Urteilskopf

2008/38

Auszug aus dem Urteil der Abteilung I i. S. X. gegen Eidgenössische Steuerverwaltung
A-1667/2006 vom 23. Juni 2008


Regeste Deutsch

Mehrwertsteuer. Vergütung der Mehrwertsteuer auf Leistungen an Abnehmer mit Wohn- oder Geschäftssitz im Ausland. Rechtmässigkeit von Art. 28 Abs. 1 Bst. b MWSTGV.
Art. 90 Abs. 2 Bst. b
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 90 Zahlungserleichterungen - 1 Ist die Zahlung der Steuer, Zinsen und Kosten innert der vorgeschriebenen Frist für die zahlungspflichtige Person mit einer erheblichen Härte verbunden, so kann die ESTV mit der steuerpflichtigen Person die Erstreckung der Zahlungsfrist oder Ratenzahlungen vereinbaren.
MWSTG. Art. 28 ff. MWSTGV.
1. Voraussetzungen für die Vergütung der Mehrwertsteuer auf Leistungen an Abnehmer mit Wohn- oder Geschäftssitz im Ausland (E. 2.4). Die Vergütung der schweizerischen Mehrwertsteuer an ausländische Unternehmen bildet das Pendant zum Abzug der Vorsteuer (durch inländisch ansässige Unternehmen), welche auf Inlandleistungen lastet, die steuerbaren Zwecken im Inland dienen. Werden die im Inland bezogenen Leistungen im Inland für steuerbare Leistungen verwendet, greift nach der Konzeption des Gesetzes der Vorsteuerabzug Platz. Eine Steuervergütung erfolgt nicht (E. 3.4).
2. Art. 28 Abs. 1 Bst. b MWSTGV, der für eine Vergütung der Mehrwertsteuer an Abnehmer mit Wohn- oder Geschäftssitz im Ausland voraussetzt, dass keine Leistungen im Inland erfolgen, erweist sich als rechtmässig (E. 3.4).


Regeste en français

Taxe sur la valeur ajoutée. Remboursement de la taxe sur la valeur ajoutée perçue sur des prestations fournies à des destinataires dont le domicile ou le siège social est à l'étranger. Légalité de l'art. 28 al. 1 let. b OLTVA.
Art. 90 al. 2 let. b LTVA. Art. 28 s. OLTVA.
1. Conditions pour le remboursement de la TVA frappant les prestations pour des destinatairesdont le domicile ou le siège social est à l'étranger (consid. 2.4). Le remboursement de la TVA suisse à des entreprises étrangères forme le pendant de la déduction de l'impôt préalable (par les entreprises établies en Suisse) grevant des prestations fournies en Suisse et acquises à des fins imposables en Suisse. Si les prestations fournies en Suisse sont utilisées en Suisse pour des prestations imposables, c'est, selon le système de la loi, la technique de la déduction de l'impôt préalable qui prime. Un remboursement de l'impôt n'est pas possible (consid. 3.4).
2. L'art. 28 al. 1 let. b OLTVA, qui pose, pour le remboursement de la TVA à des destinataires dont le domicile ou le siège social est à l'étranger, la condition qu'elles ne fournissent aucune prestation sur le territoire suisse, est conforme à la loi (consid. 3.4).


Regesto in italiano

Imposta sul valore aggiunto. Rimborso dell'imposta sul valore aggiunto percepita su prestazioni fornite a destinatari con domicilio o sede sociale all'estero. Legalità dell'art. 28 cpv. 1 lett. b OLIVA.
Art. 90 cpv. 2 lett. b LIVA e art. 28 segg. OLIVA.
1. Condizioni per il rimborso dell'imposta sul valore aggiunto percepita su prestazioni fornite a destinatari con domicilio o sede sociale all'estero (consid. 2.4). Il rimborso dell'imposta sul valore aggiunto svizzera ad imprese estere fa pendant con la deduzione dell'imposta precedente (da parte d'imprese con sede in Svizzera) gravante sulle prestazioni fornite all'interno del Paese a fini imponibili. Se le prestazioni fornite in Svizzera sono impiegate in Svizzera per prestazioni imponibili, secondo la concezione della legge trova applicazione il principio della deduzione dell'imposta precedente. L'imposta non può essere rimborsata (consid. 3.4).
2. L'art. 28 cpv. 1 lett. b OLIVA, che per il rimborso dell'imposta sul valore aggiunto ai destinatari con domicilio o sede sociale all'estero presuppone che non vengano eseguite prestazioni sul territorio svizzero, è conforme alla legge (consid. 3.4).


Sachverhalt

Die X. Ltd. (laut eigenen Angaben eine Aktiengesellschaft gemäss dem Recht der Bermudas; nachfolgend: Steuerpflichtige oder Beschwerdeführerin) mit Sitz auf den Bermudas stellte bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) für das Jahr 2001 einen Antrag auf Vergütung der Mehrwertsteuer an Abnehmer mit Wohn- oder Geschäftssitz im Ausland. Die Art ihrer Geschäftstätigkeit bezeichnete sie mit « Betrieb von Luftfahrzeugen, Geschäfte aller Art ». Als Zweck der Verwendung der bezogenen Leistungen gab sie das « Aircraft Management » an. Die ESTV wies den Antrag auf Vergütung der Mehrwertsteuer ab, worauf die Steuerpflichtige bei der Eidgenössischen Steuerrekurskommission Beschwerde einreichte. Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer), welches das Verfahren übernommen hat, weist die Beschwerde ab.


Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Der Mehrwertsteuer unterliegen u.a. im Inland gegen Entgelt erbrachte Lieferungen von Gegenständen sowie im Inland gegen Entgelt erbrachte Dienstleistungen (Art. 5 Bst. a
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 5 Indexierung - Der Bundesrat beschliesst die Anpassung der in den Artikeln 31 Absatz 2 Buchstabe c, 35 Absatz 1bis Buchstabe b, 37 Absatz 1, 38 Absatz 1 und 45 Absatz 2 Buchstabe b genannten Frankenbeträge, sobald sich der Landesindex der Konsumentenpreise seit der letzten Festlegung um mehr als 30 Prozent erhöht hat.
und b des Mehrwertsteuergesetzes vom 2. September 1999 [MWSTG, SR 641.20]). Eine Lieferung liegt vor, wenn die Befähigung verschafft wird, im eigenen Namen über einen Gegenstand wirtschaftlich zu verfügen. Eine solche ist ebenfalls gegeben, wenn der Gegenstand zum Gebrauch oder zur Nutzung überlassen wird (Art. 6 Abs. 1
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 6 Steuerüberwälzung - 1 Die Überwälzung der Steuer richtet sich nach privatrechtlichen Vereinbarungen.
und 2
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 6 Steuerüberwälzung - 1 Die Überwälzung der Steuer richtet sich nach privatrechtlichen Vereinbarungen.
MWSTG). Als Dienstleistung gilt jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstandes ist (Art. 7 Abs. 1
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 7 Ort der Lieferung - 1 Als Ort einer Lieferung gilt der Ort, an dem:
MWSTG).

2.2 Bei Beförderungsleistungen gilt das Land, in dem eine zurückgelegte Strecke liegt, als mehrwertsteuerlicher Ort der Leistung. Der Bundesrat (BR) kann bestimmen, dass bei grenzüberschreitenden Beförderungen kurze inländische Strecken als ausländische und kurze ausländische Strecken als inländische Strecken gelten (Art. 14 Abs. 2 Bst. b
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 14 - 1 Die Steuerpflicht beginnt:
MWSTG).

2.3 Verwendet der Steuerpflichtige Gegenstände oder Dienstleistungen für steuerbare Ausgangsleistungen, so kann er in seiner Steuerabrechnung die auf seinen Eingangsleistungen lastende Steuer als Vorsteuer abziehen (Art. 38 Abs. 1
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 38 Meldeverfahren - 1 Übersteigt die auf dem Veräusserungspreis zum gesetzlichen Satz berechnete Steuer 10 000 Franken oder erfolgt die Veräusserung an eine eng verbundene Person, so hat die steuerpflichtige Person ihre Abrechnungs- und Steuerentrichtungspflicht in den folgenden Fällen durch Meldung zu erfüllen:
und 2
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 38 Meldeverfahren - 1 Übersteigt die auf dem Veräusserungspreis zum gesetzlichen Satz berechnete Steuer 10 000 Franken oder erfolgt die Veräusserung an eine eng verbundene Person, so hat die steuerpflichtige Person ihre Abrechnungs- und Steuerentrichtungspflicht in den folgenden Fällen durch Meldung zu erfüllen:
MWSTG).

2.4 Der BR ist zuständig zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen den Abnehmern mit Wohn- oder Geschäftssitz im Ausland die Steuer auf den an sie im Inland ausgeführten Lieferungen oder Dienstleistungen bei Gewährung des Gegenrechts durch das Land ihres Wohn- oder Geschäftssitzes vergütet werden kann (Art. 90 Abs. 2 Bst. b
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 90 Zahlungserleichterungen - 1 Ist die Zahlung der Steuer, Zinsen und Kosten innert der vorgeschriebenen Frist für die zahlungspflichtige Person mit einer erheblichen Härte verbunden, so kann die ESTV mit der steuerpflichtigen Person die Erstreckung der Zahlungsfrist oder Ratenzahlungen vereinbaren.
MWSTG). Er hat die kumulativen Voraussetzungen für eine solche Steuervergütung in Art. 28 ff. der Verordnung vom 29. März 2000 zum Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer (MWSTGV, SR 641.201) geregelt. Danach ist anspruchsberechtigt auf Steuervergütung, wer Gegenstände einführt oder sich im Inland Leistungen der in Art. 6
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 6 Steuerüberwälzung - 1 Die Überwälzung der Steuer richtet sich nach privatrechtlichen Vereinbarungen.
und Art. 7
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 7 Ort der Lieferung - 1 Als Ort einer Lieferung gilt der Ort, an dem:
MWSTG genannten Arten gegen Entgelt erbringen lässt und zudem:

a) Wohn- oder Geschäftssitz im Ausland hat, wobei der Ort, an welchem eine Betriebsstätte geführt wird, einem Geschäftssitz gleichgestellt ist;

b) im Inland keine Gegenstände liefert oder grundsätzlich im Inland keine Dienstleistungen erbringt;

c) im Land seines Wohn- oder Geschäftssitzes seine Unternehmereigenschaft nachweist (Art. 28 Abs. 1 MWSTGV).

Die bezahlte Steuer wird vergütet, sofern die bezogenen Leistungen der Erzielung von Umsätzen dienen, die in der Schweiz von Gesetzes wegen der Mehrwertsteuer unterliegen würden oder für welche eine Steuerbefreiung nach Art. 19
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 19 Mehrheit von Leistungen - 1 Voneinander unabhängige Leistungen werden selbstständig behandelt.
MWSTG zur Anwendung käme. Dienen die bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen sowohl der Erzielung steuerbarer Umsätze als auch anderen Zwecken, so ist die Vergütung nach dem Verhältnis der Verwendung zu kürzen. Für Leistungen, die nicht für einen geschäftlich begründeten Zweck im Sinne des Art. 38 Abs. 2
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 38 Meldeverfahren - 1 Übersteigt die auf dem Veräusserungspreis zum gesetzlichen Satz berechnete Steuer 10 000 Franken oder erfolgt die Veräusserung an eine eng verbundene Person, so hat die steuerpflichtige Person ihre Abrechnungs- und Steuerentrichtungspflicht in den folgenden Fällen durch Meldung zu erfüllen:
MWSTG verwendet werden, besteht kein Vergütungsanspruch (Art. 29 Abs. 1-3 MWSTGV).

2.5 Im Sinne von Art. 38 Abs. 2
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 38 Meldeverfahren - 1 Übersteigt die auf dem Veräusserungspreis zum gesetzlichen Satz berechnete Steuer 10 000 Franken oder erfolgt die Veräusserung an eine eng verbundene Person, so hat die steuerpflichtige Person ihre Abrechnungs- und Steuerentrichtungspflicht in den folgenden Fällen durch Meldung zu erfüllen:
MWSTG verwendet hat eine Eingangsleistung dann zu gelten, wenn sie in steuerbare Ausgangsleistungen einfliesst, d. h. für einen geschäftlich begründeten Zweck eingesetzt wird. dies nicht zu, liegt mit Bezug auf diese Eingangsleistung Endverbrauch beim Steuerpflichtigen vor (vgl. BGE 132 II 353 E. 10, ferner E. 8.2; DANIEL RIEDO, Vom Wesen der Mehrwertsteuer als allgemeine Verbrauchsteuer und von den entsprechenden Wirkungen auf das schweizerische Recht, Bern 1999, S. 141 f.). Denn Endverbrauch ist nicht zwingend privat. Auch steuerpflichtige Unternehmen können ein Nebeneinander von unternehmerischer und nichtunternehmerischer Betätigung aufweisen (sog. « Verbrauch in der Unternehmenssphäre »; BGE 123 II 295 E. 7a; zum Ganzen auch des BVGer A-1373/2006 vom 16. November 2007 E. 2.2).
2.6 Die schweizerische Mehrwertsteuer ist als allgemeine Verbrauchsteuer konzipiert. Verbrauchsteuerkonform soll nach dem systemtragenden Bestimmungslandprinzip die Mehrwertsteuerbelastung in jenem Staat anfallen, in dem die Leistungen verbraucht werden. Darauf beruht die Steuerbefreiung von inländischen Leistungen, die ins Ausland « exportiert » werden (vgl. BGE 133 II 153 E. 3; RIEDO, a.a.O., S. 49; vgl. ALOIS CAMENZIND/NIKLAUS HONAUER/KLAUS A. VALLENDER, Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz [MWSTG], Bern 2003, 2. Aufl., Rz. 878).

2.7 Ziel der Auslegung ist die Ermittlung des Sinngehalts der Norm. Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut. Ist der Text nicht klar oder sind verschiedene Deutungen möglich, muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung der weiteren Auslegungselemente, wie namentlich der Entstehungsgeschichte der Norm und ihres Zwecks. Wichtig ist auch die Bedeutung, die der Norm im Kontext mit andern Bestimmungen zukommt. Die Gesetzesmaterialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen (BGE 130 II 202 E. 5.1, BGE 129 II 114 E. 3.1). Namentlich bei neueren Texten kommt den Materialien eine besondere Stellung zu, weil veränderte Umstände oder ein gewandeltes Rechtsverständnis eine andere Lösung weniger nahe legen (BGE 128 I 288 E. 2.4). Die Rechtsprechung lässt sich bei der Auslegung von Erlassen stets von einem Methodenpluralismus leiten und stellt nur dann allein auf das grammatikalische Element ab, wenn sich daraus zweifelsfrei eine sachlich richtige Lösung ergibt (BGE 125 II 333 mit Hinweisen; BVGE 2007/24 E. 2.3).

2.8 Die MWSTGV wird im konkreten Anwendungsakt grundsätzlich daraufhin überprüft, ob sie gesetz- und verfassungsmässig ist. Ist der BR wie im Fall der in Rede stehenden Art. 28 ff. MWSTGV durch eine Delegationsnorm in einem Bundesgesetz ermächtigt worden (Art. 90 Abs. 2 Bst. b
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 90 Zahlungserleichterungen - 1 Ist die Zahlung der Steuer, Zinsen und Kosten innert der vorgeschriebenen Frist für die zahlungspflichtige Person mit einer erheblichen Härte verbunden, so kann die ESTV mit der steuerpflichtigen Person die Erstreckung der Zahlungsfrist oder Ratenzahlungen vereinbaren.
MWSTG), ist zu prüfen, ob sich der Verordnungsgeber an die Grenzen der ihm im Gesetz eingeräumten Befugnisse gehalten hat. Soweit das Gesetz den BR nicht ermächtigt, von der Verfassung abzuweichen, befindet das Gericht auch über die Verfassungsmässigkeit der unselbständigen Verordnungen. Räumt jedoch das Gesetz dem BR - wie hier - einen weiten Ermessensspielraum für die Regelung auf Verordnungsstufe ein, so ist dieser für das BVGer verbindlich. Der Richter hat diesfalls nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle jenes des Verordnungsgebers zu setzen, sondern lediglich zu prüfen, ob die Verordnungsbestimmung den Rahmen der dem BR delegierten Kompetenzen offensichtlich sprenge oder sich aus andern Gründen als gesetz- oder verfassungswidrig erweise (BGE 131 II 25 f. mit Hinweisen; Urteil des BVGer A-1609/2006 vom 29. April 2008 E. 2.2.4, Urteil des BVGer A-1465/2006 vom 27. Juni 2007 E. 2.2.4, Urteil des BVGer A-1438/2006 vom 11. Juni 2007 E. 4.4.2; ULRICH
HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 6. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2005, Rz. 2096 ff.).

3.

3.1 Im vorliegenden Fall gehört die Beschwerdeführerin nach ihren nunmehr eigenen Angaben zu einer Unternehmensgruppe, welche durch B. als wirtschaftlich Berechtigtem, mithin als Gesellschafter, geführt und kontrolliert werde. Die Unternehmensgruppe betreibe den weltweiten Rohstoffhandel und bezwecke zudem den Betrieb von Hotels, Freizeitparks, Sportanlagen und anderen Objekten in Europa, den USA und auf anderen Kontinenten. Weil diese Objekte auf der ganzen Welt verstreut seien, benötige B. ein Firmenflugzeug, mit dem er Kunden besuchen und geschäftliche Kontakte und Besprechungen durchführen könne. Das Flugzeug werde hauptsächlich im Ausland eingesetzt. Weil B. auch über geschäftliche Kontakte in der Schweiz verfüge, sei Lande- und Abflugort des Flugzeuges hin und wieder die Schweiz. Die Beschwerdeführerin erbringe ausschliesslich Beförderungsleistungen, ohne dazu schriftliche Verträge abzuschliessen. Das Flugzeug befördere neben B., gelegentlich in Begleitung seiner Familie, die Angestellten und Beauftragten, Geschäftspartner seiner weltweit tätigen Unternehmensgruppe. Während des gesamten Verfahrens machte die Beschwerdeführerin geltend, sie habe das Flugzeug zum entgeltlichen Transport von Passagieren verwendet. Hierin ist
ihr zu folgen: Die Beschwerdeführerin hat für die aktenkundigen Flugbewegungen mit Personenbeförderung des fraglichen Jahres 2001 Rechnung gestellt und das entsprechende Entgelt nachweislich (Bankbelege) vereinnahmt.
(...) Angesichts der aktenkundigen, weltweit intensiven geschäftlichen Einbindung von B. ist ohne weiteres davon auszugehen, dass das Flugzeug mindestens zu einem erheblichen Teil für geschäftliche Beförderungsleistungen eingesetzt wurde. Schliesslich ist unter den Parteien unbestritten, dass die Beschwerdeführerin Eigentümerin des fraglichen Flugzeuges ist, und nicht etwa der Gesellschafter B. als Privatperson.

3.2 Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sich ein Teil der entgeltlichen Beförderungsleistungen aus reinen Inlandflügen zusammensetzte. Diese sind denn auch dokumentiert: Beinahe ein Fünftel aller Einsätze des Flugzeuges bestand im massgeblichen Jahr 2001 aus Flügen, deren Abflugs- und auch Landeort sich in der Schweiz befand. Der mehrwertsteuerliche Ort solcher Beförderungsleistungen an den Gesellschafter B. liegt im Inland (E. 2.2 hievor). Folglich hat die Beschwerdeführerin für diesen Teil der Beförderungen Dienstleistungen im Inland erbracht, weshalb nach dem Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 Bst. b MWSTGV (e contrario) die Steuervergütung zu verweigern ist.

3.3 (...)

3.4 Es stellt sich höchstens die Frage, ob die Vergütung der auf den Eingangsleistungen lastenden Mehrwertsteuer dennoch teilweise - für jenen Teil, den die Beschwerdeführerin für Beförderungsleistungen im Ausland verwendete - zu gewähren ist. Der Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 Bst. b MWSTGV ist klar (« keine » Lieferungen oder Dienstleistungen im Inland) und sieht eine solche Aufteilung nicht vor. Es gilt zu prüfen, ob die anderen Auslegungselemente zu einem anderen Ergebnis führen sowie, ob der BR mit dieser gewissermassen « Alles oder Nichts »-Regelung das übergeordnete Bundesrecht respektiert.
Den Materialien (historische Auslegung) sind keinerlei Anhaltspunkte zu entnehmen, die ein Abweichen vom Wortlaut rechtfertigen oder aufdrängen würden. Aus einer teleologischen und systematischen Sicht auf die Art. 28 ff. MWSTGV zielt die Regelung des BR in Verwirklichung des Bestimmungslandprinzips (E. 2.6 hievor) darauf ab, dass ausländisch ansässige Unternehmen die schweizerische Mehrwertsteuer zurückfordern können, die auf Eingangsleistungen lastet, welche im Ausland für geschäftliche Zwecke verwendet und dort letztlich auch besteuert werden. Die Vergütung der schweizerischen Steuer an ausländische Unternehmen bildet gleichsam das Pendant zum Abzug der Vorsteuer (durch inländisch ansässige Unternehmen), welche auf Inlandleistungen lastet, die im Inland steuerbaren Zwecken dienen (« sog. Vorsteuervergütungsverfahren, das an die Stelle des Vorsteuerabzugs tritt »; Bericht vom 28. August 1996 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats zur parlamentarischen Initiative Toni Dettling, 93.461 über den Erlass eines Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer, ad Art. 86 Bst. c [BBl 1996 V 713]). Werden die im Inland bezogenen Leistungen im Inland für steuerbare Leistungen verwendet, greift nach der Konzeption des Gesetzes
der Vorsteuerabzug Platz (E. 2.3 hievor) und das Instrumentarium der Steuervergütung steht ausser Frage. Aus diesen Gründen verweigert der BR bei inländischer Leistungserbringung durch das ausländisch ansässige Unternehmen zu Recht eine Vergütung der schweizerisch angefallenen Vorsteuer. Damit ist freilich nicht gleichzeitig auch die Frage zwingend zu bejahen, ob der BR berechtigt war, eine Steuervergütung vollumfänglich zu verweigern, sobald auch nur ein Teil der Verwendung im Inland erfolgt.
Vielmehr ist zur Beantwortung dieser Frage massgeblich zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in Art. 90 Abs. 2 Bst. b
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 90 Zahlungserleichterungen - 1 Ist die Zahlung der Steuer, Zinsen und Kosten innert der vorgeschriebenen Frist für die zahlungspflichtige Person mit einer erheblichen Härte verbunden, so kann die ESTV mit der steuerpflichtigen Person die Erstreckung der Zahlungsfrist oder Ratenzahlungen vereinbaren.
MWSTG dem BR einen sehr weiten Ermessensspielraum für die Regelung der Voraussetzungen einer Steuervergütung einräumt. Dieser Spielraum ist für das BVGer verbindlich. Es prüft lediglich, ob der in Rede stehende Art. 28 Abs. 1 Bst. b MWSTGV den Rahmen der dem BR delegierten Kompetenzen offensichtlich sprenge oder sich aus andern Gründen als gesetz- oder verfassungswidrig erweise (E. 2.8 hievor). Die Regelung des BR ist im Zusammenhang damit zu sehen, dass die Leistungserbringerin inländisch subjektiv steuerpflichtig und damit auch vorsteuerabzugsberechtigt würde, falls sie steuerbare Leistungen im Umfang von über Fr. 75'000.- im Inland erbringen würde (Art. 21 Abs. 1
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 21 Von der Steuer ausgenommene Leistungen - 1 Eine Leistung, die von der Steuer ausgenommen ist und für deren Versteuerung nicht nach Artikel 22 optiert wird, ist nicht steuerbar.
MWSTG und Art. 38 Abs. 1
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 38 Meldeverfahren - 1 Übersteigt die auf dem Veräusserungspreis zum gesetzlichen Satz berechnete Steuer 10 000 Franken oder erfolgt die Veräusserung an eine eng verbundene Person, so hat die steuerpflichtige Person ihre Abrechnungs- und Steuerentrichtungspflicht in den folgenden Fällen durch Meldung zu erfüllen:
und 2
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 38 Meldeverfahren - 1 Übersteigt die auf dem Veräusserungspreis zum gesetzlichen Satz berechnete Steuer 10 000 Franken oder erfolgt die Veräusserung an eine eng verbundene Person, so hat die steuerpflichtige Person ihre Abrechnungs- und Steuerentrichtungspflicht in den folgenden Fällen durch Meldung zu erfüllen:
MWSTG). Eine Steuervergütung käme diesfalls nicht mehr in Frage. Mit andern Worten bewegt sich der BR mit seiner « Alles oder Nichts »-Regel von Art. 28 Abs. 1 Bst. b MWSTGV in quantitativer Hinsicht innerhalb einer Bandbreite von maximal Fr. 75'000.- (bei steuerbarem Umsatz im Inland von Fr. 0.-: Steuervergütung; bei Fr. 1.- bis Fr. 75'000.-: keine Steuervergütung; ab Fr. 75'001.-: subjektive Steuerpflicht und
Vorsteuerabzug). Wenn das Gesetz für die Bestimmung der subjektiven Steuerpflicht sowie des subjektiven Rechts auf Vorsteuerabzug im theoretischen Extremfall einen Umsatz von Fr. 75'000.- unberücksichtigt lässt, darf es dem Verordnungsgeber nicht verwehrt sein, bei der Steuervergütung Gleiches zu tun. Damit ist ihm keine Über- oder Unterschreitung des ihm delegierten Gestaltungsspielraumes vorzuwerfen. Inwiefern sich die Regel auf andere Weise gesetz- oder verfassungswidrig erwiese, ist weder ersichtlich noch durch die Beschwerdeführerin behauptet, geschweige denn dargetan. Unter diesen Umständen hat der Richter nicht sein Ermessen an die Stelle jenes des Verordnungsgebers zu setzen und zu verlangen, die Eingangsleistungen an die Beschwerdeführerin seien aufzuteilen, in solche, die zur Steuervergütung berechtigen, und in andere.
Nur am Rande sei deshalb angemerkt, dass sich eine solche Aufteilung - wie der vorliegende Fall exemplarisch aufzeigt - in der Praxis als problematisch, jedenfalls wenig praktikabel und deshalb auch sachwidrig erweisen würde: Die Beschwerdeführerin ist auf den Bermudas ansässig, wo gemäss eigenen Angaben keine Buchführungs- und Kontrollpflicht vorherrscht. Die Feststellung der für eine Aufteilung erforderlichen genauen tatsächlichen Verhältnisse wäre sowohl für die Verwaltung als auch für die Gesuchsteller selbst jeweils wohl mit einem unverhältnismässigen, jedenfalls mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 2008/38
Datum : 23. Juni 2008
Publiziert : 01. Januar 2008
Quelle : Bundesverwaltungsgericht
Status : 2008/38
Sachgebiet : Abteilung I (Infrastruktur, Umwelt, Abgaben, Personal)
Gegenstand : MWST; Art. 90 Abs. 2 Bst. b MWSTG


Gesetzesregister
MWSTG: 5 
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 5 Indexierung - Der Bundesrat beschliesst die Anpassung der in den Artikeln 31 Absatz 2 Buchstabe c, 35 Absatz 1bis Buchstabe b, 37 Absatz 1, 38 Absatz 1 und 45 Absatz 2 Buchstabe b genannten Frankenbeträge, sobald sich der Landesindex der Konsumentenpreise seit der letzten Festlegung um mehr als 30 Prozent erhöht hat.
6 
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 6 Steuerüberwälzung - 1 Die Überwälzung der Steuer richtet sich nach privatrechtlichen Vereinbarungen.
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SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 7 Ort der Lieferung - 1 Als Ort einer Lieferung gilt der Ort, an dem:
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SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 14 - 1 Die Steuerpflicht beginnt:
19 
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 19 Mehrheit von Leistungen - 1 Voneinander unabhängige Leistungen werden selbstständig behandelt.
21 
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 21 Von der Steuer ausgenommene Leistungen - 1 Eine Leistung, die von der Steuer ausgenommen ist und für deren Versteuerung nicht nach Artikel 22 optiert wird, ist nicht steuerbar.
38 
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 38 Meldeverfahren - 1 Übersteigt die auf dem Veräusserungspreis zum gesetzlichen Satz berechnete Steuer 10 000 Franken oder erfolgt die Veräusserung an eine eng verbundene Person, so hat die steuerpflichtige Person ihre Abrechnungs- und Steuerentrichtungspflicht in den folgenden Fällen durch Meldung zu erfüllen:
90
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 90 Zahlungserleichterungen - 1 Ist die Zahlung der Steuer, Zinsen und Kosten innert der vorgeschriebenen Frist für die zahlungspflichtige Person mit einer erheblichen Härte verbunden, so kann die ESTV mit der steuerpflichtigen Person die Erstreckung der Zahlungsfrist oder Ratenzahlungen vereinbaren.
BGE Register
123-II-295 • 125-II-326 • 128-I-288 • 129-II-114 • 130-II-202 • 131-II-13 • 132-II-353 • 133-II-153
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
mehrwertsteuer • vorsteuerabzug • lieferung • bezogener • frage • bundesgesetz über die mehrwertsteuer • norm • ermessen • delegierter • stelle • weiler • historische auslegung • benutzung • flugbewegung • umsatz • unternehmung • entscheid • sportanlage • bundesverwaltungsgericht • luftfahrzeug
... Alle anzeigen
BVGE
2007/24
BVGer
A-1373/2006 • A-1438/2006 • A-1465/2006 • A-1609/2006 • A-1667/2006
BBl
1996/V/713