S. 208 / Nr. 41 Fabrik- und Gewerbewesen (d)

BGE 74 I 208

41. Urteil vom 11. Juni 1948 i. S. L. Scheuble & Cie gegen Bundesamt für
Industrie' Gewerbe und Arbeit.

Regeste:
Fabrikgesetz:
1. Betriebe zur Herstellung von Konditorei- und Konfiseriewaren fallen unter
das Fabrikgesetz, wenn die Voraussetzungen nach Art. 1
SR 741.522 Verordnung vom 28. September 2007 über die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen und ihre Berufsausübung (Fahrlehrerverordnung, FV) - Fahrlehrerverordnung
FV Art. 1 Gegenstand - Diese Verordnung regelt die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen, ihre Berufsausübung sowie ihre Weiterbildung.
FV für die
Unterstellung zu treffen.
2. Bei Feststellung der Zahl der im Betriebe beschäftigten Arbeiter sind als
Packerinnen tätige Frauen mitzuzählen.
Loi sur le travail dans les fabriques:
1. Les entreprises qui confectionnent des articles de pâtisserie et de
confiserie sont soumises à la loi sur le travail dans les fabriques lorsque
les conditions prévues à l'art. 1 de l'ordonnance sont réalisées en ce qui les
concerne.
2. Les femmes travaillant comme emballeuses doivent être prises en
considération pour fixer le nombre des ouvriers occupés dans l'entreprise.
Legge sul lavoro nelle fabbriche:
1. Le aziende che confezionano articoli di pasticceria e confetteria sono
assoggettate alla logge sul lavoro nelle fabbriche se le condizioni previste
dall'art. 1 del regolamento per l'applicazione della suddetta legge sono
soddisfatte.
2. Le donne che lavorano nell'azienda ad impacchettare debbono essere prese in
considerazione per stabilire il numero degli operai occupati in essa.

A. ­ Die Kommanditgesellschaft Ludwig Scheuble & Cie, Confiserie, Pâtisserie
und Glacéfabrikation in

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Zürich umfasst heute drei Restaurationsbetriebe: das Café Alt-Hus,
Talackerstrasse 11, das Café Embassy, Fraumünsterstrasse 14, und den Tea-Room
Suvretta, Bahnhofstrasse 61, zwei Verkaufsläden: Talackerstrasse 9 und
Bahnhofstrasse 61, sowie zwei Fabrikationsbetriebe, einen zur Herstellung von
Biskuits und andern Dauer waren Talackerstrasse 7 und einen für Konditoreien,
einschliesslich Glacé, Dianastrasse 9. Beide Betriebe dienen zum Teil der
Versorgung der eigenen Restaurationsbetriebe und Verkaufsläden, zum Teil aber
auch der Produktion für Dritte, lokale Konditoreien und Restaurants,
(Dianastrasse) und, bei den Dauerwaren, auch zum Versand an auswärtige
Interessenten. Nach Aufnahme des eidg. Fabrikinspektorats waren am 27. März
1947 in der Konditorei-Backstube Dianastrasse 9 neben dem Betriebsleiter
beschäftigt: 14 Konditoren, 3 Handlanger, 3 Ausläufer, 1 Chauffeur-Magaziner,
sowie zwei Frauen, wovon eine in der Spedition; im Betriebe Talackerstrasse 7:
4 Konditoren, 5 Frauen und 1 Hausbursche. Der Konditoreibetrieb an der
Dianastrasse erzielte im Geschäftsjahre 1939/40 einen Umsatz von Fr.
166,640.­, wovon Fr. 130,860.­ auf Lieferungen an fremde Betriebe entfallen,
1947 Fr. 605,000.­, wovon Fr. 311,000.­ an fremde Betriebe, der Betrieb
Talackerstr. 7 1945 Fr. 93,800.­, 1947 Fr. 113,000.­, wozu bemerkt wird, dass
in den Umsatzzahlen der Konditorei die Dessert für fremde Betriebe inbegriffen
sind, nicht aber diejenigen der eigenen Restaurants (die als Teil der
Mahlzeiten im Menüpreis pauschal erfasst und nicht gesondert ausgewiesen
wurden den). Die Beschwerdeführerin erwartet aus der Aufhebung der
Rationierung für Rahm eine weitere Steigerung der Lieferungen für die eigenen
Betriebe. Die Umsatzziffern der Lieferungen von Konditoreiwaren und Dessert an
fremde Betriebe haben 1944 mit Fr. 372,000.­ einen Höchststand erreicht;
seither sind sie zurückgegangen.
B. ­ Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit hat die Betriebe der
Firma Ludwig Scheuble & Cie

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für Herstellung von Konditoreiwaren, Konfekt und Glacé Dianastrasse 9 und
Talackerstrasse 7 als Fabrikeinheit dem Fabrikgesetz unterstellt mit der
Begründung: 33 Personen (26 männlichen, 7 weiblichen Geschlechts), Verwendung
elektromotorischer Kraft. Weiter wurde bemerkt, die Voraussetzungen für die
Unterstellung seien seit längerer Zeit erfüllt, es könne mit der Aufnahme der
Betriebe in das Fabrikverzeichnis nicht mehr länger zugewartet werden.
C. ­ Hiegegen richtet sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrage,
den angefochtenen Entscheid aufzuheben, eventuell die Unterstellung auf den
Betrieb Talackerstrasse 7 zu beschränken. Es wird geltend gemacht, der
angefochtene Entscheid beruhe auf unrichtiger Anwendung des Fabrikgesetzes und
der Vollziehungsverordnung und er verstosse gegen das Gebot rechtsgleicher
Behandlung.
a) Nach Art. 1 FG sei die Unterstellung unter das Fabrikgesetz auf
industrielle Anstalten beschränkt. Industrie im Sinne des Fabrikgesetzes seien
aber nicht ­ wie das Bundesgericht in BGE 70 I 117 angenommen habe ­ alle
Betriebe der Warenproduktion, vielmehr falle das Handwerk überhaupt nicht
darunter. Im übrigen sei auch noch zwischen industriellen und gewerblichen
Betrieben zu unterscheiden, welche Unterscheidung das Gesetz selbst
ausdrücklich mache (Art. 81). Der gesetzliche Begriff der industriellen
Anstalt habe eine selbständige Bedeutung, die ihn von handwerklichen Betrieben
unter scheide und nicht ­ nach dem zitierten Urteil ­ nur in Gegensatz zu
Urproduktion und Handel setze; der handwerkliche Charakter eines Betriebes
könne unmöglich nur nach der Grösse, d. h. der Arbeiterzahl, beurteilt werden.
Vielmehr müsse im Einzelfalle nach den Umständen abgewogen und dem Zwecke des
Fabrikgesetzes Rechnung getragen werden, wobei den Eigenschaften der
hergestellten Waren eine massgebende Bedeutung zukomme. Wenn die Waren
individuelle Produkte des menschlichen

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Fleisses darstellen, so werde man den Betrieb, der sie herstellt, nicht als
industrielle Anstalt bezeichnen können, selbst wenn Maschinen und Motoren
Verwendung fänden.
b) Die Konditoreibackstube Dianastrasse 9 weise zwar eine erhebliche
Produktion auf; indessen werde sie nicht durch eine das übliche Mass
übersteigende Mechanisierung erreicht, sondern durch Vermehrung der Zahl
handwerklich tätiger Konditoren. Das Ausmass der Produktion könne niemals
Kriterium für die Unterstellbarkeit sein, solange sie durch handwerkliche
Tätigkeit erzielt werde. Dar Grossteil der Pâtisseriewaren werde zum Verbrauch
in den eigenen Restaurationsbetrieben her gestellt. Im übrigen werde auf
Bestellung produziert. Eine Herstellung auf Vorrat dagegen falle ausser
Betracht, was auf einen handwerklich-gewerblichen Betrieb schliessen lasse. Es
sei auf die Unterstellungspraxis bei Bäckereien zu verweisen, wo die
behördliche Anerkennung des handwerklichen oder gewerblichen Moments sich
darin erweise, dass bisher nur Grossbetriebe unterstellt worden seien, zum
grössten Teil Bäckereien von Konsumgenossenschaften, im übrigen Unternehmen,
bei denen die Bäckerei mit der Fabrikation von Bretzeln, Teigwaren und
ähnlichen Produkten verbunden werde. Jedenfalls seien bis heute gewöhnliche
Bäckereien nicht erfasst worden und ebenso nicht Konditoreien.
Grosskonditoreien, die Grossbäckereien entsprechen würden, gebe es aber
überhaupt nicht. Bei der Konditorei wiege die Handarbeit vor.
Bei den Bäckereien wäre die Unterstellung nur möglich auf Grund einer Änderung
der bisherigen Praxis, ebenso bei Konditoreien. Dazu bestehe weder Anlass noch
Recht. Vielmehr entspreche die bisherige Praxis, wonach Konditoreien nicht
unterstellt werden, dem Gesetz. Diese Praxis müsse daher beibehalten werden.
Ihre Änderung wäre eine Verletzung der Rechtsgleichheit.
c) Ähnliches gelte für den Betrieb an der Talackerstrasse. Hier sei die Zahl
der beschäftigten Personen viel geringer, nämlich 4-5 Konditoren, 4
Packerinnen und

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1 Ausläufer, und die Verwendung von Motoren unbedeutend. Die Packerinnen seien
nicht als «industrielle Arbeitnehmer» anzusprechen. Vor allem fehle dem
Betrieb der Charakter einer industriellen Anstalt. Er sei klein, und die darin
vorkommenden Arbeiten seien ausschliesslich handwerklichen Charakters.
Unzutreffend sei auch die Annahme einer Einheit der beiden Betriebe. Art. 5 VO
treffe nicht zu. Im übrigen wäre er überhaupt nicht anwendbar, da den beiden
Betrieben industrieller Charakter fehle.
d) Gegen die Unterstellung sprächen sodann auch noch Erwägungen mehr
allgemeiner Natur. Die Unterstellung von Konditoreien unter das Fabrikgesetz
ergäbe stossende Unterschiede gegenüber der Behandlung anderer Gewerbearten,
vor allem des Gastwirtschaftsgewerbes, dem die Nichtunterstellung zugesichert
sei (BBl 1910 III S. 582). Das Herstellen von Backwerk sei dem Kochen sehr
ähnlich, und in grösseren Restaurationsbetrieben werde neben den eigentlichen
Speisen auch Backwerk und Pâtisserie hergestellt, wobei nicht nur für eigenen
Betrieb gearbeitet, sondern auch Kundenaufträge ausgeführt würden. Es sei
nicht einzusehen, weshalb unter diesen Umständen ein mittlerer Bäckerei- oder
Konditoreibetrieb unterstellt werde, derartige grosse Hotelküchen dagegen
nicht.
Die Arbeitszeitvorschriften und die übrigen Anordnungen des Fabrikgesetzes
seien für Bäckerei- und Konditorei betriebe untragbar. Vor allem würde die
Unterstellung der Beschwerdeführerin unter das Fabrikgesetz die Bewirtung der
Gäste in den Restaurationsbetrieben beeinträchtigen, für bestimmte Zeiten und
Tage sogar verunmöglichen.
Zu berücksichtigen sei auch, dass die Vorarbeiten für eine eidgenössische
Gewerbe-Gesetzgebung weit vorgeschritten seien, weshalb sich eine ausdehnende
Auslegung des Begriffs der industriellen Anstalt verbiete.
Die Beschwerdeführerin teilt mit. dass sie in ihrer

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Stellungnahme weitgehend einem Rechtsgutachten folge, das
Universitätsprofessor Dr. H. Huber in Bern am 3. August 1946 dem
Schweizerischen Gewerbeverband er stattet hatte. Sie legt das Gutachten ein.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen
in Erwägung:
1. ­ In BGE 60 I S. 400, Erw. 1, ist festgestellt worden, dass mit der Ordnung
in Art. 1 und 2 FG von der Unterstellung unter das Fabrikgesetz ausgenommen
werden
a) die Unternehmungen, die keinen industriellen Charakter aufweisen, nämlich
diejenigen der Landwirtschaft und des Handels,- und,
b) von den Betrieben industrieller Natur, diejenigen des Handwerks und des
Kleingewerbes, wobei für die Abgrenzung die Grösse des Betriebes massgebend
sein soll. Entsprechend ist in BGE 70 I S. 122, wo diese Abgrenzung bestätigt
wurde, ausgeführt, dass bei Betrieben der Warenproduktion das
Unterscheidungsmerkmal nicht der allgemeine Charakter nach Massgabe der
Betriebsorganisation und Art der Produktion (Handwerk, Gewerbe, individuelle
und Massenproduktion), sondern allein die Grösse massgebend sein soll.
Mit dieser Abgrenzung folgt das Bundesgericht den Erläuterungen der
bundesrätlichen Botschaft vom 6. Mai 1910 zum Entwurf für die Revision des
Fabrikgesetzes. Der Gesetzgeber hat die in der Botschaft vorgeschlagene Lösung
übernommen; sie darf also, auch hinsichtlich der beigegebenen Erläuterungen,
als die für die Durchführung des Gesetzes massgebende angesehen werden. In der
Botschaft aber wird der «industrielle Charakter» als Unterscheidungsmerkmal
gegenüber «landwirtschaftlichen, kaufmännischen und andern Betrieben»
aufgeführt und erklärt, er genüge nicht, um die Fabrik als solche zu
bezeichnen. «Die Abgrenzung gegenüber der Heimarbeit, dem reinen Handwerk, den
nur halbwegs industriellen Betriebsweisen verschiedener Art erfordert mehr»

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(BBl 1910 III S. 582). Es wird also im Bereiche des Fabrikgesetzes
unterscheiden zwischen Urproduktion (=Landwirtschaft), anderer Produktion
(=Industrie) und Handel, und innerhalb der «Industrie» im Sinne des Gesetzes
nach besonderen Merkmalen, als welche nach Art. 1, Abs. 2 FG gelten die
Beschäftigung
a) einer Mehrzahl von Arbeitern,
b) ausserhalb ihrer Wohnräume,
c) in den Räumen der Anstalt (einschliesslich Arbeiten auf den zugehörigen
Werkplätzen und Aussenarbeiten des industriellen Betriebs).
Die Merkmale unter b und c dienen der Ausscheidung der (in den zitierten
Fällen und auch hier nicht in Frage stehenden) Heimarbeit und des Baugewerbes.
Im übrigen gilt als Merkmal lit. a, und es ist dem Bundesrat die nähere
Abgrenzung zugewiesen (Art. 2 FG). Dieser hat dafür im Anschluss an das Gesetz
im wesentlichen auf die Einrichtung des Betriebs und die Arbeiterzahl, also
auf die Grösse abgestellt (Art. 1
SR 741.522 Verordnung vom 28. September 2007 über die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen und ihre Berufsausübung (Fahrlehrerverordnung, FV) - Fahrlehrerverordnung
FV Art. 1 Gegenstand - Diese Verordnung regelt die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen, ihre Berufsausübung sowie ihre Weiterbildung.
FV).
Es besteht daher kein Grund, auf die in den zitierten Entscheiden aufgestellte
Umschreibung zurückzukommen. Denn sie muss, nach dem Gesagten, als die
gesetzliche gelten. Sie führt übrigens auch im Ergebnis praktisch zum
richtigen Resultat.
a) Allerdings werden bei Verwendung des Ausdrucks «industriell» zur
Bezeichnung eines Wirtschaftszweiges ohne Ausscheidung nach der
Organisationsform der Betriebe, auch die Unternehmungen des Handwerks (die
Botschaft spricht vom «reinen Handwerk») einbezogen, die nicht unter das
Fabrikgesetz fallen. Doch ist dies unerheblich, weil ein anderes Merkmal, wie
in der Botschaft vorgesehen wurde, die Ausscheidung bewirkt. Das Handwerk als
Betriebsform ist dadurch charakterisiert, dass die Ware im wesentlichen
persönliches Werk des Unternehmers (des Meisters) ist, was bedingt, dass die
im Betriebe beschäftigten Arbeiter im wesentlichen Neben arbeiten verrichten,
die Arbeit des Meisters unterstützen, nicht ersetzen. Bei solchen
Unternehmungen ist die

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Arbeiterzahl notwendigerweise klein; der Umsatz ist bestimmt durch die
persönliche Leistungsfähigkeit des Meisters.
Der Handwerker, der seinen Umsatz vermehren will und mehr Arbeiter einstellt,
als zur Unterstützung seiner persönlichen Arbeit notwendig sind, nützt
Arbeitskraft und Können der in seinem Betriebe beschäftigten Arbeiter, die
selbst Handwerker sein können, als Unternehmer aus. Er führt keinen
Handwerksbetrieb, sondern ein Gewerbe. Handwerksbetriebe, die ohne motorische
Kraft 10 und mehr oder die mit Motoren 6 und mehr Arbeiter beschäftigen, sind
kaum vorstellbar. Handwerkliche Unternehmungen werden daher schon mangels der
erforderlichen Arbeiterzahl für eine Unterstellung unter das Fabrikgesetz auch
dann nicht in Betracht kommen, wenn die allgemeine Umschreibung des
Wirtschaftszweiges, für den das Fabrikgesetz bestimmt ist, sie mitumfasst und,
wenn sie nicht ergänzt, berichtigt wird durch eine besondere Ausnahme für
Unternehmungen, die die Betriebsform des Handwerks aufweisen. Die Frage, ob
die Gleichsetzung von Industrie mit Warenproduktion ohne Urproduktion (im
Sinne von Landwirtschaft) insofern, theoretisch betrachtet, zu weit gefasst
ist, als sie das Handwerk ein schliesst, ist daher für die Anwendung des
Fabrikgesetzes praktisch gegenstandslos.
b) Gewerbliche Betriebe sind von der Fabrikgesetzgebung nicht ausgenommen.
Art. 81 FG bestätigt ausdrücklich, dass die Fabrikgesetzgebung sie zum Teil er
fasst, solange die bundesrechtliche Ordnung der Arbeit in den Gewerben nicht
in Kraft getreten ist. Doch sollen hinsichtlich der gewerblichen Betriebe die
Grundsätze, die für den Vollzug von Art. 1 des Fabrikgesetzes von 1877
aufgestellt worden waren, nicht im Sinne einer ausgedehnteren Anwendung des
gegenwärtigen Gesetzes geändert werden. Es soll also bei den Grundsätzen sein
Bewenden haben, die unter dem alten Fabrikgesetz galten.
Gewerbliche Betriebe fallen dann in den Kreis der für die Anwendung des
Fabrikgesetzes in Betracht kommen

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den Unternehmungen, wenn sie industriellen Charakter haben, d. h. dem
Wirtschaftszweige Industrie im hievor bezeichneten Sinne angehören,
Unternehmungen der Warenproduktion sind. Andere Gewerbe fallen nicht darunter,
und es soll auf sie, gemäss Art. 81 FG, die Anwendung des Fabrikgesetzes nicht
ausgedehnt werden. Weiterhin wird sich die Praxis im Hinblick auf Art. 81 FG
auch bei der Entscheidung über die Zugehörigkeit zu der Gruppe Warenproduktion
Zurückhaltung aufzuerlegen haben, wenn es sich um gewerbliche Betriebe
handelt.
Bei Betrieben aber, die sich mit Warenproduktion befassen, kommt für die
Unterstellung nur die Unterscheidung von Kleingewerben und grösseren Betrieben
in Betracht, wobei die Merkmale massgebend sind, die der Bundesrat in Art. 1
SR 741.522 Verordnung vom 28. September 2007 über die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen und ihre Berufsausübung (Fahrlehrerverordnung, FV) - Fahrlehrerverordnung
FV Art. 1 Gegenstand - Diese Verordnung regelt die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen, ihre Berufsausübung sowie ihre Weiterbildung.

FV aufgestellt hat. Nach der Art des Produktes zu unterscheiden, hätte keine
sachliche Berechtigung. Die Fabrikgesetzgebung dient dem Schutze der Arbeiter,
die in einer Mehrzahl (hauptsächlich) in geschlossenen Räumen beschäftigt
werden. Es kommt also auf die äusseren Arbeitsbedingungen an, nicht auf den
Gegenstand der Produktion. Nach diesem zu unterscheiden, hätte im Rahmen des
Fabrikgesetzes offenbar keinen vernünftigen Sinn. Das Bundesgericht hat denn
auch, im Anschluss an die frühere Praxis des Bundesrates, bei Betrieben zur
Herstellung gewerblicher Erzeugnisse von jeher den industriellen Charakter
bejaht (nicht publizierter Entscheid vom 19. September 1935 i. S. Lutz, wo es
sich um Sattler- und Sportartikel handelte).
2. ­ Die Unternehmung der Beschwerdeführerin um fasst neben drei Gaststätten
und 2 Verkaufsgeschäften zwei Betriebe für Warenproduktion. Die
Gastwirtschaftsbetriebe und die Verkaufsstellen fallen, als nichtindustrieller
Natur, für die Anwendung des Gesetzes nicht in Betracht (Art. 7 Abs. 1
SR 741.522 Verordnung vom 28. September 2007 über die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen und ihre Berufsausübung (Fahrlehrerverordnung, FV) - Fahrlehrerverordnung
FV Art. 7 Eidgenössische Fachausweise
1    Die für die eidgenössischen Fachausweise «Fahrlehrer/Fahrlehrerin», «Motorradfahrlehrer/Motorradfahrlehrerin» und «Lastwagenfahrlehrer/Lastwagenfahrlehrerin» verantwortliche Organisation der Arbeitswelt stellt sicher, dass die Lernenden in die Lage versetzt werden, einen qualitativ hoch stehenden Fahrunterricht zu erteilen.
2    Die Modul- und Anbieteridentifikationen sowie der Rahmenlehrplan der Berufsausbildungen zu den eidgenössischen Fachausweisen bedürfen der Genehmigung durch das Bundesamt für Strassen (ASTRA).
FV).
Bei den Betrieben der Warenproduktion wird die Unterstellbarkeit nach der
Grösse bestimmt, gemessen an Betriebseinrichtung und Arbeiter zahl. Da in
beiden Betrieben Motoren verwendet werden, war die Unterstellung zu verfügen,
wenn die Arbeiterzahl

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5 übersteigt. Dies ist bei beiden Betrieben der Fall. Die Auffassung der
Beschwerdeführerin, die im Betriebe Talackerstrasse hauptsächlich als
Packerinnen beschäftigten Frauen seien nicht mitzuzählen, ist unrichtig. Nach
Art. 2
SR 741.522 Verordnung vom 28. September 2007 über die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen und ihre Berufsausübung (Fahrlehrerverordnung, FV) - Fahrlehrerverordnung
FV Art. 2 Begriffe - In dieser Verordnung werden folgende Begriffe verwendet:
a  Fahrlehrer und Fahrlehrerinnen: Inhaber und Inhaberinnen einer Fahrlehrerbewilligung;
b  Fahrschule: Betrieb, dessen Hauptzweck die Erteilung von Fahrunterricht durch eine oder mehrere Personen ist;
c  selbstständig erwerbende Fahrlehrer und Fahrlehrerinnen: Fahrlehrer und Fahrlehrerinnen, die in keinerlei Anstellungs- oder Unterstellungsverhältnis stehen;
d  Arbeitszeit: Zeit, während der sich ein angestellter Fahrlehrer oder eine angestellte Fahrlehrerin zur Verfügung des Arbeitgebers halten muss; sie umfasst auch die blosse Präsenzzeit und die Arbeitspausen von weniger als einer Viertelstunde; zur Arbeitszeit zählt ferner die Dauer jeder Erwerbstätigkeit bei einem andern Arbeitgeber sowie die Dauer einer selbstständigen Erwerbstätigkeit.
e  Fahrunterricht: theoretische und praktische Ausbildung von Fahrschülern und Fahrschülerinnen im Hinblick auf den Erwerb eines Führerausweises oder der Bewilligung zum berufsmässigen Personentransport nach Artikel 25 der Verkehrszulassungsverordnung vom 27. Oktober 19762 (VZV) einschliesslich Unterricht mit Hilfe von Fahrsimulatoren;
f  Ausbildungspraktikum: die in den Modulen B7, A7 und C7 von Anhang 1 beschriebene Ausbildung von Fahrschülern und Fahrschülerinnen durch angehende Fahrlehrer und Fahrlehrerinnen unter Aufsicht der anerkannten Modulanbieter.
, Abs. 1 FV gelten als Arbeiter alle Personen, die im industriellen
Betrieb beschäftigt werden, auch die Hilfs- und Nebenarbeiten ausführenden
Personen (nicht publizierter Entscheid vom 28. Januar 1932 i. S. Dosch und
Meier, Erw. 1). Bei den Maschinen und Motoren handelt es sich, nach den
Feststellungen am Augenschein, nicht bloss um die allgemein in Kleinbetrieben
üblichen Einrichtungen, sondern um eine wesentlich weitergehende
Mechanisierung. Danach sind die Voraussetzungen für die Unterstellung bei
jedem der beiden Betriebe für sich allein erfüllt. Zudem ist hier, wie das
Bundesamt zutreffend feststellt, Betriebseinheit anzunehmen. Die beiden
Betriebe sind unselbständige Teile einer unter einheitlicher Leitung geführten
Unternehmung. Übrigens sind auch die Produkte derart ähnlich, dass die
räumliche Trennung als ein durch äussere Verhältnisse, Fehlen geeigneter
Räumlichkeiten, bedingter Mangel erscheint.
3. ­ Die grundsätzlichen Einwendungen, die gegen die Unterstellung der beiden
Betriebe erhoben werden, sind unbegründet. Sie stützen sich auf die
Feststellung, dass das Handwerk nicht unter das Fabrikgesetz fällt. Dabei wird
aber ­ wie auch im Gutachten von Professor Huber ­ verkannt, dass man es hier
nicht mit einem Handwerksbetrieb zu tun hat, sondern mit einer Unternehmung,
die, wenn überhaupt noch, dann höchstens allenfalls als Gewerbebetrieb
bezeichnet werden kann. Gewerbebetriebe, die Waren produzieren, unterliegen
aber von jeher der Unterstellung unter das Fabrikgesetz, sobald sie in
Arbeiterzahl und Ausstattung die Bedeutung erreicht haben, die dessen
Anwendung rechtfertigt. Aus gesprochen «handwerkliche» Gewerbe, wie
Damenschneidereien, Nähereien, Kleiderwerkstätten, sind ­ auch unter dem alten
Gesetz ­ nie ausgenommen worden (vgl. z. B. SALIS, Bundesrecht V, S. 166 Nr.
2246 [1898], S. 169,

Seite: 218
Nr. 2251 [1887], BURCKHARDT, Bundesrecht V S. 506, Nr. 2819 I [1908], dazu die
späteren Entscheide 2819 II & IV). Die Konfiserie- und Biskuitherstellung wird
nach der feststehenden Praxis unterstellt (BBl 1909 II 185, BURCKHARDT a.a.O.
S. 505, Nr. 2817 III), ebenso Konditoreien (nicht publiziertes Urteil vom 24.
September 1936 i. S. Dilger; vgl. auch SALIS, V S. 168, No. 1 und BBl 1903, II
S. 37
). Die Annahme der Beschwerdeschrift, die hier verfügte Unterstellung
beruhe auf einer Ausdehnung der Praxis, ist offensichtlich irrtümlich.
Gewisse Betriebe im Gastwirtschaftsgewerbe, wie Küchen in Gasthäusern oder
Gaststätten, fallen nicht unter das Fabrikgesetz, weil sie nicht als Betriebe
der Warenproduktion im Sinne des Gesetzes gelten; ihre Leistungen ­ im
wesentlichen die Zubereitung von Speisen für die Bewirtung ­ werden als
Leistungen besonderer Art angesehen. Die beiden hier unterstellten Betriebe
können aber, wie der Augenschein klar ergeben hat, solchen Küchen in keiner
Weise gleichgestellt werden. Die Betriebsorganisation hat bei ihnen
unzweideutig industriellen Charakter und unterscheidet sich dadurch von der
üblichen Herstellung von Pâtisseriewaren in Gaststätten. Dass sich die
Produktion auch auf Desserts erstreckt, die zur sofortigen Konsumation als
Bestandteile der Menus der Gaststätten bestimmt sind, ändert daran nichts.
Abgesehen davon, dass diese Produktion im Rahmen des Ganzen so zurücktritt,
dass sie die Charakterisierung der Betriebe nicht zu beeinflussen vermöchte,
bleibt sie doch naturgemäss auf solche Desserts beschränkt, die sich zu
industrieller Herstellung eignen. Andere Desserts müssen, auch innerhalb der
Unternehmung der Beschwerdeführerin, den Küchen in den Gaststätten selbst
überlassen werden. Im übrigen findet der industrielle Charakter auch dieses
Geschäftszweiges darin seine Bestätigung, dass mit den so hergestellten
Desserts auch fremde Gaststätten beliefert werden.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 74 I 208
Datum : 01. Januar 1948
Publiziert : 10. Juni 1948
Quelle : Bundesgericht
Status : 74 I 208
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Fabrikgesetz:1. Betriebe zur Herstellung von Konditorei- und Konfiseriewaren fallen unter das...


Gesetzesregister
FV: 1 
SR 741.522 Verordnung vom 28. September 2007 über die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen und ihre Berufsausübung (Fahrlehrerverordnung, FV) - Fahrlehrerverordnung
FV Art. 1 Gegenstand - Diese Verordnung regelt die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen, ihre Berufsausübung sowie ihre Weiterbildung.
2 
SR 741.522 Verordnung vom 28. September 2007 über die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen und ihre Berufsausübung (Fahrlehrerverordnung, FV) - Fahrlehrerverordnung
FV Art. 2 Begriffe - In dieser Verordnung werden folgende Begriffe verwendet:
a  Fahrlehrer und Fahrlehrerinnen: Inhaber und Inhaberinnen einer Fahrlehrerbewilligung;
b  Fahrschule: Betrieb, dessen Hauptzweck die Erteilung von Fahrunterricht durch eine oder mehrere Personen ist;
c  selbstständig erwerbende Fahrlehrer und Fahrlehrerinnen: Fahrlehrer und Fahrlehrerinnen, die in keinerlei Anstellungs- oder Unterstellungsverhältnis stehen;
d  Arbeitszeit: Zeit, während der sich ein angestellter Fahrlehrer oder eine angestellte Fahrlehrerin zur Verfügung des Arbeitgebers halten muss; sie umfasst auch die blosse Präsenzzeit und die Arbeitspausen von weniger als einer Viertelstunde; zur Arbeitszeit zählt ferner die Dauer jeder Erwerbstätigkeit bei einem andern Arbeitgeber sowie die Dauer einer selbstständigen Erwerbstätigkeit.
e  Fahrunterricht: theoretische und praktische Ausbildung von Fahrschülern und Fahrschülerinnen im Hinblick auf den Erwerb eines Führerausweises oder der Bewilligung zum berufsmässigen Personentransport nach Artikel 25 der Verkehrszulassungsverordnung vom 27. Oktober 19762 (VZV) einschliesslich Unterricht mit Hilfe von Fahrsimulatoren;
f  Ausbildungspraktikum: die in den Modulen B7, A7 und C7 von Anhang 1 beschriebene Ausbildung von Fahrschülern und Fahrschülerinnen durch angehende Fahrlehrer und Fahrlehrerinnen unter Aufsicht der anerkannten Modulanbieter.
7
SR 741.522 Verordnung vom 28. September 2007 über die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen und ihre Berufsausübung (Fahrlehrerverordnung, FV) - Fahrlehrerverordnung
FV Art. 7 Eidgenössische Fachausweise
1    Die für die eidgenössischen Fachausweise «Fahrlehrer/Fahrlehrerin», «Motorradfahrlehrer/Motorradfahrlehrerin» und «Lastwagenfahrlehrer/Lastwagenfahrlehrerin» verantwortliche Organisation der Arbeitswelt stellt sicher, dass die Lernenden in die Lage versetzt werden, einen qualitativ hoch stehenden Fahrunterricht zu erteilen.
2    Die Modul- und Anbieteridentifikationen sowie der Rahmenlehrplan der Berufsausbildungen zu den eidgenössischen Fachausweisen bedürfen der Genehmigung durch das Bundesamt für Strassen (ASTRA).
BGE Register
60-I-397 • 70-I-117 • 74-I-208
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
charakter • produktion • restaurant • bundesgericht • zahl • konfiserie • bundesrat • lieferung • umsatz • wirtschaftszweig • handel und gewerbe • unternehmung • arbeitnehmer • dauer • innerhalb • augenschein • treffen • frage • fabrik • gastwirtschaftsgewerbe
... Alle anzeigen
BBl
1903/II/37 • 1909/II/185 • 1910/III/582