S. 228 / Nr. 37 Muster-und Modellschutz (d)

BGE 73 II 228

37. Urteil der I. Zivilabteilung vom 4. November 1947 i. S. Schmid c. Soratroi


Seite: 228
Regeste:
Muster- und Modellschutz.
1. Zulässigkeit der Berufung. Begriff der Muster- und Modellstreitigkeit nach
Art. 45 OG (Erw. 1).
2. Zulässigkeit der im MMG nicht vorgesehenen Klage auf Abtretung eines
Musters oder Modells in analoger Anwendung von Art. 20
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 20
1    Die Anerkennung des Prioritätsanspruches im Patenterteilungsverfahren befreit den Patentinhaber im Prozessfall nicht davon, den Bestand des Prioritätsrechtes nachzuweisen.
2    Es wird vermutet, dass die Anmeldung, deren Priorität beansprucht wird, eine Erstanmeldung (Art. 17 Abs. 1 und 1bis) ist.63
PatG (Erw. 3).
Protection des dessins et modèles industriels.
1. Recevabilité du recours en réforme. Notion de la contestation relative aux
dessins et modèles, au sens de l'art. 45 OJ (consid. l).
2. Admissibilité de l'action ­ non prévue par la LDMI ­ en cession du dessin
ou modèle, par application analogique de l'art. 20 LB (consid. 2).
Protezione dei disegni e modelli industriali.
1. Ammissibilità del ricorso per riforma. Concetto di causa relativa ai
disegni e modelli industriali ai sensi dell'art. 45 OGF (consid. l).
2. Ammissibilità dell'azione di cessione (non prevista dalla LDMI) per
applicazione analogetica dell'art. 20 LBI (consid. 2).

A. ­ Der Beklagte Soratroi hat am 17. Juli 1945 beim eidgenössischen Amt für
geistiges Eigentum in Bern unter Nr. 71200 auf seinen Namen den Modellschutz
für eine Additionsmaschine erwirkt.
Der Kläger Schmid reichte gegen Soratroi Klage ein mit den Begehren, es sei
festzustellen, dass in Wirklichkeit er Urheber dieses Modells sei, und der
Beklagte sei dem zufolge zur Übertragung der Hinterlegung auf ihn zu
verpflichten.
Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage.
B. ­ Das Handelsgericht Zürich hat mit Urteil vom 27. Juni 1947 das
Feststellungsbegehren «angebrachtermassen», das Übertragungsbegehren materiell

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abgewiesen. Es nahm an, das schweizerische Recht kenne keinen der
Patentabtretungsklage gemäss Art. 20
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 20
1    Die Anerkennung des Prioritätsanspruches im Patenterteilungsverfahren befreit den Patentinhaber im Prozessfall nicht davon, den Bestand des Prioritätsrechtes nachzuweisen.
2    Es wird vermutet, dass die Anmeldung, deren Priorität beansprucht wird, eine Erstanmeldung (Art. 17 Abs. 1 und 1bis) ist.63
PatG analogen Anspruch auf Abtretung
eines Modells, sondern lediglich die Ungültigkeitsklage und allenfalls eine
Schadenersatzklage aus Vertrag oder Delikt auf Naturalersatz; der Kläger
verlange aber weder das eine noch das andere. Für das Feststellungsbegehren
fehle das nach dem kantonalen Prozessrecht erforderliche rechtliche Interesse.
C. ­ Mit der vorliegenden Berufung erneuert der Kläger seine vor der
kantonalen Instanz gestellten Begehren; eventuell beantragt er Rückweisung der
Sache an die Vorinstanz zu materieller Entscheidung.
Der Beklagte trägt auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des
angefochtenen Entscheides an.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ Gegenstand der vorliegenden Berufung ist in erster Linie die Frage der
rechtlichen Zulässigkeit der Klage auf Abtretung eines Modells und sodann,
falls dies zu bejahen sein sollte, ob der vom Kläger erhobene
Abtretungsanspruch begründet sei. Es handelt sich somit um eine
zivilrechtliche Streitigkeit betreffend den Muster-oder Modellschutz, für
welche nach Art. 45 lit. a
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 20
1    Die Anerkennung des Prioritätsanspruches im Patenterteilungsverfahren befreit den Patentinhaber im Prozessfall nicht davon, den Bestand des Prioritätsrechtes nachzuweisen.
2    Es wird vermutet, dass die Anmeldung, deren Priorität beansprucht wird, eine Erstanmeldung (Art. 17 Abs. 1 und 1bis) ist.63
OG und Art. 33 Abs. 2
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 20
1    Die Anerkennung des Prioritätsanspruches im Patenterteilungsverfahren befreit den Patentinhaber im Prozessfall nicht davon, den Bestand des Prioritätsrechtes nachzuweisen.
2    Es wird vermutet, dass die Anmeldung, deren Priorität beansprucht wird, eine Erstanmeldung (Art. 17 Abs. 1 und 1bis) ist.63
MMG die Berufung an das
Bundesgericht ohne Rücksicht auf den Streitwert zulässig ist. Dass das MMG die
Abtretungsklage nicht ausdrücklich vorsieht, ist auf den Charakter des
geltendgemachten Anspruchs ohne Einfluss und schliesst daher die
Berufungsfähigkeit nicht aus. Die Berufung ist in Muster- und
Modellstreitigkeiten ohne Rücksicht auf den Streitwert vorgesehen worden, um
eine einheitliche Lösung der dieses Spezialgebiet beschlagenden Rechtsfragen
auf dem Gebiete der ganzen Eidgenossenschaft zu gewährleisten. Dieses
Interesse besteht auch hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit der Muster- und
Modellabtretungsklage.
2. ­ Das Begehren des Klägers auf Feststellung seiner Urheberschaft am
streitigen Modell ist lediglich das

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Motiv für die gleichzeitig erhobene Abtretungs-, d. h. Leistungsklage und
entbehrt daher selbständiger Bedeutung (BGE 67 II 44). Es wäre deshalb selbst
dann abzuweisen, wenn die Zulässigkeit der Feststellungsklage ganz allgemein
durch das eidgenössische Recht geregelt wäre (so LEUCH in SJZ 36 S. 293 ff.),
und nicht grundsätzlich ­ mit Ausnahme des hier nicht zutreffenden Falles,
dass das Bundeszivilrecht ausdrücklich oder stillschweigend einen
Feststellungsanspruch gewährt ­ dem kantonalen Prozessrecht unterstünde, wie
das Bundesgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung angenommen hat (BGE 63
II 223
). Die Frage nach der Rechtsnatur der Feststellungsklage kann daher
gleich wie im Falle BGE 69 II 77 f. auch hier offen bleiben.
3. ­ Wie bereits bemerkt wurde, ist ein Klagerecht des wirklichen Urhebers
eines Musters oder Modells auf Übertragung des Schutzrechts durch denjenigen,
der es unrechtmässig hinterlegt und damit für sich den im Gesetz vorgesehenen
Schutz dafür erlangt hat, im MMG nicht ausdrücklich vorgesehen. Entgegen der
Meinung des Klägers kann ein solcher Anspruch auch nicht aus Art. 4
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 20
1    Die Anerkennung des Prioritätsanspruches im Patenterteilungsverfahren befreit den Patentinhaber im Prozessfall nicht davon, den Bestand des Prioritätsrechtes nachzuweisen.
2    Es wird vermutet, dass die Anmeldung, deren Priorität beansprucht wird, eine Erstanmeldung (Art. 17 Abs. 1 und 1bis) ist.63
MMG und
Art. 13 Abs. 3
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 20
1    Die Anerkennung des Prioritätsanspruches im Patenterteilungsverfahren befreit den Patentinhaber im Prozessfall nicht davon, den Bestand des Prioritätsrechtes nachzuweisen.
2    Es wird vermutet, dass die Anmeldung, deren Priorität beansprucht wird, eine Erstanmeldung (Art. 17 Abs. 1 und 1bis) ist.63
der Wo dazu herausgelesen werden. Unter der in Art. 4
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 20
1    Die Anerkennung des Prioritätsanspruches im Patenterteilungsverfahren befreit den Patentinhaber im Prozessfall nicht davon, den Bestand des Prioritätsrechtes nachzuweisen.
2    Es wird vermutet, dass die Anmeldung, deren Priorität beansprucht wird, eine Erstanmeldung (Art. 17 Abs. 1 und 1bis) ist.63
MMG neben
der Vererblichkeit vorgesehenen Übertragbarkeit ist offensichtlich nur die
Übertragung auf Grund vertraglicher Vereinbarung verstanden, nicht dagegen die
richterliche Zusprechung im Sinne einer Vindikation. Die von einer kompetenten
Behörde ausgestellte Erklärung betreffend eine Änderung des Besitzes am
Schutzrecht gemäss Art. 13 Abs. 3
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 20
1    Die Anerkennung des Prioritätsanspruches im Patenterteilungsverfahren befreit den Patentinhaber im Prozessfall nicht davon, den Bestand des Prioritätsrechtes nachzuweisen.
2    Es wird vermutet, dass die Anmeldung, deren Priorität beansprucht wird, eine Erstanmeldung (Art. 17 Abs. 1 und 1bis) ist.63
VVo sodann kann, da diese Vorschrift
lediglich eine Ausführungsbestimmung zu Art. 4
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 20
1    Die Anerkennung des Prioritätsanspruches im Patenterteilungsverfahren befreit den Patentinhaber im Prozessfall nicht davon, den Bestand des Prioritätsrechtes nachzuweisen.
2    Es wird vermutet, dass die Anmeldung, deren Priorität beansprucht wird, eine Erstanmeldung (Art. 17 Abs. 1 und 1bis) ist.63
MMG darstellt, neben der von
der zuständigen Verwaltungs- oder Gerichtsbehörde ausgestellten
Erbbescheinigung nach Art. 559
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 559 - 1 Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien.
1    Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien.
2    Zugleich wird gegebenen Falles der Erbschaftsverwalter angewiesen, ihnen die Erbschaft auszuliefern.
ZGB ebenfalls nur das in einem Prozess über das
Vorliegen einer vertraglichen Übertragung ergangene Gerichtsurteil sein.
Das Gesetz sieht für den Fall der Erwirkung des Schutzrechtes durch einen
andern Hinterleger als den Urheber

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oder dessen Rechtsnachfolger vielmehr nur die Ungültigkeitsklage des Art. 12
Ziff. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 559 - 1 Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien.
1    Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien.
2    Zugleich wird gegebenen Falles der Erbschaftsverwalter angewiesen, ihnen die Erbschaft auszuliefern.
MMG vor, zu deren Erhebung der wahre Urheber als in erster Linie
Interessierter gemäss Art. 13
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 559 - 1 Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien.
1    Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien.
2    Zugleich wird gegebenen Falles der Erbschaftsverwalter angewiesen, ihnen die Erbschaft auszuliefern.
MMG legitimiert ist. Die auf eine solche Klage
hin erfolgte Ungültigerklärung der Hinterlegung verschafft aber dem wahren
Urheber kein Schutzrecht am hinterlegten Modell. Er erlangt durch die
Ungültigerklärung lediglich wie jeder Dritte das Recht, es ebenfalls zu
gebrauchen. Eine erneute Hinterlegung durch ihn ist mangels Neuheit nach Art.
12 Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 559 - 1 Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien.
1    Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien.
2    Zugleich wird gegebenen Falles der Erbschaftsverwalter angewiesen, ihnen die Erbschaft auszuliefern.
MMG nicht möglich.
Dieses Ergebnis ist zweifellos unbefriedigend. Im Patentrecht, wo nach dem
Gesetz von 1888 die gleiche Situation bestand, ist die Lücke bei der Revision
durch die Aufnahme der Patentabtretungsklage nach Art. 20
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 20
1    Die Anerkennung des Prioritätsanspruches im Patenterteilungsverfahren befreit den Patentinhaber im Prozessfall nicht davon, den Bestand des Prioritätsrechtes nachzuweisen.
2    Es wird vermutet, dass die Anmeldung, deren Priorität beansprucht wird, eine Erstanmeldung (Art. 17 Abs. 1 und 1bis) ist.63
PatG ausgefüllt
worden. Es fragt sich daher, ob diese Vorschrift auf dem Wege der Analogie auf
das Muster-und Modellrecht übertragen werden könne. Da das Wesen der Analogie
darin besteht, eine bestimmte Regelung um des ihr innewohnenden Grundgedankens
willen auf ähnlich liegende Verhältnisse zu übertragen, drängt sich eine
analoge Anwendung der im Patentrecht getroffenen Lösung auf das Muster- und
Modellrecht in der Tat auf. Denn hier wie dort handelt es sich darum, den
wahren Urheber eines Geistesgutes wirksam gegen einen Usurpator zu schützen
und ihm den Genuss der Rechte zu sichern, die ihm nach dem Gesetz zustehen.
Gewiss unterscheiden sich der Patentschutz einerseits und der Muster- und
Modellschutz anderseits insofern voneinander, als Gegenstand des Patentrechts
eine Erfindung ist, d. h. die Verwirklichung eines erheblichen technischen
Fortschritts auf Grund einer schöpferischen Idee, während durch das Muster-
und Modellrecht nur eine äussere Formgebung geschützt werden soll. Allein
diese Verschiedenheit vermag sowenig wie der Unterschied in der
wirtschaftlichen Bedeutung der beiden Schutzrechte zu rechtfertigen, dass im
einen Falle die Usurpation rückgängig gemacht werden kann, während sie im
andern Fall bei Anfechtung

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unweigerlich den Verlust des gesetzlich vorgesehenen Monopolrechts für den
wahren Urheber nach sich zieht. Die Rechtsgleichheit gebietet, dass die
Usurpation des Monopolrechts in beiden Fällen mit den gleichen Mitteln und mit
der gleichen Wirkung bekämpft werden kann.
Dass bei der Einführung der Patentabtretungsklage im Jahre 1907 nicht
gleichzeitig auch das MMG in entsprechender Weise revidiert worden ist, zwingt
angesichts der Seltenheit derartiger Streitigkeiten nicht zum Schlusse, der
Gesetzgeber habe für das Gebiet des Muster- und Modellrechtes die
Abtretungsklage bewusst und absichtlich ausschliessen wollen. Ebensowenig ist
das Unterbleiben der Einführung der Abtretungsklage anlässlich der
Teilrevision des MMG vom 21. Dezember 1928 als Ausschluss der Abtretungsklage
aufzufassen, da damals lediglich die Bestimmung über die Nachfrist für die
Gebührenzahlung, Art. 11
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 20
1    Die Anerkennung des Prioritätsanspruches im Patenterteilungsverfahren befreit den Patentinhaber im Prozessfall nicht davon, den Bestand des Prioritätsrechtes nachzuweisen.
2    Es wird vermutet, dass die Anmeldung, deren Priorität beansprucht wird, eine Erstanmeldung (Art. 17 Abs. 1 und 1bis) ist.63
MMG, der im Jahre 1925 revidierten Pariser
Verbandsübereinkunft von 1883 angepasst werden sollte.
Im Patentrecht hat das Bundesgericht unter der Herrschaft des PatG von 1888
die Einführung der Abtretungsklage auf dem Wege der Rechtsprechung im Sinne
einer Lückenausfüllung allerdings abgelehnt (vergl. BGE 33 II 164 ff.). Das
hatte seinen Grund aber wesentlich darin, dass die Einführung dieses
Rechtsbehelfs die Regelung einer Anzahl weiterer Punkte voraussetzte, wie
insbesondere die Frage der Stellung des gutgläubigen Lizenznehmers, die
Verjährung des Klagrechts usw., was nach der Auffassung des Gerichts ein
Eingreifen des Gesetzgebers erforderte. Dieses Hindernis steht der Zulassung
der Muster- und Modellabtretungsklage auf dem Wege der Analogie nicht
entgegen, da ja nunmehr alle diese Fragen in Art. 20
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 20
1    Die Anerkennung des Prioritätsanspruches im Patenterteilungsverfahren befreit den Patentinhaber im Prozessfall nicht davon, den Bestand des Prioritätsrechtes nachzuweisen.
2    Es wird vermutet, dass die Anmeldung, deren Priorität beansprucht wird, eine Erstanmeldung (Art. 17 Abs. 1 und 1bis) ist.63
PatG eine Regelung
gefunden haben, die sich zwanglos auf das Gebiet des Muster- und Modellrechts
übertragen lässt.
4. ­ Ist somit die Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen Modellabtretungsklage
entgegen der Ansicht der Vorinstanz zu bejahen, so muss die Sache zur Prüfung
der

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materiellen Begründetheit des klägerischen Begehrens an die Vorinstanz
zurückgewiesen werden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Handelsgerichts
Zürich vom 27. Juni 1947 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die
Vorinstanz zurückgewiesen wird.