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Auszug aus dem Urteil der Abteilung II
i. S. Semomed AG gegen Omnicom Group Holding AG und Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum
B 1136/2009 vom 9. Juli 2010

Markenschutz. Relative Ausschlussgründe. Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bei gemeinfreien Bestandteilen. Verwechslungsgefahr.

Art. 3 Abs. 1 Bst. c
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 3 Relative Ausschlussgründe - 1 Vom Markenschutz ausgeschlossen sind weiter Zeichen, die:
1    Vom Markenschutz ausgeschlossen sind weiter Zeichen, die:
a  mit einer älteren Marke identisch und für die gleichen Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind wie diese;
b  mit einer älteren Marke identisch und für gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt;
c  einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt.
2    Als ältere Marken gelten:
a  hinterlegte oder eingetragene Marken, die eine Priorität nach diesem Gesetz (Art. 6-8) geniessen;
b  Marken, die zum Zeitpunkt der Hinterlegung des unter Absatz 1 fallenden Zeichens im Sinne von Artikel 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft vom 20. März 18834 zum Schutz des gewerblichen Eigentums (Pariser Verbandsübereinkunft) in der Schweiz notorisch bekannt sind.
3    Auf die Ausschlussgründe nach diesem Artikel kann sich nur der Inhaber der älteren Marke berufen.
MSchG.

1. Durchschnittskonsumenten verstehen lateinische Begriffe in Marken nicht ohne Weiteres (E. 6.4.2).
2. Der gemeinfreie Charakter eines Markenbestandteils kann auch auf ein Freihaltebedürfnis zurückzuführen sein (E. 7.3.2).
3. Muss das Ausschliesslichkeitsrecht des Markeninhabers aufgrund gegenläufiger Interessen der Konkurrenten relativiert werden, kommt es insoweit auf das Verständnis oder die Interessen der Konsumenten nicht an (E. 7.4).


Protection des marques. Motifs relatifs d'exclusion. Caractère distinctif de la marque opposante lorsque ses éléments appartiennent au domaine public. Risque de confusion.

Art. 3 al. 1 let. c LPM.

1. On ne peut présumer que le consommateur moyen soit à même de comprendre les termes latins contenus dans une marque (consid. 6.4.2).
2. Le fait qu'un élément de la marque appartienne au domaine public peut aussi être dû à un besoin de disponibilité (consid. 7.3.2).
3. Si le droit exclusif du titulaire de la marque doit être relativisé par rapport aux intérêts opposés des concurrents, la compréhension ou les intérêts des consommateurs n'entrent pas en considération (consid. 7.4).


Protezione dei marchi. Motivi relativi d'esclusione. Forza distintiva del marchio dell'opponente nel caso di elementi di dominio pubblico. Rischio di confusione.

Art. 3 cpv. 1 lett. c LPM.

1. Il consumatore medio non capisce automaticamente le componenti in latino di un marchio (consid. 6.4.2).

2. Il carattere di dominio pubblico di una componente del marchio può anche essere ricondotto ad un bisogno di mantener tale componenti a libera disposizione (consid. 7.3.2).

3. Se il diritto d'esclusività del titolare del marchio deve essere relativizzato in considerazione degli interessi contrapposti dei concorrenti, non contano né il modo di intendere né gli interessi dei consumatori (consid. 7.4).


Die am 2. Dezember 1995 hinterlegte Marke Nr. P 421'977 « PERNATON » der Semomed AG wurde für diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke (Klasse 5) und nicht medizinische Zwecke (Klasse 30) eingetragen.

Am 3. April 2008 wurde die Marke der Widerspruchs- und Beschwerdegegnerin, « PERNADOL 400 » unter der Nr. 570'007 ins Schweizerische Markenregister für folgende Ware eingetragen:

Klasse 5:

Préparation à base d'alpha-tocophérol et de beta-carotène pour la consommation humaine et animale;

Klasse 29:

Préparation à base d'extrait marin de perna caniculus.

Gegen die Eintragung dieser Marke erhob die Semomed AG am 11. Juli 2008, gestützt auf ihre schweizerische Marke « PERNATON » (Nr. P-421'977), Widerspruch beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (Vorinstanz) mit der Begründung, infolge Warengleichartigkeit und Zeichenähnlichkeit bestehe die Gefahr einer Verwechslung.

Die Widerspruchsgegnerin beantragte am 21. August 2008, den Widerspruch abzuweisen. Ihrer Ansicht nach ist der Wortstamm « PERNA » dem Gemeingut zugehörig. Schon geringe Unterschiede reichten daher aus, um die Verwechslungsgefahr zu bannen.

Mit Verfügung vom 21. Januar 2009 wies die Vorinstanz den Widerspruch ab, wobei sie der Widerspruchsgegnerin folgend von der Gemeingutzugehörigkeit des Markenbestandteils « PERNA » ausging, weil dieser den Inhaltsstoff beschreibe. Eine Gefahr der Verwechslung bestehe aufgrund der Unterschiede in den Endsilben nicht.

Die Beschwerdeführerin begehrt mit ihrer am 19. Februar 2009 erhobenen Beschwerde die Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung, die Gutheissung des Widerspruchs sowie den Widerruf der Markeneintragung betreffend die angefochtene Marke. Zur Begründung führt sie insbesondere aus, der Markenbestandteil « PERNA » sei unbekannt und deshalb durchschnittlich unterscheidungskräftig. Eventualiter vertritt sie die Auffassung, dass auch wenn das Gericht die Widerspruchsmarke als schwach einstufe, die Zeichenähnlichkeit so deutlich sei, dass dennoch von einer Verwechslungsgefahr auszugehen sei.

Die Vorinstanz beantragt wie die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde. Letztere weist neu darauf hin, dass der Bestandteil « PERNA » wie Klassen-, Ordnungs-, Familien- und Gattungsbezeichnungen zum Gemeingut gehöre und daher freizuhalten seien. Daraus ergebe sich, dass nur auf die von einander abweichenden Schlusssilben abzustellen sei.

Die Beschwerdeführerin bestreitet die Existenz einer Gattungsbezeichnung « PERNA ».

Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) weist die Beschwerde letztinstanzlich ab und bestätigt die Verfügung der Vorinstanz.


Aus den Erwägungen:

4. Im vorliegenden Fall sind die Marken aus der Sicht der Käuferschaft von diätetischen Erzeugnissen für medizinische und nicht medizinische Zwecke sowie für Anwender von préparation à base d'alpha-tocophérol et de beta-carotène pour la consommation humaine et animale und préparation à base d'extrait marin de perna caniculus zu prüfen. Hierzu gehören einerseits Ärzte und Apotheker mit ihrer geschulten Aufmerksamkeit, andererseits aber zu einem überwiegenden Teil auch das allgemeine Publikum, welches Kennzeichen für nicht verschreibungspflichtige diätetische Erzeugnisse mit geringerer Aufmerksamkeit als etwa verschreibungspflichtige Medikamente wahrzunehmen und zu unterscheiden pflegt (Urteil des BVGer B 6770/2007 vom 9. Juni 2008 E. 7 «Nasacort/Vasacor », Urteil des BVGer B 4070/2007 vom 8. April 2008 E. 5.2 und E. 8 mit Hinweisen « Levane/Levact », Urteil des BVGer B 5709/2007 vom 16. Januar 2008 E. 3 «Nexcare/Newcare [fig.] »).

5. (...)

5.1 (...)

5.2 (...)

5.3 Die von der Beschwerdeführerin bestrittenen Ausführungen der Beschwerdegegnerin zu den unterschiedlichen Vertriebskanälen ändern damit mangels weiterer Indizien nichts an der grundsätzlich unbestrittenen Warengleichartigkeit (vgl. mit selbem Ergebnis, Urteil des Gerichtskreises VIII Bern-Laupen vom 2. Oktober 2001 veröffentlicht in: Zeitschrift für Immaterialgüter-, Informations- und Wettbewerbsrecht [sic!] 9/2001, S. 806 E. 7e «Perna [fig.] »).

6. Im Falle der Warengleichartigkeit kommt es für die Frage, ob zwei Marken verwechselbar sind, auf die Zeichenähnlichkeit an. Wie unter (...) hiervor ausgeführt, ist im Falle einer Bejahung der Zeichenähnlichkeit zu klären, welche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zukommt, und damit, wie ähnlich die Marken sein dürfen, die jene neben sich zu dulden hat (E. 7.2).

6.1 Bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit ist auf den Gesamteindruck von Wortmarken abzustellen, welche durch Klang, Schriftbild und Sinngehalt bestimmt werden (Eugen Marbach, Markenrecht, in: Roland von Büren/Lucas David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. III/1, Kennzeichenrecht, 2. Aufl., Basel 2009, N. 872). Den Wortklang prägen insbesondere das Silbenmass, die Aussprachekadenz und die Aufeinanderfolge der Vokale, während das Schriftbild vor allem durch die Wortlänge und durch die Eigenheiten der verwendeten Buchstaben gekennzeichnet wird (BGE 122 III 382 E. 5a S. 388 « Kamillosan/Kamillon, Kamillan », BGE 121 III 377 E. 2b S. 379 « Boss/Boks »; Urteil des BVGer B 7442/2006 vom 18. Mai 2007 E. 4.2 « Feel'n learn/See'n learn »), welche im Folgenden bezogen auf die im Streit stehenden Marken zu untersuchen sind.

6.2 Beim Vergleich des Wortklanges fällt auf, dass die Vokalfolge identisch ist. Die Marken unterscheiden sich allein in Bezug auf Konsonanten - im sechsten (T gegenüber D) sowie achten Buchstaben (N gegenüber L), deren fehlende Übereinstimmung die identische Vokalfolge nicht zu kompensieren vermag (zur wesentlichen Bedeutung der Vokalfolge für das Klangbild vgl. Marbach, a. a.O., N. 878 mit Hinweisen). Zu Recht weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass insbesondere bei mundartlicher Aussprache, die Vergleichszeichen durch das weiche T noch weiter angenähert sind (...; vgl. Marbach, a. a.O., N. 876). Soweit die Beschwerdegegnerin darauf abstellt, dass bei französischer Aussprache die unterschiedlichen Endsilben « -ton» und « -dol» die Unterschiede eher verstärkt wahrzunehmen seien (...), ist darauf zu verweisen, dass schon die Ähnlichkeit in einer der Landessprachen ausreicht, um die Verwechslungsgefahr zu begründen (BGE 84 II 314 E. 1b «Compact/ Compactus »; Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission für geistiges Eigentum [RKGE] vom 14. Juni 2005 veröffentlicht in sic! 10/2005, S. 749 « Zara/Zahara [fig.] »; Gallus Joller, in: Michael Noth/
Gregor Bühler/Florent Thouvenin [Hrsg.], Markenschutzgesetz, Bern 2009, Art. 3 N.140). Silbenmass und Aussprachekadenz der Marken sind ebenfalls identisch, wenn man vom Zusatz « 400» bei der angefochtenen Marke « Pernadol 400 » absieht. Mithin ist von einem sehr ähnlichen Klangbild auszugehen.

6.3 Zum Schriftbild beider Marken ist festzustellen, dass die zu vergleichenden Wortzeichen, vom Zusatz « 400» abgesehen, genau gleich, nämlich acht Buchstaben lang, sind. Gewisse Abweichungen, namentlich der Zusatz 400, die Grossschreibung bei « PERNATON » und die Kleinschreibung bei « Pernadol 400 » bewirken kein rechtlich relevantes Schriftbild (vgl. Joller, a. a.O., Art. 3,N. 131 mit Hinweisen zur Gross- und Kleinschreibung). Angehängte Zahlen wie « 400» sind insbesondere dann irrelevant, wenn ihre Bedeutung wie vorliegend für den Konsumenten unklar ist (vgl. insoweit Entscheid der RKGE vom 28. Juni 2005 veröffentlicht in sic! 10/2005, S. 754 E. 8 «Gabel/Kabel 1 » weil es sich auf Textilien und nicht auf Radio- oder Fernsehprogramme bezog). Der Vergleich der Schriftbilder spricht damit für eine Zeichenähnlichkeit.

6.4

6.4.1 Im Hinblick auf den Sinngehalt der Zeichen vertritt die Vorinstanz die Auffassung, beide Zeichen enthielten den Wortstamm « PERNA », wobei es sich um den lateinischen Begriff für Muschel handle, der somit auf den Inhaltsstoff verweise. Ausserdem will sie den Verweis auf eine Hautkrankheit (Pernakrankheit als Abkürzung für Perchlornaphtalinkrankheit, auch Chlorakne genannt; vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl., Berlin 2007, S. 1471, 329) erkennen. Den Endsilben und dem Zusatz « 400» könne keine Bedeutung beigemessen werden. Aufgrund des gleichen Wortstammes geht sie von einer Übereinstimmung auch im Sinngehalt aus (...). Die Beschwerdeführerin geht offenbar von einer Zeichenähnlichkeit aus, ohne sich ausdrücklich zur Übereinstimmung im Sinngehalt zu äussern, weist indessen die Ausführungen der Vorinstanz zur Bedeutung des Bestandteils « Perna » zurück. Bei dem Wortstamm « PERNA » handle es sich nicht um eine Sach-, sondern um eine Fantasiebezeichnung, dem sie keinen dem Konsumenten verständlichen Sinngehalt beimisst. Die Beschwerdegegnerin geht dagegen von einem abweichenden Sinngehalt beider Marken aus, da die Endsilbe « -dol» auf das lateinische Wort « -dolor »
für Schmerz Bezug nehme, welche als Kurzwort für Schmerzen verwendet werde. Wenn die Marke eine Bedeutung aufweise, die die andere Marke nicht beinhalte, sei die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Publikum aufgrund eines ähnlichen Klang- oder Schriftbildes irre, äusserst gering (...). Die Beschwerdeführerin macht demgegenüber geltend, der unterschiedliche Sinngehalt werde wegen der klanglichen Ähnlichkeit gar nicht wahrnehmbar.

6.4.2 Dem Sinngehalt kommt bei lexikografisch klar belegbaren Wortzeichen eine erhebliche Bedeutung zu (Marbach, a. a.O., N. 886). Nach der Rechtsprechung vermag ein abweichender Sinngehalt die optische oder akustische Nähe zwischen zwei Kennzeichen allerdings nur ausnahmsweise zu kompensieren (Joller, a. a.O., Art. 3 N.168 mit zahlreichen Hinweisen). Voraussetzung ist, dass der unterschiedliche Sinngehalt beim Hören oder Lesen sofort und unwillkürlich erkannt wird (BGE 121 III 377, 379 E. 2b «Boss/Boks »). Blosse Anklänge sind nicht geeignet, sofort und unwillkürlich bestimmte Assoziationen zu wecken (BGE 88 II 465, 468 E. 3 «Felina/Florina »). Vorliegend muss entgegen der Annahme der Vorinstanz davon ausgegangen werden, dass jedenfalls die im Rahmen des relevanten Verkehrskreises stärker ins Gewicht fallenden Durchschnittskonsumenten dem Bestandteil « PERNA » unabhängig vom genauen Bedeutungsgehalt (dazu E. 7.3) keinen Sinngehalt beimessen, da sich etwaige Lateinkenntnisse jedenfalls nicht auf Tierbezeichnungen erstrecken. In der Endsilbe « -dol» der Widerspruchsmarke klingt das Lateinische « dolor » für Schmerz an. Nur etwa die Hälfte, der circa 150 auf « -
dol» endenden Marken im Schweizerischen Markenregister sind indessen ausschliesslich für Waren der Klasse 5 (pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse) eingetragen, so dass dieser Schlusssilbe kein einheitlicher Bedeutungsgehalt zugemessen wird (...). Darüber hinaus beschränkt sich das Bekannte vorliegend auf das « -dol», ohne dass verstanden würde, ob und gegebenenfalls, was der Wortanfang für eine Bedeutung habe. Demnach kann sich der Konsument, jedenfalls ohne ein Verständnis des Wortanfanges « Perna », zumindest keinen vollständigen Sinngehalt erschliessen und deswegen beim Vergleich mit « PERNATON » auch nicht sofort und unwillkürlich einen Unterschied im Sinngehalt feststellen. Offen bleiben kann angesichts dessen, inwieweit ein allenfalls abweichender Sinngehalt ausnahmsweise die optische und akustische Nähe zu kompensieren vermag (Joller, a. a.O., Art. 3 N.168).

6.5 Nach Untersuchung der einschlägigen Parameter ist damit von ähnlichen Zeichen auszugehen. Auch die Betrachtung der Zeichen als Ganzes führt zu keinem anderen Ergebnis.

7. Warengleichartigkeit und Zeichenähnlichkeit führen nicht zwingend zur Verwechslungsgefahr. Letztere kann etwa dann ausgeschlossen sein, wenn die Widerspruchsmarke nur über eine geringe Kennzeichnungskraft verfügt und aufgrund dessen nur einen kleineren geschützten Ähnlichkeitsbereich beanspruchen kann (BGE 122 III 385 E. 2a «Kamillosan/Kamillon, Kamillan »; Urteil des BVGer B 2235/2008 vom 2. März 2010 E. 4.3 « Dermoxane/Dermasan », Urteil des BVGer B 7492/2006 vom 12. Juli 2007 E. 6 «Aromata/Aromathera »). Von einem schmalen Schutzbereich ist insbesondere dann auszugehen, wenn das Zeichen als Ganzes oder wesentliche Bestandteile gemeinfrei sind (Joller, a. a.O., Art. 3 N.86 f.; Marbach, a. a.O., N. 981 mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung). In einem solchen Fall genügen schon geringe Abweichungen, um die Verwechslungsgefahr zu bannen. Durchgesetzte Marken sind dagegen grundsätzlich mindestens durchschnittlich unterscheidungskräftig (Joller, a. a.O., Art. 3 N.110 f.; Marbach, a. a.O., N. 983).

7.1 Vorinstanz und Beschwerdegegnerin gehen übereinstimmend davon aus, dass der Markenbestandteil « PERNA » dem Gemeingut zuzurechnen ist (...), wobei die Vorinstanz den gemeinfreien Charakter aufgrund des jedenfalls für Fachkreise beschreibenden Hinweises auf den Inhaltsstoff beziehungsweise als Hinweis auf die Behandlung einer bestimmten Krankheit annimmt (...) und die Beschwerdegegnerin von einer Freihaltebedürftigkeit des Bestandteils « PERNA » als Gattungsbezeichnung ausgeht (...). Aus der Gemeinfreiheit des Bestandteils « PERNA » schliessen sie, dass sich die offenbar durchschnittliche Kennzeichnungskraft nur aus der Schlusssilbe « -TON» ergebe, der Bestandteil « PERNA » indessen nicht zu Kennzeichnungskraft beitrage und die Beschwerdeführerin eine Verwechslungsgefahr darauf nicht stützen könne, weswegen diese im Ergebnis zu verneinen sei. Die Beschwerdeführerin ist demgegenüber der Auffassung, dass für den zoologisch nicht gebildeten Durchschnittskonsumenten der Bestandteil « PERNA » den Charakter einer Fantasiebezeichnung habe, weswegen sich aus deren Kombination mit der Schlusssilbe ein durchschnittlich unterscheidungskräftiges Zeichen ergebe, welches einen normalen
Ähnlichkeitsbereich beanspruchen könne.

7.2 Vorinstanz und Beschwerdegegnerin gehen zu Recht davon aus, dass im Einzelfall der gemeinfreie Charakter eines Markenbestandteils der Widerspruchsmarke dazu führen kann, dass sich die durchschnittliche Kennzeichnungskraft nur aus den anderen unterscheidungskräftigen Bestandteilen ergibt (Urteil des BVGer B 2235/2008 vom 2. März 2010 E. 6.5 « Dermoxane/Dermasan », Urteil des BVGer B 7492/2006 vom 12. Juli 2007 E. 6 «Aromata/Aromathera »). Mit anderen Worten schenkt der Konsument dem gemeinfreien Teil der Marken kaum Aufmerksamkeit, so dass die Verwechslungsgefahr im Wesentlichen anhand der kennzeichnungskräftigen Bestandteile beider Marken zu prüfen ist (Urteil des BVGer B 7492/2006 vom 12. Juli 2007 E. 6 «Aromata/Aromathera »). Im vorliegenden Fall ist indessen bislang ungeklärt, ob der Bestandteil « PERNA » gemeinfrei ist.

7.3 Dem Gemeingut zugehörig sind Zeichen, beziehungsweise Zeichenbestandteile, wenn es ihnen im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehlt oder von einem Freihaltebedürfnis auszugehen ist, wobei beide Fallgruppen eine gewisse Schnittmenge aufweisen (Urteil des BVGer B 1580/2008 vom 19. Mai 2009 E. 2.2 « A-Z»).

7.3.1 Ein Zeichen lässt die erforderliche Unterscheidungskraft unter anderem dann vermissen, wenn der Sinngehalt eine besondere Nähe zu den beanspruchten Waren aufweist, indem die Marke etwa die Inhaltsstoffe beschreibt (Urteil des BVGer B 6257/2008 vom 23. Dezember 2009 E. 11.2 « Deozinc »; Entscheid der RKGE vom 12. Februar 2004 veröffentlicht in sic! 9/2004, S. 673 E. 5 «Tahitian Noni »; David Aschmann, in: Michael Noth/Gregor Bühler/Florent Thouvenin [Hrsg.], Markenschutzgesetz, Bern 2009, Art. 2 Bst. a N.144 ff.). Technische Ausdrücke aus dem Zunftjargon von Berufsleuten oder der gehobenen Fachsprache werde hingegen oft nur von den entsprechenden Berufs- und Fachkreisen verstanden. Die Produktnähe eines solchen Sinngehalts ist nur zu bejahen, wenn die Fachkreise einen wesentlichen oder gar den hauptsächlich massgeblichen Verkehrskreis am betreffenden Markt ausmachen (Urteil des BVGer B 6070/2007 vom 24. April 2008 E. 3.1 « Trabecular Metal » für Ärzte und medizinische Fachpersonen; Aschmann, a. a.O., Art. 2 Bst. a N.148; Marbach, a. a.O., N. 285 und 287 mit Anmerkung 364). Der gemeinsame Markenbestandteil « PERNA » wurde von beiden Verfahrensbeteiligten
unbestrittenermassen gewählt, weil die Waren, für welche die Marken beansprucht werden, Bestandteile einer in Neuseeland beheimateten Muschelspezies, perna canaliculus, enthält. Verstanden wird der Zeichenbestandteil allein mit dieser Bedeutung, und zwar allenfalls von Zoologen oder Ärzten und Apothekern (vgl. E. 6.4). Die anderen Bedeutungen - Name einer finnischen beziehungsweise mehrerer tschechischer Gemeinden (...), das lateinische Wort für Hüfte beziehungsweise Schinken (vgl. Langenscheidt Grosswörterbuch Lateinisch, Teil 1 Lateinisch-Deutsch, 24. Aufl., Berlin 1992, S. 559) sowie Abkürzung einer jedenfalls nicht durch die perna canaliculus heilbaren Hautkrankheit (E. 6.4.1; Pschyrembel, a. a.O., S. 329) - sind im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren zu vernachlässigen. Die nicht verschreibungspflichtigen Produkte der Markeninhaberinnen sind indessen wie ausgeführt (vgl. E. 4) überwiegend an den Durchschnittskonsumenten gerichtet, der über keine besonderen zoologischen oder medizinischen Kenntnisse verfügt. Der Zeichenbestandteil « PERNA », betrachtet in Bezug auf die beanspruchten Produkte, ist daher entgegen der Ansicht der Vorinstanz unterscheidungskräftig. Ob Namen von Pflanzen und Tieren als
Gattungsbezeichnungen grundsätzlich als nicht unterscheidungskräftig einzustufen sind (so Entscheid der RKGE vom 12. Februar 2004 veröffentlicht in sic! 9/2004, S. 673 E. 6 «Tahitian Noni »), kann angesichts der nachstehenden Ausführungen zum Freihaltebedürfnis offenbleiben.

7.3.2 Ein Freihaltebedürfnis ist im Lichte der erwarteten Marktentwicklung zu prüfen. Schützenswert ist daher nicht nur ein aktuelles, sondern bereits ein potentielles Interesse der Konkurrenten (Entscheid der RKGE vom 12. Februar 2004 veröffentlicht in sic! 9/2004, S. 673 E. 6 «Tahitian Noni »; Marbach, a. a.O., N. 258; Aschmann, a.a.O., Art. 2 Bst. a N.195). In Anbetracht, dass neben der perna canaliculus zwei andere Muschelspezies in die Gattung der Pernae fallen, die ebenfalls für den Menschen geniessbar sind (perna viridis, auf den Philippinen anzutreffende Spezies; perna perna, an den Atlantikküsten Afrikas und Südamerikas anzutreffende Spezies; vgl. insgesamt Scott E. Siddall, A Clarification of the Genus Perna [Mytilidae], in: Bulletin of Marine Science, Bd. 30, Nr. 4, Oktober 1980, S. 858ff.), muss angenommen werden, dass zum einen die anderen Spezies der Gattung Perna angebaut werden könnten und insoweit ein schützenswertes Interesse an der Bezeichnung besteht beziehungsweise zum anderen schon in Bezug auf die aus der perna canaliculus zu gewinnenden Stoffe von einem Freihaltebedürfnis auszugehen ist. Der Auffassung der Beschwerdegegnerin folgend ist daher der
übereinstimmende Zeichenbestandteil « PERNA » aufgrund des Freihaltebedürfnisses dem Gemeingut zuzurechnen.

7.4 Unter Berücksichtigung des unter E. 7.2 Gesagten ist demnach für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Wesentlichen auf die Schlusssilben « -TON» und « -DOL» abzustellen und aufgrund des kennzeichnungsschwachen Wortstammes, « PERNA- », der Widerspruchsmarke diesem nur ein schmaler geschützter Ähnlichkeitsbereich zuzubilligen und eine Verwechslungsgefahr wegen der unterschiedlichen Schlusssilben im Ergebnis zu verneinen. Daran ändert auch der hier besondere Umstand nichts, dass zwei verschiedene relevante Verkehrskreise - Konkurrenten und Konsumenten - zu unterschiedlichen Fragen - Gemeingutcharakter beziehungsweise Verwechslungsgefahr - zu berücksichtigen sind. So ist unter Berücksichtigung des Konkurrenteninteresses vom gemeinfreien Charakter des Bestandteils « PERNA » und insoweit schwacher Kennzeichnungskraft auszugehen (Eugen Marbach, Die Verkehrskreise im Markenrecht veröffentlicht in sic! 1/2007, S. 6, nachfolgend: Verkehrskreise). Für die Frage der Verwechslungsgefahr kommt es zwar auf das Verständnis der durchschnittlichen Abnehmer an (Marbach, Verkehrskreise, sic! 1/2007, S. 6). Eben jener Durchschnittskonsument würde in « PERNA » keinen Sinngehalt
erkennen, weshalb aus seiner Sicht die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht eingeschränkt und eine Verwechslungsgefahr angesichts von Warengleichartigkeit und Zeichenähnlichkeit möglicherweise zu bejahen wäre. Indessen kommt den Interessen der Abnehmer im vorliegenden Zusammenhang nur im Sinne eines Reflexes des Ausschliesslichkeitsrechts ein mittelbarer Schutz zu (Joller, a. a.O., Art. 3 N.8 ff.). Wenn der Zweck das Ausschliesslichkeitsrecht des Markeninhabers zu schützen aufgrund gegenläufiger Interessen der Konkurrenten, insbesondere bei an das Gemeingut angelehnten Elementen, relativiert werden muss (Joller, a. a.O., Art. 3 N.10), wird insoweit auf die Interessen der Konsumenten keine Rücksicht genommen. Die Beschwerdeführerin ist bei der Gestaltung der Widerspruchsmarke das Risiko eingegangen, als Hauptbestandteil eine zoologische Gattungsbezeichnung zu wählen und musste damit rechnen, dass auch ihre Konkurrenten ein Interesse an diesem Zeichenbestandteil haben könnten.

8. Die Behauptung, ihre Marke geniesse als bekannte Marke einen erhöhten Schutzumfang (...), hat die Beschwerdeführerin nicht hinreichend substanziiert, so dass auf diese Frage nicht näher einzugehen ist.

9. Im Ergebnis ist die Verfügung der Vorinstanz zu bestätigen und die Beschwerde abzuweisen. Der Zeichenbestandteil « PERNA » als zoologische Gattungsbezeichnung ist freihaltebedürftig und gemeinfrei anzusehen. Für die Frage der Verwechslungsgefahr kommt es daher im Wesentlichen auf die Wortendungen « -ton» und « -dol 400 » an, die aufgrund der klanglichen und schriftbildlichen Unterschiede als nicht verwechselbar anzusehen sind.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 2010/32
Date : 09. Juli 2010
Published : 20. Oktober 2011
Source : Bundesverwaltungsgericht
Status : 2010/32
Subject area : Abteilung II (Wirtschaft, Wettbewerb, Bildung)
Subject : Widerspruchssachen


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