihnen obliegenden Sorgfaltspflichten in grober und damit im Sinne des Gesetzes leichtfertiger Weise zuwider. Dabei war es für sie voraussehbar, dass sie sich mit diesem Verhalten dem Verdacht einer Straftat aussetzen und damit ein Strafverfahren auslösen könnten. Entsprechend ist ein im zivilrechtlichen Sinne schuldhaftes Verhalten zu bejahen.
Die Tatsache, dass die Beschuldigten sich der politischen Unterstützung von höchster Seite sicher glaubten, das Unrechtsbewusstsein, in Berücksichtigung des damaligen Zeitgeistes, vollkommen fehlte, sie der Überzeugung waren, im Interesse der Schweiz zu handeln und nicht daran gedacht haben, die zu wahrenden öffentlichen Interessen zu schädigen (so die Ausführungen der Bundesanwaltschaft in ihrem Beschluss vom 23. Dezember 2002, S. 2), vermag am vorstehenden Ergebnis nichts zu ändern. Zwar fanden diese Gesichtspunkte bei der strafrechtlichen Beurteilung zu Recht Berücksichtigung. Im Rahmen der hier vorzunehmenden, zivilrechtlichen Grundsätzen folgenden Beurteilung liegt indessen ein Verschulden auch dann vor, wenn der Beschuldigte die Rechtswidrigkeit eines Erfolges oder eines Verhaltens nicht erkannt hat; ein Verschulden wird mit anderen Worten durch einen Rechtsirrtum nicht ausgeschlossen (mit überzeugender Begründung Oftinger/Stark, a.a.O., § 5 N 37 mit zahlreichen weiteren Hinweisen; vgl. auch BSK-OR I-Schnyder, a.a.O., Art. 41 N 47). Entsprechend stossen diesbezügliche Ausführungen des Gesuchstellers, soweit sie nicht die Frage der anzuwendenden Sorgfalt beschlagen, im Entschädigungsverfahren grundsätzlich ins Leere.
4.3 Zusammenfassend ergibt sich, dass der Gesuchsteller in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise (d.h. im Sinne einer analogen Anwendung der sich aus Art. 41
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
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1 | Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
2 | Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt. |
5.
5.1 Hat der Beschuldigte die Untersuchungshandlungen wie hier durch ein leichtfertiges Benehmen verschuldet, so kann die Entschädigung verweigert werden (Art. 122 Abs. 1 BStP). Allerdings gilt es zu beachten, dass seine Haftung nicht weiter gehen darf, als der Kausalzusammenhang zwischen dem ihm vorgeworfenen Verhalten und den Kosten verursachenden behördlichen Handlungen reicht (BGE 114 Ia 299, 304 E. 4a; 112 Ib 446, 455 f. E. 4 b/aa; 109 Ia 160, 163 E. 4a). Hat also der Beschuldigte nur einen Teil des Aufwandes zu verantworten, so kann er nur zu einer Teilzahlung verurteilt werden (Hauser/Schweri, a.a.O., § 108 N 23). Diese Überlegungen zur Kostenauflage müssen auch bei der Frage, in welchem Umfange einem Beschuldigten eine Entschädigung seiner Verteidigungskosten und eine allfällige Genugtuung verweigert werden kann, mutatis mutandis Anwendung finden (in diesem Sinne wohl auch Schmid, a.a.O., N 1219a, der für die analoge Bestimmung in der zürcherischen Strafprozessordnung die Möglichkeit bejaht, lediglich teilweise Schadenersatz zuzusprechen, wenn z.B. ein verwerfliches Verhalten des Freigesprochenen nur eine Teilursache für die Einleitung des Strafverfahrens bildete). So kann es insbesondere bei einer Strafuntersuchung, welche aufgrund ihrer aussergewöhnlich langen Dauer zu erhöhten Verteidigungskosten und/oder einer schwereren Verletzung des Beschuldigten in seinen persönlichen Verhältnissen führte, nicht angehen, diesem jegliche Entschädigung verweigern zu wollen, sofern er durch sein Verhalten die übermässige Dauer nicht selbst zu verantworten hat.
5.2 Im vorliegenden Fall bezog die Bundesanwaltschaft den Gesuchsteller Ende 1996 in das gerichtspolizeiliche Ermittlungsverfahren ein. Das nunmehr eingestellte Verfahren dauerte bis am 8. April 2003 und somit für den Gesuchsteller insgesamt mehr als sechs Jahre. Wenngleich ein unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten vorwerfbares Verhalten des Gesuchstellers bejaht werden muss (vgl. Erwägung 4 vorstehend), so kann doch nicht gesagt werden, er hätte durch dieses Benehmen Anlass zu einem derartig langen Strafverfahren gegeben (selbst die Untersuchungsrichterin anerkennt denn auch, dass das Verfahren lange gedauert hat; vgl. Stellungnahme vom 12. September 2003, S. 6). Die Länge des Verfahrens schlug sich nicht nur in erhöhten Verteidigungskosten nieder (vgl. in diesem Sinne die Ausführungen des Gesuchstellers in seinem Gesuch vom 31. Januar 2003, S. 3), sondern führte auch dazu, dass die Anschuldigungen gegen den Gesuchsteller, welche sich in der Folge als ungerechtfertigt erwiesen, weiterhin mediale Aufmerksamkeit erregten. Da das Verhalten des Gesuchstellers nach dem Gesagten zwar hauptsächliche, nicht aber alleinige Ursache für ein Verfahren im vorliegenden Umfang bildete, erscheint es angemessen und billig, ihn wenigstens teilweise zu entschädigen. In Würdigung sämtlicher Umstände rechtfertigt es sich dabei, ihm einen Drittel seiner Verteidigungskosten von insgesamt Fr. 115'137.40 (vgl. Eingabe vom 8. Oktober 2003, S. 7), mithin Fr. 38'379.15, sowie eine reduzierte Genugtuung von Fr. 2'000.-- zuzusprechen.
5.3 Der guten Ordnung halber ist abschliessend nochmals mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass es sich bei der teilweisen Verweigerung der Entschädigung nur (aber immerhin) um eine zivilrechtlichen Grundsätzen angenäherte Haftung für fehlerhaftes Verhalten, nicht aber um eine Haftung für strafrechtliches Verschulden handelt. Bezüglich letzterem wurde das Verfahren gegen den Gesuchsteller eingestellt, womit feststeht, dass er sich bezüglich der ihm vorgeworfenen Tatbestände in strafrechtlicher Hinsicht nicht schuldig gemacht hat. Dabei (nicht aber bei der hier erörterten, nach zivilrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilenden teilweisen Verweigerung der Entschädigung sowie Genugtuung) hat es sein Bewenden.
6. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Gesuchsteller eine reduzierte Gerichtsgebühr zu tragen (Art. 245
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1 | Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
2 | Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt. |
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1 | Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
2 | Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt. |
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Das Gesuch wird teilweise gutgeheissen und die Schweizerische Bundesanwaltschaft verpflichtet, dem Gesuchsteller Fr. 38'379.15 als Entschädigung für Anwaltskosten sowie Fr. 2'000.-- als Genugtuung auszurichten. Im Übrigen wird das Gesuch abgewiesen.
2. Die reduzierte Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Gesuchsteller auferlegt.
Bellinzona, 6. Juli 2004
Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Zustellung an
- Fürsprecherin Dr. Béatrice Pfister,
- Schweizerische Bundesanwaltschaft, Taubenstrasse 16, 3003 Bern
- Eidgenössisches Untersuchungsrichteramt, Taubenstrasse 16, 3003 Bern
Rechtsmittelbelehrung
Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen seit der Eröffnung wegen Verletzung von Bundesrecht beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden. Das Verfahren richtet sich sinngemäss nach den Artikeln 214 bis 216, 218 und 219 des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege (Art. 33 Abs. 3 lit. a
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1 | Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
2 | Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt. |