S. 84 / Nr. 13 Fabrik- und Gewerbewesen (d)

BGE 75 I 84

13. Urteil vom 4. Februar 1949 i. S. Saccani gegen Bundesamt für Industrie,
Gewerbe und Arbeit.

Regeste:
Unterstellung unter das Fabrikgesetz: Eine Bauspenglerei, die bei Verwendung
von Motoren dauernd 10 Arbeiter beschäftigt, unterliegt dem Fabrikgesetz, auch
wenn die Werkstattarbeit meist nur drei bis fünf Arbeitskräfte in Anspruch
nimmt und die übrigen Arbeiter hauptsächlich auf den Baustellen beschäftigt
werden.
Assujettissement à la loi sur le travail dans les fabriques: Une ferblanterie
qui utilise des moteurs et occupe en permanence

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10 ouvriers est soumise à la loi sur le travail dans les fabriques, même si le
travail en atelier n'exige la plupart du temps que la présence de 3 à 5
personnes et que les autres ouvriers sont occupés essentiellement sur les
chantiers de construction
Assoggettamento alla legge sul lavoro nelle fabbriche: Un'azienda di
lattoniere, che utilizza dei motori e occupa in modo permanente dieci operai,
è assoggettata alla logge sul lavoro nelle fabbriche anche se U lavoro
nell'officina esige per lo più la presenza di sole tre a cinque persone e gli
altri operai sono occupati essenzialmente sui cantieri di costruzione.

A. ­ Der Beschwerdeführer betreibt in Balsthal ein Spengler- und
Installationsgeschäft. Er beschäftigt in der Regel 10, gelegentlich bis 12
Arbeiter und verwendet Motoren mit insgesamt 15 bis 20 Pferdekräften. An
elektrisch betriebenen Maschinen werden aufgeführt: zwei doppelte
Schmirgelmaschinen, eine doppelte Poliermaschine, eine Säulenbohrmaschine,
eine Kaltsägemaschine, zwei Stanzmaschinen, eine Drehbank, ein Gewindschneid-
und Fräsapparat, ein Ventilator für Rauchabzug, eine Hobelmaschine und eine
Kreisschere für Blechbearbeitung. Der Geschäftsbetrieb hat, nach der
Betriebsbeschreibung und den Darlegungen der Parteien, den Charakter einer
Bauspenglerei, in der die Bauteile, soweit nicht Fabrikware fertig auf den Bau
geliefert wird und vom Spengler lediglich zu installieren ist, in der
Werkstatt hergestellt oder vorbereitet werden. Daneben werden auch noch
Metallwaren für den Verkauf hergestellt, vor allem Rohrschellen; es soll sich
hiebei im wesentlichen um Füllarbeiten bei Auftragslücken und in
geschäftsflauen Zeiten des Hauptbetriebes handeln. Die Art der Unternehmung
bringt es mit sich, dass sich in der Regel eine Anzahl der im Betriebe
beschäftigten Arbeiter auf Baustellen befinden, sodass in der Werkstatt häufig
nur 3 bis 5 Arbeiter anzutreffen sind. Immerhin kann es auch vorkommen, dass
sich alle Arbeiter in der Werkstatt befinden, vor allem bei Regenwetter oder
bei schwachem Geschäftsgang.
B. ­ Am 26. Februar 1948 hat das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit
die Unternehmung Eugen Saccani dem Fabrikgesetz unterstellt als Betrieb mit

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10 Arbeitskräften und mit 15 bis 20 Pferdestärken motorischer Kraft.
C. ­ Hiegegen richtet sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag,
diese Verfügung aufzuheben. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt,
die Voraussetzungen für die Unterstellung seien nicht vorhanden. Der Betrieb
beschäftige zwar in der Regel etwa 10 Personen, doch sei er nicht vornehmlich
industrieller Art, weil die Arbeiter des Installations- und
Spenglereibetriebes ausserhalb der Werkstatt bei Arbeiten für Hoch- und
Tiefbau beschäftigt seien und im Betriebe lediglich diese Arbeiten vorbereitet
würden. Dass daneben eine Stanzmaschine für die Rohrschellenfabrikation
vorhanden sei, vermöge die Unterstellung nicht zu rechtfertigen. Diese
Fabrikation sei bescheiden, sie diene eigentlich nur der Ausfüllung von
Zeitlücken. Das Geschäft Saccani sei ein eigentlicher Bauhandwerkerbetrieb und
daher mehr oder weniger saisonbedingt. Er sei keine industrielle Anstalt mit
Fabrikeigenschaft. Der Arbeitsplatz des Personals sei weniger in der Werkstatt
als in den Häusern, wo Installationen angebracht werden, oder bei
Wasserversorgungsanlagen und dergleichen. Der Fabrikationsprozess in der
Werkstatt werde von etwa 3 Arbeitern bewältigt. Das Gesetz und die Verordnung
gingen von der Gesamtzahl der Arbeiter aus, die im industriellen Betriebe
beschäftigt sind, währenddem die Arbeiten ausserhalb des Betriebes nur
berücksichtigt werden, sofern sie mit dem industriellen Betrieb im
Zusammenhang stehen, was hier nicht zutreffe. Zudem schliesse Art. 7 Abs. 1
SR 741.522 Verordnung vom 28. September 2007 über die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen und ihre Berufsausübung (Fahrlehrerverordnung, FV) - Fahrlehrerverordnung
FV Art. 7 Eidgenössische Fachausweise - 1 Die für die eidgenössischen Fachausweise «Fahrlehrer/Fahrlehrerin», «Motorradfahrlehrer/Motorradfahrlehrerin» und «Lastwagenfahrlehrer/Lastwagenfahrlehrerin» verantwortliche Organisation der Arbeitswelt stellt sicher, dass die Lernenden in die Lage versetzt werden, einen qualitativ hoch stehenden Fahrunterricht zu erteilen.
1    Die für die eidgenössischen Fachausweise «Fahrlehrer/Fahrlehrerin», «Motorradfahrlehrer/Motorradfahrlehrerin» und «Lastwagenfahrlehrer/Lastwagenfahrlehrerin» verantwortliche Organisation der Arbeitswelt stellt sicher, dass die Lernenden in die Lage versetzt werden, einen qualitativ hoch stehenden Fahrunterricht zu erteilen.
2    Die Modul- und Anbieteridentifikationen sowie der Rahmenlehrplan der Berufsausbildungen zu den eidgenössischen Fachausweisen bedürfen der Genehmigung durch das Bundesamt für Strassen (ASTRA).
FV
die Anwendung des Gesetzes bei gewissen Voraussetzungen, die hier zuträfen,
sogar aus.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen
in Erwägung:
1. ­ Art. 1 Abs. 2 FG kennzeichnet als Fabrik die industrielle Anstalt, die
eine Mehrzahl von Arbeitern ausserhalb ihrer Wohnräume beschäftigt, sei es in
den Räumen der

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Anstalt und auf den zu ihr gehörenden Werkplätzen, sei es anderwärts bei
Verrichtungen, die mit dem industriellen Betrieb in Zusammenhang stehen. Dabei
ist unter industrieller Anstalt der Betrieb zu verstehen, der der
Warenproduktion dient, zum Unterschied von Unternehmungen der Landwirtschaft
(Urproduktion) und des Handels, die nicht in den Bereich des Fabrikgesetzes
fallen. Betriebe gewerblichen Charakters sind vom Fabrikgesetz nicht
ausgenommen. Sie fallen in seinen Bereich, wenn sie Unternehmungen der
Warenproduktion sind und die von der Fabrikgesetzgebung vorgesehene Grösse
aufweisen; diese wird nach Betriebseinrichtungen und Arbeiterzahl bestimmt
(BGE 60 I 400 Erw. 1, 70 I 122 und 74 I 213 ff.). Betriebe, in denen Motoren
verwendet werden, gelten als Fabriken, wenn sie 6 und mehr Arbeiter
beschäftigen, Betriebe ohne Motoren bei 11 und mehr Arbeitskräften (Art. 1
Abs. 1 Ziff. 1
SR 741.522 Verordnung vom 28. September 2007 über die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen und ihre Berufsausübung (Fahrlehrerverordnung, FV) - Fahrlehrerverordnung
FV Art. 1 Gegenstand - Diese Verordnung regelt die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen, ihre Berufsausübung sowie ihre Weiterbildung.
FV). Darauf, ob sämtliche Arbeiter in der Werkstatt und an
motorisch betriebenen Maschinen beschäftigt werden, oder nur einzelne von
ihnen, kommt es nicht an.
Unternehmungen, in denen Bauteile hergestellt oder zugerichtet werden, sind
Betriebe der Warenproduktion, industrielle Anstalten im Sinne des Gesetzes.
Sie sind es auch dann, wenn sie sich nicht auf die Lieferung ihrer Waren
beschränken, sondern sich auch mit deren Einfügung in das Bauwerk befassen,
wenn also der industrielle Teil des Betriebes, die Werkstattarbeit, mit
Arbeiten im Hoch- und Tiefbau in Zusammenhang steht. Denn das Gesetz bezieht
solche Arbeiten ausdrücklich in die Unterstellung ein (Art. 1 Abs. 2 FG). Dass
die Verordnung (Art. 7 Abs. 1 bis) für sie Erleichterungen in der Anwendung
des Gesetzes gewährt, ändert daran nichts. Deshalb werden Zimmereien und
Bauschreinereien dem Fabrikgesetz unterstellt (BGE 62 I 179 und die nicht
publizierten Entscheide vom 24. November 1932 i. S. Bolliger und Kern, vom 22.
Juni 1933 i. S. Lothenbach und vom 4. Mai 1945 i. S. Luchsinger). Der
Zusammenhang mit dem Baugewerbe

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hindert die Unterstellung nicht. Ebenso verhält es sich bei Bauspenglereien,
die sich nicht ausschliesslich mit Arbeiten an Baustellen abgeben.
2. ­ Hier hat man es mit einer Bauspenglerei zu tun, die von einer Werkstätte
aus betrieben wird. Nach Betriebseinrichtung und Arbeiterzahl fällt die
Unternehmung zweifellos unter das Fabrikgesetz, da in dem Betrieb Motoren
verwendet und dauernd etwa 10 Arbeiter beschäftigt werden.
Der Beschwerdeführer beruft sich auf die Aussenarbeit, die bei ihm die
Werkstattarbeit weit überwiege. Indessen bezieht das Gesetz die Aussenarbeit
industrieller Betriebe ausdrücklich ein, soweit sie mit dem industriellen
Betrieb im Zusammenhang steht (Art. 1 Abs. 2 FG). Der Beschwerdeführer macht
geltend, dass sich seine Unternehmung auch mit Arbeiten im Hoch- und Tiefbau
beschäftigt, bei denen aus Fabriken fertig auf die Baustelle gelieferte
Bauteile in den Bau einzufügen seien und jeder Zusammenhang mit der Werkstatt
fehle. Es ist aber nicht nachgewiesen, ja nicht einmal bestimmt behauptet
worden, dass diese Arbeit als besonderer Betriebsteil ausgeschieden ist in der
Weise, dass die ihm zugeteilten Arbeitskräfte überhaupt nicht zu Arbeiten
herangezogen werden, die mit dem Werkstattbetrieb in Zusammenhang stehen.
Offenbar trifft es auch nicht zu. Denn nach der eigenen Darstellung des
Beschwerdeführers ist anzunehmen, dass mindestens gelegentlich alle Arbeiter
in der Werkstatt beschäftigt werden. Unter diesen Umständen bedarf es auch
keiner weitern Ergänzung der Untersuchung. Eine solche hätte nur in Erwägung
gezogen werden können, wenn nach der Aktenlage anzunehmen wäre, dass bei
durchschnittlich 10 Arbeitern, die der Betrieb beschäftigt, mindestens 5
ausschliesslich einem nicht industriellen Betriebsteil zugewiesen sind und
dauernd ohne jeglichen Zusammenhang mit Arbeiten beschäftigt werden, die von
der Werkstatt ausgehen. In einem solchen Falle wäre eine Ausscheidung der in
dem nicht industriellen Betriebsteil beschäftigten

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Arbeitskräfte vorzunehmen gewesen. Wo aber eine Betriebsteilung nicht besteht,
zu der jeweilen vorhandenen Arbeit ohne Unterscheidung nach industriellem oder
nicht industriellem Charakter die gerade verfügbaren Arbeitskräfte
herangezogen werden, kommt es für die Frage der Unterstellung unter das
Fabrikgesetz auf die Gesamtzahl der Arbeiter an (BGE 62 I 183 und das zit.
Urteil Bolliger und Kern).