S. 97 / Nr. 21 Strafgesetzbuch (d)

BGE 75 IV 97

21. Urteil des Kassationshofes vom 8. Juni 1949 i. S. Ziegler gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen.


Seite: 97
Regeste:
1. Art. 42 Ziff 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
1    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
2    Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34
3    Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat.
4    Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35
Satz 1 StGB. Nur Freiheitsstrafen, die vor Begehung der Tat
verbüsst wurden, sind zu zählen (Erw. 1). Wann sind sie « zahlreich »? (Erw.
2).
2. Art. 42 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
1    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
2    Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34
3    Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat.
4    Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35
und 5
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
1    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
2    Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34
3    Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat.
4    Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35
, Art. 68 Ziff 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 68 - 1 Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
1    Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
2    Ist die Veröffentlichung eines freisprechenden Urteils oder einer Einstellungsverfügung der Strafverfolgungsbehörde im öffentlichen Interesse, im Interesse des Freigesprochenen oder Entlasteten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Staatskosten oder auf Kosten des Anzeigers an.
3    Die Veröffentlichung im Interesse des Verletzten, Antragsberechtigten, Freigesprochenen oder Entlasteten erfolgt nur auf deren Antrag.
4    Das Gericht bestimmt Art und Umfang der Veröffentlichung.
StGB. Der Richter, der die
Zusatzstrafe ausspricht, darf den Verurteilten auch dann verwahren, wenn der
Richter, der die Grundstrafe verhängt hat, das nicht getan hat. Die Verwahrung
tritt dann an Stelle beider Strafen. Wie lange hat sie mindestens zu dauern?
(Erw. 3).
3. Art. 42 ch. 1, 1 re phrase CP. Seules des peines privatives de liberté
subies avant l'infraction entrent en ligne de compte (consid. 1). Quand
sont-elles « nombreuses »? (consid. 2).
4. Art. 42 ch. 1 et 5, 68 ch. 2 CP. Le juge qui inflige une peine
additionnelle peut ordonner l'internement du condamné même Ri le juge qui a
prononcé la peine principale ne l'a pas fait. L'internement se substitue aux
deux peines. Durée minimum? (consid. 3).
5. Art. 42 cifra 1, I frase CP. Solo le pene privative della libertà personale
subite prima del reato entrano in linea di conto (consid. 1). Quando sono «
molte »? (consid. 2).
6. Art. 42 cifre 1 e 5 e art. 68 cifra 2 CF. Il giudice che pronuncia la pena
addizionale può ordinare l'internamento del condannato anche se il giudice che
ha pronunciato la pena principale non l'ha fatto. L'internamento sostituisce
le due pene. Quale dev'essere la sua durata minima? (consid. 3).

A. - Ziegler wurde in den Jahren 1917, 1922 und 1923 im Ausland dreimal wegen
Diebstahls verurteilt. Die Strafen, die er verbüsst hat, lauteten auf vier
Monate, zwei Wochen und ein Jahr Gefängnis. Im Jahre 1924 verurteilte ihn das
Kantonsgericht von St. Gallen wegen Raubes mit Vernichtung eines
Menschenlebens, qualifizierten Diebstahls und Einbruchs in diebischer Absicht
zu lebenslänglichem Zuchthaus. Am 19. Juni 1940 wurde er als begnadigt auf
freien Fuss gesetzt.

Seite: 98
Am 18. Dezember 1947 verurteilte ihn das Kriminalgericht des Kantons Glarus
wegen gewerbsmässigen Betruges, Urkundenfälschung, gewerbsmässigen Diebstahls
und Veruntreuung zu drei Jahren Zuchthaus und stellte ihn für fünf Jahre in
der bürgerlichen Ehrenfähigkeit ein. Als Zusatz zu dieser Strafe sprach das
Obergericht des Kantons Zürich am 5. Februar 1948 gegen Ziegler wegen
Betruges, wiederholter Fälschung von öffentlichen Urkunden und Amtsanmassung
ein Jahr Zuchthaus aus. Am 1. September 1948 verurteilte das Obergericht des
Kantons Glarus Ziegler wegen Anstiftung zu Diebstahl, Anstiftung zu Befreiung
eines Gefangenen und Hehlerei zu fünf Monaten Gefängnis.
B. - Anfangs September 1947 hatte Ziegler unter Mithilfe eines andern
versucht, eine Frau um rund Fr. 50000.­ zu betrügen. Für diese Tat verurteilte
ihn das Kantonsgericht von St. Gallen am 23. Dezember 1948 zu vier Monaten
Zuchthaus als Zusatz im Sinne von Art. 68 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 68 - 1 Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
1    Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
2    Ist die Veröffentlichung eines freisprechenden Urteils oder einer Einstellungsverfügung der Strafverfolgungsbehörde im öffentlichen Interesse, im Interesse des Freigesprochenen oder Entlasteten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Staatskosten oder auf Kosten des Anzeigers an.
3    Die Veröffentlichung im Interesse des Verletzten, Antragsberechtigten, Freigesprochenen oder Entlasteten erfolgt nur auf deren Antrag.
4    Das Gericht bestimmt Art und Umfang der Veröffentlichung.
StGB zu der Strafe, die das
Kriminalgericht des Kantons Glarus am 18. Dezember 1947 verhängt hatte. An
Stelle der Zusatzstrafe liess das Kantonsgericht Verwahrung auf unbestimmte
Zeit im Sinne von Art. 42
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
1    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
2    Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34
3    Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat.
4    Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35
StGB treten. Zur Begründung führte es aus, die
Vorstrafen zeigten, dass der Angeklagte einen Hang zum Verbrechen habe. Die
grosse Gefährlichkeit, die Ziegler schon früher und auch in diesem Falle
wieder bekundet habe, lasse wünschen, dass er die Freiheit überhaupt nicht
mehr erlange. Die Verwahrung trete nur an Stelle der Zusatzstrafe, da
andernfalls ein rechtskräftiges und hier zudem ausserkantonales Urteil
abgeändert würde, was auf einen unhaltbaren Eingriff in die Gerichtsbarkeit
eines andern Kantons hinauslaufen würde. Ziegler werde also zuerst die vom
Kriminalgericht des Kantons Glarus, vom Obergericht des Kantons Zürich und vom
Obergericht des Kantons Glarus verhängten Strafen verbüssen müssen. Erst
hierauf sei die Verwahrung zu vollstrecken.
C. - Ziegler führt gegen das Urteil vom 23. Dezember

Seite: 99
1948 Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrage, die Verwahrung sei aufzuheben und
nur die Zusatzstrafe von vier Monaten Zuchthaus in Rechtskraft zu lassen. Er
macht geltend, die vier Vorstrafen, die er vor Begehung der Tat verbüsst
gehabt habe, seien nicht « zahlreiche » im Sinne des Art. 42
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
1    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
2    Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34
3    Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat.
4    Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35
StGB.
D. ­ Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen beantragt. die Beschwerde
sei abzuweisen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1.- Verwahrung nach Art. 42
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
1    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
2    Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34
3    Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat.
4    Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35
StGB setzt unter anderem voraus, dass der
Verurteilte wegen Verbrechen oder Vergehen schon zahlreiche Freiheitsstrafen
verbüsst hat. Das Gesetz geht davon aus, dass der Verurteilte, solange nicht
zahlreiche Versuche, ihn durch Freiheitsstrafe zu bessern, fehlgeschlagen
haben, möglicherweise noch durch Strafe gebessert werden kann und daher für
seine Tat bestraft, nicht verwahrt werden soll. Unter diesem Gesichtspunkte
können ihm nur die Strafen vorgehalten werden, die er vor Begehung der Tat
verbüsst hat. Über die Ermahnungen, die er durch erst später ausgefällte
Strafen erhalten hat, hat er sich durch Begehung der Tat nicht hinweggesetzt.
Daher sind die Strafen, zu denen Ziegler am 18. Dezember 1947, 5. Februar und
1. September 1948 verurteilt worden ist, bei Beurteilung der Frage, ob er
wegen des anfangs September 1947 verübten Betrugsversuchs zu verwahren sei,
nicht mitzuzählen. Bloss die vier in den Jahren 1917, 1922, 1923 und 1924
ausgefällten Freiheitsstrafen, die alle vor September 1947 verbüsst worden
sind, fallen in Betracht.
2.- Durch den Begriff «` zahlreich » will das Gesetz die Zahl der Vorstrafen,
die verbüsst sein müssen, nicht ein für allemal nach unten fest begrenzen.
Wollte es das tun, so würde es die Mindestzahl der Vorstrafen, die es als
Voraussetzung der Verwahrung betrachtet, nennen. Die Verwahrung soll die
Gesellschaft vor dem Rechtsbrecher sichern, von dem nach den gemachten
Erfahrungen

Seite: 100
nicht anzunehmen ist, dass er sich durch Strafe bessern lasse. Die Wirkung der
Vorstrafen aber wird nur verstanden, wenn berücksichtigt wird, welcher Art sie
waren, wie weit, sie zurückliegen und in welchen Abständen sie sich folgten
(vgl. ZÜRCHER, Erläuterungen zum Vorentwurf 1908 S. 79). Daher hat der
Kassationshof in gewissen Fällen vier Vorstrafen als zahlreiche gelten lassen,
in anderen dagegen nicht. Das Merkmal der zahlreichen Freiheitsstrafen sieht
er bloss dann als zweifellos nicht erfüllt an, wenn der Verurteilte weniger
als vier solche Strafen verbüsst hat (BGE 69 IV 101).
Im vorliegenden Falle fällt in Betracht! dass der Beschwerdeführer ausser den
drei Gefängnisstrafen aus den Jahren 1917, 1922 und 1923 sechzehn Jahre
Zuchthaus hinter sich hatte, als er die Verbrecherlaufbahn erneut beschritt,
und dass er nur durch Begnadigung dem lebenslänglichen Aufenthalt im Zuchthaus
entgangen ist. Diese Warnungen und Besserungsversuche hätten genügt, wenn er
überhaupt fähig wäre, sich zu bessern. Gewiss hat er sich während sieben
Jahren gehalten. Seine neuen schweren und zahlreichen Verbrechen, die seither
beurteilt worden sind, beweisen aber, dass mit Strafe, auch mit der
schwersten, gegen seinen Hang auf die Dauer nicht aufzukommen ist. Unter
diesen Umständen kann es nicht der Sinn des Art. 42
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
1    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
2    Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34
3    Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat.
4    Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35
StGB sein, dass dem
Beschwerdeführer Gelegenheit zu weiteren Verbrechen oder Vergehen gegeben
werden müsse, ehe er verwahrt werden kann. Durch die vier verbüssten
Freiheitsstrafen ist er oft genug gewarnt worden.
3.- Dass das Kriminalgericht des Kantons Glarus, das Obergericht des Kantons
Zürich und das Obergericht des Kantons Glarus gegen den Beschwerdeführer die
Verwahrung nicht ausgesprochen haben, steht der Verhängung dieser Massnahme
heute nicht im Wege. Obwohl das Urteil über die Zusatzstrafe im Sinne von Art.
68 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 68 - 1 Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
1    Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
2    Ist die Veröffentlichung eines freisprechenden Urteils oder einer Einstellungsverfügung der Strafverfolgungsbehörde im öffentlichen Interesse, im Interesse des Freigesprochenen oder Entlasteten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Staatskosten oder auf Kosten des Anzeigers an.
3    Die Veröffentlichung im Interesse des Verletzten, Antragsberechtigten, Freigesprochenen oder Entlasteten erfolgt nur auf deren Antrag.
4    Das Gericht bestimmt Art und Umfang der Veröffentlichung.
StGB auf die Grundstrafe Rücksicht zu nehmen hat, ist es rechtlich
unabhängig. Gleich wie der Richter, der die Zusatzstrafe ausfällt, frei
darüber entscheidet, ob

Seite: 101
sie bedingt aufzuschieben sei (BGE 73 IV 89), ist er auch in der Frage, ob
Verwahrung zweckmässig sei, nicht an die Auffassung des Richters gebunden, der
die Grundstrafe ausgefällt hat.
Er hat jedoch dafür zu sorgen, dass der Verurteilte durch Verhängung der
Verwahrung nicht ungünstiger wegkommt, als wenn die mehreren strafbaren
Handlungen gleichzeitig beurteilt würden. Art. 68 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 68 - 1 Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
1    Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
2    Ist die Veröffentlichung eines freisprechenden Urteils oder einer Einstellungsverfügung der Strafverfolgungsbehörde im öffentlichen Interesse, im Interesse des Freigesprochenen oder Entlasteten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Staatskosten oder auf Kosten des Anzeigers an.
3    Die Veröffentlichung im Interesse des Verletzten, Antragsberechtigten, Freigesprochenen oder Entlasteten erfolgt nur auf deren Antrag.
4    Das Gericht bestimmt Art und Umfang der Veröffentlichung.
StGB stellt diesen
Grundsatz freilich nur für die Bestimmung der Strafe auf. Der Gedanke, der
dieser Vorschrift zugrunde liegt, lässt sich jedoch auf die Verwahrung
übertragen, die gemäss Art. 42 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
1    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
2    Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34
3    Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat.
4    Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35
StGB an Stelle der ausgesprochenen
Freiheitsstrafe tritt und damit deren Sühnezweck miterfüllt. Hätten der vom
Kantonsgericht von St. Gallen beurteilte Betrugsversuch von anfangs September
1947 und die nach diesem Zeitpunkt von den Glarner Gerichten und dem
zürcherischen Obergericht beurteilten strafbaren Handlungen Gegenstand eines
einzigen Urteils gebildet, so hätte die Verwahrung nicht an Stelle bloss eines
Teils der Gesamtstrafe treten können, sondern hätte diese notwendigerweise
ganz ersetzt. Dass das Kriminalgericht des Kantons Glarus, das Obergericht des
Kantons Zürich und das Obergericht des Kantons Glarus einen Teil der
strafbaren Handlungen vorweg beurteilt haben, ehe es zum Urteil des
Kantonsgerichts von St. Gallen gekommen ist, darf deshalb nicht zu Ungunsten
des Beschwerdeführers ausschlagen. Die Verwahrung, die verhängt wird, hat an
Stelle aller Strafen zu treten. Einer Aufhebung der früheren Urteile und der
Ausfällung einer Gesamtstrafe bedarf es zu diesem Zwecke nicht. Wie immer (BGE
68 IV 11) hat der zuletzt urteilende Richter bloss eine Zusatzstrafe
auszusprechen. Das Urteil über die Grundstrafe tastet er nicht an. Er ergänzt
es nur, indem er erklärt, dass die Verwahrung, die er an Stelle der
Zusatzstrafe treten lässt, auch den Vollzug der Grundstrafe ersetze. Damit
greift er nicht in die Gerichtsbarkeit des Richters ein, der die Grundstrafe
ausgefällt

Seite: 102
hat, sowenig dies der Bundesrat tut, wenn er eine rechtskräftig ausgefällte
Strafe mit einer zweiten gleicher Art a vereinigt », ihren Vollzug aufschiebt
und statt dessen die im zweiten Urteil verhängte Erziehung zur Arbeit
durchführen lässt (ZStR 62 334).
Das Kantonsgericht hat daher sein Urteil dahin abzuändern, dass es die
Verwahrung an Stelle aller vier Strafen treten lässt. Wohl bezeichnen die
Erwägungen des angefochtenen Urteils die ausgefällten vier Monate Zuchthaus
bloss als Zusatzstrafe zu den drei Jahren Zuchthaus, die das Kriminalgericht
des Kantons Glarus am 18. Dezember 1947 ausgesprochen hat. Richtigerweise ist
sie aber auch Zusatzstrafe zu der einjährigen Zuchthausstrafe, die das
Obergericht des Kantons Zürich am 5. Februar 1948 ausgefällt hat und die
ihrerseits als Zusatz zu der Strafe vom 18. Dezember 1947 bemessen worden ist.
Sodann sind die vom Kantonsgericht von St. Gallen ausgesprochenen vier Monate
Zuchthaus auch Zusatz zu den fünf Monaten Gefängnis, die das Obergericht des
Kantons Glarus am 1. September 1948 verhängt hat, denn auch im Verhältnis zu
diesem Urteil treffen die Voraussetzungen von Art. 68 Ziff. 2 zu, unbekümmert
darum, ob die fünf Monate Gefängnis als selbständige Strafe oder ihrerseits
als Zusatz zu den früheren Strafen ausgesprochen worden sind.
Die Verwahrung wird mindestens solange dauern als alle vier Strafen zusammen,
soweit sie bei Antritt der Verwahrung nicht bereits vollzogen sein werden.
Beträgt der unvollzogene Rest der Strafen weniger als drei Jahre, so bleibt
der Verurteilte mindestens drei Jahre in Verwahrung (Art. 42 Ziff. 5
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
1    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
2    Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34
3    Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat.
4    Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35
StGB).
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des
Kantonsgerichts von St. Gallen vom 23. Dezember 1948 aufgehoben und die Sache
zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz
zurückgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 75 IV 97
Datum : 01. Januar 1948
Publiziert : 07. Juni 1949
Quelle : Bundesgericht
Status : 75 IV 97
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : 1. Art. 42 Ziff 1 Satz 1 StGB. Nur Freiheitsstrafen, die vor Begehung der Tat verbüsst wurden, sind...


Gesetzesregister
StGB: 42 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
1    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
2    Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34
3    Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat.
4    Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35
68
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 68 - 1 Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
1    Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
2    Ist die Veröffentlichung eines freisprechenden Urteils oder einer Einstellungsverfügung der Strafverfolgungsbehörde im öffentlichen Interesse, im Interesse des Freigesprochenen oder Entlasteten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Staatskosten oder auf Kosten des Anzeigers an.
3    Die Veröffentlichung im Interesse des Verletzten, Antragsberechtigten, Freigesprochenen oder Entlasteten erfolgt nur auf deren Antrag.
4    Das Gericht bestimmt Art und Umfang der Veröffentlichung.
BGE Register
68-IV-7 • 69-IV-99 • 73-IV-88 • 75-IV-97
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
verurteilter • zusatzstrafe • kantonsgericht • stelle • monat • freiheitsstrafe • kassationshof • diebstahl • dauer • strafbare handlung • ehe • gesamtstrafe • betrug • frage • strafgesetzbuch • zuchthausstrafe • beginn • entscheid • richterliche behörde • begründung des entscheids
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