Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung I

A-6900/2014

Urteil vom 1. Oktober 2015

Richter Daniel Riedo (Vorsitz),

Richter Jürg Steiger,
Besetzung
Richter Michael Beusch,

Gerichtsschreiber Beat König.

A._______ AG,
Parteien
Beschwerdeführerin,

gegen

Oberzolldirektion (OZD),

Hauptabteilung Verfahren und Betrieb,

Vorinstanz.

Gegenstand Erlass Einfuhrsteuer.

Sachverhalt:

A.
Im Auftrag der B._______ AG (Importeurin) meldete die C._______ AG für die A._______ AG (Spediteurin) am 4. Juni 2013 und am 19. September 2013 bei der Zollstelle D._______ je eine Sendung Textilien zur Einfuhr an.

B.
Mit Veranlagungsverfügung Nr. [...] vom 5. Juni 2013 (Einfuhr vom 4. Juni 2013) bzw. Nr. [...] vom 19. September 2013 (Einfuhr vom 19. September 2013) erhob die ESTV einen Mehrwertsteuerbetrag (Einfuhrsteuer) von Fr. 2'634.15 bzw. Fr. 1'965.25. Der Gesamtbetrag von Fr. 4'599.40 wurde dem Zollkonto Nr. [...] der A._______ AG belastet.

C.
Mit Eingabe vom 4. April 2014 ersuchte die A._______ AG die Oberzolldirektion (OZD) um Erlass der fraglichen Einfuhrsteuer. Als Begründung führte sie an, dass sie die betreffende Steuer bisher nicht der Importeurin habe weiterbelasten können, und dass sie gegen diese die Betreibung eingeleitet habe.

D.
Am 28. Mai 2014 wurde über die Importeurin der Konkurs eröffnet. Am 2. September 2014 wurde das Verfahren mangels Aktiven eingestellt.

E.
Mit Entscheid vom 28. Oktober 2014 erliess die OZD (nachfolgend auch: Vorinstanz) die auf der Einfuhr vom 4. Juni 2013 entrichtete Steuer von Fr. 2'634.15 zu 47.871% (Dispositiv-Ziff. 2 des Entscheids) und diejenige auf der Einfuhr vom 19. September 2013 (Fr. 1'965.25) zu zwei Dritteln, d.h. im Umfang von Fr. 1'310.15 (Dispositiv-Ziff. 3 des Entscheids). Dementsprechend wurde der Spediteurin der Betrag von Fr. 2'571.15 gutgeschrieben.

Den nur teilweisen Erlass gemäss Dispositiv-Ziff. 3 des Entscheids vom 28. Oktober 2014 begründete die OZD damit, dass die A._______ AG bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit ihrer Auftraggeberin (bzw. der Importeurin) nicht mit der nötigen Sorgfalt vorgegangen sei. Indem die Spediteurin bei der Einfuhr vom 19. September 2013 darauf verzichtet habe, sich mit der Einforderung eines Kostenvorschusses oder auf andere Weise gegen die Möglichkeit eines Verlustes finanziell abzusichern, sei sie in eigener Verantwortung ein unternehmerisches Risiko eingegangen. Es könne nicht Sinn und Zweck eines Erlasses der Einfuhrsteuer sein, die mit der Zollanmeldung beauftragte Spediteurin vor absehbaren Konsequenzen von eingegangenen Geschäftsrisiken sowie falschen Beurteilungen der Kreditwürdigkeit ihrer Auftraggeberinnen zu schützen.

F.
Gegen diesen Entscheid erhob die Spediteurin (nachfolgend: Beschwerdeführerin) mit Eingabe vom 26. November 2014 "Einsprache" (recte: Beschwerde) beim Bundesverwaltungsgericht. Darin erklärt sie sich mit dem bloss teilweisen Erlass gemäss Dispositiv-Ziff. 3 des angefochtenen Entscheids nicht einverstanden und beantragt sinngemäss, es sei ihr unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten der Vorinstanz bezüglich der Einfuhrsteuer im Zusammenhang mit der Einfuhr vom 19. September 2013 ein vollumfänglicher Erlass zu gewähren.

G.
In ihrer Vernehmlassung vom 12. Januar 2015 beantragt die Vorinstanz die kostenfällige Abweisung der Beschwerde.

H.

Mit unaufgefordert eingereichter Stellungnahme vom 16. Februar 2015 hält die Beschwerdeführerin an ihrer Beschwerde fest.

I.

Auf die weiteren Vorbringen der Parteien und die eingereichten Akten wird - soweit entscheidwesentlich - in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Angefochten ist ein Entscheid der OZD und damit eine Verfügung nach Art. 5 VwVG. Das Bundesverwaltungsgericht ist die zuständige Beschwerdeinstanz (Art. 31 , Art. 32 e contrario und Art. 33 Bst. d VGG). Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG). Auf die im Übrigen mit der notwendigen Beschwerdeberechtigung (Art. 48 Abs. 1 VwVG) sowie frist- und formgerecht (Art. 50 und 52 VwVG) eingereichte Beschwerde ist einzutreten.

2.

2.1 Gemäss Art. 50 des Mehrwertsteuergesetzes vom 12. Juni 2009 (MWSTG; SR 641.20) gilt für die Steuer auf der Einfuhr von Gegenständen die Zollgesetzgebung, soweit die einschlägigen Bestimmungen unter dem 5. Titel des MWSTG (d.h. Art. 51 -64 MWSTG) nichts anderes anordnen. Einfuhrsteuerpflichtig ist, wer nach Art. 70 Abs. 2 und 3 des Zollgesetzes vom 18. März 2005 (ZG; SR 631.0) Zollschuldner oder Zollschuldnerin ist (Art. 51 Abs. 1 MWSTG). Dazu gehören vorab Personen, welche die Waren über die Zollgrenze bringen oder bringen lassen (Art. 70 Abs. 2 Bst. a ZG), also die eigentlichen Warenführenden, aber auch diejenigen, welche als Auftraggeber rechtlich oder tatsächlich den Warentransport veranlassen (vgl. statt vieler: Urteil des BVGer A 823/2014 vom 21. Oktober 2014 E. 2.2). Im Weiteren gehören dazu insbesondere die Personen, die zur Zollanmeldung verpflichtet oder damit beauftragt sind (Art. 70 Abs. 2 Bst. b ZG) sowie diejenigen, auf deren Rechnung die Waren ein- oder ausgeführt werden (Art. 70 Abs. 2 Bst. c ZG; vgl. zu einem weiteren Kreis anmeldepflichtiger Personen ferner Art. 70 Abs. 2 Bst. d ZG). Die Zollschuldnerinnen und Zollschuldner haften für die Zollschuld solidarisch. Der Rückgriff unter ihnen richtet sich nach dem Obligationenrecht (Art. 70 Abs. 3 ZG). Die Solidarhaftung nach Art. 70 Abs. 3 ZG ist für Personen, die gewerbsmässig Zollanmeldungen ausstellen (Art. 109 ZG), aufgehoben, wenn der Importeur zum Vorsteuerabzug (Art. 28 MWSTG) berechtigt ist, er die Einfuhrsteuerschuld über das Konto des zentralisierten Abrechnungsverfahrens der Eidgenössischen Zollverwaltung (ZAZ) belastet erhält und er der Person, die gewerbsmässig Zollanmeldungen ausstellt, einen Auftrag zur direkten Stellvertretung erteilt hat (Art. 51 Abs. 2 MWSTG).

2.2 Die Einfuhrsteuer kann gestützt auf Art. 64 MWSTG - abgesehen von den hier offensichtlich nicht zutreffenden Fällen von Abs. 1 Bst. a, b und c dieser Bestimmung - ganz oder teilweise erlassen werden, wenn die mit der Zollanmeldung beauftragte Person (z.B. der Spediteur) die Steuer wegen Zahlungsunfähigkeit des Importeurs nicht weiterbelasten kann und der Importeur im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung im Inland als steuerpflichtige Person eingetragen war; von der Zahlungsunfähigkeit des Importeurs ist auszugehen, wenn die Forderung der beauftragten Person ernsthaft gefährdet erscheint (vgl. Abs. 1 Bst. d der Bestimmung).

2.3 Art. 64 Abs. 1 Bst. d MWSTG stimmt inhaltlich im Wesentlichen mit Art. 84 Abs. 1 Bst. d des früheren Bundesgesetzes vom 2. September 1999 über die Mehrwertsteuer (aMWSTG; AS 2000 1300) und Art. 76 Abs. 1 Bst. d der früheren Verordnung vom 22. Juni 1994 über die Mehrwertsteuer (aMWSTV; AS 1994 1464) überein. Die zu letzteren beiden Erlassvorschriften ergangene Rechtsprechung kann deshalb sinngemäss auf Art. 64 Abs. 1 Bst. d MWSTG übertragen werden. Daraus ergibt sich was folgt:

2.3.1 Sinn und Zweck von Art. 64 Abs. 1 Bst. d MWSTG ist eine gewisse Milderung des mit der Bezahlung der Einfuhrsteuer im Auftrag eines Importeurs verbundenen unternehmerischen Risikos. Dabei ist jedoch auf eine möglichst rechtsgleiche Behandlung der betroffenen Spediteure zu achten, damit nicht jener, der bei der Auswahl der Aufträge sowie beim Inkasso Vorsicht walten lässt (z.B. indem er auf die Annahme eines Auftrags allenfalls verzichtet oder Vorauszahlung bzw. Barzahlung verlangt), gegenüber jenen Mitbewerbern benachteiligt wird, die darauf vertrauten, dass sie die nicht weiterbelastbaren Steuern auf dem Weg des Erlasses wieder geltend machen könnten (vgl. zum früheren Recht [und jeweils ohne Hinweis auf die bei der Auswahl der Aufträge gebotene Vorsicht] Urteil des BVGer A 3705/2007 vom 29. September 2009 E. 3.2.1 und 3.3; Entscheid der Eidgenössischen Zollrekurskommission [ZRK] vom 7. Juni 2002, veröffentlicht in: Verwaltungspraxis der Bundesbehörden [VPB] 67.24, E. 2a Abs. 1. Siehe zu Art. 64 Abs. 1 Bst. d MWSTG auch Regine Schluckebier, in: Martin Zweifel et al. [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, 2015 [nachfolgend: Kommentar MWSTG 2015], Art. 64 N. 17; dies., in: Felix Geiger/Regine Schluckebier [Hrsg.], MWSTG Kommentar, 2012 [nachfolgend: MWSTG Kommentar], Art. 64 N. 17; vgl. ferner Michael Beusch, Der Untergang der Steuerforderung, 2012, S. 220 f., mit Hinweisen).

2.3.2 Die Einfuhrsteuer ist somit nach Art. 64 Abs. 1 Bst. d MWSTG nicht unbesehen vollumfänglich zu erlassen, sondern kann ganz oder teilweise erlassen werden, wenn ein entsprechender Sachverhalt vorliegt. Die OZD als für Entscheidungen über den Steuererlass zuständige Instanz (Art. 64 Abs. 2 MWSTG) hat den Erlassentscheid nach pflichtgemässem Ermessen vorzunehmen. Dabei hat sie sich insbesondere an das Rechtsgleichheitsgebot (vgl. Art. 8 BV), an das Verhältnismässigkeitsprinzip sowie an die Pflicht zur Wahrung der öffentlichen Interessen (vgl. Art. 5 Abs. 2 BV) zu halten (vgl. zum früheren Recht Urteil des BVGer A 3705/2007 vom 29. September 2009 E. 3.2.2 und 3.3; Entscheid der ZRK vom 7. Juni 2002, veröffentlicht in: VPB 67.24, E. 2a Abs. 2).

2.3.3 Sind alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, besteht trotz der Formulierung als "Kann"-Vorschrift in Art. 64 Abs. 1 Bst. d MWSTG ein Anspruch auf Gewährung des Erlasses (vgl. zum früheren Recht Urteile des BVGer A-1714/2006 vom 11. August 2008 E. 2.2, A-5004/2007 vom 11. September 2007 E. 2.2; ebenso zum MWSTG Schluckebier, Kommentar MWSTG 2015, Art. 64 N. 7).

2.4 Nach ihrer Praxis erlässt die OZD die wegen Zahlungsunfähigkeit des Importeurs nicht weiter belastbare Einfuhrsteuer nur zu zwei Dritteln, wenn die mit dieser Steuer belasteten Gegenstände mehr als zwei Monate (sechzig Tage) nach Festsetzung der erstmals nicht weiter belastbaren Einfuhrsteuer (Datum des Zoll-/MWST-Ausweises) zur Verzollung angemeldet worden sind. Diese ständige Verwaltungspraxis gelte selbst dann, wenn die mit der Verzollung Beauftragte eine Zahlfrist von einem Monat festgelegt oder die Einfuhrsteuer erst einen Monat nach der Festsetzung oder sogar später in Rechnung gestellt habe. Denn auch damit gehe diese ein unternehmerisches Risiko ein. Nach Auffassung der OZD gewährleistet sie so im Rahmen des pflichtgemässen Ermessens die Gleichbehandlung der Gesuchstellenden unter angemessener Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen des Fiskus und der mit der Verzollung Beauftragten (vgl. Urteil des BVGer A 3705/2007 vom 29. September 2009 E. 3.4; s. dazu auch Schluckebier, Kommentar MWSTG 2015, Art. 64 N. 23; dies., MWSTG Kommentar, Art. 64 N. 23).

Das Bundesverwaltungsgericht hat die erwähnte, langjährige Praxis der OZD in seiner Rechtsprechung zum aMWSTG aufgegriffen und seinerzeit nicht beanstandet (vgl. Urteil des BVGer A-3705/2007 vom 29. September 2009 E. 3.4 und 4).

3.
Im vorliegenden Fall ist unter den Parteien unbestritten, dass die Beschwerdeführerin die infolge der Einfuhr vom 19. September 2013 entrichtete Einfuhrsteuer von Fr. 1'965.25 wegen konkursbedingter Zahlungsunfähigkeit der (damals) im Register der ESTV eingetragenen Importeurin nicht weiter belasten konnte. Nicht in Abrede gestellt wird ferner, dass die Voraussetzungen von Art. 51 Abs. 2 MWSTG für eine Aufhebung der (nach Art. 70 Abs. 3 ZG bestehenden) Solidarhaftung bei der Beschwerdeführerin nicht erfüllt sind.

Streitig und nachfolgend zu prüfen ist, ob die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zu Recht im Umfang von einem Drittel (Fr. 655.10) den Erlass der Einfuhrsteuer auf der erwähnten Einfuhr vom 19. September 2013 verweigert hat.

3.1

3.1.1 Die Vorinstanz stellt den Sachverhalt im Wesentlichen wie folgt dar:

Die erstmals nicht weiter belastbare Einfuhrsteuer sei mittels der Veranlagungsverfügung Nr. [...] am 5. Juni 2013 festgesetzt worden. Dabei habe die Beschwerdeführerin der Importeurin diese Steuer und die Kosten für ihre Dienstleistungen im Zusammenhang mit der entsprechenden Einfuhr am 20. Juni 2013 unter Ansetzung einer 15-tägigen Zahlungsfrist in Rechnung gestellt. Am 19. September 2013 habe die Beschwerdeführerin der Importeurin ein weiteres Mal die Einfuhrsteuer bevorschusst. Zu diesem Zeitpunkt sei die Einfuhrsteuer der ersten Einfuhr bereits 106 Tage zuvor festgesetzt gewesen und die mit der Rechnung vom 20. Juni 2013 angesetzte Zahlungsfrist ohne Zahlungseingang um 76 Tage überschritten worden.

3.1.2 Die Beschwerdeführerin behauptet in ihrer Stellungnahme vom 16. Februar 2015, es seien vorliegend zwischen ihr und der Importeurin - trotz des Sitzes beider Gesellschaften in der Schweiz - Gepflogenheiten im internationalen Speditionsgewerbe mit südeuropäischen Geschäftspartnern zum Tragen gekommen, wonach wesentlich längere Zahlungsfristen als solche von 60 Tagen gelten.

Dieser Behauptung ist nicht zu folgen. Denn sie steht im Widerspruch zur aktenkundigen Rechnung der Beschwerdeführerin an die Importeurin vom 20. Juni 2013, welche - wie die Vorinstanz richtig festhält - eine Zahlungsfrist von 15 Tagen ausweist (vgl. Akten Vorinstanz, act. 2.6; Vernehmlassung, S. 4).

Die hiervor (E. 3.1.1) wiedergegebene Sachverhaltsdarstellung der Vorinstanz wird im Übrigen nicht bestritten. Auch deckt sich diese Darstellung mit dem sich aus den Akten ergebenden Bild, weshalb sie der folgenden Beurteilung zugrunde zu legen ist.

3.2 Ausgehend vom hiervor (E. 3.1.1) genannten Sachverhalt begründet die Vorinstanz die streitige Beschränkung des Erlasses auf zwei Drittel der Einfuhrsteuer von Fr. 1'965.25 mit ihrer vorn (E. 2.4) erwähnten Verwaltungspraxis. Sie erklärt, die Beschwerdeführerin habe der Importeurin am 19. September 2013 einen zweiten Vorschuss der Einfuhrsteuer gewährt, obschon zu diesem Zeitpunkt die Einfuhrsteuer betreffend die erste Einfuhr schon 106 Tage zuvor festgesetzt worden und die von der Beschwerdeführerin diesbezüglich der Importeurin angesetzte Zahlungsfrist ergebnislos um 76 Tage überschritten worden sei. Indem die Beschwerdeführerin diesen zweiten Vorschuss gewährt habe, statt einen Verlust mittels Einforderung eines Kostenvorschusses, Aushändigung der eingeführten Gegenstände gegen Barzahlung oder auf andere Weise auszuschliessen, sei sie ein von ihr alleine zu tragendes Geschäftsrisiko eingegangen. Folglich sei in Übereinstimmung mit der Verwaltungspraxis die für die zweite Einfuhr vom 19. September 2013 erhobene Einfuhrsteuer nur zu zwei Dritteln zu erlassen.

3.3 Die Beschwerdeführerin macht gegen die Kürzung des Erlasses der Einfuhrsteuer verschiedene Einwände geltend:

3.3.1 Insbesondere führt die Beschwerdeführerin aus, sie habe die Importeurin wie "auch andere Kunden" mit Unterstützung ihres Inkassobüros laufend auf ihre Bonität hin überprüft (Stellungnahme vom 16. Februar 2015, S. 2).

Sollte die Beschwerdeführerin mit dieser Darstellung geltend machen wollen, sie habe eine hinreichende Überprüfung der Zahlungsfähigkeit der Importeurin vor der zweiten Bevorschussung am 19. September 2013 durchgeführt, stösst sie ins Leere, falls es darauf überhaupt ankäme. Denn die behauptete Bonitätsprüfung ist weder im Fall der Importeurin noch hinsichtlich anderer Kunden der Beschwerdeführerin substantiiert geltend gemacht oder aktenkundig. Dies gilt umso mehr, als die Darstellung in der Beschwerde eher vermuten lässt, dass das für die Beschwerdeführerin tätige Inkassobüro erst nach dem 19. September 2013 erstmals mit der Importeurin befasst war. Denn in der Beschwerde wird ausgeführt, dass am 30. Januar 2014 das Inkassobüro eingeschaltet und mit der Einleitung rechtlicher Schritte gegen die Importeurin beauftragt worden sei (vgl. Beschwerde, S. 2).

3.3.2 Die Beschwerdeführerin bringt sodann vor, die Importeurin habe im Oktober 2013 durch Teilzahlungen den Willen bekundet, die Ausstände zu begleichen. Zum Beweis legt sie einen Debitoren-Kontoauszug vor, nach welchem anscheinend zur Begleichung der Rechnung an die Importeurin vom 20. Juni 2013 am 15. Oktober, 3. Dezember und 8. Dezember 2013 Zahlungen geleistet wurden.

Aus diesem Vorbringen und dem eingereichten Kontoauszug vermag die Beschwerdeführerin ebenfalls nichts zu ihren Gunsten abzuleiten. Denn wie die OZD richtig ausführt, ist die Beschwerdeführerin bereits vor den erwähnten drei Teilzahlungen vom Oktober und Dezember 2013, nämlich durch die zweite Bevorschussung am 19. September 2013, ein rechtswesentliches unternehmerisches Risiko eingegangen, und rechtfertigt diese Verhaltensweise praxisgemäss die vorgenommene Kürzung des Steuererlasses um einen Drittel.

3.3.3 Die Beschwerdeführerin erklärt ferner, sie habe regelmässig Telefongespräche mit der Importeurin betreffend die ausstehende(n) Rechnung(en) geführt. Seitens der Importeurin bzw. durch ihren Vertreter seien dabei wiederholt Versprechen abgegeben worden, die nicht eingehalten worden seien.

Diese Darstellung der Beschwerdeführerin ist schon deshalb nicht stichhaltig, weil weder substantiiert dargetan noch den Akten zu entnehmen ist, dass Telefongespräche der erwähnten Art tatsächlich stattgefunden haben. Selbst wenn die Importeurin bzw. ihr Vertreter vor dem 19. September 2013 mündlich die Zahlungsbereitschaft bekundet hätte, wäre im Übrigen fraglich, ob die Beschwerdeführerin unter den gegebenen Umständen in guten Treuen darauf hätte vertrauen und ohne weitergehende Absicherung einen weiteren Vorschuss hätte gewähren dürfen.

3.3.4 Im Weiteren macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe "in der Folge" den Druck erhöht, um die Importeurin zu Zahlungen zu bewegen (Beschwerde, S. 2). In diesem Zusammenhang schildert sie ausführlich den Ablauf der Ereignisse ab dem 7. Januar 2014 bis zur Einstellung des Konkursverfahrens betreffend die Importeurin.

Die Beschwerdeführerin verkennt auch insoweit, dass ihr Verhalten nach dem 19. September 2013 den Umstand nicht auszuräumen vermag, dass sie an diesem Tag mittels Gewährung eines weiteren Vorschusses an die Importeurin ein von ihr selbst zu verantwortendes unternehmerisches Risiko in Kauf genommen hat und dies nach der Praxis eine Kürzung des Einfuhrsteuererlasses um einen Drittel rechtfertigt.

3.3.5 Die Beschwerdeführerin behauptet ferner, sie habe im April 2014 anlässlich zweier Telefonate die Eidgenössische Zollverwaltung darüber in Kenntnis gesetzt und davor "gewarnt", dass der Geschäftsführer der Importeurin, Herr E._______, diese in den Konkurs führen und ein neues Unternehmen gründen wolle. Dabei habe die Beschwerdeführerin die Zollverwaltung darum ersucht, "Verzollungen über eine andere Firma zu verhindern und einem allfälligen neuen Unternehmen keine Mehrwertsteuernummer zu erteilen" (Beschwerde, S. 2 f.). Die Warnung der Beschwerdeführerin sei indessen seitens der Zollverwaltung nicht ernst genommen worden. Damit habe die Zollverwaltung ihre "Mitverantwortung gegenüber der Volkswirtschaft" nicht wahrgenommen. Die Beschwerdeführerin macht im Übrigen sinngemäss geltend, ihr könne auch deshalb keine ungenügende Prüfung der Bonität der Importeurin vorgeworfen werden, weil auch die Zollverwaltung verschiedentlich die erforderliche Bonitätsprüfung vernachlässige. Letzteres zeige sich daran, dass die OZD mit Unternehmen Abzahlungsvereinbarungen treffe, um Debitorenverluste zu verhindern (vgl. Stellungnahme vom 16. Februar 2015, S. 2; Beschwerde, S. 3).

Die Beschwerdeführerin hat - wie bereits mehrfach ausgeführt - bereits am 19. September 2013 einen Grund gesetzt, welcher praxisgemäss eine Kürzung des Erlasses der Einfuhrsteuer um einen Drittel rechtfertigt. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die behauptete spätere "Warnung" der Zollverwaltung für den Umfang des streitbetroffenen Erlasses von Belang sein sollte. Ob die Zollverwaltung verpflichtet ist, auf eine solche "Warnung" hin Massnahmen zu ergreifen, damit nicht andere Spediteure auf ähnliche Weise zu Schaden kommen, ist eine für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens unerhebliche Frage. Zu Recht bildete diese Frage denn auch keinen Gegenstand des vorliegend angefochtenen Entscheids.

Der Vorwurf, die Zollverwaltung habe in anderen Fällen eine rechtsgenügende Bonitätsprüfung unterlassen, ist nicht hinreichend substantiiert und findet in den vorliegenden Akten keine Stütze. Dies gilt umso mehr, als sich die Zollverwaltung ihre (Abgabe-)Schuldner regelmässig nicht aussuchen kann und sich eine vor Entstehung der Abgabeschuldver-hältnisse durchzuführende Bonitätsprüfung damit erübrigt. Das Vorbringen, die Zollverwaltung habe die ihr obliegenden Bonitätsprüfungen vernachlässigt, ist somit unbegründet und spricht von vornherein nicht für einen vollumfänglichen Einfuhrsteuererlass im vorliegenden Fall.

3.3.6 Die Beschwerdeführerin macht sodann geltend, die in der Verwaltungspraxis der OZD aufgestellte zweimonatige Frist (vgl. dazu E. 2.4) stehe im Widerspruch zu den erwähnten Gepflogenheiten im internationalen Speditionsgewerbe, wonach Zahlungsfristen insbesondere bei Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen südeuropäischer Staaten wesentlich länger als 60 Tage dauern würden (Stellungnahme vom 16. Februar 2015, S. 1 f.).

Vorliegend hat die Beschwerdeführerin - was unbestritten ist - 106 Tage nach Festsetzung der erstmals nicht weiter belastbaren Einfuhrsteuer eine zweite Zollanmeldung unter erneuter, ohne Sicherheiten erfolgter Bevorschussung der Importeurin vorgenommen (vgl. E. 3.1). Die 60-Tagesfrist gemäss der Verwaltungspraxis war zu diesem Zeitpunkt wesentlich überschritten. Vor diesem Hintergrund besteht beim hier zu beurteilenden Fall kein Anlass zur Klärung der Frage, ob die von der OZD jeweils angewendete Zweimonatsfrist zu kurz bemessen ist.

Das Vorbringen, die 60-Tagefrist im Sinne der Praxis der OZD sei bei wesentlich längeren Zahlungsfristen unangemessen, entbehrt auch deshalb eines rechtserheblichen Bezuges zum vorliegend zu beurteilenden Fall, weil die Beschwerdeführerin der Importeurin mit der in Frage stehenden Rechnung vom 20. Juni 2013 eine Zahlungsfrist von lediglich 15 Tagen angesetzt hat (vgl. vorn E. 3.1.2).

Die Berufung auf die erwähnten, angeblich bestehenden internationalen Gepflogenheiten verfängt somit nicht.

3.3.7 Die Beschwerdeführerin macht schliesslich sinngemäss geltend, es gehe nicht an, dass die OZD mit unklaren Vorgaben betreffend die vorzunehmende Prüfung der Kreditwürdigkeit von Vertragspartnern in die Privatautonomie eingreife und die mangelnde Bonitätsprüfung als "Straftat" qualifiziere (Stellungnahme vom 16. Februar 2015, S. 2).

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sind die nach der Verwaltungspraxis der OZD geltenden Vorgaben an die Prüfung der Bonität des Schuldners bzw. Auftraggebers hinreichend klar. Denn danach ist jedenfalls dann von einem vom Spediteur selbst zu verantwortenden unternehmerischen Risiko auszugehen, wenn die mit der Einfuhrsteuer belasteten Gegenstände mehr als zwei Monate nach der Festsetzung der zum ersten Mal nicht weiter belastbaren Steuer zur Verzollung angemeldet werden und der Spediteur dabei keine Massnahmen ergreift, damit ihm die aufgrund der zweiten Einfuhr geschuldete Einfuhrsteuer nicht endgültig belastet bleibt (vgl. E. 2.4). Für welche Massnahme sich der Spediteur im Einzelfall entscheidet - ob er etwa einen Kostenvorschuss verlangt oder die eingeführten Gegenstände nur gegen Barzahlung der Einfuhrsteuer aushändigt - ist mit Blick auf die Privatautonomie ihm überlassen.

Nicht zutreffend ist im Übrigen die Behauptung der Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe sie mit ihrem Vorwurf einer mangelnden Prüfung der Bonität der Importeurin einer Straftat bezichtigt und ihr mit der Verweigerung des vollständigen Steuererlasses eine "Strafe" auferlegt. Die OZD spricht zu Recht weder im angefochtenen Entscheid noch in der Vernehmlassung von einem Delikt der Beschwerdeführerin. Die vorliegende teilweise Kürzung des zu erlassenden Steuerbetrages basiert denn auch nicht auf Strafgedanken. Stattdessen geht es hier einzig darum, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Zweck der einschlägigen Vorschrift zum Erlass der Einfuhrsteuer (Art. 64 Abs. 1 Bst. d MWSTG) nicht darin liegt, das mit der Bezahlung der Einfuhrsteuer im Auftrag eines Importeurs verbundene unternehmerische Risiko in vollem Umfang auf die Zollverwaltung zu überwälzen. Eine solche Überwälzung wäre nämlich weder mit der geforderten rechtsgleichen Behandlung der betroffenen Spediteure noch mit der Pflicht der OZD zur Wahrung der fiskalischen Interessen des Staates vereinbar (vgl. Urteil des BVGer A-3705/2007 vom 29. September 2009 E. 4.2.2; vorn E. 2.3.1 f.).

3.4 Nach dem Gesagten ist nichts dagegen einzuwenden, dass die Vorinstanz im Zusammenhang mit der Einfuhr vom 19. September 2013 einen Steuererlass zu lediglich zwei Dritteln gewährt hat. Im Ergebnis hat die OZD damit in Beachtung der massgebenden Verfassungsprinzipien (vgl. E. 2.3.2) den Erlassentscheid, soweit er hier zu überprüfen ist, nach pflichtgemässem Ermessen vorgenommen.

4.

Dem Ausgeführten zufolge ist die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen.

Die Beschwerdeführerin hat als unterliegende Partei die Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 450.- zu tragen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Der von ihr einbezahlte Kostenvorschuss ist für die Bezahlung der Verfahrenskosten zu verwenden. Als unterliegende und anwaltlich nicht vertretene Partei hat die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Parteientschädigung (vgl. Art. 64 in Verbindung mit Art. 7 ff
SR 173.320.2 Règlement du 21 février 2008 concernant les frais, dépens et indemnités fixés par le Tribunal administratif fédéral (FITAF)
FITAF Art. 7 Principe
1    La partie qui obtient gain de cause a droit aux dépens pour les frais nécessaires causés par le litige.
2    Lorsqu'une partie n'obtient que partiellement gain de cause, les dépens auxquels elle peut prétendre sont réduits en proportion.
3    Les autorités fédérales et, en règle générale, les autres autorités parties n'ont pas droit aux dépens.
4    Si les frais sont relativement peu élevés, le tribunal peut renoncer à allouer des dépens.
5    L'art. 6a s'applique par analogie.7
. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE; SR 173.320.2]).

5.

Dieses Urteil kann nicht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden (Art. 83 Bst. m
SR 173.320.2 Règlement du 21 février 2008 concernant les frais, dépens et indemnités fixés par le Tribunal administratif fédéral (FITAF)
FITAF Art. 7 Principe
1    La partie qui obtient gain de cause a droit aux dépens pour les frais nécessaires causés par le litige.
2    Lorsqu'une partie n'obtient que partiellement gain de cause, les dépens auxquels elle peut prétendre sont réduits en proportion.
3    Les autorités fédérales et, en règle générale, les autres autorités parties n'ont pas droit aux dépens.
4    Si les frais sont relativement peu élevés, le tribunal peut renoncer à allouer des dépens.
5    L'art. 6a s'applique par analogie.7
BGG).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 450.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Der von der Beschwerdeführerin geleistete Kostenvorschuss wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.

3.

Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil geht an:

- die Beschwerdeführerin (Einschreiben);

- die Vorinstanz (Ref.-Nr. [...]; Einschreiben).

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Daniel Riedo Beat König

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Information de décision   •   DEFRITEN
Document : A-6900/2014
Date : 01 octobre 2015
Publié : 09 octobre 2015
Source : Tribunal administratif fédéral
Statut : Non publié
Domaine : Impôts indirects
Objet : Erlass der Einfuhrsteuer


Répertoire des lois
Cst: 5  8
FITAF: 7 
SR 173.320.2 Règlement du 21 février 2008 concernant les frais, dépens et indemnités fixés par le Tribunal administratif fédéral (FITAF)
FITAF Art. 7 Principe
1    La partie qui obtient gain de cause a droit aux dépens pour les frais nécessaires causés par le litige.
2    Lorsqu'une partie n'obtient que partiellement gain de cause, les dépens auxquels elle peut prétendre sont réduits en proportion.
3    Les autorités fédérales et, en règle générale, les autres autorités parties n'ont pas droit aux dépens.
4    Si les frais sont relativement peu élevés, le tribunal peut renoncer à allouer des dépens.
5    L'art. 6a s'applique par analogie.7
64
LD: 70  109
LTAF: 31  32e  33  37
LTF: 83
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Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
importation • autorité inférieure • jour • tribunal administratif fédéral • commissionnaire-expéditeur • avance de frais • état de fait • remise d'impôt • frais de la procédure • mois • question • égalité de traitement • loi fédérale régissant la taxe sur la valeur ajoutée • paiement comptant • pouvoir d'appréciation • hameau • taxe sur la valeur ajoutée • loi sur les douanes • calcul • délai • exactitude • greffier • responsabilité solidaire • débiteur • peintre • autonomie privée • décision • entreprise • pratique judiciaire et administrative • connaissance • recouvrement • pression • durée • insolvabilité • autorité douanière • infraction • jour déterminant • rejet de la demande • directive • avance • suppression • intérêt fiscal • impôt • motivation de la décision • recours en matière de droit public • partie au contrat • contrat • examen • directive • constitution d'un droit réel • incombance • rencontre • déduction de l'impôt préalable • norme potestative • tribunal fédéral • doute • volonté • cercle • présomption • requérant • comportement • partie non représentée • dommage
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BVGer
A-1714/2006 • A-3705/2007 • A-5004/2007 • A-6900/2014 • A-823/2014
AS
AS 2000/1300 • AS 1994/1464
VPB
67.24