2017 VI/8

Auszug aus dem Urteil der Abteilung IV
i.S. A. gegen Staatssekretariat für Migration
Dâ¿¿3689/2016 vom 13. Dezember 2017

Unentgeltliche Rechtspflege im erstinstanzlichen Asylverfahren.

Art. 29 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV. Art. 65 Abs. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 65 - 1 Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter befreit nach Einreichung der Beschwerde eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Verfahrenskosten, sofern ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint.112
1    Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter befreit nach Einreichung der Beschwerde eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Verfahrenskosten, sofern ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint.112
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter der Partei einen Anwalt.113
3    Die Haftung für Kosten und Honorar des Anwalts bestimmt sich nach Artikel 64 Absätze 2-4.
4    Gelangt die bedürftige Partei später zu hinreichenden Mitteln, so ist sie verpflichtet, Honorar und Kosten des Anwalts an die Körperschaft oder autonome Anstalt zu vergüten, die sie bezahlt hat.
5    Der Bundesrat regelt die Bemessung von Honorar und Kosten.114 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005115 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010116.117
VwVG. Art. 110a Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 110a
AsylG.

1. Im erstinstanzlichen Asylverfahren leitet sich ein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege aus Art. 29 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV ab (E. 3.1).

2. Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ist auch im Falle des Obsiegens zu prüfen, da dem nichtstreitigen Asylverfahren das Institut der Parteientschädigung nicht bekannt ist (E. 3.3).

3. Voraussetzungen zur Annahme der finanziellen Bedürftigkeit und der Notwendigkeit der unentgeltlichen Verbeiständung im erstinstanzlichen Asylverfahren (E. 3.3.1â¿¿3.3.2).

Assistance judiciaire dans la procédure d'asile de première instance.

Art. 29 al. 3 Cst. Art. 65 al. 1 PA. Art. 110a al. 1 LAsi.

1. Dans la procédure d'asile de première instance, un droit l'assistance judiciaire se déduit de l'art. 29 al. 3 Cst. (consid. 3.1).

2. La requête d'assistance judiciaire gratuite doit aussi être examinée lorsque le recourant obtient gain de cause, dès lors que l'institution des dépens n'est pas connue de la procédure d'asile non contentieuse (consid. 3.3).

3. Conditions d'admission de l'indigence financière et de la nécessité de l'assistance judiciaire gratuite dans la procédure d'asile de première instance (consid. 3.3.1â¿¿3.3.2).

Assistenza giudiziaria nella procedura d'asilo di prima istanza.

Art. 29 cpv. 3 Cost. Art. 65 cpv. 1 PA. Art. 110a cpv. 1 LAsi.

1. Nella procedura d'asilo di prima istanza un diritto all'assistenza giudiziaria si deduce dall'art. 29 cpv. 3 Cost. (consid. 3.1).

2. La domanda di assistenza giudiziaria va esaminata anche in caso di successo, poiché la procedura d'asilo non contenziosa non conosce l'istituto delle spese ripetibili (consid. 3.3).

3. Presupposti per il riconoscimento dell'indigenza e della necessit dell'assistenza giudiziaria nella procedura d'asilo di prima istanza (consid. 3.3.1â¿¿3.3.2).

Am 20. November 2001 gewährte das Bundesamt für Flüchtlinge (BFF, heute Staatssekretariat für Migration [SEM]) dem Beschwerdeführer in der Schweiz Asyl. Mit Schreiben vom 2. Februar 2016 teilte das SEM ihm mit, es erwäge zufolge seiner Kontaktaufnahme mit dem Heimatstaat den Widerruf des Asyls und die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft. Am 1. April 2016 ersuchte der Beschwerdeführer das SEM um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

Mit Verfügung vom 31. Mai 2016 stellte das SEM das Verfahren betreffend Widerruf des Asyls ein und wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab. Der Beschwerdeführer beantragte dem Bundesverwaltungsgericht die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids, soweit die Ablehnung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung betreffend.

Das Bundesverwaltungsgericht heisst die Beschwerde gut.

Aus den Erwägungen:

3.1 Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird in erster Linie durch das anwendbare Verfahrensrecht geregelt. Unabhängig davon besteht ein solcher Anspruch unmittelbar gestützt auf Art. 29 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV (vgl. BGE 128 I 225 E. 2.3). Danach hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und deren Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. Für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wird die unentgeltliche Rechtspflege in Art. 110a
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 110a
AsylG (SR 142.31) und Art. 65
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 65 - 1 Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter befreit nach Einreichung der Beschwerde eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Verfahrenskosten, sofern ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint.112
1    Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter befreit nach Einreichung der Beschwerde eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Verfahrenskosten, sofern ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint.112
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter der Partei einen Anwalt.113
3    Die Haftung für Kosten und Honorar des Anwalts bestimmt sich nach Artikel 64 Absätze 2-4.
4    Gelangt die bedürftige Partei später zu hinreichenden Mitteln, so ist sie verpflichtet, Honorar und Kosten des Anwalts an die Körperschaft oder autonome Anstalt zu vergüten, die sie bezahlt hat.
5    Der Bundesrat regelt die Bemessung von Honorar und Kosten.114 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005115 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010116.117
VwVG konkretisiert. Dagegen fehlt für das erstinstanzliche Asylverfahren als nichtstreitiges Verwaltungsverfahren eine entsprechende ausdrückliche gesetzliche Regelung.

Mit den Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission (EMARK) 2001 Nr. 11 erkannte die (vormalige) Schweizerische Asylrekurskommission, dass bei zeitgemässem Verständnis aus verfassungsrechtlicher Sicht bei gegebenen Voraussetzungen auch das erstinstanzliche Asylverfahren der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung offenstehe (vgl. EMARK 2001 Nr. 11 E. 4 S. 80â¿¿84, insb. E. 4b/bb, und bereits EMARK 1998 Nr. 13 E. 4b/dd). Ebenso anerkennt die bundesgerichtliche Praxis einen entsprechenden Anspruch unabhängig von der Rechtsnatur der Entscheidungsgrundlagen für jedes staatliche Verfahren, in das eine Person einbezogen wird oder das zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist (vgl. BGE 130 I 180 E. 2.2; 128 I 225 E. 2.3; 125 V 32 E. 4a). In diesem Sinne wird auch in der Lehre die Ansicht vertreten, dass es sich bei der unentgeltlichen Rechtspflege um einen verfassungsrechtlichen Anspruch handle (Art. 29 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV), der für jedes staatliche Verfahren gelte (Marcel Maillard, in: Praxiskommentar VwVG, 2. Aufl. 2016, Art. 65 N. 4). Entgegen seiner ursprünglichen Einordnung im Abschnitt über das Beschwerdeverfahren gelte Art. 65
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 65 - 1 Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter befreit nach Einreichung der Beschwerde eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Verfahrenskosten, sofern ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint.112
1    Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter befreit nach Einreichung der Beschwerde eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Verfahrenskosten, sofern ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint.112
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter der Partei einen Anwalt.113
3    Die Haftung für Kosten und Honorar des Anwalts bestimmt sich nach Artikel 64 Absätze 2-4.
4    Gelangt die bedürftige Partei später zu hinreichenden Mitteln, so ist sie verpflichtet, Honorar und Kosten des Anwalts an die Körperschaft oder autonome Anstalt zu vergüten, die sie bezahlt hat.
5    Der Bundesrat regelt die Bemessung von Honorar und Kosten.114 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005115 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010116.117
VwVG heute nicht nur für streitige, sondern auch für nichtstreitige
Verwaltungsverfahren (Martin Kayser, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], 2008, Art. 65 N. 2). Ein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung besteht demnach auch im erstinstanzlichen Asylverfahren.

3.2 (...)

3.3 Mit der hier (teilweise) angefochtenen Einstellungsverfügung wurde dem Begehren des Beschwerdeführers, vom Widerruf des Asyls und der Flüchtlingseigenschaft abzusehen, entsprochen. Damit ist von einem vollumfänglichen Obsiegen im vorinstanzlichen Verfahren auszugehen. Da dem nichtstreitigen Asylverfahren das Institut der Parteientschädigung bei Obsiegen nicht bekannt ist und sich eine solche auch nicht auf (den lediglich im Beschwerdeverfahren anwendbaren) Art. 64
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 64 - 1 Die Beschwerdeinstanz kann der ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zusprechen.
1    Die Beschwerdeinstanz kann der ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zusprechen.
2    Die Entschädigung wird in der Entscheidungsformel beziffert und der Körperschaft oder autonomen Anstalt auferlegt, in deren Namen die Vorinstanz verfügt hat, soweit sie nicht einer unterliegenden Gegenpartei auferlegt werden kann.
3    Einer unterliegenden Gegenpartei kann sie je nach deren Leistungsfähigkeit auferlegt werden, wenn sich die Partei mit selbständigen Begehren am Verfahren beteiligt hat.
4    Die Körperschaft oder autonome Anstalt, in deren Namen die Vorinstanz verfügt hat, haftet für die einer unterliegenden Gegenpartei auferlegte Entschädigung, soweit sich diese als uneinbringlich herausstellt.
5    Der Bundesrat regelt die Bemessung der Entschädigung.108 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005109 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010110.111
VwVG abstützen lässt (vgl. in Bezug auf das Asylverfahren EMARK 2001 Nr. 11 E. 6b/dd; vgl. allgemein zur Pflicht zur Entrichtung einer Parteientschädigung im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren des Bundes BGE 132 II 47 E. 5.2; vgl. auch Marantelli/Huber, in: Praxiskommentar VwVG, a.a.O., Art. 6 N. 45), hat das SEM das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung richtigerweise als solches, mithin gemäss den Kriterien von Art. 65 Abs. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 65 - 1 Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter befreit nach Einreichung der Beschwerde eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Verfahrenskosten, sofern ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint.112
1    Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter befreit nach Einreichung der Beschwerde eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Verfahrenskosten, sofern ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint.112
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter der Partei einen Anwalt.113
3    Die Haftung für Kosten und Honorar des Anwalts bestimmt sich nach Artikel 64 Absätze 2-4.
4    Gelangt die bedürftige Partei später zu hinreichenden Mitteln, so ist sie verpflichtet, Honorar und Kosten des Anwalts an die Körperschaft oder autonome Anstalt zu vergüten, die sie bezahlt hat.
5    Der Bundesrat regelt die Bemessung von Honorar und Kosten.114 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005115 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010116.117
und Abs. 2 VwVG respektive Art. 29 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV, geprüft.

3.3.1 Zu Recht ging das SEM davon aus, dass die durch den Beschwerdeführer gestellten Rechtsbegehren zum Zeitpunkt der Gesuchstellung nicht aussichtslos waren. Hingegen griff der Schluss, mangels Vorliegens einer Fürsorgebestätigung sei die finanzielle Bedürftigkeit nicht erstellt, zu kurz. Finanziell bedürftig im Sinne von Art. 65 Abs. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 65 - 1 Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter befreit nach Einreichung der Beschwerde eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Verfahrenskosten, sofern ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint.112
1    Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter befreit nach Einreichung der Beschwerde eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Verfahrenskosten, sofern ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint.112
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter der Partei einen Anwalt.113
3    Die Haftung für Kosten und Honorar des Anwalts bestimmt sich nach Artikel 64 Absätze 2-4.
4    Gelangt die bedürftige Partei später zu hinreichenden Mitteln, so ist sie verpflichtet, Honorar und Kosten des Anwalts an die Körperschaft oder autonome Anstalt zu vergüten, die sie bezahlt hat.
5    Der Bundesrat regelt die Bemessung von Honorar und Kosten.114 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005115 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010116.117
VwVG respektive Art. 29 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV ist, wer zur Deckung der Gerichts- und Parteikosten jene Mittel angreifen müsste, die er zur Deckung des Grundbedarfs für sich und seine Familie benötigt (BGE 125 IV 161 E. 4a). Bei zusammenlebenden Ehegatten wird für die Beurteilung der Mittellosigkeit eines Ehegatten das Einkommen beider Ehegatten dem Bedarf der Familie gegenübergestellt und das Vermögen beider Ehegatten berücksichtigt. Aufgrund der eingereichten Unterlagen ([...]) ist hinreichend belegt, dass die Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau im Zeitpunkt der Stellung des Gesuchs um unentgeltliche Verbeiständung (...) eine monatliche Unterdeckung ergab. Die finanzielle Bedürftigkeit ist damit erstellt.

3.3.2 Zu prüfen bleibt die Notwendigkeit der anwaltlichen Verbeiständung im vorinstanzlichen Verfahren. Diese ist nicht bereits aufgrund des Umstands zu verneinen, dass das vorinstanzliche Verfahren vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht ist (vgl. EMARK 2000 Nr. 6 E. 10; ebenso BGE 125 V 32 E. 4b). Die bedürftige Partei hat Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung, wenn ihre Interessen in schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines Rechtsvertreters erforderlich machen. Droht das infrage stehende Verfahren besonders stark in die Rechtsposition der betroffenen Person einzugreifen, ist die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters grundsätzlich geboten, sonst nur dann, wenn zur relativen Schwere des Falls besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, denen der Gesuchsteller auf sich alleine gestellt nicht gewachsen wäre (BGE 130 I 180 E. 2.2 mit Verweis auf BGE 128 I 225 E. 2.5.2 und 125 V 32 E. 4b). Ob die anwaltliche Verbeiständung notwendig ist, beurteilt sich nach den konkreten objektiven und subjektiven Umständen. Es ist im Einzelfall zu fragen, ob eine nicht bedürftige Partei unter sonst
gleichen Umständen vernünftigerweise eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt beiziehen würde, weil sie selber zu wenig rechtskundig ist und das Interesse am Prozessausgang den Aufwand rechtfertigt (vgl. das Urteil des BGer 9C_606/2013 vom 7. März 2014 E. 2.2.1). In diesem Zusammenhang berücksichtigt das Bundesgericht insbesondere das Alter, die soziale Situation, die Sprachkenntnisse oder die gesundheitliche und geistig-psychische Verfassung der betroffenen Person sowie die Schwere und Komplexität des Falls (BGE 123 I 145 E. 2b/cc).

Für das Verfahren betreffend Gewährung von Asyl hielt die Asylrekurskommission in EMARK 2001 Nr. 11 fest, das Kriterium der erheblichen Tragweite des Verfahrens für die gesuchstellende Partei sei im erstinstanzlichen Asylverfahren in aller Regel erfüllt. Im Gegensatz dazu werde das weitere Erfordernis komplexer Sach- oder Rechtsfragen nur äusserst selten erfüllt sein (vgl. EMARK 2001 Nr. 11 E. 6c; ebenso EMARK 2004 Nr. 9 E. 3a und b). Ein subjektives Zurückbleiben der Partei hinter dem " durchschnittlichen Bewerber " gelte in aller Regel als durch die spezifischen Eigenheiten des Asylverfahrens â¿¿ wie etwa das Institut der Hilfswerkvertretung, den amtlich bestellten Dolmetscher oder die Existenz von weitgehend unentgeltlich arbeitenden Beratungsstellen â¿¿ aufgefangen (vgl. EMARK 2001 Nr. 11 E. 6b/bb). Diese Praxis, wonach die unentgeltliche Verbeiständung im erstinstanzlichen Asylverfahren nicht ausgeschlossen, allerdings die Notwendigkeit der Vertretung nur unter sehr restriktiven Voraussetzungen zu bejahen ist, wurde vom Bundesverwaltungsgericht fortgeführt (vgl. Urteile des BVGer Dâ¿¿4986/2006 vom 14. Juli 2010 E. 4.2 f.; Dâ¿¿6652/2010 vom 2. November 2010 E. 4.1 f.; Dâ¿¿964/2013 vom 27. Februar 2014
E. 3).

Vorliegend zu berücksichtigen ist, dass es sich beim vorinstanzlichen Verfahren nicht um ein Standardverfahren betreffend die Gewährung von Asyl handelte, bei dem der Beschwerdeführer seitens des SEM in Anwesenheit einer Hilfswerkvertretung mündlich angehört worden wäre, sondern um ein Verfahren betreffend den (beabsichtigten) Widerruf der Flüchtlingseigenschaft und des Asyls, bei dem ihm einzig das rechtliche Gehör schriftlich gewährt wurde. Mit der potenziellen Aufhebung des zuvor gewährten Asyls stand für den Beschwerdeführer eine bedeutende Rechtsposition auf dem Spiel. Aus dem Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ergibt sich zudem, dass er beruflich nicht integriert und rechtsunkundig ist. Im Beschwerdeverfahren wurde ausserdem präzisiert, er leide an einer psychischen Beeinträchtigung und sei auch sozial nur mangelhaft integriert. Aufgrund der Ankündigung des SEM vom 2. Februar 2016 musste der Beschwerdeführer damit rechnen, dass ihm infolge seiner Kontaktaufnahme mit den heimatlichen Behörden mit hoher Wahrscheinlichkeit die Flüchtlingseigenschaft aberkannt und das Asyl widerrufen würde. Nachdem zur Begründung des Einstellungsentscheids vollumfänglich auf die Stellungnahme des Rechtsvertreters vom
22. April 2016 abgestellt wurde, ist davon auszugehen, dass diese für den Ausgang des Verfahrens ausschlaggebend war. Dass es dem Beschwerdeführer gelungen wäre, den Sachverhalt ebenso verständlich darzustellen und zu erklären sowie die einschlägige Rechtsprechung zu eruieren, ist nicht anzunehmen. Ebenfalls ist nicht davon auszugehen, dass das SEM das Verfahren auch ohne eine entsprechende Stellungnahme eingestellt hätte. Die anwaltliche Vertretung des Beschwerdeführers hat sich damit als notwendig erwiesen.
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Document : 2017/VI/8
Date : 13. Dezember 2017
Published : 27. September 2018
Source : Bundesverwaltungsgericht
Status : 2017/VI/8
Subject area : VI (Asylrecht)
Subject : Unentgeltliche Rechtspflege


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