490 _Obligationenrecht. N° 81. ss gewinn vor, welcher laut der Expertise
gerade den

angegebenen Betrag von 24,000 Fr. ausmachte. Es '

besteht umsoweniger Veranlassung, von dieser Auffas sung abzugehen und
eine für den Abschluss des Vertrages kausale Täuschung anzunehmen, als
ja der Kläger es in der Hand hatte, die Angaben der Verkäuferin auf ihre
Richtigkeit nachzuprüfen, und er von dieser Möglichkeit auch tatsächlich
durch die gemeinschaftliche Inventarisierung des Bücherbestandes Gebrauch
gemacht hat. Der Wert des Kommissionswarenlagers, dessen VerheimHebung
der Beklagten vorgeworfen wird, betrug laut Feststellung der Expertise
nicht 13,000 Fr., sondern nur 3410 Fr.; abgesehen davon, dass der Kläger
sich hievon selber bei der Geschäftsübernahme hätte überzeugen können,
wie im erstinstanzlichen Urteil zutreffend ausgeführt wird, erscheint es
nach der ganzen Sachlage nicht als wahrscheinlich, dass eine Orientierung
über den Bestand dieses kleinen Kommissionslagers geeignet gewesen wäre,
den Kläger vom Vertragsschlusse abzuhalten. 4. (Irrtumseinrede OR 24 4,
Sachmängel? Forderung von 9000 Fr., Schadenersatzforderung von 20,000
Fr. ev. 43,000 Fr.) '

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung Wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons
Luzern vom 29. Juni 1927 bestätigt.

Obligationenrecht. N° 82. 491

82. Urteil der I. Zivilabteilung vom 14. Dezember 1927 i. S. Badertseher
gegen Mouhamecl Ali Hassan. Kommanditgesellschaft, internes
Verhältnis zwischen Komplementär und K o m m a n d i t a r. Streit
über den nach Kündigung des Gesellschaftsvertrages und erfolgter N
achlassliquidation vom Komplementär an den Kommanditär zurückzuzahlenden
Kommanditbetrag. Auslegung der Bestimmungen des Ge-

sellschaftsvertrages über die Gewinnund Verlustbetejli-A

gung.

A. Am 1. Mai 1922 schlossen die Parteien miteinander einen
Kommanditvertrag ab, aus welchem folgende Bestimmungen hervorzuheben
sind:

A r t. 1. Johann Badertscher, als Inhaber und unbeschränkt haftender
Gesellschafter der Firma Badertscher & Cie, Automobiles in Zürich,
nimmt S. H. Prinz Mouhamed Ali Hassan als Kommanditär in seine Firma auf.

Ar t. 2. Die Kommanditeinlage des Prinzen Hassan beträgt 100,000 Fr. und
ist für das ganze laufende Geschäftsjahr dividendenberechtigt. Die
Einzahlung erfolgt bei Unterzeichnung des Vertrages.

Über diese 100,000 Fr. hinaus kann Hassan zu keiner Leistung verpflichtet
werden, und es ist jede weitergehende Haftung desselben ausgeschlossen.

A rt. 3. Die laut Gesellschaftskonto per 1. Januar 1922 ausgewiesene
Kapitaleinlage des Herrn J . Badertscher darf von ihm nicht durch
Entnahmen verringert werden, er hat dieselbe vielmehr womöglich zu
erhöhen.

A r t. 7. Das Geschäftsjahr wird jeweilen auf den 31. Dezember
abgeschlossen. '

Aus dem Jahres-Reingewinn, der sich nach Abzug aller Geschäftsunkosten
und Verluste und nach Vornahme aller notwendigen Abschreibungen ergibt,
werden zunächst die Kapitaleinlagen der Kommanditäre und sodann die
des unbeschränkt haftenden Gesellschafters .) . Badertscher mit 5 %
verzinst. Ein etwaiger Fehl--

492 _. Obiigationenrecht. No 82.

betrag ist aus dem Gewinn der späteren Jahre vorweg zu decken, wenn
jeweilen nach Verzinsung der Kapitaleinlage der Kommanditäre ein Saldo
hiefür Verfügbar bleibt.

Von dem Überschuss werden 40 % dem investierten Kapital pro rata vergütet,
Die restierenden 60 % fallen dem unbeschränkt haftenden Gesellschafter
J. Badertscher zu.

A r t. 8. Ergibt sich statt eines Jahres-Reingewinnes ein Verlust,
so ist derselbe mit 60 % vorweg voanadertscher zu übernehmen; 40 %
werden dem investierten

Kapital pro rata belastet. Bevor aber in einem nach-_

folgenden Jahre der Überschuss eines Reingewinnes verteilt wird, sollen
aus demselben folgende Vergütungen stattfinden :

a) in erster Linie dem investierten Kapital der belastete Verlustbetrag';
.

b) alsdann dem unbeschränkt haftenden Teilhaber ein gleich grosser Betrag
wie dem investierten Kapital.

A r t. 9. Die Dauer des gegenwärtigen Kommanditgesellschaftsvertrages
ist bis Ende 1925 fest angesetzt. Wird derselbe nicht ein Jahr vor Ablauf
gekündigt, so gilt er als auf weitere vier Jahre erneuert, und so weiter.

Ist der Gesellschaftsvertrag von dem einen oder andern Teile rechtzeitig
gekündigt worden, so hat Badertscher auf das betreffende Jahresende
Aktiven und Passiven der Kommanditgesellschaft zu übernehmen und dem
Kommanditär Hassan seine Kommanditeinlage nebst dem ihm zukommenden Zins
und Gewinnanteil binnen den drei ersten Monaten des nächsten Jahres,
mit marchzähligem Zinszuschlag à 5 %, zurückzuzahlen.

Die ursprünglich auf 100,000 Fr. festgesetzte Kommanditsumme des
Klägers Hassan ist später auf 200,000 Franken erhöht und vom Kläger voll
einbezahlt worden. Das Einlagekapital des Beklagten Badertscher betrug
per 31. Dezember 1922 ohne Zins 143,539 Fr. 91 Cts.

Obiigationenrecht. N° 82. 493

Am 19. März 1924 kündigte der Kläger den Kommanditgesellschaftsvertrag auf
den ersten offenen Termin, den 31. Dezember 1925. Noch im gleichen Jahre,
am 17. Dezember 1924, stellte Badertscher namens der Kommanditgesellschaft
Badertscher & Cie beim Bezirksgericht Zürich das Gesuch um Bewilligung
einer Nachlasstundung zwecks Abschlusses eines Nachlassvertrages. Am
26. Juni 1925 erteilte das Bezirksgericht demselben die Genehmigung auf
Grund des Berichtes des sann- walters, wonach die Aktiven 279,011 Fr. 73
Cts. und die Passiven 480,671 Fr. 55 Cts. betrugen, und im Hin ' blick
auf die Erklärung, dass weder der unbeschränkt haftende Gesellschafter
noch dessen Verwandte ausser dem im Geschäft investierten Vermögen Mittel
besässen, um die Gesellschaftsgläubiger zu befriedigen. Demgemäss zahlte
die Firma ihren Gläubigern eine Nachlassdividende von 30 % aus. Die
Kommandite des Klägers von 200,000 Fr. war in die Nachlassliquidation
einbezogen worden ; hingegen hat sich der Kläger in einer Zuschth vom
8. April 1925 an den Sachwalter der Firma Badertscher & Cm das Recht
vorbehalten, im internen Verhältnis gegenüber Badertscher, eventuell
in dessen Privatkcnkurs auch diese Kommanditsum'me zurückzuverlarigen,
soweit er nicht gemäss Kommandit-vertrag am Verlust partizipiere.

B. Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger vom Beklagten
Rückerstattung der Kommanditsumme, soweit der Betrag derselben seinen
Anteil am Geschäftsverlnst übersteige, den er wie folgt ausrechnet :
Auszugehen sei von seinem eigenen Einlagekapital von 200,000 Fr.,
dem gegenüberstehe das Einlagekapital des unbeschränkt haftenden
Gesellschafters ; beide Summen zusammen bilden das investierte Kapital ,
das Gesellschaftsvermögen, das durch die 40 % Verlustanteil, von denen
in Art. 8 des Gesellschaftsvertrages die Rede sei,' betroffen werde,
während von den restlichen 60 % Verlust, welche nach der zitierten
Vertragsbestimmnng der

494 ÄOhligati()nenrecht. N° 82. .

Beklagte allein zu übernehmen habe, das ganze Vermögen desselben betroffen
werde. Diese 60 % Verlustanteil dürfen somit nicht auf dem Kapitalkonto
abgeschrieben ' werden.

Nach Massgabe dieser Verteilungsgrundsätze und unter Zugrundelegung der
vom Beklagten in seinen eigenen Aufstellungen genannten Ziffern:

(Verlust per 31. Dezember 1922 260,989 Fr. 36 Cts.

Gewinn per 31. Dezember 1923 47,648 Fr. 54 Cts.

Verlust per 31. Dezember 1924 325,858 Fr. 91 Cts.

Gewinn per 31. Dezember 1925 217,847 Fr; 94 Cts.) gelange er in sämtlichen
Aufstellungen zu einem Betrage, welcher die eingeklagte Summe von 60,000
Fr. übersteige. Ob die 70 %, um welche die Gesellschaftsgiäubiger im
Nachlassvertragsverfahren zu Verlust gekommen seien, der Gesellschaft
als solcher, oder dem Beklagten persönlich gutgebraeht werden, spiele
deshalb keine besondere Rolle, weil so oder anders ein Restguthaben von
mehr als 60,000 Fr. resultiere.

C. Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Er macht in der
Hauptsache geltend, es sei nicht angängig, statt das Kapitalkonto
(das doch den Verlust zu tragen habe, indem es die Beteiligung des
unbeschränkt haftenden Gesellschafters darstelle) mit dessen jeweiligem
Verlustanteil zu belasten, den Verlust, soweit er von dem unbeschränkt
haftenden Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag vorab zu tragen
sei, als Aktivposten in die Bilanz einzutragen.

. D. Das zürcherische Handelsgericht hat mit. Urteil vom 30. Juni 1927
die Klage im vollen Betrage von 60,000 Fr. nebst 6% Zins seit 1. Januar
1926 geschützt.

E. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die Berufung an das Bundesgericht
erklärt, mit dem Antrag, es sei die Klage abzuweisen

Das Bundesgericht ziehî in Erwägung :

1. Das Schicksal der Klage hängt von der Aus--

Obligationenreeht. N° 82. 495

legung der Art. 3, 7 u. 8 des Gesellschaftsvertrages vom 1. Mai
1922 ab, in denen das Verhältnis,' m welchem die Parteien in der
Kommanditgesellschaft Badertscher & Cle unter sich standen, und speziell
die Gewinnund Verlustbeteiligung näher geregelt sind.

2. Soweit das OR nichts Gegenteiliges bestimmt (wie in Art. 539 und 541),
sind die Gesellschafter in der · Gestaltung des inneren Verhältnisses
frei. Zum nachgiebigen Gesellschaftsrecht gehört insbesondere auch die
Art und Weise der Verteilung von Gewinn und Verlust unter die einzelnen
Gesellschafter. Das trifft für das Verhältnis zwischen Komplementär
ebenfalls zu, wobei immerhin die Rechte Dritter, also namentlich
der Gläubiger, durch die Ordnung des internen Verhältnisses nicht
beeinträchtigt werden dürfen.

Bei der Würdigung jener grundlegenden Vertragsbestimmungen ist ferner
in Betracht zu ziehen, dass die Kontrahenten offenbar Vereinbarungen
haben treffen wollen, deren Inhalt sich nicht bereits aus dem Gesetz
ergab, sondern von dessen nachgiebigen Bestimmungen abweicht, ansonst
ja besondere Abmachungen überflüssig gewesen wären. Speziell war
eine Vorschrift des Inhaltes, der Komplementär dürfe die vertraglich
übernommene Kapitaleinlage nicht einseitig herabsetzen, enthehrlich,
da es zur Abänderung einer Vertragsklausel, durch die ein bestimmter
Kapitalbeitrag versprochen wird,sowieso der Zustimmung aller Kontrahenten
bedarf. Es muss also dem Art. 3 eine darüber hinausgehende Bedeutung
zukommen, und es liegt nahe, anzunehmen, dass hier Entnahmen aus der
Gesellschaftskasse gemeint sind, die an sich {zulässig wären und dem
Gesellschaftsvertrag nicht widersprechen würden. Wollte ferner Art. 8
nur zum Ausdruck bringen, dass die Gläubiger sich für Verluste an
den unbeschränkt haftenden Gesellschafter halten können, so war auch
eine solche Bestimmung überflüssig, denn das liegt ja im Begriffe der
Kommanditgesellschaft. Dass endlich bei der Auf-

496 valigationenrecht. N° 82.

lösung der Gesellschaft der Komplementär dem Kommanditär die Kommandite,
soweit nicht durch Verluste ' aufgezehrt zurückzahlen müsse, ist im
Vertrage schon an anderer Stelle, in Art. 9, ausdrücklich gesagt.

Schon aus diesen Gründen geht es nicht an, den Vertragsbestimmungen
eine dermassen abschwächende Bedeutung beizumessen, wie der Beklagte es
versucht, sondern es ist Art. 3 vernünftigerweise so zu verstehen, dass
der Kapitaleinlage des Komplementärs auch nicht Beträge entnommen werden
dürfen, die sich aus Verlusten zusammensetzen, jedenfalls nicht ,aus
solchen, die nach der besonderen Vorschrift des Art. 8 der Komplementär
über die fKapitaleinlage hinaus, vorweg , zu tragen hat. Und Art. 8
hat nur dann einen selbständigen Sinn, wenn er der Gesellschaft das
Recht einräumt, die den Kompleme'ntär treffenden 60 % des Verlustes nach
Abschluss der Jahresrechnung von ihm zu fordern oder ihm zu belasten. Auch
der zweite Satz von Art. 8 setzt voraus, dass eine effektive Bezahlung
oder Belastung dieses Verlustanteiles stattgefunden habe; denn der
Komplementär soll ja aus späteren Gewinnen eine Rückvergütung erhalten,
allerdings nur im Betrage von 50, nicht 60%, d. h. in gleicher Höhe,
wie das investierte Kapital. '

Eine derartige Auslegung der Vertragshestimmungen ist durchaus nicht
unangemessen: entspricht sie doch ganz der Regelung, wie sie für den Fall
der Erzielung eines Gewinnes unbestritten galt. Wenn der Komplementär
das Recht hatte, über die Beteiligung mit seiner Kapitaleinlage hinaus
vom Reingewinn noch volle 60% zu erhalten, und diesen Gewinnanteil sich
auszahlen oder als Forderung gut-schreiben zu lassen, so ist es nur
billig, wenn er auch die gleiche sofortige Beteiligung am Verlust haben
sollte; ja die Parteien haben damit etwas vereinbart, was nach Art. 533
Abs. II OR schon als ihre stillschweigende Willensmeinung angesehen
weiden könnte.Obligationenreeht. N ° 82. 497

3. Was der Beklagte demgegenüber im kantonalen Verfahren geltend gemacht
hat und zum Teil noch in der Berufungsinstanz verbringt, ist, soweit es
nicht durch die obigen Ausführungen bereits widerlegt ist, nicht geeignet,
diese natürliche und dem offenbaren Sinne der Abmachung entsprechende
Auslegung der Vertragsbestimrnungen zu entkräften.

a) Die Einwendung des Beklagten, dass sich dadurch eine Erhöhung seines
Kapitalkontos ergebe, zu der er nicht verpflichtet sei, trifft nicht
Zu : das Kapitalkonto wird nur in geringerem Grade herabgesetzt, als
es sonst der Fall wäre. Dieser Effekt ist durch nichts ausgeschlossen,
wenn hierin nicht geradezu der Zweck der Bestimmung bestand. '

Auch der weiteren Wirkung, welche sich in der Verbesserung der
Stellung der Gesellschaftsgläubiger (die sich vorzugsweise an das
Gesellschaftskapital halten können), äussert, steht keine zwingende
Gesetzesbestimmung entgegen.

b) Es rechtfertigt sich durchaus, dass der durch den Nachlassvertrag
bewirkte Verzicht der Gesellschaftsgläubiger auf 7 0% ihrer Forderungen an
die Komm-Juditgesellschaft dem Kläger als Kommanditär mit zugute kommt,
betrifft doch der Nachlassvertrag die Kommanditgesellschaft als solche,
nicht den Komplementär persönlich, wie denn auch der Kläger seine
Kommandite in den Nachlass hat einwerfen müssen.

6) Der heute vom Vertreter des Beklagten eingenommene Eventualstandpunkt,
der laut Vertrag den Komplementär treffende Verlustanteil von 60 % dürfe
deswegen nicht in vollem Betrage als Aktivpdsten in die Bilanz eingestellt
werden, weil er nicht zu 100 % bewertet werden könne, ist unbehelflich;
da es sich einzig um das interne Verhältnis zwischen Komplementär und
Kommanditär handelt, so ist auch die in Frage stehende Bilanz eine rein
interne und kommt es hiebei auf die Bewertung der Bilanzposten nicht an.

498 , Obligationenrecht. N° 83.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 30. Juni 1927

bestätigt.

83. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung

vom 14. Dezember 1927 i. S. Waadflindîsohe Versicherung

auf Gegenseitigkeit gegen Hàfliger.

U n e rl a u b t e H a n d l u n g. Entschädigung wegen Verlustes
des Versorgers (OR Art. 45 III). Der Entschädigungsberechtigte
braucht sich Leistungen einer kantonalen Beamtenhilfskasse an seine
Schadenersatzforderung nicht anrechnen zu lassen. Anrechenbar sind
dagegen Leistungen der SUVAL (in Anbetracht der Sonderbestimmung in
Art. 100 KUVG).

Am 2. August 1925 erlitt der Ehemann der Klägerin, Anton Häfliger,
Kantonspolizist in Luzern, anlässlich einer Sonntagstour des
Motorfahrerklubs Luzern, dem er angehörte, einen tötlichen Unfall. Das
Rad des Mitfahrers Fischer, welcher die Fahrerkolonne zu überholen
versuchte, stiess dabei mit dem seinigen zusammen. Ein gegen Fischer
eingeleitetes Strafverfahren endete mit dessen Verurteilung zu einer ss
Gefängnisstrafe von 3 Monaten wegen fahrlässiger Tötung und Übertretung
der Konkordatsverordnung 'betreffend den Verkehr mit Motorfahrzeugen. '

Die Klägerin hob ferner gegen ihn Zivilklage an, mit dem Rechtsbegehren,
er habe ihr die Summe von 57,280 Fr. 25 nebst Zins,(worunter 44,525
Fr. Entschädigung für den Verlust des Versorgers gemäss Art. 45 Abs.
III OR) zu bezahlen. Der Beklagte beantragte gänzliche Abweisung der
Klage wegen Selbstverschuldens Häfligers und machte geltend, es sei
auf eine allfällige Schadenersatzforderung nach Art. 45 Abs. III OR die
Witwenpension, welche die Klägerin aus der kantonalen Hilfskasse beziehe,
unter allen Umständen anzurechnen.Obligationenrecht. N° 83. 499

Während des Prozesses verstarb Fischer an den Folgen eines andern
Motorradunfalles. Der Prozess wird von der Beklagten fortgesetzt.

Die kantonalen Instanzen schützten die Klage teilweise, wobei das
lnzern. Obergericht die Anrechnung der Witwenpension der Klägerin auf
den Versorgerschaden ablehnte. Gegen das Urteil des Obergerichts hat die
Beklagte die Berufung an das Bundesgericht erklärt, mit den Anträgen: die
Klage sei abzuweisen, eventuell: es sei eine allfällige Entschädigung an
die Klägerin zufolge überwiegenden Verschuldens Häfligers um mindestens
75% zu ermässigen, unter Anrechnung der der Klägerin von der kantonalen
Hilfskasse ausbezahlten Witwenpension.Die Klägerin hat sich der Berufung
angeschlossen.

Das Bundesgericht hat die Hauptberufung und die Anschlussberufung
abgewiesen und hiebei in Bezug auf die Frage der Anrechnung der
Witwenpension in Erwägung gezogen : .

Die Vorinstanz hat die Anrechnung mit der zutreffenden Begründung
verneint, die Leistung der Hilfskasse beruhe auf einem selbständigen
Rechtsgrunde, der mit dernjenigen, aus welchem der Schadensverursacher
haftet, nichts zu tun habe. Das Bundesgericht hat in der Tat wiederholt
ausgesprochen (BGE 34 II 654 ff.; 36 II 192; 44 II 291 und insbesondere
49 11 370, Fall Bohnenblust gegen Tournier), dass sich bei Tötungen
und Körperverletzungen der Geschädigte Versichernngssummen, die
ihm infolge des schadenstiftenden Ereignisses zufallen, an seine
Sehadenersatzforderung nicht anrechnen zu lassen brauche : es Würde dem
Zwecke einer jeden Versicherung, welche im Schutze des Versicherten gegen
drohenden Schaden, nicht im Schutze unbekannter Dritter gegen die Folgen
ihres Verschuldens besteht, widersprechen, dass mit Rücksicht auf die
Haftung des Versicherers diejenige des Schädigers zessiere. Man habe
es hiebei nicht mit einer Anspruchskonkurrenz (unechte Solidarität im
Sinne von Art. 51
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 51 - 1 Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
1    Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
2    Dabei trägt in der Regel derjenige in erster Linie den Schaden, der ihn durch unerlaubte Handlung verschuldet hat, und in letzter Linie derjenige, der ohne eigene Schuld und ohne vertragliche Verpflichtung nach Gesetzesvorschrift haftbar ist.
OR}, sondern mit einer Kumulation der Ansprüche zu tun
(s. OSER, Anm. Ill