284 Staatsrecht.

II.HANDELSUND GEWERBEFREIHEIT

LIBERTÉ DU COMMERCE ET DE L'INDUSTRIE

39. Urteil vom 13. Juli 1926 i. S. Allgemeiner Konsumverein Herisau
gegen Regierungsrat Appenzell li.-Rh. Ankündigung eines zeitlich nicht
beschränkten Rabattes von 6% auf allen Einkäufen zahlbar jeweilen,
nachdem die Einkäufe 50 Fr. erreicht haben. Behandlung als Ausverkauf

(im Sinne von Art. 2 des Hausiergesetzes von Appenzell A. Rh.). Willkür.

A. Der Allgemeine Konsumverein Herisau, eine zum Verband schweizerisoher
Konsumvereine gehörende Genossenschaft, sah sich im Jahre 1925 genötigt
ein Nachlassvertragsverfahren durchzuführen. Den Gläubigern Wurden
70% ihrer Forderungen ausbezahlt. Für die übrigen 30 % erhielten
sie sog. Genusscheine, die aus den Reinerträgnissen der künftigen
Geschäftsjahre allmählich getilgt werden sollten. Im Zusammenhang
damit wurde das bisherige System der Verteilung der Reinerträgnisse
unter die Genossenschafter in Form jährlicher Rückvergütungen
aufgehoben und statt dessen ein fester Rabatt von 6 % auf dem
Betrage der vom einzelnen Genossenschafter gemachten Wareneinkäufe
eingeführt. Die Statutenänderungen, die sich hierauf beziehen, sind an
der Generalversammlung vom 22. November 1925 angenommen worden und auf
den 1. Dezember 1925 in Kraft getreten. Art. 32 34 der statuten lauten
hienach :

Art. 32. Aus den künftigen Betiiebsüberschüssen wird nach Tilgung
der laufenden Verbindlichkeiten, Verzinsung der fremden Gelder,
Barrückvergütung von 6% an die Mitglieder und jährlicher Amortisation
von 10,000 Fr. auf den Immobilien und Mobilien, der Amor-Handelsund
Gewerbetreiheit. N° 39. 285

tisationsfonds für. die Genusseheine der Gläubiger gebildet und zwar
solange, bis alle Genusscheine getilgt sind.

Art. 33. Den Genossenschaftern werden an stelle des (bisherigen)
Warenbüchleins sog. Einkäuferkarten eingehändigt, die sie behufs
Abstempelung für die bezogenen Waren der Verkauksperson jedesmal
vorzulegen haben.

Art. 34. Mit der Lösung einer Einkaufskarte und mit der Unterzeichnung
einer Beitrittserklärung wird ohne weiteres die Mitg iedschaft erworben.

Nach der nicht bestrittenen Angabe des Konsumvereins im gegenwärtigen
Rekursveifahren wird der Rabatt von 6% dem Genossenschafter ausbezahlt,
sobald seine auf der Einkaufskarte eingetragenen Einkäufe 50 Fr.
erreicht haben.

Am 13. März 1926 eröffnete der Regierungsrat des Kantons Appenzell
A.-Rh. dem Allg. Konsumverein Herisau, dass ihm unter den jetzigen
Verhältnissen die Einräumung eines Rabattes von 6 % nicht mehr
gestattet werden könne. In einer weiteren Mitteilung vom 17. März
1926 erklärte die Kantonskanzlei, der Beschluss vom 13. März 1926 sei
so aufzufassen, dass der Rabatt nicht mehr als 5% betragen darf (vgl.
Ziffer 1 der beiliegenden Instruktion des Regierungsrates betreffend
das Ausverkaufswesen im Kanton Appenzell A.-Rh. vom 17. Juli 1922).

Die erwähnte Instruktion bildet einen Ausführungserlass zum kantonalen
Gesetz betreffend das Hausierund Marktwesen vom 28. April 1901. Ihre
Ziffer 1 lautet :

Als Ausverkauf im Sinne von Art. 2 litt. a des Hausiergesetzes wird, ob
derselbe nun ausdrücklich als Ausverkauf bezeichnet werde oder nicht,
jeder öffentliche Verkauf betrachtet, bei welchem eine wesentliche
Preisermässignng auf die dem Verkaufe unterstellten Sachen versprochen
wird. Hieher gehören z.B.: Verkauf zu oder unter Ankaufspreisen,
zu bedeutend

286 : Staatsrecht.

reduzierten Preisen, zuherahgesetzten Preisen, solche mit über 5 %
Rabatt bei Barzahlung, doppelten Sparmarken und dgl ......

B. Mit dem vorliegenden staatsrechtlichen Rekurse verlangt der
Allg. Konsumverein Herisau die Aufhebung des ihm am 13. März 1926
eröffneten Regierungsratsbeschlusses mit Nachtragsbeschluss vom
17. März wegen Verletzung von Art. 4
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
Cst. Art. 4 Langues nationales - Les langues nationales sont l'allemand, le français, l'italien et le romanche.
und 31
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
Cst. Art. 31 Privation de liberté - 1 Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit.
1    Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit.
2    Toute personne qui se voit privée de sa liberté a le droit d'être aussitôt informée, dans une langue qu'elle comprend, des raisons de cette privation et des droits qui sont les siens. Elle doit être mise en état de faire valoir ses droits. Elle a notamment le droit de faire informer ses proches.
3    Toute personne qui est mise en détention préventive a le droit d'être aussitôt traduite devant un ou une juge, qui prononce le maintien de la détention ou la libération. Elle a le droit d'être jugée dans un délai raisonnable.
4    Toute personne qui se voit privée de sa liberté sans qu'un tribunal l'ait ordonné a le droit, en tout temps, de saisir le tribunal. Celui-ci statue dans les plus brefs délais sur la légalité de cette privation.
BV. Die Behandlung eines
dauernden Sparrabattes der vorliegenden Art als Ausverkauf überschreite
offensichtlich den Rahmen des kantonalen Hausiergesetzes, auf das
sich die Instruktion vom 17. Juli 1922 stütze, und enthalte eine
mit dem Grundsatz der Gewerbefreiheit unvereinbare Einschränkung
der Gewerbeausühnng. Die angefochtenen Beschlüsse müssten deshalb
selbst dann aufgehoben werden, wenn der Rekurrent ein gewöhnlicher
Kleinhändler mitunorganisierter Kundschaft wäre, der an jedermann Waren
abgebe. Im vorliegenden Falle handle es sich aber um den Verkehr einer
Genossenschaft mit ihren Mitgliedern. Die Einkäuferkarten Würden nur
an Personen ausgehändigt, die. entweder bereits Mitglieder seien oder
eine Beitrittserklärung unterzeichnen und damit Mitglieder werden. Das
schweizerische Genossenschaftsrecht enthalte keine Bestimmung, welche
die Mitgliedschaft bei einer Genossenschaft von Gesetzeswegen von
weiteren Verpflichtungen, Leistungen oder Formalitäten als einer solchen
Beitrittserklärung ab-hängig machen würde; wo die Statuten sich damit
begnügen, müsse deshalb ihre Unterzeichnung für den Eintritt in Rechte
und Pflichten eines Mitgliedes ausreichen. Kraft der verfassungsmässig
gewährleisteten Vereinsfreiheit könne ein Verein auch die Vorteile, die er
seinen Mitgliedern gewähren wolle, innert den Schranken der ,allgemeinen
Rechtsordnung frei bestimmen. Die Einräumung eines Sparrabattes von sechs
oder selbst mehr Prozent im Sinne eines solchen Mitgliedschaftsrechtes
enthalte aber nichts Rechtswidriges. EsHandelsund Gewerbefreiheit. N°
39. 287

sei unhaltbar und willkürlich, dieses Verhältnis des Vereins zu
seinen Mitgliedern den für den gewöhnlichen Handelsverkehr geltenden
Beschränkungen zu unterstellen.

C. Der Regierungsrat von Appenzell A. Rh. hat die Abweisung des Rekurses
beantragt. Die Instruktion von 1922 beschränke sich auf eine sinngemässe
Auslegung des Hausiergesetzes und gehe über dieses nicht hinaus. Da der
Rekurrent sie seit 1922 gekannt habe, könne er sie auch heute nicht mehr
durch staatsrechtlichen Rekurs anfechten. Die Praxis der Bundesbehörden
sei schon wiederholt in die Lage gekommen zu solchen kantonalen
Gesetzesbestimmungen Stellung zu nehmen, welche den Ausverkauf im weiteren
sinn des Wortes, d. h. die Ankündigung besonderer Preisermässigungen
auf Warenbeständen überhaupt, polizeilichen Einschränkungen und

'fiskalischer Belastung unterwerfen. Die kantonalgesetz--

liche Ordnung sei dabei immer geschützt worden, weil es sich um zur
Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes und zum Schutze des Publikums
vor Ausbeutung bestimmte und deshalb zulässige Massnahmen handle. Die
Feststellung des Rabattsatzes, der 0 h 11 e Ausverkaufsbewilligung
zugesichert werden dürfe, sei aber notwendig, wenn nicht die
Ausverkaufsbestimmungen des Gesetzes einfach dadurch sollen umgangen
werden können, dass durch die Ankündigung besonders hoher Rabatte
bei der Käuferschaft der Eindruck eines Ausverkaufs oder einer ihm
gleichstehenden aussergewöhnlichen Kaufgelegenheit hervorgerufen
werde. In den Augen des Publikums erweckten Solche Extrarahatte immer
den Anschein vorübergehender Begünstigungen. Wenn die Zusicherung des
hohen Rabattes von 6% von Seite des Konsumvereins nicht eine besondere,
der Bekanntmachung eines Ausverkaufes gleiche oder ähnliche W'irkung
(besondere Steigerung der Kauflust des Publikums) zur Folge haben solle,
so wäre das Vorteilhafte eines solchen Rahattsystems für den Kon--

288 s staatsrecht-

sumverein nicht einzusehen, zumal nachdem er bisher mit schweren Verlusten
gearbeitet habe. Offenbar sei es dem Rekurrenten nicht gelungen, bei dem
im letzten Herbst mit behördlicher Bewilligung durchgeführten Ausverkaufe
seine alten Warenbestände in gewünschter Menge abzusetzen. Deshalb
möchte er nun die Veranstaltung durch Gewährung besonders hoher
Rabatte fortsetzen, unbekümmert um die gesetzlichen Vorschriften,
die nicht verbieten, billiger als andere zu verkaufen, wohl aber dem
Rabattsystem im Interesse des regulären Handels Grenzen setzten. Trotz
einer Beschwerde des Detaillistenverbandes Herisau sei der Regierungsrat
zunächst gegen diese Rabattgewährung nicht eingeschritten, weil der
Konsumverein erklärt habe, die Einkäuferkarten nur an Mitglieder
abzugeben, während Nichtmitglieder höchstens 5% erhielten. Aus den
einer zweiten Beschwerde des Detaillistenverbandes beigefügten Belegen
habe sich dann aber ergeben, dass tatsächlich die 6% Rabattkarten auch
an beliebige Nichtmitglieder ausgehändigt würden. Dazu komme, dass die
Mitgliedschaft nach der beschlossenen Statutenänderung durch einfache
Unterzeichnung einer Beitrittserklärung erworben werden könne, ohne
dass damit irgendwelche Pflicht zu Beitragsleistungen oder eine Haftung
verbunden wäre. Es liege auf der Hand, dass jeder Käufer gerne bereit
sein werde, einen solchen Schein zu unterschreiben, durch den er nur
Rechte erhalte, aber keinerlei Lasten übernehme. Nachdem sich dergestalt
der Verkauf an die Mitglieder von demjenigen an jedermann nur durch eine
bedeutungslose Formalität unterscheide, wäre es aber nicht gerechtfertigt
und mit der Rechtsgleichheit nicht vereinbar, ihn anders zu behandeln als
den Betrieb eines gewöhnlichen Ladengeschäftes. Der Rekurrent übersehe,
dass zwischen einem Sparrabatt und einem als Rückvergütung bezeichneten,
nach Rechnungsabschluss an die Genossenschafter zu verteilenden Anteil
am Jahresgewinn einHandelsund Gewerbefreiheit. N° 39. 289

grundsätzlicher Unterschied bestehe. Die Vergütungen der letzteren Art,
welche der Rekurrent vor dem Nachlassvertrag jeweilen angekündigt und
an die Genossenschafter ausgerichtet habe, seien nie beanstandet werden
selbst wenn sie 5% überstiegen, obwohl dadurch die Händler
benachteiligt worden seien, die wegen der Instruktion von 1922 dieser
Vergünstigung nicht mit einem gleich hohen Rabatt hätten begegnen können.
Welle der Konsumverein sich statt dessen wie ein gewöhnlicher privater
Händler des Rabattsystems bedienen, so habe er sich auch den für
diese Verkaufsart bestehenden gewerbepolizeilichen Vorschriften und
Einschränkungen zu fügen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

Nach Art.2 litt. a des kantonalen Gesetzes über das Hausier-und Marktwesen
vom 28. April 1901 ist dem Hausieren gleichgestellt und deshalb der
durch Art. 5, 12 vorgesehenen Patentpflicht und den übrigen im Gesetze
festgesetzten Beschränkungen unterworfen: Der freiwillige Ausverkauf,
inbegriffen sog. Reklame, Gelegenheits-und andere vorübergehende
Massenverkäufe. Das Gesetz will damit, wie ähnliche Vorschriften
anderer kantonaler Gesetzgebungen, der Gefahr der Übervorteilung des
Publikums und der Schädigung des redlichen Handels entgegentreten,
die mit der Ankündigung solcher zeitlich beschränkter Kaufsgelegenheiten
erfahrungsgemäss verbunden ist. Voraussetzung der Anwendung der Bestimmung
ist demnach, dass die vom angeblich Patentpflichtigen erlassenen
Ankündigungen darauf berechnet oder doch zum mindesten geeignet sind,
den Anschein einer vorübergehenden Veranstaltung und Preisvergünstigung
zu erwecken, wobei diese zeitliche Beschränkung sieh freilich auch
mittelbar daraus ergeben kann, dass die angebliche Vergünstigung auf
einen bestimmten Warenvorrat beschränkt wird. Anders kann das Gesetz
nicht verstanden werden, wenn man

AS 52 I 1926 21

290 Staatsrecht.

nicht die Worte und andere vorübergeh e n d e Massenverkäufe aus dem
Texte ausmerzen und damit diesem Gewalt antun will. Ausschliesslich auf
die Ankündigung solcher vorübergehender günstiger Kaufgelegenheiten
beziehen sich denn auch die in der Beschwerdeantwort angerufenen
Entscheidungen des Bundesgerichts, während die Unterstellung
von Ankündigungen, bei denen jenes Erfordernis fehlte, unter die
Ausverkaufsgesetzgebung wiederholt als mit dem Begriffe des Ausverkaufs
auch im "weitesten Sinne des Wortes unvereinbar und willkürlich erklärt
worden ist (BGE 38 I S. 66, 428; 39 I S. 200, 320; 42 I 259; 46 I 216,
328; 48 I 287 Erw. 3). Ein Rabatt, der nicht nur vorübergehend für eine
gewisse Zeit oder, was dem gleichsteht, für einen bestimmten Warenvorrat
gewährt wird, sondern eine dauernde organisatorische Einrichtung, ein
allgemeines Verkaufssystem des betreffenden Geschäftsbetrieb-es darstellt,
kann demnach davon keinesfalls betroffen werden. Soweit die Instruktion
vom 17. Juli 1922 durch die Behandlung 3 e d e s Verkaufs ,mit über 5%
Rabatt bei Barzahlung überhaupt als Ausverkauf auch solche dauernde
Verkaufsbedingungen den Ausverkaufsbeschränkungen unterwerfen will,
geht sie über den klaren Wortlaut des Gesetzes hinaus und enthält eine
mit Art. 4
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
Cst. Art. 4 Langues nationales - Les langues nationales sont l'allemand, le français, l'italien et le romanche.
BV unvereinbare Ergänzung des Gesetzeswillens im Wege der
Verwaltungspraxis Als Ausführungs , Vollziehungserlass kann aber die
Instruktion Anspruch auf Verbindlichkeit nur insofern erheben, als sie
sich innert einer noch möglichen Auslegung des Gesetzes hält. Dass diese
Vollziehungsverordnung dem Rekurrenten schon seit 1922 bekannt war, ist
unerheblich. Der Bürger ist nicht verpflichtet, einen verfassungswidrigen
Erlass allgemein verbindlicher Natur, der möglicherweise einmal in seine
Interessen eingreifen kann, als solchen innert der sechzig Tage des
Art. 178
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
Cst. Art. 4 Langues nationales - Les langues nationales sont l'allemand, le français, l'italien et le romanche.
OG seit {der Bekanntmachung anzufechten. Er kann die Frage der
Verfassungsmässigkeit des Erlasses auch nochHandelsund Gewerbefreiheit. N°
39. 291

nachträglich als Vortrage für die Rechtsbeständigkeit ging 8313. gegenuber
ergangenen Anwendungsverfiigung

Der Rabatt von 6%, den der Allgemeine Konsumverein Herisau auf den bei
ihm gemachten Bareinkäufen gewahrt, ist aber zweifellos als dauernde
Einrichtung gedacht ; er bildet einen Bestandteil der statutarischen
Organisation der Genossenschaft und gilt demnach für solange, als diese
Statuten nicht geändert werden. Der Kaufer ist nicht einmal gezwungen (was
übrigens ebenfalls für die Annahme einer vorübergehenden Vergünstigung
noch nicht ausreichen würde, BGE 39 I S. 324 E._3), den Einkaufsbetrag von
50 Fr. innert bestimmter Frist seit dem ersten Ankauf zu erreichen, um des
Rabattes teilhaftig zu werden. Er kann seine Einkäufe beliebig verteilen,
um schliesslich, wenn sie zusammen 30 Fr. ausmachen, den Rabattbetrag von
3 Fr. zu beziehen. Auch wird nicht behauptet, dass daneben Ankündigungen
erlassen worden wären, die hiemit im Widerspruch stehen würden und darauf
berechnet wären oder doch zur Folge haben müssten, den Anschein einer
zeitlich beschränkten Preisermässigung zu erwecken. Dass schon der Betrag
des Rabattes, 6%, allein notwendigerweise diesen Eindruck hervorrufen
Würde, weil die Käufer sich sagen müssen, dass er in dieser Höhe dauernd
nicht gewährt werden könne, ist offensichtlich unzutreffend. Die Tatsache,
dass die im Detaillistenverband vereinigten gewöhnlichen Händler des
Platzes als Vergünstigung für die Barzahlung nur einen Rabatt von 5%
gewähren, rechtfertigt selbstverständlich diesen Schluss noch nicht. Die
Höhe der Preisvergünstigungen,' die ein Geschäftsbetrieb gewähren
kann, ohne sein Bestehen zu gefährden, hängt wesentlich mit von seiner
Organisation und seiner Eigenart ab. Als Konsumgenossenschaft braucht der
Rekurrent keinen Gewinn zu erzielen, sondern kann sich damit begnügen,
dass der Verkaufserlös zur Deckung der Verbindlichkeiten und

292 staatsrecht-

zu den gebotenen Reservestellungen ausreicht. Dieses Wesen der
Konsumgenossenschaften ist aber allgemein bekannt. Die Ankündigung eines
höheren als des sonst von den Händlern des Platzes gewährten Rabatts
durch eine solche Genossenschaft reicht daher noch nicht aus, um das
Publikum zur Annahme einer vorübergehenden Gelegenheit zu führen. Indem
die Instruktion selbst die Gewährung eines Rabatts bis 5% bei Barkauf
freilässt und nicht der Ausverkaufsgesetzgebung unterstellt, anerkennt
sie, dass darauf ein notwendiges gesetzliches Merkmal des Ausverkauks,
nämlich der vorübergehende Charakter der Vergünstigung nicht zutrifft. Es
fehlt aber jeder einleuchtende Grund dafür, warum dieses Merkmal auf
einmal vorhanden sein sollte, wenn bei der gleichen Einrichtung der
Betrag des Rabattes um einen Prozent gesteigert wird. Nach den nicht
bestrittenen Angaben der Rekursschrift bestehen denn auch an anderen
Orten (z. B. in Baselstadt) Detaillistenverbände, die auf dem Barkauf
sogar noch höhere Rabatte gewähren, ohne dass die Behörden, trotz des
Bestehens gleicher gesetzlicher Bestimmungen über die Ausverkäufe,
dagegen eingeschritten wären.

Die angefochtenen Beschlüsse, womit dem Rekurrenten die Einräumung des
statutarischen Rabatts von 6% untersagt wird, müssen demnach schon
auf Grund von Art. 4
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
Cst. Art. 4 Langues nationales - Les langues nationales sont l'allemand, le français, l'italien et le romanche.
BV (wegen Widerspruchs zu klarem kantonalem
Gesetzesrecht) aufgehoben werden. Die Frage der ver-

fassungsrechtlichen Zulässigkeit positiver kantonalen

Gesetzesbestimmnngen, wodurch auch ein dauerndes Rabattsystem der
vorliegenden Art von einem bestimmten Rabattsatze an den gleichen
Beschränkungen unterstellt würde wie die Ausverkäuke, kann infolgedessen
unerörtert bleiben. Dass durch den betreffenden Rabattsatz die
anderen Händler des Platzes benachteiligt werden, welche eine gleiche
Ermässigung beim Barkauf nur in geringerer Höhe gewähren, könnte zu
einer solchen Beschränkung jedenfalls nicht genügen, Es müsstenHandelsund
Gewerbefreiheit. N° 40. 293

dafür allgemeine öffentliche Interessen ev b l' zeiliche Gründe, wie
die Bekämpfung unl'a11%;ez*eer Jetzbewerbes oder der Ausbeutung des
Publikum;1 d e }; unredhche, auf Täuschung ausgehende Machenschalilîîc
angeführt werden können. Wieso aber diese Gefahr beer; der Zusicherung
eines Rabattes von 6% gegeben sein soll, während sie bei einem solchen
von 5'7 fehlt ist nicht ersichtlich und es wird denn auch dafür irgend
ein triftiger Grund nicht angeführt.

.Ebenso braucht nicht untersucht zu werden, inwiefern die Eigenschaft des
Rekurrenten als Konsumverein selbst bei einer Ordnung des Erwerbes der
Mitgliedi schaft, wie sie hier in den Statuten getroffen wird allenfalls
geeignet wäre, die Anwendung solcher kantonalgesetzlicher Bestimmungen
auf die Verkäufe an die M i t g l i e d e r auszuschliessen.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Der Rekurs wird gutgeheissen und die angefochtene Verfügung des
Regierungsrat-s von Appenzell A.-Rh.

vom 13. März mit Nachtra v 17 " haben, g om . Marz 1926aufge-

40. Urteil vom 12. November 1926 i. S. von Büren gegen Solothurn. '
Es bildet eine Verletzung der Garantie der Handelsund

Gewerbefreiheit, wenn den Hausierern nicht gestattet wird,

Sich bei ihrer Berufsausübun d , dienen. g er Motorfahmeuge zu be-

A. Nach dem seloth. Gesetz über das Hausierund Marktwesen vom
16. Juli 1899 ist für die Ausubung des Hausiergewerbes der Besitz
eines vom Polizeidepartement auszustellenden Patentes erforderlich. Als
Hausrerverkehr wird nach § I Ziff. 1 a u. a. betrachtet ' Das Feilhalten
von Waren durch Umherführen und