Urteilskopf

80 III 20

6. Entscheid vom 26. Februar 1954 i. S. Lustenberger.

Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 21

BGE 80 III 20 S. 21

A.- Am 19. Juni 1953 pfändete das Betreibungsamt Cham in einer Betreibung der Kredit- und Verwaltungsbank Zug A.-G. gegen Frau Theresia Lustenberger einen Wäscheschrank. Darüber beschwerte sich der Ehemann der Schuldnerin am 8. Januar 1954, weil dieses Möbelstück der vierköpfigen Familie die einzige Möglichkeit zum Versorgen von Wäsche und Kleidern biete.
B.- Das Betreibungsamt trug auf Gutheissung der Beschwerde an. Der Stellvertreter des Betreibungsbeamten hatte sich zum Pfändungsvollzug nicht in die Wohnung der Schuldnerin begeben, sondern diese in das Bureau des Amtes vorgeladen, sie nach pfändbaren Gegenständen befragt und hierauf (neben zwei andern Sachen) den dreitürigen Wäscheschrank, "Ankauf 1952, Neuwert Fr. 370. -" gepfändet und, ohne ihn zu sehen, auf Fr. 240.-- geschätzt. Die Pfändungsurkunde wurde den Beteiligten am selben Tage zugestellt. Als das Betreibungsamt dann nach Hinfall eines der Schuldnerin gewährten
BGE 80 III 20 S. 22

Verwertungsaufschubes die gepfändeten Sachen abholte, widersetzte sich der Ehemann Paul Lustenberger der Wegnahme des der Familie angeblich unentbehrlichen Wäscheschrankes. Er erklärte, vom Umfang der Pfändung bisher nichts gewusst zu haben. Der Stellvertreter des Betreibungsbeamten schaute nachträglich die Wohnungseinrichtung nach und stellte fest, dass tatsächlich "ausser einem unbedeutenden Wandschrank" kein Behältnis für Wäsche und Kleider vorhanden sei. Zur Beschwerde bemerkte er noch, "so wie uns die Verhältnisse in der Familie der Schuldnerin bekannt sind", sei es wohl denkbar, dass der Ehemann "vom Umfang der Pfänder bis zu deren Abholung keine Kenntnis hatte".
C.- Mit Entscheid vom 25. Januar 1954 trat die kantonale Aufsichtsbehörde auf die Beschwerde nicht ein, weil sie verspätet sei. Die Schuldnerin habe die Pfändungsurkunde am 19. Juni 1953 erhalten, somit sei die Beschwerdefrist von da an gelaufen. Das gelte auch für den Ehemann, der nur als Vertreter der Schuldnerin handeln könne und sich deren Kenntnis anrechnen lassen müsse. Ob er selbst von der Pfändung Näheres gewusst habe, bis die Sachen abgeholt wurden, sei nicht zu prüfen.
D.- Mit vorliegendem Rekurs hält Paul Lustenberger an der Beschwerde fest.
Erwägungen

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Der Ansicht der Vorinstanz wäre beizutreten, wenn der Ehemann der Schuldnerin nur in deren Interesse, als ihr Vertreter, Beschwerde geführt hätte. Nun hat er aber den gepfändeten Wäscheschrank als für sich selbst und die ganze Familie unentbehrlich in Anspruch genommen. Es steht ihm denn auch ein eigener Kompetenzanspruch an den der Familie dienenden Hausgeräten und Möbeln zu, selbst wenn sie im Eigentum der Ehefrau stehen und zu deren Sondergut gehören (wie dies die vorliegende, nur gegen die Ehefrau geführte Betreibung

BGE 80 III 20 S. 23

voraussetzt, BGE 64 III 98 ff.). Bereits bei Anwendung der frühern Ziff. 2 von Art. 92
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 92 - 1 Unpfändbar sind:
1    Unpfändbar sind:
1  die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände wie Kleider, Effekten, Hausgeräte, Möbel oder andere bewegliche Sachen, soweit sie unentbehrlich sind;
1a  Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden;
10  Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vor Eintritt der Fälligkeit;
11  Vermögenswerte eines ausländischen Staates oder einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen.
2  die religiösen Erbauungsbücher und Kultusgegenstände;
3  die Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente und Bücher, soweit sie für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind;
4  nach der Wahl des Schuldners entweder zwei Milchkühe oder Rinder, oder vier Ziegen oder Schafe, sowie Kleintiere nebst dem zum Unterhalt und zur Streu auf vier Monate erforderlichen Futter und Stroh, soweit die Tiere für die Ernährung des Schuldners und seiner Familie oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes unentbehrlich sind;
5  die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen;
6  die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände, das Dienstpferd und der Sold eines Angehörigen der Armee, das Taschengeld einer zivildienstleistenden Person sowie die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände und die Entschädigung eines Schutzdienstpflichtigen;
7  das Stammrecht der nach den Artikeln 516-520 OR189 bestellten Leibrenten;
8  Fürsorgeleistungen und die Unterstützungen von Seiten der Hilfs-, Kranken- und Fürsorgekassen, Sterbefallvereine und ähnlicher Anstalten;
9  Renten, Kapitalabfindung und andere Leistungen, die dem Opfer oder seinen Angehörigen für Körperverletzung, Gesundheitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet werden, soweit solche Leistungen Genugtuung, Ersatz für Heilungskosten oder für die Anschaffung von Hilfsmitteln darstellen;
9a  die Renten gemäss Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946193 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung oder gemäss Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959194 über die Invalidenversicherung, die Leistungen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 19. März 1965195 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen;
2    Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden. Sie sind aber mit der Schätzungssumme in der Pfändungsurkunde vorzumerken.198
3    Gegenstände nach Absatz 1 Ziffern 1-3 von hohem Wert sind pfändbar; sie dürfen dem Schuldner jedoch nur weggenommen werden, sofern der Gläubiger vor der Wegnahme Ersatzgegenstände von gleichem Gebrauchswert oder den für ihre Anschaffung erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt.199
4    Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Unpfändbarkeit des Bundesgesetzes vom 2. April 1908200 über den Versicherungsvertrag (Art. 79 Abs. 2 und 80 VVG), des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992201 (Art. 18 URG) und des Strafgesetzbuches202 (Art. 378 Abs. 2 StGB).203
SchKG wurde das Interesse der mit dem Schuldner (oder der Schuldnerin) zusammenlebenden Angehörigen in dieser Weise berücksichtigt (BGE 55 III 8). Daran ist festzuhalten, zumal nun Art. 92 Ziff. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 92 - 1 Unpfändbar sind:
1    Unpfändbar sind:
1  die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände wie Kleider, Effekten, Hausgeräte, Möbel oder andere bewegliche Sachen, soweit sie unentbehrlich sind;
1a  Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden;
10  Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vor Eintritt der Fälligkeit;
11  Vermögenswerte eines ausländischen Staates oder einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen.
2  die religiösen Erbauungsbücher und Kultusgegenstände;
3  die Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente und Bücher, soweit sie für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind;
4  nach der Wahl des Schuldners entweder zwei Milchkühe oder Rinder, oder vier Ziegen oder Schafe, sowie Kleintiere nebst dem zum Unterhalt und zur Streu auf vier Monate erforderlichen Futter und Stroh, soweit die Tiere für die Ernährung des Schuldners und seiner Familie oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes unentbehrlich sind;
5  die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen;
6  die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände, das Dienstpferd und der Sold eines Angehörigen der Armee, das Taschengeld einer zivildienstleistenden Person sowie die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände und die Entschädigung eines Schutzdienstpflichtigen;
7  das Stammrecht der nach den Artikeln 516-520 OR189 bestellten Leibrenten;
8  Fürsorgeleistungen und die Unterstützungen von Seiten der Hilfs-, Kranken- und Fürsorgekassen, Sterbefallvereine und ähnlicher Anstalten;
9  Renten, Kapitalabfindung und andere Leistungen, die dem Opfer oder seinen Angehörigen für Körperverletzung, Gesundheitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet werden, soweit solche Leistungen Genugtuung, Ersatz für Heilungskosten oder für die Anschaffung von Hilfsmitteln darstellen;
9a  die Renten gemäss Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946193 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung oder gemäss Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959194 über die Invalidenversicherung, die Leistungen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 19. März 1965195 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen;
2    Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden. Sie sind aber mit der Schätzungssumme in der Pfändungsurkunde vorzumerken.198
3    Gegenstände nach Absatz 1 Ziffern 1-3 von hohem Wert sind pfändbar; sie dürfen dem Schuldner jedoch nur weggenommen werden, sofern der Gläubiger vor der Wegnahme Ersatzgegenstände von gleichem Gebrauchswert oder den für ihre Anschaffung erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt.199
4    Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Unpfändbarkeit des Bundesgesetzes vom 2. April 1908200 über den Versicherungsvertrag (Art. 79 Abs. 2 und 80 VVG), des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992201 (Art. 18 URG) und des Strafgesetzbuches202 (Art. 378 Abs. 2 StGB).203
SchKG laut der Gesetzesnovelle vom 28. September 1949 diese Gegenstände ausdrücklich in Betracht zieht, soweit sie "dem Schuldner und seiner Familie" unentbehrlich sind. Ja, über den erwähnten Entscheid hinaus (vgl. dessen Erw. 2) hält der Kompetenzanspruch der Angehörigen auch einem schriftlichen Verzicht des betriebenen Schuldners stand. Er verdient als selbständiger Anspruch geschützt zu werden, auf den nur sie selbst verzichten können, nicht der betriebene Schuldner. Nur so wird dem Gedanken des Familienschutzes die ihm gebührende Stellung im System des Art. 92
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 92 - 1 Unpfändbar sind:
1    Unpfändbar sind:
1  die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände wie Kleider, Effekten, Hausgeräte, Möbel oder andere bewegliche Sachen, soweit sie unentbehrlich sind;
1a  Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden;
10  Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vor Eintritt der Fälligkeit;
11  Vermögenswerte eines ausländischen Staates oder einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen.
2  die religiösen Erbauungsbücher und Kultusgegenstände;
3  die Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente und Bücher, soweit sie für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind;
4  nach der Wahl des Schuldners entweder zwei Milchkühe oder Rinder, oder vier Ziegen oder Schafe, sowie Kleintiere nebst dem zum Unterhalt und zur Streu auf vier Monate erforderlichen Futter und Stroh, soweit die Tiere für die Ernährung des Schuldners und seiner Familie oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes unentbehrlich sind;
5  die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen;
6  die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände, das Dienstpferd und der Sold eines Angehörigen der Armee, das Taschengeld einer zivildienstleistenden Person sowie die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände und die Entschädigung eines Schutzdienstpflichtigen;
7  das Stammrecht der nach den Artikeln 516-520 OR189 bestellten Leibrenten;
8  Fürsorgeleistungen und die Unterstützungen von Seiten der Hilfs-, Kranken- und Fürsorgekassen, Sterbefallvereine und ähnlicher Anstalten;
9  Renten, Kapitalabfindung und andere Leistungen, die dem Opfer oder seinen Angehörigen für Körperverletzung, Gesundheitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet werden, soweit solche Leistungen Genugtuung, Ersatz für Heilungskosten oder für die Anschaffung von Hilfsmitteln darstellen;
9a  die Renten gemäss Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946193 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung oder gemäss Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959194 über die Invalidenversicherung, die Leistungen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 19. März 1965195 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen;
2    Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden. Sie sind aber mit der Schätzungssumme in der Pfändungsurkunde vorzumerken.198
3    Gegenstände nach Absatz 1 Ziffern 1-3 von hohem Wert sind pfändbar; sie dürfen dem Schuldner jedoch nur weggenommen werden, sofern der Gläubiger vor der Wegnahme Ersatzgegenstände von gleichem Gebrauchswert oder den für ihre Anschaffung erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt.199
4    Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Unpfändbarkeit des Bundesgesetzes vom 2. April 1908200 über den Versicherungsvertrag (Art. 79 Abs. 2 und 80 VVG), des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992201 (Art. 18 URG) und des Strafgesetzbuches202 (Art. 378 Abs. 2 StGB).203
SchKG zuteil. In den vorliegenden Akten ist übrigens ein schriftlicher Verzicht der Schuldnerin auf Freigabe des Wäscheschrankes nicht zu finden. In der Vernehmlassung des Betreibungsamtes heisst es bloss, sie habe auf Befragen "folgende pfändbaren Gegenstände angegeben". Das Pfändungsprotokoll ist nicht vorgelegt worden. Aber wie dem auch sein mag, wäre nach dem Gesagten ein schriftlicher Verzicht der Schuldnerin nur für sie selbst, nicht auch für den Ehemann (und die dabei durch ihn vertretenen Kinder) verbindlich.
2. Dem Kompetenzanspruch des Ehemannes entspricht ein ihm selbst zustehendes Beschwerderecht. Für ihn läuft daher die Beschwerdefrist nach Art. 17
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 17 - 1 Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
1    Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
2    Die Beschwerde muss binnen zehn Tagen seit dem Tage, an welchem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat, angebracht werden.
3    Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
4    Das Amt kann bis zu seiner Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen. Trifft es eine neue Verfügung, so eröffnet es sie unverzüglich den Parteien und setzt die Aufsichtsbehörde in Kenntnis.26
SchKG erst von seiner persönlichen Kenntnis an. Nun wurde die Pfändungsurkunde zwar der Schuldnerin, nicht aber auch ihrem Ehemanne zugestellt. Im allgemeinen erfahren freilich die mit dem Schuldner lebenden Angehörigen bald von einer bei ihm vorgenommenen Pfändung, und aus einem Brief des Rekurrenten vom 16. September 1953 an das Betreibungsamt (den er selbst vorgelegt hat) geht hervor, dass er durch die Ehefrau von der Pfändung im
BGE 80 III 20 S. 24

allgemeinen ("dass Sie bei mir in meiner Abwesenheit gepfändet haben") erfahren hatte. Ob er aber auch wusste, was gepfändet war, steht dahin und muss erst noch abgeklärt werden, zumal das Betreibungsamt eine ungenügende Orientierung des Ehemannes über den Umfang der Pfändung für "wohl denkbar" hält. Die Sache ist hiezu an die Vorinstanz zurückzuweisen, die alsdann neu über die Rechtzeitigkeit und, bei deren Bejahung, über die Begründetheit der Beschwerde zu entscheiden hat.
3. Die Frage der Fristwahrung ist nicht etwa deshalb belanglos, weil die Art des Pfändungsvollzuges vom 19. Juni 1953, mittels blosser Befragung der Schuldnerin im Amtsbureau, ohne Feststellung an Ort und Stelle, in grober Weise gegen die Regeln einer ordnungsmässigen Pfändung verstiess. Weder bot dieses Vorgehen Gewähr für eine richtige Schätzung, noch ermöglichte es die Prüfung der bei Anwendung von Art. 92
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 92 - 1 Unpfändbar sind:
1    Unpfändbar sind:
1  die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände wie Kleider, Effekten, Hausgeräte, Möbel oder andere bewegliche Sachen, soweit sie unentbehrlich sind;
1a  Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden;
10  Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vor Eintritt der Fälligkeit;
11  Vermögenswerte eines ausländischen Staates oder einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen.
2  die religiösen Erbauungsbücher und Kultusgegenstände;
3  die Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente und Bücher, soweit sie für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind;
4  nach der Wahl des Schuldners entweder zwei Milchkühe oder Rinder, oder vier Ziegen oder Schafe, sowie Kleintiere nebst dem zum Unterhalt und zur Streu auf vier Monate erforderlichen Futter und Stroh, soweit die Tiere für die Ernährung des Schuldners und seiner Familie oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes unentbehrlich sind;
5  die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen;
6  die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände, das Dienstpferd und der Sold eines Angehörigen der Armee, das Taschengeld einer zivildienstleistenden Person sowie die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände und die Entschädigung eines Schutzdienstpflichtigen;
7  das Stammrecht der nach den Artikeln 516-520 OR189 bestellten Leibrenten;
8  Fürsorgeleistungen und die Unterstützungen von Seiten der Hilfs-, Kranken- und Fürsorgekassen, Sterbefallvereine und ähnlicher Anstalten;
9  Renten, Kapitalabfindung und andere Leistungen, die dem Opfer oder seinen Angehörigen für Körperverletzung, Gesundheitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet werden, soweit solche Leistungen Genugtuung, Ersatz für Heilungskosten oder für die Anschaffung von Hilfsmitteln darstellen;
9a  die Renten gemäss Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946193 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung oder gemäss Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959194 über die Invalidenversicherung, die Leistungen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 19. März 1965195 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen;
2    Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden. Sie sind aber mit der Schätzungssumme in der Pfändungsurkunde vorzumerken.198
3    Gegenstände nach Absatz 1 Ziffern 1-3 von hohem Wert sind pfändbar; sie dürfen dem Schuldner jedoch nur weggenommen werden, sofern der Gläubiger vor der Wegnahme Ersatzgegenstände von gleichem Gebrauchswert oder den für ihre Anschaffung erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt.199
4    Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Unpfändbarkeit des Bundesgesetzes vom 2. April 1908200 über den Versicherungsvertrag (Art. 79 Abs. 2 und 80 VVG), des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992201 (Art. 18 URG) und des Strafgesetzbuches202 (Art. 378 Abs. 2 StGB).203
SchKG massgebenden Verhältnisse. Immerhin ist nicht von Rechtsverweigerung im Sinne von Art. 17 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 17 - 1 Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
1    Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
2    Die Beschwerde muss binnen zehn Tagen seit dem Tage, an welchem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat, angebracht werden.
3    Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
4    Das Amt kann bis zu seiner Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen. Trifft es eine neue Verfügung, so eröffnet es sie unverzüglich den Parteien und setzt die Aufsichtsbehörde in Kenntnis.26
SchKG zu sprechen (wie sie bei Ausserachtlassung der Rechtsnatur eines Pfändungsobjektes vorliegen kann, vgl. BGE 73 III 3). Das Betreibungsamt hat die Pfändung zwar in unzulänglicher Weise vorbereitet, dann aber doch in aller Form vollzogen und dabei die gepfändeten Gegenstände eindeutig bezeichnet. Es waren körperliche Sachen, nicht Rechte, deren Inhalt und Tragweite noch näher zu bestimmen gewesen wären. Unter diesem Umständen liesse es sich nicht rechtfertigen, die Pfändung unbefristeter Anfechtung auszusetzen. Nach ständiger Praxis (seit der grundsätzlichen Stellungnahme in BGE 29 I 109 ff. = Sep.-Ausg. 6 S. 43 ff.) ist grundsätzlich keine Rechtsverweigerung anzunehmen, wenn das Amt eine bestimmte Massnahme (Verfügung) getroffen hat, die sich eben mit einer Beschwerde anfechten lässt. Davon gehen auch neuere Entscheidungen aus (vgl. BGE 77 III 85 und 145, BGE 78 III 22). Man hat es hier auch nicht etwa mit einer nichtigen Pfändung zu tun, die um der öffentlichen
BGE 80 III 20 S. 25

Ordnung willen jederzeit aufzuheben wäre, weil sie den Schuldner oder seine Angehörigen geradezu in eine unhaltbare Notlage bringen oder seine Menschenwürde verletzen würde (vgl. BGE 71 III 148, BGE 76 III 33). Das Fehlen eines Kleider- und Wäscheschrankes, auch wenn er bei rechtzeitiger Beschwerde als unpfändbar, weil unentbehrlich erschiene, ist nicht derart anstössig, dass die Pfändung bei Versäumung der Beschwerdefrist nicht rechtskräftig zu werden verdiente. Auf die Beschwerde des Ehemannes der Schuldnerin wird somit nur einzutreten sein, wenn er die Beschwerdefrist gewahrt hat.
Dispositiv

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird dahin gutgeheissen, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung an die kantonale Aufsichtsbehörde zurückgewiesen wird.