S. 147 / Nr. 38 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 56 III 147

38. Entscheid vom 17. September 1930 i. S. Konkursmasse Galli und Konsorten.


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Regeste:
Die Konkursmasse kann ihre Konkursdividendenschuld auch nicht mit einer erst
nach der Aufstellung der Kollokationsplanes, bekannt gewordenen und
gerichtlich beurteilten Forderung des Gemeinschuldners verrechnen.
La masse de la faillite ne peut pas compenser sa dette relative au dividende
avec une créance du failli, dont l'existence n'a été connue et constatée par
jugement qu'après, établissement du plan de collocation.
La massa fallimentare non può compensare il suo debito derivante dal dividendo
con un credito del fallito conosciuto e constatato giudiziariamente solo dopo
l'allestimento della graduatoria.

A. - Als am 30. November 1926 über F. Galli der Konkurs eröffnet wurde,
schwebte beim Bezirksgericht St. Gallen ein von E. Graf angestrengter Prozess
auf Rückzahlung eines Darlehens von 20000 Fr. Diese dann im Konkurs
eingegebene Forderung wies das Konkursamt St. Gallen im Kollokationsplan ab
«1. weil eine höhere Gegenforderung aus einem anfechtbaren Deckungsgeschäft
(Kaufvertrag betr. Schweinebestand von Anfangs Mai 1926) besteht; 2. event.
weil Graf im Mai 1926 als einfacher Gesellschafter gemeinsam mit Galli die
Käserei in Muolen weiter betrieben hat und somit für die entstandenen Schulden
haftbar zu machen ist bezw. für den Ausfall, den die Gläubiger zufolge des
Konkurses erlitten haben, ebenfalls haftbar ist.» Andere von Graf angemeldete
Forderungen dagegen liess das Konkursamt im Kollokationsplan ohne weiteres zu.
Wenige Tage später anerkannte es jedoch auch die eingangs erwähnte Forderung
des Graf mit dem Beifügen, es werde Anfechtungs- und Rückforderungsklage gegen
ihn anheben, was dann geschah. Die vom erstinstanzlichen Gericht abgewiesene
Klage stützten die vier Zessionare der Konkursmasse, welche im
Appellationsverfahren den Prozess an Stelle des Konkursamtes übernahmen
nunmehr teilweise auch noch

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darauf, dass Graf für Stallmiete, Fütterung und Wartung seiner Schweine durch
den Gemeinschuldner in der Zeit vom 5. Mai bis 10. August 1926 diesem eine
gewisse Summe schuldig geworden sei, welche das Kantonsgericht St. Gallen dann
auf 6305 Fr. bezifferte und durch Urteil vom 13. September 1928 zusprach, das
durch Berufungsurteil des Bundesgerichtes vom 19. Juni 1929 bestätigt wurde.
Anlässlich der Auflage der Verteilungsliste schrieb das Konkursamt an Graf,
das Dividendenbetreffnis für seine Forderungen im Betrage von 5084 Fr. 70 Cts.
«gelange nicht zur Auszahlung, da dieser Betrag verrechnet wird mit dem den
Anfechtungs-Gläubigern» (d. h. den erwähnten vier Zessionaren der
Konkursmasse) «zugesprochenen Fütterungsgeld im Betrage von 6805 Fr. nebst 5%
Zins ab 7. April 1927. Sollten Sie mit dieser Verrechnung nicht einverstanden
sein, so haben Sie während der Auflagefrist der Verteilungsliste den Prozess
einzuleiten». Graf tat dies vorsorglicherweise, führte aber gleichzeitig
Beschwerde mit dem Antrag, es sei die verfügte Verrechnung seiner
Konkursdividende mit seiner Schuld von 6805 Fr. als unzulässig zu erklären und
das Konkursamt anzuweisen, ihm die Dividende auszuzahlen.
B. - Die kantonale Aufsichtsbehörde hat am 11. Juli 1930 die Beschwerde
gutgeheissen.
C. - Diesen Entscheid haben sowohl das Konkursamt als die vier Zessionare der
Konkursmasse an das Bundesgericht weitergezogen mit den Anträgen:
a) es sei zu verfügen, die der Beschwerde zu Grunde liegende Frage sei nicht
auf dem Beschwerdewege, sondern auf dem ordentlichen Prozesswege durch den
Richter zu entscheiden, und es sei aus diesem Grunde auf die Beschwerde nicht
einzutreten;
b) eventuell sei die Beschwerde des Graf gänzlich oder doch teilweise in dem
Sinn abzuweisen, dass ihm das Konkursbetreffnis nur für den um seine Schuld
von 6805 Fr. nebst Zinsen reduzierten Forderungsbetrag auszurichten und das
Betreffnis für den Betrag von 6805 Fr.

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nebst Zins durch das Konkursamt an die vier Zessionare auszubezahlen sei.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1. - Unbegründet ist die Bezweifelung der sachlichen Zuständigkeit der
Aufsichtsbehörden zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde. Nach
ständiger Rechtsprechung sind es die Aufsichtsbehörden, welche über die
formellen Voraussetzungen der Zulässigkeit der Verrechnung einer
kollokationsplanmässigen Konkursdividendenschuld durch die Konkursmasse
befinden, während freilich den Gerichten vorbehalten bleibt die Entscheidung
der Frage nach dem Bestand einer Gegenforderung, die jedoch vorliegend bereits
gefällt ist (vgl. BGE 39 I S. 675 ff. = Sep.-Ausg. 16 S. 334 ff.; 40 III S.
104 ff. Erw. 2 und 4; 54 III S. 20). Es handelt sich dabei um die Bestimmung
einer der Rechtswirkungen des Kollokationsplanes, die vom formellen
Konkursrechte beherrscht werden, das von den Aufsichtsbehörden zu handhaben
ist.
2. - Nach ständiger Rechtsprechung der Oberaufsichtsbehörde kann die
Konkursverwaltung Konkursforderungen nur vermittelst entsprechender Abweisung
des Konkursgläubigers im Kollokationsplan mit Gegenforderungen des
Gemeinschuldners verrechnen und ist sie mit derartiger Verrechnung
ausgeschlossen, sofern sie zur Verrechnungserklärung nicht von diesem Mittel
Gebrauch gemacht hat (vgl. die eben angeführten Entscheide). Hieraus folgt
ohne weiteres, dass kollokationsplanmässige Konkursdividendenschulden unter
keinen Umständen mit Gegenforderungen des Gemeinschuldners, sondern nur
allfällig mit Gegenforderungen der Konkursmasse selbst verrechnet werden
können, ganz abgesehen davon, dass die materielle Verrechnungsvoraussetzung
der Gegenseitigkeit im ersteren Fall eigentlich gar nicht gegeben ist.
Die Forderung, mit welcher das Konkursamt hier verrechnen will, ist, weil vor
der Konkurseröffnung

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entstanden, zweifellos eine Forderung des Gemeinschuldners und nicht der
Konkursmasse (während in dem vom Konkursamt hauptsächlich angerufenen BGE 54
III S. 20
gerade nur das von der Konkursverwaltung für die Verrechnung mit
Gegenforderungen der Konkursmasse einzuschlagende Verfahren geordnet wurde).
Demzufolge kann das Konkursamt nicht mehr verrechnen, nachdem es dies nicht
bei der Auflage des Kollokationsplanes durch Abweisung der vom Rekurrenten
angemeldeten Konkursforderungen getan hat. Warum etwas anderes gelten sollte,
weil die ursprünglich behauptete Gegenforderung des Gemeinschuldners höher war
als die zu verrechnende Konkursforderung, ist nicht einzusehen; würde sich
doch die von den Rekurrenten (unter dem Gesichtswinkel des st. gallischen
Zivilprozessrechtes) als notwendig bezeichnete Führung zweier Prozesse durch
vernünftige Handhabung des Behelfes der Sistierung unschwer vermeiden lassen.
Sodann kann nichts daraus hergeleitet werden, dass die Gegenforderung des
Gemeinschuldners am Rekurrenten erst seither gerichtlich festgestellt worden
ist; denn Liquidität ist nach schweizerischem Rechte nicht Voraussetzung der
Verrechnung (Art. 120 Abs. 2
SR 220 Parte prima: Disposizioni generali Titolo primo: Delle cause delle obbligazioni Capo primo: Delle obbligazioni derivanti da contratto
CO Art. 120 - 1 Quando due persone sono debitrici l'una verso l'altra di somme di denaro o di altre prestazioni della stessa specie, ciascuna di esse, purché i due crediti siano scaduti, può compensare il proprio debito col proprio credito.
1    Quando due persone sono debitrici l'una verso l'altra di somme di denaro o di altre prestazioni della stessa specie, ciascuna di esse, purché i due crediti siano scaduti, può compensare il proprio debito col proprio credito.
2    Il debitore può opporre la compensazione sebbene il suo credito sia contestato.
3    Un credito prescritto può essere opposto in compensazione, se non era ancora prescritto al momento in cui poteva essere compensato coll'altro credito.
OR). Im weiteren traf nicht etwa zu, dass das
Konkursamt mangels Fälligkeit der Gegenforderung im Zeitpunkte der Aufstellung
des Kollokationsplanes noch nicht hätte verrechnen können. Ebensowenig kommt
etwas darauf an, dass das Konkursamt damals noch nichts von dem
Forderungsgrund wusste, der dann schliesslich mindestens die teilweise
Gutheissung der Klage gegen Graf zu rechtfertigen vermochte; in dieser
Beziehung verhält es sich nicht wesentlich anders, als wenn ein Privater
mangels Kenntnis von einer Gegenforderung die Verrechnungseinrede nicht
erheben kann, bevor sie ihm abgeschnitten wird, was ja nicht nur durch
Zahlung, sondern namentlich auch durch Präklusion im Prozess geschehen kann,
die eine Parallele bildet zu der hier in Rede stehenden Präklusion im
Kollokationsverfahren. Endlich kann daran,

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dass der Rekurrent entgegen der Vorschrift des Art. 232 Ziff. 3
SR 281.1 Legge federale dell'11 aprile 1889 sulla esecuzione e sul fallimento (LEF)
LEF Art. 232 - 1 L'ufficio dei fallimenti pubblica la dichiarazione di fallimento non appena sia stato deciso se si procederà alla liquidazione ordinaria o a quella sommaria.431
1    L'ufficio dei fallimenti pubblica la dichiarazione di fallimento non appena sia stato deciso se si procederà alla liquidazione ordinaria o a quella sommaria.431
2    La pubblicazione contiene:
1  la designazione del fallito e del suo domicilio, nonché la data della dichiarazione di fallimento;
SchKG seine
Futtergeldschuld dem Konkursamt nicht zur Kenntnis gebracht hat, nicht die im
Gesetze nirgends vorgesehene und auch durchaus unbillige Folge geknüpft
werden, dass nun die Konkursmasse plötzlich ihre Dividendenschuld mit der
Gegenforderung des Gemeinschuldners verrechnen könnte. Gerade hierauf aber
zielt das Konkursamt mit der verfügten Zurückhaltung der ganzen
Konkursdividende ab. Nicht mehr so weit geht freilich sein subeventueller
Rekursantrag, in dem es sich darauf beschränkt, zu verlangen, doch wenigstens
nachträglich noch zur Verrechnung von Konkursforderungen des Rekurrenten mit
der seither entdeckten Gegenforderung des Gemeinschuldners, im Umfange der
letzteren, zugelassen zu werden. Indessen ist dieser Antrag erstmals vor
Bundesgericht gestellt worden und kann daher nicht materiell beurteilt werden
(Art. 80
SR 281.1 Legge federale dell'11 aprile 1889 sulla esecuzione e sul fallimento (LEF)
LEF Art. 232 - 1 L'ufficio dei fallimenti pubblica la dichiarazione di fallimento non appena sia stato deciso se si procederà alla liquidazione ordinaria o a quella sommaria.431
1    L'ufficio dei fallimenti pubblica la dichiarazione di fallimento non appena sia stato deciso se si procederà alla liquidazione ordinaria o a quella sommaria.431
2    La pubblicazione contiene:
1  la designazione del fallito e del suo domicilio, nonché la data della dichiarazione di fallimento;
OG).
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer: Der Rekurs wird
abgewiesen.