436 Eisenbahcmaftpflicht. N° ? 4.

der Beschränkung des geistigen Reaktionsvermögens des Klägers
zusammenhängt, dass der Berufungsrichter . hievon ohne zwingende
Gründe nicht abweichen soll. Zu einer Abänderung der von der Vorinstanz
vorgenommenen Bemessung besteht auch nicht etwa deswegen ein Anlass,
Weil der Experte in seinem Gutachten erklärt hat, dass die Psychopathie
des Klägers einen so erheblichen Einfluss auf sein Verhalten im Momente
des Unfalles ausgeübt habe, dass dadurch seine Fähigkeit, auf den von
Zürich herkommenden Tramwagen zu achten, ganz ausgeschaltet oder doch
stark vermindert gewesen sei. Die Vorinstanz hat hierin mit Recht einen
Widerspruch erblickt, den sie aber dadurch beseitigte, dass sie (wozu
sie, ohne dadurch ein Aktenwidrigkeit zu begehen, berechtigt war) sich
für die letztere Alternative entschloss, d. h, die Reaktionsfähigkeit
des Klägers im Momente des Unfalles nur zum Teil als durch seine
Psychopathie ausgeschaltet erachtete. Diese Feststellung die übrigens
wohl den Tatsachen entspricht ist für das Bundesgericht verbindlich.

VII. Schuldbetreibungs und KONKURSRECHT

POURSUITE ET FALLLITE

Vgl. 111. Teil Nr. 44-46. Voir nie partie, 'os 44 a 45.

I. FAMILIENRECHT DROIT DE LA FAMILLE75. Auszug aus dem Urteil der
II. Zivilabteilung vom 25. November 1927 i. S. Pfister gegen Waisenamt
Tuggen. Art. 374
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 374 - 1 Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
1    Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
2    Das Vertretungsrecht umfasst:
1  alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs üblicherweise erforderlich sind;
2  die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte; und
3  nötigenfalls die Befugnis, die Post zu öffnen und zu erledigen.
3    Für Rechtshandlungen im Rahmen der ausserordentlichen Vermögensverwaltung muss der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner die Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde einholen.
ZGB. Anhörung des zu Bevormundenden:

Blosse Verwarnung genügt nicht. Eröffnung der einzelnen Tatsachen,
gestützt auf welche die Entmündigung ausgesprochen werden soll. -Wann ist
dem zu Bevormundenden genügend Gelegenheit gegeben, die Beweisanträge für
die Ablehnung seiner Entmündigung anzubringen ? Es ist nicht erforderlich,
dass ihm jedes einzelne Beleg schon vor dem Entmündigungsbeschluss
vorgelegt werde, sofern ihm nur im Beschwerdeverfahren die Möglichkeit
geboten wird, sich darüber zu äussern.

Zu Unrecht behauptet die Beschwerdeführerin, sie sei vom 'Waisenamt
Tuggen entgegen der Vorschrift des Art. 374
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 374 - 1 Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
1    Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
2    Das Vertretungsrecht umfasst:
1  alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs üblicherweise erforderlich sind;
2  die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte; und
3  nötigenfalls die Befugnis, die Post zu öffnen und zu erledigen.
3    Für Rechtshandlungen im Rahmen der ausserordentlichen Vermögensverwaltung muss der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner die Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde einholen.
ZGB über die ihr zur Last
gelegten Entmündigungsgründe nicht angehört worden. Zwar ist richtig,
dass in der Anzeige vom 3. Mai 1927, worin der Gemeinderat Tuggen
der Beschwerdeführerin ihre Bevormundung zur Kenntnis brachte,
der Entmündigungsgrund nicht ausdrücklich angegeben war. Allein
die Beschwerdeführerin hat aus den Entmündigungsverhandlungen, 'die
bereits im Dezember 1926 begonnen haben, die ihr zur Last gelegten
Entmündigungsgründe genau gekannt. Sie hatte seinerzeit von ihrem Bruder,
der wegen Geisteskrankheit unter Vormundschaft steht, ihr Heimwesen
gekauft und das Waisenamt wiederholt urn Nachlass ihrer rückständigen
Grundpfandzinse er-

ssucht; bei Anlass einer solchen Verhandlung eröffnete

ihr das Vaisenamt, vor dem sie mit ihrem Anwalt er--

si schienen war, laut dem Verhandlungshericht vom 16.

AS 53 II 1927 31

438 Familienrecht. N° 75.

Dezember 1926 seinen Beschluss, sie wegen Misswirtschaft zu
bevormunden. Die Beschwerdeführerin erhob hiergegen Einsprache, und
ihr Anwalt schrieb dem Waisenamt am 18. Dezember, seine Auftraggeberin
lehne eine Bevormundung nach Art. 370
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 370 - 1 Eine urteilsfähige Person kann in einer Patientenverfügung festlegen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt oder nicht zustimmt.
1    Eine urteilsfähige Person kann in einer Patientenverfügung festlegen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt oder nicht zustimmt.
2    Sie kann auch eine natürliche Person bezeichnen, die im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt die medizinischen Massnahmen besprechen und in ihrem Namen entscheiden soll. Sie kann dieser Person Weisungen erteilen.
3    Sie kann für den Fall, dass die bezeichnete Person für die Aufgaben nicht geeignet ist, den Auftrag nicht annimmt oder ihn kündigt, Ersatzverfügungen treffen.
ZGB entschieden ab, prüfe jedoch
die Frage, ob sie sich zu einer Beistandschaft oder Beiratschaft
entschliessen könne, was zur Zeit noch nicht der Fall sei. In der
Eröffnung des Waisenamtes, die damals nicht weiter verfolgt wurde,
liegt allerdings nur eine Verwarnung der Beschwerdeführerin, und eine
solche vermag nach der feststehenden Rechtsprechung die Anhörung der
zu bevormundenden Person nicht zu ersetzen (BGE 39 II 517). Indessen
ergibt sich aus dem Dargelegten, dass die Beschwerdeführerin wie auch
ihr Anwalt wusste, aus welchen Gründen das Amt, sie zu bevormunden
beabsichtigte. Sie wurde denn auch auf den 18. April eigens vor das
Waisenamt geladen, und es wurde ihr bei diesem Vorstand, wie" sich aus
dem Verhandlungsbericht ergibt, nicht bloss was ungenügend gewesen wäre
der allgemeine Bevormundungsgrund der Misswirtschaft und Verschwendung
vorgehaiten, sondern die Behörde gab ihr die einzelnen ihr zur Last
gelegten Tatsachen bekannt, als; sie habe das von ihren Eltern ererbte
Vermögen aufgebraucht und schulde überdies ihrem bevormundeten Bruder
für viele Jahre den Grundpfandzins ihrer Liegenschaft, so dass sie
gänzlich mittellos sei ; auch habe sie ihr Heimwesen durch schlechte
Bewirtschaftung ver-kommen und Haus und Stall verfallen lassen, so dass
die Gebäude fast unbenützbar geworden und das Gut entwertet sei. Damit
ist der Beschwerdeführerin hinreichend Gelegenheit gegeben worden,
die gegen sie erhobenen Vorwürfe zurückzuweisen, sich zu rechtfertigen
und den Gegenbeweis anzutreten. Dass sie dies getan habe, ohne mit ihren
Gegenbeweisanträgen vom Waisenamt angehört worden zu sein, behauptet sie
nicht. Sie hat nur allgemein gegen ihre Bevormundung Einsprache erhoben,
wie sich auch

Familienrecht. N° 75. 439

aus dem Schreiben ihres Anwaltes vom 20. April ergibt, worin dieser
dem Waisenamt lediglich erklärt, die Beschwerdeführerin trete auf eine
Bevormundung nicht ein. Damit steht fest, dass die Beschwerdeführerin
schon vor dem Entmündigungsbeschluss des Gemeinderates wusste, gestützt
auf welchen Tatbestand sie bevormundet werden soll, und da der Gemeinderat
über das Bevormundungsbegehren des Waisenamtes erst am 30. April danach
entschieden hat, hätte sie bis dahin Gelegenheit genug gehabt, ihre
Ablehnungsgründe zum Beweis zu ver-stellenDass der zu bevormundenden
Person jedes einzelne Beleg, das zur Rechtfertigung des Vorgehens der
Vormundschaftsbehörde dient, schon vor dem Entmigungsbeschluss
vorgelegt werde, ist nirgends vorgeschrieben ; es genügt, wenn ihr im
Beschwerdeverfahren Gelegenheit geboten wird, sich dazu zu äussern,
und das ist hier geschehen. Übrigens sind die Mehrzahl der schriftlichen
Belege, die die Vormundschaftsbehörde während des Beschwerdeverfahrens der
Aufsichtsbehörde unterbreitet hat, erst nach dem Entmündigungsbeschluss
in den Besitz des Waisenamtes gelangt, als dieses den Nachlass der
inzwischen gestorbenen Schwester der Beschwerdeführerin, die mit dieser
zusammenwohnte, aufgenommen hat, was aber nicht ausschliesst, dass
sie im Beschwerdeverfahren zur Unterstützung der übrigen Beweismittel
herbeigezogen werden (vgl. BGE 40 II 183).