6B_391/2020


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

6B 391/2020

Urteil vom 12. August 2020

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Muschietti,
Bundesrichterin Koch,
Gerichtsschreiber Briw.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Emanuel Suter,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Exhibitionismus; Strafzumessung; Aufschub des Strafvollzugs zwecks ambulanter Behandlung;
Grundsatz "in dubio pro reo",

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer,
vom 14. Februar 2020 (SST.2019.171).

Sachverhalt:

A.
Das Bezirksgericht Aarau sprach A.________ am 27. Septem-ber 2018 von der Anklage der sexuellen Handlungen mit einem Kind (Anklageziffer 1.1) sowie des Exhibitionismus (Anklageziffer 2.2) frei.

Es sprach ihn schuldig der mehrfachen, teilweise versuchten sexuellen Handlungen mit einem Kind gemäss Art. 187 Ziff. 1 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 187 - 1. Wer mit einem Kind unter 16 Jahren eine sexuelle Handlung vornimmt,
i.V.m Art. 22
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 22 - 1 Führt der Täter, nachdem er mit der Ausführung eines Verbrechens oder Vergehens begonnen hat, die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder tritt der zur Vollendung der Tat gehörende Erfolg nicht ein oder kann dieser nicht eintreten, so kann das Gericht die Strafe mildern.
StGB (Anklageziffern 1.2, 1.3, 1.4), des mehrfachen, teilweise versuchten Exhibitionismus (Anklageziffern 1.1, 2.1, 2.3, 2.4) sowie der mehrfachen Pornografie (aArt. 197 Ziff. 3bis
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 197 - 1 Wer pornografische Schriften, Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände solcher Art oder pornografische Vorführungen einer Person unter 16 Jahren anbietet, zeigt, überlässt, zugänglich macht oder durch Radio oder Fernsehen verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB; Anklageziffer 3), der mehrfachen versuchten Pornografie (Art. 197 Abs. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 197 - 1 Wer pornografische Schriften, Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände solcher Art oder pornografische Vorführungen einer Person unter 16 Jahren anbietet, zeigt, überlässt, zugänglich macht oder durch Radio oder Fernsehen verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Satz 2 i.V.m. Art. 22
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 22 - 1 Führt der Täter, nachdem er mit der Ausführung eines Verbrechens oder Vergehens begonnen hat, die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder tritt der zur Vollendung der Tat gehörende Erfolg nicht ein oder kann dieser nicht eintreten, so kann das Gericht die Strafe mildern.
StGB; Anklageziffer 4) sowie der mehrfachen Pornografie (Art. 197 Abs. 5
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 197 - 1 Wer pornografische Schriften, Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände solcher Art oder pornografische Vorführungen einer Person unter 16 Jahren anbietet, zeigt, überlässt, zugänglich macht oder durch Radio oder Fernsehen verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Satz 2 StGB; Anklageziffer 4). Es verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten und einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 50.--.

Es ordnete eine ambulante Behandlung gemäss Art. 63
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
StGB an und schob den Vollzug der Freiheitsstrafe gestützt auf Art. 63 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
StGB zugunsten der ambulanten Behandlung auf. Es ordnete an, die laufende ambulante therapeutische Behandlung weiterzuführen, unter weiterer Kontrolle der Betäubungsmittel- und Alkoholabstinenz, ihn dabei einer delikts- und störungsspezifischen Therapie zu unterziehen und seine pädophile Ansprechbarkeit zu thematisieren. Für die Dauer der ambulanten Behandlung ordnete es Bewährungshilfe an (Art. 63 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
StGB), ferner ein zehnjähriges Tätigkeitsverbot (Art. 67 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 67 - 1 Hat jemand in Ausübung einer beruflichen oder einer organisierten ausserberuflichen Tätigkeit ein Verbrechen oder Vergehen begangen, für das er zu einer Freiheitsstrafe von über sechs Monaten verurteilt worden ist, und besteht die Gefahr, dass er seine Tätigkeit zur Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen missbrauchen wird, so kann ihm das Gericht die betreffende oder vergleichbare Tätigkeiten für sechs Monate bis zu fünf Jahren ganz oder teilweise verbieten.94
StGB) und gestützt auf Art. 67b
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 67b - 1 Hat jemand ein Verbrechen oder Vergehen gegen eine oder mehrere bestimmte Personen oder gegen Personen einer bestimmten Gruppe begangen und besteht die Gefahr, dass er bei einem Kontakt zu diesen Personen weitere Verbrechen oder Vergehen begehen wird, so kann das Gericht für eine Dauer bis zu fünf Jahren ein Kontakt- und Rayonverbot verhängen.
StGB ein Rayonverbot.

B.
A.________ erhob Berufung mit den Anträgen, (1) ihn von den Vorwürfen des Exhibitionismus (Anklageziffer 2.3) und der Pornografie (Anklageziffern 3 und 4) freizusprechen, (2) einen bedingten Strafvollzug, eine ambulante Behandlung lediglich im Sinne einer Weisung gemäss Art. 44 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 44 - 1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren.
StGB sowie eine Bewährungshilfe anzuordnen, (3) ihm nur 50% der Verfahrenskosten sowie der Anklagegebühr aufzuerlegen und ihn zu verpflichten, dem Kanton (nur) 50% der Kosten für die amtliche Verteidigung zurückzuzahlen. Mit Berufungsantwort beantragte die Staatsanwaltschaft die Abweisung der Berufung.

Das Obergericht des Kantons Aargau sprach A.________ am 14. Februar 2020 vom Vorwurf des Exhibitionismus in Anklageziffer 2.2 frei und bestätigte im Übrigen die erstinstanzlichen Schuldsprüche, die Höhe der Freiheitsstrafe und die Geldstrafe.

Hingegen ordnete es den Vollzug der Freiheitsstrafe sowie eine vollzugsbegleitende ambulante Massnahme gemäss Art. 63
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
StGB an.

C.
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, ihn bezüglich Anklageziffer 2.3 vom Vorwurf des Exhibitionismus freizusprechen, den Strafvollzug gemäss Art. 63 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
StGB aufzuschieben oder eventualiter die Sache zur neuen Entscheidfindung an die Vorinstanz zurückzuweisen, während der Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anzuordnen, die kantonalen Kostenfolgen abzuändern und ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.

Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltsschaft verzichten auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Der Freispruch vom Vorwurf des Exhibitionismus (Anklageziffer 2.2) erging bereits erstinstanzlich und war nicht angefochten; es handelt sich sachlich um eine Rechtskraftfeststellung. Zu Anklageziffer 1.1 hält die Vorinstanz fest, es habe aufgrund der anderen strafrechtlichen Qualifikation als Exhibitionismus und nicht als sexuelle Handlung mit einem Kind kein Freispruch zu erfolgen (BGE 142 IV 378 E. 1.3); das sei von Amtes wegen zu korrigieren, zumal damit auch keine Schlechterstellung einhergehe (Urteil S. 10). Das wird mit der Beschwerde nicht in Frage gestellt.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer macht betreffend den Schuldspruch wegen Exhibitionismus in Anklageziffer 2.3 Willkür und die Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsmaxime geltend.

2.2. Diesem Grundsatz kommt in seiner Funktion als Beweiswürdigungsmaxime keine über das Willkürverbot gemäss Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 145 IV 154 E. 1.1 S. 156); insbesondere ist dem Grundsatz nicht zu entnehmen, welche Beweismittel zu berücksichtigen und wie sie gegebenenfalls zu würdigen sind (BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.1 S. 349). Eine Prüfung auf Willkür hin bedeutet, dass das Bundesgericht einen Entscheid erst aufhebt, wenn er schlechterdings nicht zu vertreten ist, nicht schon wenn eine andere Entscheidung auch vertretbar wäre (Urteile 6B 489/2018 vom 31. Oktober 2018 E. 4.4; 6B 1047/2017 vom 17. November 2017 E. 2.2). Bloss abstrakte oder theoretische Zweifel sind nicht von Bedeutung, da solche immer möglich sind (Urteil 6B 824/2016 vom 10. April 2017 E. 13.1).

2.3. Nach dem Polizeibericht meldete die J+S-Leiterin am 5. Dezember 2014 um 18.20 Uhr der Polizei, dass sich ein nackter Mann am Fenster der Turnhalle präsentiert habe. Sie konnte ihn bei der Fotoauswahlkonfrontation nicht als den Täter erkennen. Hingegen identifizierte der 2006 geborene Privatkläger ihn bei derselben Fotoauswahlkonfrontation als den Täter. Die Vorinstanz zeigte sich mit der Erstinstanz von der Täterschaft des Beschwerdeführers überzeugt.

Der Beschwerdeführer wendet ein, obwohl die Beschreibung durch den Privatkläger zunächst mehr oder weniger auf ihn zutreffe, sei sie zu wenig detailliert, um Rückschlüsse auf die Identität des Täters zu ziehen. Die Fotoauswahl sei offensichtlich untauglich gewesen. Es sei möglich, dass der Privatkläger lediglich den am ähnlichsten aussehenden Mann ausgewählt habe. Verstärkte Zweifel ergäben sich aus dem Umstand, dass das Tatverhalten für ihn völlig untypisch sei.

Die Vorbringen überzeugen nicht und vermögen eine Willkür nicht zu begründen. Die Vorinstanz beurteilt die Aussagen des Privatklägers als detailreich und glaubhaft und entkräftet die Vorbringen des Beschwerdeführers. Der Privatkläger erkannte ihn als den Täter wieder, den er am Fenster der Turnhalle nackt erblickt hatte (Urteil S. 5).

3.

3.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz verletze das Verbot der "reformatio in peius" des Art. 391 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 391 Entscheid - 1 Die Rechtsmittelinstanz ist bei ihrem Entscheid nicht gebunden an:
StPO. Verletzt seien auch das Beschleunigungsgebot und das rechtliche Gehör, weil die Vorinstanz ihn hätte darauf aufmerksam machen müssen, dass sie eine Strafe oder Massnahme in Betracht ziehe, mit der er nicht habe rechnen müssen. Deshalb dürften auch die Voraussetzungen des schriftlichen Verfahrens (Art. 406 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 406 Schriftliches Verfahren - 1 Das Berufungsgericht kann die Berufung in einem schriftlichen Verfahren behandeln, wenn ausschliesslich:
StPO) nicht gegeben gewesen sein.

3.2. Abweichend von der Erstinstanz ordnete die Vorinstanz den Vollzug der Freiheitsstrafe mit vollzugsbegleitender Massnahme an.

3.2.1. Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe gemäss Art. 63 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
StGB zugunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen. Ein Strafaufschub ist anzuordnen, wenn eine tatsächliche Aussicht auf erfolgreiche Behandlung durch den sofortigen Vollzug der ausgefällten Freiheitsstrafe erheblich beeinträchtigt würde. Die Therapie geht vor, falls eine sofortige Behandlung gute Resozialisierungschancen bietet, welche der Strafvollzug klarerweise verhindern oder vermindern würde (BGE 129 IV 161 E. 4.1 S. 162 f.). Auch unter neuem Recht ist vom Ausnahmecharakter des Strafaufschubs auszugehen. Eine ambulante Massnahme und entsprechend der damit verbundene mögliche Aufschub der Strafe bedürfen der besonderen Rechtfertigung (Urteile 6B 1440/2019 vom 25. Februar 2020 E. 4.3; 6B 141/2009 vom 24. September 2009 E. 4).

3.2.2. Die Vorinstanz nimmt an, die beiden Voraussetzungen für einen Strafaufschub, nämlich die Ungefährlichkeit sowie die Vordringlichkeit, seien nicht erfüllt. Die Massnahmenbedürftigkeit beinhalte immer eine Schlechtprognose und einen unbedingten Strafvollzug (Urteil S. 15). Der Verzicht auf den Aufschub des Strafvollzugs widerspreche vorliegend auch nicht dem Verbot der "reformatio in peius" (Art. 391 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 391 Entscheid - 1 Die Rechtsmittelinstanz ist bei ihrem Entscheid nicht gebunden an:
StPO). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung stehe der Anordnung einer anderen als der ursprünglich als indiziert erachteten Massnahme durch die Rechtsmittelinstanz generell nichts entgegen; in BGE 144 IV 113 E. 4.3 S. 117 sei sogar die Umwandlung einer ambulanten in eine stationäre Massnahme im Rechtsmittelverfahren als zulässig eingestuft worden (Urteil S. 16). Die Vorinstanz kommt zum Ergebnis, der Verzicht auf den Aufschub der Freiheitsstrafe zugunsten der ambulanten Massnahme gestützt auf das wohlverstandene objektive Interesse des Beschwerdeführers erweise sich als gerechtfertigt. Die Minderheit des Gerichts hätte den erstinstanzlichen Strafaufschub aufgrund des Verschlechterungsverbots bestätigt, auch wenn die Voraussetzungen für den Aufschub nicht erfüllt seien (Urteil S. 17).

3.2.3. Die Rechtsmittelinstanz darf Entscheide nicht zum Nachteil der beschuldigten oder verurteilten Person abändern, wenn das Rechtsmittel nur zu deren Gunsten ergriffen worden ist (Art. 391 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 391 Entscheid - 1 Die Rechtsmittelinstanz ist bei ihrem Entscheid nicht gebunden an:
Satz 1 StPO). Massgeblich für die Frage, ob eine unzulässige "reformatio in peius" vorliegt, ist das Dispositiv (BGE 139 IV 282 E. 2.6 S. 289).
Der verurteilte Beschwerdeführer ergriff das Rechtsmittel, die Berufung. Die Staatsanwaltschaft erhob keine Anschlussberufung und beantragte Abweisung. Das erstinstanzliche Urteil durfte mithin nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers abgeändert werden.
Die Erstinstanz hatte eine ambulante Behandlung angeordnet und den Vollzug der Freiheitsstrafe gestützt auf Art. 63 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
StGB zugunsten dieser ambulanten Behandlung aufgeschoben. Die Vorinstanz ordnete die ambulante Massnahme vollzugsbegleitend an. Während die Erstinstanz die Freiheitsstrafe aufschob, ordnete die Vorinstanz den Vollzug der Freiheitsstrafe an und änderte somit das erstinstanzliche Urteilsdispositiv betreffend die Strafe zum Nachteil des Beschwerdeführers ab, der nunmehr gemäss Vorinstanz einen Freiheitsentzug mit Strafcharakter hinzunehmen hätte. Das ist die hier entscheidende Rechtstatsache. Diese Anordnung verletzt Art. 391 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 391 Entscheid - 1 Die Rechtsmittelinstanz ist bei ihrem Entscheid nicht gebunden an:
Satz 1 StPO. Die Berufung auf BGE 144 IV 113 verfängt schon deshalb nicht, weil diese Entscheidung einzig die Umwandlung der vollzugsbegleitenden in eine stationäre therapeutische Massnahme und damit lediglich einen Freiheitsentzug mit therapeutischem Charakter betraf.

3.3. Im Übrigen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

4.
Die Beschwerde ist teilweise (im Schuldpunkt) abzuweisen und im Übrigen gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist. Das Urteil ist aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 107 Entscheid - 1 Das Bundesgericht darf nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen.
1    Das Bundesgericht darf nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen.
2    Heisst das Bundesgericht die Beschwerde gut, so entscheidet es in der Sache selbst oder weist diese zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurück. Es kann die Sache auch an die Behörde zurückweisen, die als erste Instanz entschieden hat.
3    Erachtet das Bundesgericht eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen oder der internationalen Amtshilfe in Steuersachen als unzulässig, so fällt es den Nichteintretensentscheid innert 15 Tagen seit Abschluss eines allfälligen Schriftenwechsels. Auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist es nicht an diese Frist gebunden, wenn das Auslieferungsverfahren eine Person betrifft, gegen deren Asylgesuch noch kein rechtskräftiger Endentscheid vorliegt.97
4    Über Beschwerden gegen Entscheide des Bundespatentgerichts über die Erteilung einer Lizenz nach Artikel 40d des Patentgesetzes vom 25. Juni 195498 entscheidet das Bundesgericht innerhalb eines Monats nach Anhebung der Beschwerde.99
BGG). Soweit der Beschwerdeführer unterliegt, wird er kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). In diesem Umfang ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen. Im Umfang der Gutheissung ist das Gesuch gegenstandslos geworden und der Kanton Aargau hat den Beschwerdeführer zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG). Die Entschädigung wird bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege praxisgemäss dem Anwalt ausgerichtet.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 14. Februar 2020 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.

3.
Dem Beschwerdeführer werden die Gerichtskosten von Fr. 600.-- auferlegt.

4.
Der Kanton Aargau wird verpflichtet, Rechtsanwalt Emanuel Suter eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- auszurichten.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. August 2020

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Briw