LANDESRECHT - DROIT NATIONAL -
DIRITTO NAZIONALE

1 Staat - Volk - Behörden
Etat - Peuple - Autorités
Stato - Popolo - Autorità

20

Auszug aus dem Urteil der Abteilung IV
i.S. A. gegen Bundesamt für Migration
D 5699/2011 vom 1. Mai 2013

Asyl. Intertemporale Geltung von Art. 3 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG. Grundsatz-urteil.

Art. 3 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG.

1. Fehlen Übergangsbestimmungen, ist bei der Beurteilung von Dauersachverhalten - wie im Asylverfahren - in der Regel die Rechtslage zum Zeitpunkt des zu beurteilenden Verwaltungsaktes massgeblich (E. 3.2.1 3.2.4).

2. Als Ausnahme von dieser Regel werden bei Inkrafttreten des neuen Rechts hängige Beschwerden dann bereits nach diesem behandelt, wenn zwingende Gründe des öffentlichen Interesses dessen Anwendung erfordern oder wenn eine auf altes Recht gestützte Verfügung nach neuem Recht sofort widerrufbar ist (E. 3.2.5).

3. Art. 3 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG ist in Beschwerdeverfahren bezüglich Verfügungen, die das Bundesamt für Migration (BFM) vor dessen Inkrafttreten am 29. September 2012 erliess, nicht anzuwenden; hingegen findet die neue gesetzliche Bestimmung in jenen Fällen Anwendung, die seit dem 29. September 2012 vom BFM entschieden wurden beziehungsweise werden (E. 3.2.6 3.2.7).

Asile. Applicabilité intertemporelle de l'art. 3 al. 3 LAsi. Arrêt de principe.

Art. 3 al. 3 LAsi.

1. En l'absence de dispositions transitoires, c'est la situation juridique prévalant au moment de la décision administrative qui est en règle générale - comme en procédure d'asile - déterminante dans l'appréciation d'états de fait durables (consid. 3.2.1 3.2.4).

2. Font exception à cette règle les recours qui, pendants lors de l'entrée en vigueur du nouveau droit, sont traités selon celui-ci, soit si des raisons contraignantes relevant de l'intérêt public l'exigent, soit si une décision fondée sur l'ancien droit est immédiatement attaquable selon le nouveau droit (consid. 3.2.5).

3. L'art. 3 al. 3 LAsi n'est pas applicable aux procédures de recours contre des décisions de l'Office fédéral des migrations (ODM) avant son entrée en vigueur le 29 septembre 2012. Cette nouvelle disposition légale s'applique, en revanche, à tous les cas sur lesquels l'ODM a statué depuis lors et statuera (consid. 3.2.6 3.2.7).

Asilo. Diritto intertemporale. Art. 3 cpv. 3 LAsi. Sentenza di principio.

Art. 3 cpv. 3 LAsi.

1. In assenza di disposizioni transitorie, il giudizio su fattispecie come nelle procedure di asilo - che perdurano nel tempo, si fonda di regola sulla base della legislazione vigente al momento dell'atto amministrativo considerato (consid. 3.2.1 3.2.4).

2. Fanno eccezione a questa regola i ricorsi che, pendenti al momento dell'entrata in vigore del nuovo diritto, vengono trattati secondo quest'ultimo se dei motivi impellenti di interesse pubblico lo esigono o se una decisione fondata sul diritto previgente è immediatamente revocabile secondo il nuovo diritto (consid. 3.2.5).

3. In procedura di ricorso, l'art. 3 cpv. 3 LAsi non è applicabile alle decisioni emanate dall'Ufficio federale della migrazione (UFM) prima della sua entrata in vigore il 29 settembre 2012, mentre è invece applicabile ai casi decisi dall'UFM dal 29 settembre 2012 in poi (consid. 3.2.6 3.2.7).


Der Beschwerdeführer stellte am 25. Juli 2010 ein Asylgesuch in der Schweiz.

Zur Begründung seines Asylgesuches gab er im Wesentlichen an, er habe von 1997 bis 2008 in Eritrea Militärdienst geleistet. Im Sommer 2008 sei er einen Monat unter der Beschuldigung oppositioneller Tätigkeiten in Haft gewesen. Danach sei er desertiert.

Das Bundesamt für Migration (BFM) lehnte sein Asylgesuch mit Verfügung vom 13. September 2011 ab, anerkannte ihn aber als Flüchtling und nahm ihn zufolge Unzulässigkeit des Wegweisungsvollzugs in der Schweiz vorläufig auf.

Mit Eingabe vom 14. Oktober 2011 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde und beantragte unter anderem die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Asylgewährung.

Das Bundesverwaltungsgericht weist die Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:


3.2 In einer dringlichen Änderung des Asylgesetzes vom 28. September 2012, welche am 29. September 2012 in Kraft getreten ist, hat die Bundesversammlung neu den Art. 3 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) eingeführt, wonach Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden, keine Flüchtlinge sind. Vorbehalten bleibe das Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30).

3.2.1 Somit stellt sich vorab die Frage der intertemporalen Geltung dieser Norm beziehungsweise ob die Gesetzesänderung auf Verfahren, welche am 29. September 2012 hängig waren, Anwendung findet.

3.2.2 Anders als im Hinblick auf die (in der gleichen Gesetzesvorlage enthaltene) Abschaffung der Asylgesuchstellung im Ausland hat das Parlament bezüglich der Änderungen in Art. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG keine Übergangsbestimmungen erlassen und solche auch nicht diskutiert. Fehlt eine ausdrückliche Regelung, ist praxisgemäss auf die allgemeinen Grundsätze zur intertemporalen Anwendbarkeit neuen Rechts zurückzugreifen (vgl. BGE 123 V 25 E. 3b).

3.2.3 Vorauszuschicken ist dabei, dass zwischen der echten und der unechten Rückwirkung zu unterscheiden ist. Echte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Gesetzesregel auf Sachverhalte angewendet wird, die sich abschliessend vor Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht haben. Dies ist in der Regel unzulässig, jedenfalls ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage (vgl. statt vieler BGE 125 I 182, BGE 122 V 405; BVGE 2009/3). Vielmehr ist in solchen Fällen grundsätzlich das Recht anzuwenden, das im Zeitpunkt galt, als sich der Sachverhalt ereignete (vgl. Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl., Zürich/St. Gallen 2010, Rz. 330). Anders verhält es sich bei der unechten Rückwirkung, das heisst, wenn Sachverhalte zu beurteilen sind, die zwar vor Inkrafttreten neuen Rechts eingetreten sind, aber über den Zeitpunkt des Inkrafttretens hinaus andauern; sogenannte Dauersachverhalte (vgl. BGE 107 Ib 191 E. 3b, BGE 114 V 150 E. 2a). Gemäss weitgehend einheitlicher Praxis des Bundesgerichts ist die Rechtmässigkeit eines Verwaltungsaktes in diesen Fällen nach der Rechtslage zur Zeit seines Erlasses zu beurteilen (vgl. BGE 122 V 85 E. 3, BGE 120 Ib 317 E. 2b, BGE 112 Ib 39
E. 1; vgl. Häfelin/Müller/ Uhlmann, a.a.O., Rz. 325ff.; Ulrich Meyer/Peter Arnold, Intertemporales Recht, in: Zeitschrift für Schweizerisches Recht [ZSR] NF 124 I [2005], S. 132ff.; Pierre Tschannen/Ulrich Zimmerli/Markus Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl., Bern 2009, Rz. 20 zu § 24).

3.2.4 Bei der Frage, ob die Flüchtlingseigenschaft anzuerkennen und Asyl zu gewähren sei, handelt es sich um die Beurteilung eines solchen Dauersachverhalts: Der geltend gemachte Umstand - die Verfolgung oder die begründete Furcht vor zukünftiger Verfolgung - ist vor Erlass der Verfügung eingetreten und dauert zum Zeitpunkt des Erlasses und darüber hinaus an. Es ist im vorliegenden Zusammenhang damit auf die Regel abzustellen, dass die Rechtslage zum Zeitpunkt des zu beurteilenden Verwaltungsaktes massgeblich ist.

3.2.5 Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen: Tritt die Rechtsänderung während des erstinstanzlichen Verfahrens ein, so ist - unter dem Vorbehalt des Prinzips von Treu und Glauben - stets das neue Recht anzuwenden. Tritt hingegen die Rechtsänderung erst während des Beschwerdeverfahrens ein, so kommt regelmässig noch das alte Recht zum Zuge (vgl. Tschannen/Zimmerli/Müller, a.a.O.). Im Laufe des Beschwerdeverfahrens eingetretene Rechtsänderungen bleiben dementsprechend in der Regel unbeachtlich (vgl. BGE 112 Ib 39 E. 1, BGE 106 Ib325). Für diese Regel gelten gemäss dem Bundesgericht zwei Ausnahmen: Erstens, wenn zwingende Gründe für die Berücksichtigung des neuen Rechts sprechen. Solche Gründe liegen vor, wenn Vorschriften um der öffentlichen Ordnung willen oder zur Durchsetzung erheblicher öffentlicher Interessen erlassen wurden und daher auch in hängigen Beschwerdeverfahren sofort anwendbar sind (...). Zweitens ist eine Ausnahme von der genannten Regel gerechtfertigt, wenn eine auf altes Recht gestützte Verfügung nach neuem Recht sofort widerrufen werden könnte beziehungsweise wenn sofort ein neues Gesuch eingereicht werden könnte, das nach neuem Recht beurteilt würde (vgl. BGE 129 II
497
E. 5.3.3, BGE 122 V 85 E. 3).

3.2.6 Es ist im Folgenden zu prüfen, ob eine dieser beiden Ausnahmen gegeben ist und sich aus diesem Grund ein Abweichen vom Grundsatz, dass im Laufe des Beschwerdeverfahrens eingetretene Rechtsänderungen unbeachtlich bleiben, rechtfertigen würde.

3.2.6.1 Im vorliegenden Kontext sprechen keine zwingenden Gründe für die Anwendung des neuen Rechts auf Beschwerdeebene. Im Gesetzgebungsprozess wurde mehrfach darauf verwiesen, dass es sich bei der neuen Bestimmung weitgehend um symbolische Gesetzgebung mit wenig materiellen Auswirkungen handle, um in Zukunft die Zahl der Asylgesuche aus Eritrea zu senken (vgl. Amtliches Bulletin der Bundesversammlung [AB] 2011 S 1121 ff., AB 2012 N 1088 und 1091 f.; Botschaft zur Änderung des Asylgesetzes vom 26. Mai 2010, BBl 2010 4455, 4467). Diese beabsichtigte « abschreckende Wirkung » dürfte auch der Grund gewesen sein, dass diese Norm im Rahmen des Dringlichkeitsverfahrens eingeführt worden ist. Eine Anwendung des neuen Rechts auf Beschwerdeebene vermag jedoch auf die gesetzgeberische Intention einer « abschreckenden Wirkung » keinerlei positive Wirkung zu entfalten. Insbesondere sind Personen, die davon abgehalten werden sollen, in der Schweiz ein Asylgesuch wegen Dienstverweigerung oder Desertion zu stellen, in keiner Weise davon betroffen und lassen sich auch nicht davon beeinflussen, aufgrund welcher Norm ein aktuell im Beschwerdeverfahren hängiges Asylgesuch entschieden wird.

Ein weiteres Argument im Gesetzgebungsprozess war, dass Personen in der Schweiz allein wegen Dienstverweigerung oder Desertion kein Asyl erhalten sollen, wenn sie nicht im Sinne der Flüchtlingskonvention einer Verfolgung ausgesetzt sind. Auch dieses Argument vermag jedoch kein erhebliches öffentliches Interesse an einer Anwendbarkeit des neuen Rechts auf Beschwerdeebene zu etablieren, zumal dies bereits mit der geltenden Rechtsprechung übereinstimmt; keine asylsuchende Person erhält nach geltendem Recht alleine wegen Desertion oder Dienstverweigerung Asyl, wenn nicht zusätzlich eine Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention vorliegt.

Ein erhebliches öffentliches Interesse der Anwendbarkeit der neuen Gesetzesnorm auf Beschwerdeebene lässt sich damit nicht erkennen.

3.2.6.2 Auch die zweite Ausnahme, wonach neues Recht den sofortigen Widerruf eines auf altes Recht gestützten Verwaltungsakts rechtfertigen würde, ist nicht gegeben. Die Voraussetzungen, die für einen Widerruf des Asylstatus und/oder der Flüchtlingseigenschaft vorliegen müssen, sind in Art. 63
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 63 Widerruf - 1 Das SEM widerruft das Asyl oder aberkennt die Flüchtlingseigenschaft:
1    Das SEM widerruft das Asyl oder aberkennt die Flüchtlingseigenschaft:
a  wenn die ausländische Person das Asyl oder die Flüchtlingseigenschaft durch falsche Angaben oder Verschweigen wesentlicher Tatsachen erschlichen hat;
b  aus Gründen nach Artikel 1 Buchstabe C Ziffern 1-6 der Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951170.
1bis    Es aberkennt die Flüchtlingseigenschaft, wenn Flüchtlinge in ihren Heimat- oder Herkunftsstaat reisen. Die Aberkennung unterbleibt, wenn die ausländische Person glaubhaft macht, dass die Reise in den Heimat- oder Herkunftsstaat aufgrund eines Zwangs erfolgte.171
2    Das SEM widerruft das Asyl, wenn Flüchtlinge:
a  die innere oder die äussere Sicherheit der Schweiz verletzt haben oder gefährden oder besonders verwerfliche strafbare Handlungen begangen haben;
b  ein Reiseverbot nach Artikel 59c Absatz 1 zweiter Satz AIG172 missachtet haben.173
3    Der Asylwiderruf oder die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft gilt gegenüber allen eidgenössischen und kantonalen Behörden.
4    Der Asylwiderruf oder die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft erstreckt sich nicht auf den Ehegatten und die Kinder.174
AsylG und Art. 1 C FK abschliessend geregelt. Ein Widerruf aufgrund einer neuen Rechtslage im Aufnahmestaat ist darin nicht vorgesehen. Entsprechend ist ein sofortiger Widerruf der Flüchtlingseigenschaft und des Asylstatus gemäss neuem Recht, nachdem im Einzelfall unter altem Recht die Flüchtlingseigenschaft anerkannt und Asyl gewährt wurde, nicht möglich. Aufgrund der gegebenen Umstände kann schliesslich auch ausgeschlossen werden, dass nach Abweisung eines Gesuchs nach der bisherigen Rechtsnorm die Gefahr besteht, dass sofort ein neues Gesuch gestellt wird mit dem Ziel der Beurteilung nach neuem Recht, zumal die neue Rechtsnorm die Asylsuchenden jedenfalls nicht besserstellt.

3.2.6.3 Es liegen somit keine Ausnahmen vor, die es rechtfertigen würden, vom Grundsatz, dass im Laufe des Beschwerdeverfahrens eingetretene Rechtsänderungen unbeachtlich bleiben, abzuweichen.

3.2.7 Demnach ergibt sich gestützt auf die bundesgerichtliche Praxis, dass vorliegend auf die Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung abzustellen ist. Art. 3 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG ist folglich in Beschwerdeverfahren bezüglich Verfügungen, die das BFM vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Norm am 29. September 2012 erliess, nicht anzuwenden. Hingegen findet Art. 3 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG in jenen Fällen Anwendung, die seit dem 29. September 2012 vom BFM entschieden wurden beziehungsweise werden. Daraus ergibt sich auch, dass das BFM als erstinstanzlich verfügende Behörde in seinen seit dem 29. September 2012 ergangenen beziehungsweise ergehenden Verfügungen das neue Recht anzuwenden hat.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 2013/20
Datum : 01. Mai 2013
Publiziert : 15. Oktober 2013
Quelle : Bundesverwaltungsgericht
Status : 2013/20
Sachgebiet : Abteilung IV (Asylrecht)
Gegenstand : Asyl (ohne Wegweisung)


Gesetzesregister
AsylG: 3 
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
63
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 63 Widerruf - 1 Das SEM widerruft das Asyl oder aberkennt die Flüchtlingseigenschaft:
1    Das SEM widerruft das Asyl oder aberkennt die Flüchtlingseigenschaft:
a  wenn die ausländische Person das Asyl oder die Flüchtlingseigenschaft durch falsche Angaben oder Verschweigen wesentlicher Tatsachen erschlichen hat;
b  aus Gründen nach Artikel 1 Buchstabe C Ziffern 1-6 der Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951170.
1bis    Es aberkennt die Flüchtlingseigenschaft, wenn Flüchtlinge in ihren Heimat- oder Herkunftsstaat reisen. Die Aberkennung unterbleibt, wenn die ausländische Person glaubhaft macht, dass die Reise in den Heimat- oder Herkunftsstaat aufgrund eines Zwangs erfolgte.171
2    Das SEM widerruft das Asyl, wenn Flüchtlinge:
a  die innere oder die äussere Sicherheit der Schweiz verletzt haben oder gefährden oder besonders verwerfliche strafbare Handlungen begangen haben;
b  ein Reiseverbot nach Artikel 59c Absatz 1 zweiter Satz AIG172 missachtet haben.173
3    Der Asylwiderruf oder die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft gilt gegenüber allen eidgenössischen und kantonalen Behörden.
4    Der Asylwiderruf oder die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft erstreckt sich nicht auf den Ehegatten und die Kinder.174
BGE Register
107-IB-191 • 112-IB-39 • 114-V-150 • 120-IB-317 • 122-V-405 • 122-V-85 • 123-V-25 • 125-I-182 • 129-II-497
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
abkommen über die rechtsstellung der flüchtlinge • asylgesetz • asylverfahren • aufhebung • begründung des entscheids • bundesamt für migration • bundesgericht • bundesversammlung • bundesverwaltungsgericht • dienstverweigerung • entscheid • eritrea • frage • gerichts- und verwaltungspraxis • gesetzmässigkeit • inkrafttreten • landesrecht • monat • norm • parlament • rechtslage • sachverhalt • schweizerisches recht • stelle • treu und glauben • unechte rückwirkung • verfügung • widerrechtlichkeit • wille • zahl
BVGE
2009/3
BVGer
D-5699/2011
BBl
2010/4455
AB
2012 N 1088