S. 197 / Nr. 34 Ausübung der wissenschaftlichen Berufsarten (d)

BGE 59 I 197

34. Urteil vom 25. November 1933 i. S. Schmidt gegen Schweiz. Kreditanstalt.


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Regeste:
Art. 5
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
der Übergangsbestimmungen zur BV befreit den Anwalt, der in einem
Kanton einen Befähigungsausweis erlangt hat, nicht von der Pflicht, vor der
Berufsausübung in einem andern Kanton auch eine Bewilligung der dortigen
Behörden einzuholen. Die Kantone sind berechtigt, die Vertretung der Parteien
in gerichtlichen Streitigkeiten, welche sich im Anschluss an eine hängig
Betreibung als Inzident derselben ergeben (z. B.
Rechtsöffnungsstreitigkeiten), den patentierten Anwälten vorzubehalten. Art.
27
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 27 - 1 Jede handlungsfähige Person ist berechtigt, andere Personen im Zwangsvollstreckungsverfahren zu vertreten. Dies gilt auch für die gewerbsmässige Vertretung. Die Kantone können einer Person aus wichtigen Gründen die gewerbsmässige Vertretung verbieten.
1    Jede handlungsfähige Person ist berechtigt, andere Personen im Zwangsvollstreckungsverfahren zu vertreten. Dies gilt auch für die gewerbsmässige Vertretung. Die Kantone können einer Person aus wichtigen Gründen die gewerbsmässige Vertretung verbieten.
2    Die Kosten der Vertretung im Verfahren vor den Betreibungs- und Konkursämtern dürfen nicht der Gegenpartei überbunden werden.
SchKG findet hier keine Anwendung.

A. - Durch Verfügung vom 23. Oktober 1933 hat der Gerichtspräsident II von
Bern der Schweizerischen Kreditanstalt, Filiale Davos, in der Betreibung No.
77208 des Betreibungsamtes Bern gegen den heutigen Rekurrenten Dr. Marcel
Schmidt, Zahnarzt in Bern, die provisorische Rechtsöffnung (für einen
Forderungsbetrag von Fr. mit Nebenfolgen) erteilt. Namens des Betriebenen
appellierte Rechtsanwalt Dr. Barwirsch in Davos-Platz gegen die
Rechtsöffnungsverfügung an das bernische Obergericht. Der Appellationshof I.
Zivilkammer trat indessen mit Entscheid vom 2. November 1933 auf die
Appellation nicht ein, in Erwägung:
«dass nach der hierseitigen Praxis (ZbJV 68 S. 586 f.) die Vertretung der
Parteien auch in den gerichtlichen Betreibungsinzidentalverfahren und also
insbesondere auch im Rechtsöffnungsverfahren nur den patentierten Fürsprechern
des Kantons Bern sowie den nach Art. 5 der Überg. Best. zur Bundesverfassung
zur Berufsausübung ermächtigten Personen zusteht, dass Rechtsanwalt Dr.
Barwirsch in Davos weder die eine noch die andere dieser Voraussetzungen
erfüllt,

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dass somit die vorliegende Appellation, als von einem zur Ausübung der
Advokatur im Kanton Bern nicht befugten Vertreter des Gesuchgegners ausgehend,
nicht anhand genommen werden kann.»
B. - Gegen den Entscheid des Appellationshofes des Kantons Bern hat Dr.
Schmidt beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem
Begehren, derselbe sei aufzuheben und die Sache zur materiellen Beurteilung an
die Vorinstanz zurückzuweisen. Es wird ausgeführt: Das Rechtsöffnungsverfahren
sei vom Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz als Betreibungshandlung geordnet.
Nach klarem Bundesrecht dürfe aber für Betreibungshandlungen der Anwaltszwang
nicht aufgestellt und die Vertretung der Betreibungsparteien nicht vom Besitze
des innerkantonalen Anwaltspatentes oder der Zulassung zur Anwaltstätigkeit im
betreffenden Kanton abhängig gemacht werden (BURCKHARDT, Komm. 3. Aufl. S.
592; JAEGER, Komm. zu Art. 27
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 27 - 1 Jede handlungsfähige Person ist berechtigt, andere Personen im Zwangsvollstreckungsverfahren zu vertreten. Dies gilt auch für die gewerbsmässige Vertretung. Die Kantone können einer Person aus wichtigen Gründen die gewerbsmässige Vertretung verbieten.
1    Jede handlungsfähige Person ist berechtigt, andere Personen im Zwangsvollstreckungsverfahren zu vertreten. Dies gilt auch für die gewerbsmässige Vertretung. Die Kantone können einer Person aus wichtigen Gründen die gewerbsmässige Vertretung verbieten.
2    Die Kosten der Vertretung im Verfahren vor den Betreibungs- und Konkursämtern dürfen nicht der Gegenpartei überbunden werden.
SchKG N. 3-6, Art. 17, N. 2, S. 30 unten, Art.
74, N. 4 Suppl. III zu Art. 27 N. 1 und 5). Schon deshalb sei der Entscheid
des Appellationshofes bundesrechtswidrig. Er verstosse zudem gegen Art. 5
Überg. Best. zur Bundesverfassung. Rechtsanwalt Dr. Barwirsch habe am 3. März
1933 den graubündnerischen Befähigungsausweis für Rechtsanwälte erworben.
Seither sei ihm gestützt darauf auch in den Kantonen Zürich und Schaffhausen
die Ausübung des Anwaltsberufes bewilligt worden. Nachdem er so drei kantonale
Anwaltspatente besitze, dürfe ihm auch die Intervention in einem
Rechtsöffnungsverfahren im Kanton Bern nicht verwehrt werden. Vielmehr wäre
der Appellationshof verpflichtet gewesen, zu prüfen, ob Dr. Barwirsch die
durch Art. 5 Überg. Best. geforderten Eigenschaften besitze. Das Verfahren des
Appellationshofes führe zu einer ausserordentlichen Massregel gegen die nicht
im Kanton Bern niedergelassenen Anwälte und sei schon deshalb wegen
Befürchtung der Rechtsungleichheit aufzuheben.

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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Zur Beschwerde aus Art. 5 Überg. Best. zur Bundesverfassung ist auch die
Prozesspartei befugt, deren Prozesshandlung, weil für sie von einem nicht zur
Ausübung des Anwaltsberufes im Kanton berechtigten Vertreter vorgenommen, als
unwirksam behandelt worden ist (BGE 33 I 492 Erw. 3). Materiell liegt indessen
ein Verstoss gegen diese Verfassungsnorm nicht vor. Sie verpflichtet die
Kantone lediglich, den von einem andern Kanton ausgestellten Fähigkeitsausweis
auch für ihr Gebiet anzuerkennen, hindert sie dagegen nicht, die Ausübung des
Anwaltsberufes hier auch gegenüber dem Träger eines solchen Zeugnisses von der
Einholung einer vorhergehenden Bewilligung abhängig zu machen, die dem
doppelten Zweck dient, einerseits zu prüfen, ob der Ausweis den Anforderungen
des Art. 5
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
Überg. Best. zur BV entspricht, anderseits festzustellen, ob der
Bewerber die weitern persönlichen Voraussetzungen erfüllt, von denen die
Anwaltstätigkeit nach der kantonalen Gesetzgebung abhängig gemacht wird und im
öffentlichen Interesse abhängig gemacht werden darf (wie insbesondere den
guten Leumund usw.) Und zwar kann die Erwirkung einer solchen Bewilligung
nicht nur für die ständige Berufsniederlassung, sondern auch für die Vornahme
einzelner Berufshandlungen im Kanton verlangt werden, mit der Folge, dass
mangels Erfüllung dieses Erfordernisses der betreffende prozessuale Akt als
ungültig erklärt werden darf (BGE 23 I 478; 33 I 492 Erw. 4 f.; 39 I 51; 41 I
390
; BURCKHARDT, S. 825 letzter Absatz).
Auf diesem Boden steht nach dem in Ausführung des kantonalen Advokatengesetzes
ergangenen Beschluss des Obergerichtes vom 10. Juli 1897 der Kanton Bern (Ges.
S. IV 2 S. 314 und dazu LEUCH, Kommentar zur ZPO Art. 83 N. 3). Da danach das
Erfordernis allgemein für alle ausserkantonalen Anwälte gilt und nicht nur im
vorliegenden Falle geltend gemacht worden ist. kann

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dadurch von vorneherein auch die Rechtsgleichheit nicht verletzt sein.
Dabei wird es in der Regel allerdings wohl genügen müssen, dass das Gesuch um
Zulassung zur Berufsausübung gleichzeitig mit der Einreichung einer
Rechtsverkehr gestellt wird, dergestalt, dass die alsdann erteilte Bewilligung
rückwirkend auch jene umfasst. Im vorliegenden Fall hat indessen Dr. Barwirsch
weder bei Einreichung der Appellation gegen den erstinstanzlichen
Rechtsöffnungsentscheid ein solches Gesuch an den Appellationshof gerichtet,
noch behauptet er auch nur, in der erwähnten Rechtsschrift sonst darauf
hingewiesen zu haben, dass er das Fähigkeitszeugnis des Kantons Graubünden
besitze. Der Appellationshof war daher berechtigt, die Appellationserklärung
als unwirksam zu behandeln, wenn sie zu den Prozesshandlungen gehörte, deren
Vornahme für einen anderen nach der bernischen Gesetzgebung den im Kanton
zugelassenen Anwälten vorbehalten ist und ohne Verletzung von Bundesrecht
vorbehalten werden darf.
2.- In BGE 52 III 106 f. hat das Bundesgericht (Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer) ausgesprochen, dass kantonale Vorschriften, welche auf Grund
von Art. 27
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 27 - 1 Jede handlungsfähige Person ist berechtigt, andere Personen im Zwangsvollstreckungsverfahren zu vertreten. Dies gilt auch für die gewerbsmässige Vertretung. Die Kantone können einer Person aus wichtigen Gründen die gewerbsmässige Vertretung verbieten.
1    Jede handlungsfähige Person ist berechtigt, andere Personen im Zwangsvollstreckungsverfahren zu vertreten. Dies gilt auch für die gewerbsmässige Vertretung. Die Kantone können einer Person aus wichtigen Gründen die gewerbsmässige Vertretung verbieten.
2    Die Kosten der Vertretung im Verfahren vor den Betreibungs- und Konkursämtern dürfen nicht der Gegenpartei überbunden werden.
SchKG die berufsmässige Vertretung der Betreibungsparteien vom
Vorhandensein bestimmter sachlicher und persönlicher Voraussetzungen beim
Vertreter abhängig machen, nur für den im Kanton wohnhaften Vertreter, nicht
auch für ausserkantonale gelten könnten. Gleich hatte schon der Bundesrat als
frühere Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs entschieden (Archiv
I N. 5, II No. 60). Ebenso wie Art. 27
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 27 - 1 Jede handlungsfähige Person ist berechtigt, andere Personen im Zwangsvollstreckungsverfahren zu vertreten. Dies gilt auch für die gewerbsmässige Vertretung. Die Kantone können einer Person aus wichtigen Gründen die gewerbsmässige Vertretung verbieten.
1    Jede handlungsfähige Person ist berechtigt, andere Personen im Zwangsvollstreckungsverfahren zu vertreten. Dies gilt auch für die gewerbsmässige Vertretung. Die Kantone können einer Person aus wichtigen Gründen die gewerbsmässige Vertretung verbieten.
2    Die Kosten der Vertretung im Verfahren vor den Betreibungs- und Konkursämtern dürfen nicht der Gegenpartei überbunden werden.
SchKG, auf dem diese Entscheidungen
beruhen, beziehen aber auch sie sich nur auf die eigentliche Betreibung, das
Verfahren vor den Betreibungsbehörden (Betreibungs- und Konkursämtern,
Aufsichtsbehörden über Schuldbetreibung und Konkurs). Die gerichtlichen
Streitigkeiten, welche sich im Anschluss an eine hängige Betreibung als
Inzident

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derselben ergeben können, werden dadurch nicht betroffen. Eine
bundesrechtliche Norm, welche gestatten würde, den erwähnten Grundsatz auf sie
auszudehnen, besteht nicht. Im Gegensatz zur eigentlichen Schuldbetreibung ist
der Rechtsgang vor dem Richter in solchen Streitigkeiten, so insbesondere auch
im «summarischen Prozessverfahren betreffend Rechtsvorschläge und
Konkursbegehren» (Art. 25 Ziff. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 25
SchKG) nicht durch das Bundesrecht geregelt,
vielmehr wird seine Ordnung ausdrücklich der kantonalen Gesetzgebung
überlassen, soweit nicht das Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz dann doch
bei den einzelnen in Betracht kommenden Rechtsinstituten gewisse Grundsätze
darüber aufstellt. Zu dieser Ordnung des Verfahrens gehört aber auch die
Regelung der Bedingungen für die Stellvertretung der Parteien im Prozesse. Es
kann demnach den Kantonen nicht verwehrt werden, die darauf bezüglichen
allgemeinen Bestimmungen ihrer Prozessordnung auch auf solche Streitsachen
anwendbar zu erklären und, wo jene die Prozessführung für andere den im Kanton
auf Grund eines innerkantonalen oder ausserkantonalen Patentes zugelassenen
Anwälten vorbehalten, die Vertretung durch andere Personen auszuschliessen.
Dass die Anwendung dieses Grundsatzes auch auf das Rechtsöffnungsverfahren dem
kantonalbernischen Recht widerspreche und aus diesem Grunde willkürlich wäre,
wird vom Rekurrenten nicht behauptet.
Das Bundesgericht hat übrigens, sowohl was die Rüge aus Art. 5
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
Überg. Best.
zur BV, als was die Berufung auf die Praxis der Bundesbehörden zu Art. 27
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 27 - 1 Jede handlungsfähige Person ist berechtigt, andere Personen im Zwangsvollstreckungsverfahren zu vertreten. Dies gilt auch für die gewerbsmässige Vertretung. Die Kantone können einer Person aus wichtigen Gründen die gewerbsmässige Vertretung verbieten.
1    Jede handlungsfähige Person ist berechtigt, andere Personen im Zwangsvollstreckungsverfahren zu vertreten. Dies gilt auch für die gewerbsmässige Vertretung. Die Kantone können einer Person aus wichtigen Gründen die gewerbsmässige Vertretung verbieten.
2    Die Kosten der Vertretung im Verfahren vor den Betreibungs- und Konkursämtern dürfen nicht der Gegenpartei überbunden werden.

SchKG betrifft, bereits in einem Rechtsöffnungsstreit aus dem Kanton Genf in
dem hier dargelegten Sinne entschieden (Urteil vom 14. Juni 1929 in Sachen L.,
nicht veröffentlicht).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Vgl. auch Nr. 33. - Voir aussi No 33.