S. 74 / Nr. 17 Strafgesetzbuch (d)

BGE 76 IV 74

17. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 26. Mai 1950 i. S. Diethelm
gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.


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Regeste:
Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn:
1    Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn:
a  eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder
b  eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann.
2    Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen.
3    Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36).
, Art. 68 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 68 - 1 Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
1    Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
2    Ist die Veröffentlichung eines freisprechenden Urteils oder einer Einstellungsverfügung der Strafverfolgungsbehörde im öffentlichen Interesse, im Interesse des Freigesprochenen oder Entlasteten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Staatskosten oder auf Kosten des Anzeigers an.
3    Die Veröffentlichung im Interesse des Verletzten, Antragsberechtigten, Freigesprochenen oder Entlasteten erfolgt nur auf deren Antrag.
4    Das Gericht bestimmt Art und Umfang der Veröffentlichung.
StGB. Der Vollzug einer Zusatzstrafe
kann nicht bedingt aufgeschoben werden, wenn diese Strafe und die Grundstrafe
zusammen ein Jahr übersteigen.
Art. 41 ch. 1 al. 1 et 68 ch. 2 CP. L'exécution d'une peine complémentaire ne
saurait être suspendue, alors que cette peine et la peine principale
représentent ensemble une détention de plus d'une année.
Art. 41 cifra 1 cp. 1 e art. 68 cifra 2 CP. L'esecuzione di una pena
addizionale non può essere sospesa se questa pena e quella principale superano
insieme un anno di detenzione.

A. - Diethelm wurde am 23. Februar 1949 vom Einzelrichter des Bezirksgerichtes
Zürich wegen wiederholten Diebstahls zu einer bedingt vollziehbaren
Gefängnisstrafe von einem Monat verurteilt. Später stellte sich heraus, dass
er vom September 1948 bis Ende 1948 weitere Diebstähle begangen hatte. Das
Schwurgericht des Kantons Zürich verurteilte ihn daher am 21. Dezember 1949 zu
einer Zusatzstrafe von einem Jahr Gefängnis. Den bedingten Aufschub des
Vollzuges dieser Strafe lehnte es mit der Begründung ab, dass sie zusammen mit
der Grundstrafe vom 23. Februar 1949 ein Jahr übersteige.
B. - Diethelm führt gegen das Urteil des Schwurgerichts Nichtigkeitsbeschwerde
mit dem Antrage auf Gewährung des bedingten Strafvollzuges.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
Die Strafe, die der Richter für eine mit Freiheitsstrafe bedrohte Tat
ausspricht, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer andern Tat zu
Freiheitsstrafe verurteilt worden ist (Art. 68 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 68 - 1 Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
1    Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
2    Ist die Veröffentlichung eines freisprechenden Urteils oder einer Einstellungsverfügung der Strafverfolgungsbehörde im öffentlichen Interesse, im Interesse des Freigesprochenen oder Entlasteten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Staatskosten oder auf Kosten des Anzeigers an.
3    Die Veröffentlichung im Interesse des Verletzten, Antragsberechtigten, Freigesprochenen oder Entlasteten erfolgt nur auf deren Antrag.
4    Das Gericht bestimmt Art und Umfang der Veröffentlichung.
StGB), tritt neben das
frühere Urteil. Der Richter hebt die früher ausgefällte Strafe nicht auf, um
sie durch eine Gesamtstrafe zu ersetzen, sondern spricht lediglich eine
Zusatzstrafe aus (BGE 68 IV 11; 69 IV 58; 75 IV 101,161). Nach Art. 68
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 68 - 1 Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
1    Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
2    Ist die Veröffentlichung eines freisprechenden Urteils oder einer Einstellungsverfügung der Strafverfolgungsbehörde im öffentlichen Interesse, im Interesse des Freigesprochenen oder Entlasteten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Staatskosten oder auf Kosten des Anzeigers an.
3    Die Veröffentlichung im Interesse des Verletzten, Antragsberechtigten, Freigesprochenen oder Entlasteten erfolgt nur auf deren Antrag.
4    Das Gericht bestimmt Art und Umfang der Veröffentlichung.


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Ziff. 2 StGB bestimmt er diese so, dass der Täter nicht schwerer bestraft
wird, als wenn die mehreren strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt
worden wären. Im übrigen ist sie selbständig und von der früheren Strafe
(Grundstrafe) rechtlich unabhängig. Der Richter, der die Zusatzstrafe
ausspricht, ist deshalb an die im früheren Urteil vertretenen
Rechtsauffassungen nicht gebunden. Er kann z. B. die Verantwortlichkeit des
Täters anders beurteilen, als es dort geschehen war, den bedingten
Strafvollzug für die Zusatzstrafe verweigern, auch wenn er für die Grundstrafe
gewährt worden war, und umgekehrt (BGE 73 IV 88).
Daraus darf jedoch nicht geschlossen werden, dass der Richter bei Anwendung
des Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn:
1    Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn:
a  eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder
b  eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann.
2    Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen.
3    Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36).
StGB nur die Dauer der Zusatzstrafe in Betracht zu
ziehen und über die Grundstrafe hinwegzusehen habe. Zu einer «Gefängnisstrafe
von nicht mehr als einem Jahr» ist der Täter nur dann verurteilt, wenn
Grundstrafe und Zusatzstrafe zusammen ein Jahr nicht übersteigen; nur dann
darf der Vollzug der Zusatzstrafe bedingt aufgeschoben werden. Wäre diese
Massnahme auch zulässig, wenn zwar die beiden Strafen zusammen ein Jahr
übersteigen, die Zusatzstrafe allein aber nicht, so würde der Täter daraus
Nutzen ziehen, dass nicht alle strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt
werden konnten. Das wäre dann stossend, wenn die Aufteilung der
Strafverfolgung in zwei Verfahren darauf zurückzuführen ist, dass der Täter im
ersten Verfahren einen Teil seiner strafbaren Handlungen leugnete oder
verschwieg. Er könnte so besser wegkommen, als wenn er reuig alles gestanden
und die Ausfällung einer Gesamtstrafe für alle Handlungen ermöglicht hätte.
Das ist nicht der Sinn des Art. 68 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 68 - 1 Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
1    Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
2    Ist die Veröffentlichung eines freisprechenden Urteils oder einer Einstellungsverfügung der Strafverfolgungsbehörde im öffentlichen Interesse, im Interesse des Freigesprochenen oder Entlasteten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Staatskosten oder auf Kosten des Anzeigers an.
3    Die Veröffentlichung im Interesse des Verletzten, Antragsberechtigten, Freigesprochenen oder Entlasteten erfolgt nur auf deren Antrag.
4    Das Gericht bestimmt Art und Umfang der Veröffentlichung.
StGB. Die Bestimmung will verhüten,
dass der Täter schwerer bestraft werde, als wenn die mehreren strafbaren
Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären; dann muss aber umgekehrt nach
dem wohlverstandenen Sinne des Gesetzes der Richter bei Ausfällung der
Zusatzstrafe, soweit das überhaupt möglich ist,

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auch darauf bedacht sein, dass der Täter infolge der getrennten Verfolgung
seiner strafbaren Handlungen nicht besser gestellt werde, als wenn sie
gleichzeitig beurteilt und durch eine Gesamtstrafe gesühnt worden wären.
Nicht vermeiden lässt sich die Besserstellung insofern, als das frühere Urteil
bestehen bleibt und mit ihm auch der bedingte Aufschub der Grundstrafe. Die
Zusatzstrafe aber darf nicht bedingt aufgeschoben werden, wenn beide zusammen
ein Jahr übersteigen (s. im gleichen Sinne das Urteil des
Militärkassationsgerichtes in RStrS 1950 5 Nr. 19).
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.