Urteilskopf

126 IV 5

2. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 1. Februar 2000 i. S. X. gegen Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 6

BGE 126 IV 5 S. 6

X. ist der Schwager von Y. X. wurde vorgeworfen, er habe am 26. Juli 1991 in Kenntnis der desolaten Finanzlage seines Schwagers zum Schaden der Gläubiger im Konkursverfahren gegen seinen Schwager die diesem gehörenden, durch die S. AG treuhänderisch verwalteten Forderungen "R." wissentlich weit unter ihrem Wert von ca. 10 Millionen Franken für nur 500'000 Franken erworben. Am 20. November 1998 verurteilte die Gerichtspräsidentin 17 des Gerichtskreises VIII von Bern-Laupen X. wegen betrügerischen Konkurses zu 10 Monaten Gefängnis, bedingt bei einer Probezeit von 2 Jahren. Auf Appellation von X. und Anschlussappellation der Staatsanwaltschaft hin bestätigte das Obergericht des Kantons Bern am 15. Januar 1999 dieses Urteil. X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die Sache zum Freispruch an dieses zurückzuweisen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut

Erwägungen

aus folgenden Erwägungen:

1. a) Der Beschwerdeführer macht geltend, die ihm zur Last gelegte Tat sei verjährt. Die Verfolgungsverjährung sei nicht unterbrochen worden und am 26. Juli 1996 eingetreten. b) Gemäss Art. 72 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 72 - Das Gericht verfügt die Einziehung aller Vermögenswerte, welche der Verfügungsmacht einer kriminellen oder terroristischen Organisation unterliegen. Bei Vermögenswerten einer Person, die sich an einer solchen Organisation beteiligt oder sie unterstützt hat (Art. 260ter), wird die Verfügungsmacht der Organisation bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.
StGB wird die Verjährung unterbrochen durch jede Untersuchungshandlung einer Strafverfolgungsbehörde oder Verfügung des Gerichts gegenüber dem Täter, namentlich durch Vorladungen, Einvernahmen, durch Erlass von Haft- oder Hausdurchsuchungsbefehlen sowie durch Anordnung von Gutachten, ferner durch jede Ergreifung von Rechtsmitteln gegen einen
BGE 126 IV 5 S. 7

Entscheid (Abs. 1). Mit jeder Unterbrechung beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen. Die Strafverfolgung ist jedoch in jedem Fall verjährt, wenn die ordentliche Verjährungsfrist um die Hälfte, bei Ehrverletzungen und bei Übertretungen um ihre ganze Dauer überschritten ist (Abs. 2). Nach der Rechtsprechung wird die Unterbrechung bewirkt durch Tätigkeiten der Strafverfolgungsbehörden, die dem Fortgang des Verfahrens dienen und nach aussen in Erscheinung treten (BGE 90 IV 62 E. 1 mit Hinweisen). Wie in BGE 115 IV 97 entschieden wurde, unterbricht die Eröffnung des Strafverfahrens gegen eine bestimmte Person in der Schweiz durch Übernahme des gegen sie im Ausland durchgeführten Verfahrens die Verjährung. c) Die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tat besteht im Erwerb des Forderungspakets am 26. Juli 1991. Damit begann die Verfolgungsverjährung zu laufen (Art. 71 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 71 - 1 Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe, gegenüber einem Dritten jedoch nur, soweit dies nicht nach Artikel 70 Absatz 2 ausgeschlossen ist.
1    Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe, gegenüber einem Dritten jedoch nur, soweit dies nicht nach Artikel 70 Absatz 2 ausgeschlossen ist.
2    Das Gericht kann von einer Ersatzforderung ganz oder teilweise absehen, wenn diese voraussichtlich uneinbringlich wäre oder die Wiedereingliederung des Betroffenen ernstlich behindern würde.
3    ...114
StGB). Die relative Verjährungsfrist beträgt unstreitig 5 Jahre, und zwar unabhängig davon, ob hier Art. 163 Ziff. 2 aStGB oder Art. 164 Ziff. 2 nStGB anzuwenden ist (dazu unten E. 2). Die Verjährung wäre somit am 26. Juli 1996 eingetreten, wenn sie vorher nicht unterbrochen worden wäre (zur Berechnung der Frist vgl. BGE 107 Ib 74 E. 3a; BGE 97 IV 238; STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl., Zürich 1997, Art. 70 N. 3). Die Vorinstanz legt dar, am 21. Juni 1996 habe der Untersuchungsrichter das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer eröffnet. Damit sei die Verjährung unterbrochen worden. Es spricht im Lichte von BGE 115 IV 97 viel für diese Auffassung. In der kantonalen Rechtsprechung ist der Anordnung der Voruntersuchung unterbrechende Wirkung zuerkannt worden (Recueil de Jurisprudence Neuchâteloise 1984 S. 97 f.), was im Schrifttum Zustimmung gefunden hat (TRECHSEL, a.a.O., Art. 72 N. 2; ELISABETH TRACHSEL, Die Verjährung gemäss den Art. 70-75bis des Schweizerischen Strafgesetzbuches, Diss. Zürich 1990, S. 151). Wie es sich damit verhält, kann jedoch offen bleiben. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 277bis Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 71 - 1 Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe, gegenüber einem Dritten jedoch nur, soweit dies nicht nach Artikel 70 Absatz 2 ausgeschlossen ist.
1    Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe, gegenüber einem Dritten jedoch nur, soweit dies nicht nach Artikel 70 Absatz 2 ausgeschlossen ist.
2    Das Gericht kann von einer Ersatzforderung ganz oder teilweise absehen, wenn diese voraussichtlich uneinbringlich wäre oder die Wiedereingliederung des Betroffenen ernstlich behindern würde.
3    ...114
BStP) hat der Untersuchungsrichter am 21. Juni 1996 nicht nur das Strafverfahren eröffnet, sondern gleichzeitig einen Haftbefehl erlassen. Der Erlass eines Haftbefehls wird in Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 72 - Das Gericht verfügt die Einziehung aller Vermögenswerte, welche der Verfügungsmacht einer kriminellen oder terroristischen Organisation unterliegen. Bei Vermögenswerten einer Person, die sich an einer solchen Organisation beteiligt oder sie unterstützt hat (Art. 260ter), wird die Verfügungsmacht der Organisation bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.
StGB als Unterbrechungsgrund aber ausdrücklich genannt. Damit ist die Verjährung vor Ablauf der Frist von 5 Jahren unterbrochen worden. Die absolute Verjährungsfrist von 7 1/2 Jahren war im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils noch nicht abgelaufen. Die Vorinstanz hat
BGE 126 IV 5 S. 8

11 Tage vor Eintritt der absoluten Verjährung am 26. Januar 1999 entschieden. d) Die Beschwerde ist in diesem Punkt unbegründet.

2. a) Der Beschwerdeführer hat unstreitig das Forderungspaket "R." von der S. AG gekauft. Die Vorinstanz kommt in Würdigung der Beweise zu folgendem Ergebnis: Der Beschwerdeführer wusste beim Kauf, dass der wirtschaftlich Berechtigte an den Forderungen Y. war; dass sich Y. in einer desolaten finanziellen Lage befand; dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein krasses Missverhältnis bestand; dass damit das Vermögenssubstrat der Gläubiger von Y. geschmälert würde. Die Vorinstanz nimmt an, der Beschwerdeführer sei zu bestrafen wegen betrügerischen Konkurses nach Art. 163 aStGB. Der am 1. Januar 1995 in Kraft getretene Tatbestand der Gläubigerschädigung durch Vermögensminderung nach Art. 164 nStGB sei nicht milder. b) Der Beschwerdeführer macht geltend, diese Auffassung verletze Bundesrecht. Zwar werde bei weiter Auslegung sein Verhalten allenfalls von Art. 163 aStGB erfasst. Nach Art. 164 nStGB sei das aber nicht mehr der Fall. Nach dieser neuen Bestimmung sei sein Verhalten straflos. Die Vorinstanz hätte Art. 164 nStGB als milderes Recht anwenden und ihn freisprechen müssen. Er beruft sich auf ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Peter Albrecht (Basel) vom 11. Januar 1999, das im vorinstanzlichen Verfahren zu den Akten gegeben wurde. c) Am 1. Januar 1995 ist das neue Vermögensstrafrecht in Kraft getreten. Hat jemand ein Konkursdelikt vor diesem Datum verübt, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so sind die neuen Bestimmungen anzuwenden, wenn sie für den Täter milder sind (Art. 2 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dieses Gesetz anzuwenden, wenn es für ihn das mildere ist.
StGB). Ob eine neue Bestimmung im Vergleich zur alten milder sei, entscheidet sich nicht aufgrund eines abstrakten Vergleichs. Massgebend ist die konkrete Betrachtungsweise. Es kommt darauf an, nach welcher Bestimmung der Täter für die zu beurteilende Tat besser wegkommt (BGE 119 IV 145 E. 2c; BGE 114 IV 81 E. 3b mit Hinweisen). d) Bei der Revision des Vermögensstrafrechtes sind die Konkurs- und Betreibungsdelikte teilweise neu gegliedert worden. Bei der vorsätzlichen Gläubigerschädigung unterscheidet das Gesetz nicht mehr, wie das alte Recht, nach der Art der Betreibung (auf Konkurs oder Pfändung, Art. 163 und 164 aStGB), sondern danach, ob der Schuldner sein Vermögen nur zum Schein oder wirklich vermindert
BGE 126 IV 5 S. 9

(Art. 163 und 164 nStGB; vgl. HANS WIPRÄCHTIGER, Das revidierte Vermögensstrafrecht und die Änderungen im Bereich der Konkurs- und Betreibungsdelikte, CFPG Band 18, Diritto penale economico, Lugano 1999, S. 73 ff). Art. 164 nStGB erfasst die wirkliche Vermögensminderung. Die Bestimmung lautet: 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er Vermögenswerte beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, Vermögenswerte unentgeltlich oder gegen eine Leistung mit offensichtlich geringerem Wert veräussert, ohne sachlichen Grund anfallende Rechte ausschlägt oder auf Rechte unentgeltlich verzichtet, wird, wenn über ihn der Konkurs eröffnet oder gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis bestraft. 2. Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Gefängnis bestraft. Der Grund für die geringere Strafdrohung beim Dritten liegt darin, dass dieser im Gegensatz zum Schuldner keine unmittelbaren Pflichten gegenüber den Gläubigern hat. Auch wenn der Dritte als Gehilfe oder Anstifter des Schuldners handelt, unterliegt er - in Anwendung von Art. 26
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 26 - Wird die Strafbarkeit durch eine besondere Pflicht des Täters begründet oder erhöht, so wird der Teilnehmer, dem diese Pflicht nicht obliegt, milder bestraft.
StGB - der geringeren Strafdrohung von Ziff. 2 (vgl. BGE 112 Ib 225 E. 3a S. 229). In der Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 24. April 1991 wird zu Art. 164 nStGB Folgendes gesagt: Im Unterschied zum geltenden Recht ist der Katalog der Varianten der Tathandlung ("Vermögen vermindert") abschliessend; das wird durch den Wegfall des Begriffs "namentlich" gekennzeichnet. Diese Änderung wurde im Vernehmlassungsverfahren mitunter beanstandet; insbesondere wurde die Befürchtung ausgesprochen, durch den Wegfall von "namentlich" würden andere denkbare Begehungsweisen von der Strafbarkeit ausgeschlossen. Dieser Systemwechsel ist allerdings bewusst vollzogen worden. Unter Art. 164 sollen nur klare, schwere Sachverhalte fallen, die eine Verbrechensstrafe rechtfertigen. Daher ist auf die Bestimmtheit der Vorschrift besonderes Gewicht zu legen (BBl 1991 II 1061). Im vorliegenden Fall geht es um die Tatbestandsvariante der Veräusserung von Vermögenswerten gegen eine Leistung mit offensichtlich geringerem Wert gemäss Art. 164 Ziff. 1 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 164 - 1 Der Schuldner ist bei Straffolge (Art. 169 StGB327) verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die aufgezeichneten Vermögensstücke erhalten bleiben oder durch gleichwertige ersetzt werden; er darf jedoch davon so viel verbrauchen, als nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten zu seinem und seiner Familie Lebensunterhalt erforderlich ist.
1    Der Schuldner ist bei Straffolge (Art. 169 StGB327) verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die aufgezeichneten Vermögensstücke erhalten bleiben oder durch gleichwertige ersetzt werden; er darf jedoch davon so viel verbrauchen, als nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten zu seinem und seiner Familie Lebensunterhalt erforderlich ist.
2    Der Betreibungsbeamte macht den Schuldner auf seine Pflichten und auf die Straffolge ausdrücklich aufmerksam.
nStGB. Diese Variante lehnt sich an die "Schenkungspauliana" nach Art. 286
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 286 - 1 Anfechtbar sind mit Ausnahme üblicher Gelegenheitsgeschenke alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen, die der Schuldner innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat.504
1    Anfechtbar sind mit Ausnahme üblicher Gelegenheitsgeschenke alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen, die der Schuldner innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat.504
2    Den Schenkungen sind gleichgestellt:
1  Rechtsgeschäfte, bei denen der Schuldner eine Gegenleistung angenommen hat, die zu seiner eigenen Leistung in einem Missverhältnisse steht;
2  Rechtsgeschäfte, durch die der Schuldner für sich oder für einen Dritten eine Leibrente, eine Pfrund, eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht erworben hat.
3    Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass kein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.506
SchKG an (Botschaft a.a.O.).
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Schuldner im Sinne von Art. 164 Ziff. 1 nStGB ist Y. Der Beschwerdeführer ist Dritter. Seine Strafbarkeit ist also zu prüfen aufgrund von Art. 164 Ziff. 2 nStGB. Diese Bestimmung nimmt mit der Wendung "unter den gleichen Voraussetzungen" Bezug auf die in Ziff. 1 umschriebene objektive Strafbarkeitsbedingung, d.h. die Eröffnung des Konkurses über den Schuldner oder die Ausstellung eines Verlustscheines gegen ihn (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 1062; der Eröffnung des Konkurses und der Ausstellung eines Verlustscheines ist gleichgestellt der Liquidationsvergleich [Art. 171 Abs. 1 nStGB]). Die objektive Strafbarkeitsbedingung ist hier erfüllt. Am 4. September 1991 wurde über Y. der Konkurs eröffnet. Gemäss Ziff. 2 ist strafbar der Dritte, der "eine solche Handlung" vornimmt. Gemeint ist damit eine der in Ziff. 1 aufgezählten Handlungen (Botschaft, a.a.O., S. 1062; vgl. auch GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, 5. Aufl., Bern 1995, § 23 N. 16; JÖRG REHBERG/NIKLAUS SCHMID, Strafrecht III, 7. Aufl., Zürich 1997, S. 273). In Ziff. 1 Abs. 3 ist einzig die Veräusserung erfasst, nicht aber der Erwerb. Der Beschwerdeführer hat das Forderungspaket erworben. Insoweit bildet Ziff. 2 für seine Verurteilung keine Grundlage. Veräussert wurde das Forderungspaket von Y. bzw. von der für diesen treuhänderisch handelnden S. AG. Es stellt sich die Frage, ob der Beschwerdeführer wegen Mittäterschaft oder Teilnahme an der Veräusserung zur Rechenschaft gezogen werden kann. Die Veräusserung setzt notwendig den Erwerb durch einen andern voraus. Es ist hier ein Fall gegeben der sog. notwendigen Teilnahme. Darunter versteht man die Erscheinung, dass manche Straftaten einen Tatbestand verwirklichen, der zu seiner Erfüllung notwendig die Beteiligung mehrerer erfordert (CLAUS ROXIN, Leipziger Kommentar, 11. Aufl., 1993, vor § 26 N. 32). Dabei kann es sich nicht nur um Teilnahme, sondern auch um eine mittäterschaftliche Mitwirkung handeln (GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 2. Aufl., Bern 1996, § 13 N. 148; JÖRG REHBERG, Strafrecht I, 6. Aufl., Zürich 1996, S. 135). Im zu beurteilenden Fall geht es um ein sog. Begegnungsdelikt. Dabei wirken die verschiedenen Beteiligten auf dasselbe Ziel hin, aber von verschiedenen Seiten her und mit unterschiedlichen Tätigkeitsakten (ROXIN, a.a.O., N. 33; PHILIPPE GRAVEN/BERNHARD STRÄULI, L'infraction pénale punissable, 2. Aufl., Bern 1995, S. 314/5). Beispiele eines Begegnungsdelikts bilden etwa der Wucher (Art. 157
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 157 - 1. Wer die Zwangslage, die Abhängigkeit, die Unerfahrenheit oder die Schwäche im Urteilsvermögen einer Person dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem anderen für eine Leistung Vermögensvorteile gewähren oder versprechen lässt, die zur Leistung wirtschaftlich in einem offenbaren Missverhältnis stehen,
1    Wer die Zwangslage, die Abhängigkeit, die Unerfahrenheit oder die Schwäche im Urteilsvermögen einer Person dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem anderen für eine Leistung Vermögensvorteile gewähren oder versprechen lässt, die zur Leistung wirtschaftlich in einem offenbaren Missverhältnis stehen,
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.213
StGB) oder die Gläubigerbevorzugung (Art. 167
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 167 - Der Schuldner, der im Bewusstsein seiner Zahlungsunfähigkeit und in der Absicht, einzelne seiner Gläubiger zum Nachteil anderer zu bevorzugen, darauf abzielende Handlungen vornimmt, insbesondere nicht verfallene Schulden bezahlt, eine verfallene Schuld anders als durch übliche Zahlungsmittel tilgt, eine Schuld aus eigenen Mitteln sicherstellt, ohne dass er dazu verpflichtet war, wird, wenn über ihn der Konkurs eröffnet oder gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB). Der Wucherer nimmt die Vermögensvorteile, der Bewucherte gibt sie; der Schuldner zahlt

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eine nicht verfallene Schuld, der Gläubiger nimmt die Zahlung entgegen. Wirkt bei derartigen Tatbeständen der notwendige Teilnehmer nicht weiter gehend mit, als begriffsnotwendig ist, damit der andere die Straftat überhaupt begehen kann, so ist er nach der Rechtsprechung nur strafbar, wenn das Gesetz auch ihn zum Täter stempelt (BGE 80 IV 22 E. 2c S. 32). Das ist auch die Auffassung der Literatur (GRAVEN/STRÄULI, a.a.O., S. 315; STEFAN TRECHSEL/PETER NOLL, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 5. Aufl., Zürich 1998, S. 226; STRATENWERTH, Allgemeiner Teil I, § 13 N. 149 mit weiteren Hinweisen). Nicht als strafbar erklärt das Gesetz die notwendige Teilnahme im genannten Beispiel der Gläubigerbevorzugung. Wie das Bundesgericht entschieden hat, ist der Gläubiger, der die Leistung des Schuldners lediglich annimmt, nicht strafbar. Der Gläubiger macht sich erst dann strafbar, wenn er den Schuldner zur Tat anstiftet oder wenn er die Tat vorsätzlich durch Handlungen fördert, die über die blosse Annahme der Leistung hinausgehen. In diesem Fall hat sich der Gläubiger aufgrund von Art. 24
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 24 - 1 Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
1    Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
2    Wer jemanden zu einem Verbrechen zu bestimmen versucht, wird wegen Versuchs dieses Verbrechens bestraft.
bzw. 25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft.
StGB wie jeder Anstifter oder Gehilfe zu verantworten (BGE 74 IV 40 E. 4; BGE 75 IV 106 E. 2 S. 112). Auch im vorliegenden Fall stellt das Gesetz die notwendige Teilnahme nicht unter Strafe. Hat der Beschwerdeführer das Angebot zum Erwerb der Forderungen lediglich angenommen und keine darüber hinaus gehenden Handlungen vorgenommen, die als Anstiftung, Gehilfenschaft oder gegebenenfalls Mittäterschaft zu qualifizieren wären, ist er deshalb nach Art. 164
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 164 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er
1    Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er
2    Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
nStGB nicht strafbar. In Art. 168 Abs. 3
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StGB Art. 168 - Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a  einem Gläubiger oder dessen Vertreter besondere Vorteile zuwendet oder zusichert, um dessen Stimme in der Gläubigerversammlung oder im Gläubigerausschuss zu erlangen oder um dessen Zustimmung zu einem gerichtlichen Nachlassvertrag oder dessen Ablehnung eines solchen Vertrages zu bewirken;
b  dem Konkursverwalter, einem Mitglied der Konkursverwaltung, dem Sachwalter oder dem Liquidator besondere Vorteile zuwendet oder zusichert, um dessen Entscheidungen zu beeinflussen;
c  sich Vorteile nach Buchstabe a oder b zuwenden oder zusichern lässt.
StGB (Bestechung bei Zwangsvollstreckung) hat der Gesetzgeber die notwendige Teilnahme ausdrücklich unter Strafe gestellt. Daraus ist zu schliessen, dass dort, wo das Gesetz zur notwendigen Teilnahme schweigt, der Gesetzgeber diese nicht bestrafen wollte. Dafür sprechen bei Art. 164 nStGB auch die Materialien. Wie dargelegt hat der Gesetzgeber in Art. 164 nStGB die Tathandlungen bewusst abschliessend umschrieben und auf die Bestimmtheit der Vorschrift besonderes Gewicht gelegt. Für die Straflosigkeit des Erwerbs gibt es auch Gründe. Das von Art. 164 nStGB erfasste Unrecht besteht in der Verminderung des Vermögens des Schuldners, und diese Verminderung wird bewirkt durch die Veräusserung. Eine solche Veräusserung vornehmen kann auch der Dritte, wenn er als Vertreter des Schuldners handelt (vgl. PETER ALBRECHT, Kommentar zum schweizerischen Strafgesetzbuch, Besonderer Teil, 2. Band, Bern 1990, Art. 163 N. 16; YANN WERMEILLE, La diminution effective de l'actif au préjudice des créanciers et la
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gestion fautive, ZStrR 117/1999 S. 373 mit Hinweisen). Selbst wenn es sich bei der Straflosigkeit des Erwerbs des notwendigen Teilnehmers um ein gesetzgeberisches Versehen handeln sollte, würde das nichts daran ändern, dass es für eine Bestrafung insoweit an der gesetzlichen Grundlage fehlt. Gemäss Art. 1
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StGB Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt.
StGB ist strafbar nur, wer eine Tat begeht, die das Gesetz ausdrücklich mit Strafe bedroht. Das ist beim Erwerb von Vermögenswerten durch den notwendigen Teilnehmer in Konstellationen wie hier nicht der Fall. Sollte der Gesetzgeber der Auffassung sein, dieses Verhalten sei strafwürdig, hat er eine gesetzliche Bestimmung zu erlassen, die es ausdrücklich unter Strafe stellt. e) Die Vorinstanz stellt nicht fest, dass der Beschwerdeführer Handlungen vorgenommen hätte, die über den Erwerb des Forderungspakets hinausgingen. Dies wurde dem Beschwerdeführer im Übrigen auch gar nicht vorgeworfen. Hat er lediglich das Angebot zum Kauf des Forderungspaketes angenommen, ist er straflos. f) Wie hier entscheidet die deutsche Rechtsprechung und Lehre beim Tatbestand des Bankrotts gemäss § 283 dStGB. Verschiedene der in dieser Bestimmung beschriebenen Bankrotthandlungen setzen die Mitwirkung eines Dritten typischerweise, teils sogar begrifflich voraus. Insoweit besteht Einigkeit, dass die Partner jener Geschäfte in den Grenzen der notwendigen Teilnahme straffrei bleiben sollen (WALTER GROPP, Deliktstypen mit Sonderbeteiligung, Tübingen 1992, S. 227/8; SCHÖNKE/SCHRÖDER/STREE, Strafgesetzbuch, Kommentar, 25. Aufl., München 1997, § 283 N. 65 mit Hinweisen).
g) Die Beschwerde ist in diesem Punkt begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen.
3. Auf die weiteren Einwände, es fehle am Schaden und die Kostenauferlegung im kantonalen Verfahren verletze das Europäische Auslieferungsübereinkommen, braucht damit nicht mehr eingetreten zu werden, zumal die Sache nun ohnehin verjähren dürfte. Wie dargelegt hat die Vorinstanz das angefochtene Urteil nur 11 Tage vor Eintritt der absoluten Verfolgungsverjährung gefällt. Damit hörte die Verjährung zu laufen auf (BGE 121 IV 64 E. 2). Mit der Eröffnung des vorliegenden Urteils des Bundesgerichts nimmt sie ihren Fortgang (BGE 111 IV 87 E. 3a mit Hinweis).