99 Ia 407
47. Urteil der II. Zivilabteilung als Staatsgerichtshof vom 24. Mai 1973 i.S. Tronnolone gegen Obergericht des Kantons Aargau, Jemmolo und De Girolamo
Regeste (de):
- Persönliche Freiheit. Anthropologisch-erbbiologisches Gutachten im Vaterschaftsprozess.
- Das Bundesrecht gesteht dem Vaterschaftsbeklagten grundsätzlich das Recht zu, die Anordnung eines anthropologisch-erbbiologischen Gutachtens zu verlangen. Es ist jedoch eine Frage des kantonalen Rechts, ob und wie die Erhebung eines solchen Beweises erzwungen werden kann.
- Stellt die Anordnung, wonach sich eine Partei einer anthropologischerbbiologischen Begutachtung zu unterziehen hat, einen Eingriff in die persönliche Freiheit dar? Anforderungen an die gesetzlicheGrundlage, auf die eine solche Anordnung gestützt werden könnte, falls die Frage bejaht würde.
Regeste (fr):
- Liberté personnelle. Expertise anthropobiologique dans le procès en paternité.
- Le droit fédéral reconnaît fondamentalement au défendeur à l'action en paternité le droit d'exiger l'administration d'une expertise anthropobiologique. Le point de savoir si et comment l'administration d'une telle preuve peut être obtenue est cependant une question de droit cantonal.
- Le prononcé en vertu duquel une partie est contrainte à se soumettre à une expertise anthropobiologique constitue-t-il une atteinte à la liberté personnelle? Exigences relatives à la base légale sur laquelle pourrait se fonder un tel prononcé pour le cas où la question serait résolue de manière affirmative.
Regesto (it):
- Libertà personale. Perizia antropobiologica nel processo di paternità.
- Il diritto federale riconosce in principio al convenuto di un'azione di paternità il diritto di pretendere l'assunzione di una perizia antropobiologica. È tuttavia una questione regolata dal diritto cantonale quella se e come possa essere conseguita tale prova.
- Il provvedimento con cui si ordina ad una parte di sottoporsi ad una perizia antropobiologica comporta un intervento nella libertà personale? Presupposti della base legale su cui potrebbe fondarsi un tale provvedimento ove la questione fosse risolta in senso affermativo.
Sachverhalt ab Seite 408
BGE 99 Ia 407 S. 408
A.- Am 8. November 1965 gebar die damals noch unverheiratete italienische Staatsangehörige Maria De Girolamo, nunmehr verheiratete Jemmolo, den Knaben Maurizio. Als dessen Vater bezeichnete sie ihren Landsmann Pietro Tronnolone. Am 21. Februar 1966 leiteten die Kindsmutter und das durch seinen Beistand vertretene Kind gegen Tronnolone beim Bezirksgericht Bremgarten Vaterschaftsklage ein. Das Gericht gelangte auf Grund des Beweisverfahrens zum Schluss, der Beklagte habe der Kindsmutter während der Empfängniszeit, die vom 12. Januar bis 12. Mai 1965 dauerte, beigewohnt. Der Beklagte konnte nach dem vom Gerichtlich-Medizinischen Institut der Universität Zürich erstatteten Blutgruppengutachten als Vater des Kindes Maurizio nicht ausgeschlossen werden. Weitere Gutachten holte das Gericht nicht ein. Es nahm an, der Beklagte habe die Vermutung seiner Vaterschaft nicht zu beseitigen vermocht; die Klage sei daher gutzuheissen.
B.- Gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Bremgarten vom 9. April 1970 reichte der Beklagte beim Obergericht des Kantons Aargau Appellation ein. Das Obergericht holte vorerst beim Gerichtlich-Medizinischen Institut der Universität Zürich ein
BGE 99 Ia 407 S. 409
biostatistisches Gutachten ein. Diesem lässt sich entnehmen, bei Pietro Tronnolone betrage die Essen-Möller'sche Vaterschaftswahrscheinlichkeit 80-90%, die Vaterschaft sei demnach unentschieden, bzw. wahrscheinlich. Nach Ansicht des Experten ist dieses Ergebnis indessen mit Vorsicht zu würdigen, da sich die Berechnung der Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft auf die in Deutschland und der Schweiz geltende Verteilung der Blutgruppenmerkmale stützt, die Parteien jedoch aus anderen (italienischen) Bevölkerungskollektiven stammen, über deren Erbmerkmalsverteilung nichts bekannt ist. Aus ähnlichen Gründen lehnte es das Gerichtlich-Medizinische Institut der Universität Bern anschliessend ab, eine Beurteilung der Vaterschaftswahrscheinlichkeit nach Riedwyl vorzunehmen. Darauf beschloss das Obergericht, ein anthropologisch-erbbiologisches Gutachten (AEG) durchführen zu lassen. Die Klägerin, die seit dem Sommer 1968 mit ihrem Kind in Italien weilt, weigerte sich jedoch, mit dem Kind zur Begutachtung nach Bern zu reisen, da sie dann 2-3 Tage nicht arbeiten könnte. Im Urteil vom 10. November 1972 führte das Obergericht dazu aus, eine Prozesspartei könne zum persönlichen Erscheinen vor dem Gerichtsexperten und zur Duldung der für die Begutachtung erforderlichen Untersuchungen nur verpflichtet werden, wenn das kantonale Recht hiefür eine ausreichende Grundlage biete. Ob die Durchführung eines AEG einen Eingriff in die persönliche Freiheit im Sinne von Art. 19
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SR 131.227 Verfassung des Kantons Aargau, vom 25. Juni 1980 Art. 19 k) Petitionsfreiheit - Jedermann kann an die Behörden Gesuche und Eingaben richten. Diese sind zu beantworten. |
C.- Der Beklagte hat beim Bundesgericht gegen dieses Urteil ausser einer Berufung auch staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Mit der letzteren beantragt er, den angefochtenen Entscheid aufzuheben. Der Begründung lässt sich entnehmen, nach Treu und Glauben seien die Parteien eines Prozesses verpflichtet, bei der Tatbestandsfeststellung mitzuwirken. Das folge auch aus dem Grundsatz, dass der Kläger, der mit dem Einreichen der Klage eine öffentliche Anstalt in Anspruch nehme, sich damit einem besondern Gewaltsverhältnis zum Staat unterwerfe und
BGE 99 Ia 407 S. 410
demnach die daraus fliessenden Freiheitsbeschränkungen auf sich zu nehmen habe. Insbesondere habe er sich einer ausdehnenden Auslegung der geschriebenen verfahrensrechtlichen Pflichten zu unterziehen. Das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage brauche sich nicht auf alle Einzelheiten zu beziehen. Das Obergericht hätte die Kläger daher trotz fehlender Bestimmung in der Zivilprozessordnung zu einer anthropologischerbbiologischen Expertise zwingen können. Da es dies nicht getan habe und den Beklagten trotzdem dafür einstehen lasse, dass die Vaterschaftsvermutung nicht zerstört werden konnte, habe es dem Beklagten das rechtliche Gehör verweigert und sich somit der Rechtsverweigerung schuldig gemacht.
D.- Die Kläger beantragen sowohl die Abweisung der Berufung als auch der staatsrechtlichen Beschwerde. Das Obergericht Aargau hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 57 Abs. 5
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SR 131.227 Verfassung des Kantons Aargau, vom 25. Juni 1980 Art. 19 k) Petitionsfreiheit - Jedermann kann an die Behörden Gesuche und Eingaben richten. Diese sind zu beantworten. |
2. Das Bundesrecht gesteht dem Vaterschaftsbeklagten in jedem Fall das Recht auf Durchführung einer Blutgruppenbestimmung zu (BGE 90 II 151 /152). Das gleiche gilt für die Anordnung eines anthropologisch-erbbiologischen Gutachtens (AEG) (BGE 90 II 221 ff, BGE 91 II 161 ff). Auch die Tatsache, dass ein solches in sogenannten Einmannfällen nur selten zu einem sichern Vaterschaftsausschluss führen kann (BGE 96 II 322 mit Hinweisen, HEGNAUER, N. 187 zu Art. 314
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.451 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.451 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 99 Ia 407 S. 411
3. Im Zivilprozessverfahren sind die Parteien berufen, das Ihre zur Erarbeitung eines spruchreifen Prozessmaterials beizutragen (KUMMER, Grundriss des Zivilprozessrechts, S. 7). Sie sind insbesondere gehalten, an der Wahrheitsfindung mitzuwirken, zu gerichtlichen Terminen zu erscheinen, auszusagen und Beweiserhebungen zu dulden. In den meisten Prozessordnungen trifft sie keine Pflicht zur Vornahme der ihnen obliegenden Prozesshandlungen, sondern lediglich eine prozessuale Last, d.h. die Parteien können weder unmittelbar (z.B. durch polizeiliche Vorführung), noch mittelbar (z.B. durch Strafdrohung) zu Prozesshandlungen gezwungen werden; ihr Untätigsein hat bloss zur Folge, dass ihnen prozessuale Nachteile entstehen (vgl. KUMMER, a.a.O., S. 76 und 77). So verhält es sich in der aargauischen Zivilprozessordnung mit der Obliegenheit, an einem Augenschein oder an einer Verhandlung von Sachverständigen, die ohne Anwesenheit der Parteien nicht erfolgen kann, teilzunehmen. Die aargauische Zivilprozessordnung (ZPO) schreibt dem Richter vor, nach den §§ 85 und 86 ZPO zu verfahren, falls eine Partei trotz erhaltener Vorladung zu einer solchen Verhandlung nicht erscheint (§§ 211 und 220 ZPO). Während § 86 ZPO das unentschuldigte Ausbleiben beider Parteien regelt, ordnet § 85 an: "Wenn eme Partei der Vorladung keine Folge gibt, ohne ihre Säumnis genügend rechtfertigen zu können, so wird sie zu den Tageskosten und zu einer Ordnungsbusse von Fr. 10.- bis 40.- verfällt. In der zweiten Vorladung sind die Rechtsbegehren der erschienenen Partei anzugeben und die Säumnisfolgen gemäss Absatz 3 anzudrohen. Gibt eine Partei auch der zweiten Vorladung keine Folge, so soll der anwesenden Partei ihr Rechtsbegehren zugesprochen werden, sofern dasselbe nach den Akten nicht als ein offenbar ungerechtfertigtes erscheint." Die Parteien können demnach weder unmittelbar noch mittelbar zum Erscheinen gezwungen werden. In diesem Sinne trifft der Hinweis des Obergerichtes auf EICHENBERGER (Beiträge zum Aargauischen Zivilprozessrecht, S. 192) zu, wonach das Gesetz keine prozessuale Pflicht zur Duldung eines Augenscheines statuiere. Sowohl die Obliegenheit, an einem Augenschein teilzunehmen, als auch jene, einer Verhandlung der Sachverständigen beizuwohnen, bildet indessen eine prozessuale Last. EICHENBERGER (a.a.O., S. 192) schreibt denn auch: "Verweigert die beweisführende Partei den Augenschein, so geht sie damit zu ihrem Nachteil der Benutzung dieses Beweismittels
BGE 99 Ia 407 S. 412
verlustig. Ist es die andere Partei, so kann der Richter ihre Weigerung (z.B. den Zutritt zu einem Lokal zu gestatten, eine Sache dem Richter vorzulegen, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, sich zu einer Blutentnahme für die Blutgruppenuntersuchung zu stellen), bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden ..." Im gleichen Sinne führte das Obergericht Aargau in einem Urteil vom 28. November 1945 (Vierteljahresschrift für Aargauische Rechtsprechung 1945-46, Nr. 25, S. 92/93) selbst aus: "Bleibt eine Partei bei einer Beweisverhandlung aus, so besteht die Präklusion in der Regel lediglich darin, dass sie gemäss §§ 146, 211 Abs. 1 und 220 Abs. 1 ZPO in ihrer Abwesenheit durchgeführt wird. Ist ihre Anwesenheit im Sinne der §§ 211 Abs. 2 und 220 Abs. 2 ZPO nötig (z.B. weil die vorzulegenden Bücher zu erläutern sind, bei einem Augenschein der Zutritt zu einem Lokal zu gestatten ist, die Partei sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen oder die Parteiversicherung abzugeben hat und dgl.), so fällt die betreffende Beweisabnahme, sofern sie von der säumigen Partei beantragt war, dahin; war sie indessen vom Gegner beantragt, so ist die Säumnis bei der Beweiswürdigung (§ 147) in dem für den Gegner günstigen Sinne auszulegen (...)." Die Autoren KELLER/PFISTERER (Die Zivilprozessordnung für den Kanton Aargau, S. 123) haben die Erwägungen dieses Urteils kritiklos in ihren Kommentar übernommen. § 211 bietet demnach die gesetzliche Grundlage, um eine Partei, die ohne stichhaltigen Grund zu einer ärztlichen Untersuchung trotz erhaltener Vorladung nicht erscheint, unter Androhung der Säumnisfolgen erneut vorzuladen und, wenn sie der Vorladung wiederum keine Folge leistet, ihr das unbegründete Nichterscheinen zu ihren Ungunsten auszulegen.
4. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes (BGE 90 I 34 Erw. 3 mit Hinweisen und BGE 97 I 50) sind Eingriffe in die persönliche Freiheit nur dann zulässig, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und wenn sie das Grundrecht überdies weder völlig unterdrücken noch seines Gehaltes als fundamentale Institution unserer Rechtsordnung entleeren. Das Bundesgericht stellt an die gesetzliche Grundlage umso strengere Anforderungen, je schwerer der Eingriff ist (BGE 90 I 39 und 110). Es hat entschieden, dass sogar ein verhältnismässig harmloser und wenig schmerzhafter Eingriff wie die Entnahme von Blut für eine Blutgruppenuntersuchung einen Eingriff in die persönliche Freiheit darstelle, der einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage bedürfe (BGE 82 I 238,
BGE 99 Ia 407 S. 413
BGE 89 I 100 und BGE 90 I 110). Demgegenüber hat es in BGE 84 I 220 und BGE 89 I 163 festgestellt, dass bei einer anthropologisch-erbbiologischen Begutachtung von einem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit nicht die Rede sein könne. Es handle sich lediglich darum, sich vom Experten besichtigen und photographieren zu lassen, was nicht wesentlich über das persönliche Erscheinen hinausgehe, zu dem eine Partei bei der Parteibefragung (BGE 84 I 221) bzw. ein Zeuge bei der Zeugeneinvernahme (BGE 89 I 163) verhalten werden könne. In BGE 90 I 34 ff. Erw. 3 hat es seine Rechtsprechung über die persönliche Freiheit präzisiert; es hat die frühere Praxis jedoch nicht widerrufen. In einem spätern Entscheid (BGE 90 I 110 /111) hat es dann jedoch offengelassen, ob eine anthropologisch-erbbiologische Begutachtung einen Eingriff in die persönliche Freiheit darstelle. Zu dieser Frage braucht auch im vorliegenden Fall nicht Stellung bezogen zu werden. § 211 in Verbindung mit § 85 ZPO würde nämlich für einen derart geringen Eingriff in die persönliche Freiheit, wie er in der anthropologisch-erbbiologischen Begutachtung allenfalls erblickt werden könnte, eine hinreichende gesetzliche Grundlage bilden. Sodann würde das öffentliche Interesse das Interesse der Kläger an der Wahrung ihrer Persönlichkeitsrechte bei weitem überwiegen; denn die aus der Begutachtung entstehenden Unannehmlichkeiten, die mit keinen besonders peinlichen Prozeduren verbunden sind, müssten insbesondere den das Verfahren auslösenden Klägern im Interesse der Wahrheitsfindung in jedem Falle zugemutet werden (vgl. dazu GROSSEN in ZSR 1960 II S. 66 a). Da das Grundrecht auf persönliche Freiheit durch das Zulassen einer anthropologisch-erbbiologischen Begutachtung überdies keineswegs seines Gehaltes entleert werden könnte, wäre diese nach der angeführten bundesgerichtlichen Rechtsprechung somit selbst dann zulässig, wenn sie als Eingriff in die persönliche Freiheit betrachtet würde. Die Aufforderung zur Duldung eines AEG kann somit auch nicht gegen Art. 19 der Staatsverfassung des Kantons Aargau verstossen, wie es das Obergericht im angefochtenen Urteil zu befürchten scheint.
5. Die Androhung von Säumnisfolgen in dem Sinne, dass im Falle der Weigerung einer Partei, sich einer Begutachtung zu unterziehen, dieser angedroht wird, der Richter werde bei der Beweiswürdigung die vom Beweisgegner behauptete Tatsache als bewiesen erachten, führt dann nicht zum Ziel, wenn das eidgenössische oder kantonale Recht dem Richter derartige Beweispräsumptionen
BGE 99 Ia 407 S. 414
verbietet. Nach Bundesrecht ist dies wohl beim Ehelichkeitsanfechtungsprozess (BGE 82 II 511), nicht aber beim auf blosse Vermögensleistungen gerichteten Vaterschaftsprozess des Art. 307
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 307 - 1 Ist das Wohl des Kindes gefährdet und sorgen die Eltern nicht von sich aus für Abhilfe oder sind sie dazu ausserstande, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindes. |
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1 | Ist das Wohl des Kindes gefährdet und sorgen die Eltern nicht von sich aus für Abhilfe oder sind sie dazu ausserstande, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindes. |
2 | Die Kindesschutzbehörde ist dazu auch gegenüber Kindern verpflichtet, die bei Pflegeeltern untergebracht sind oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern leben. |
3 | Sie kann insbesondere die Eltern, die Pflegeeltern oder das Kind ermahnen, ihnen bestimmte Weisungen für die Pflege, Erziehung oder Ausbildung erteilen und eine geeignete Person oder Stelle bestimmen, der Einblick und Auskunft zu geben ist. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 310 - 1 Kann der Gefährdung des Kindes nicht anders begegnet werden, so hat die Kindesschutzbehörde es den Eltern oder, wenn es sich bei Dritten befindet, diesen wegzunehmen und in angemessener Weise unterzubringen. |
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1 | Kann der Gefährdung des Kindes nicht anders begegnet werden, so hat die Kindesschutzbehörde es den Eltern oder, wenn es sich bei Dritten befindet, diesen wegzunehmen und in angemessener Weise unterzubringen. |
2 | Die gleiche Anordnung trifft die Kindesschutzbehörde auf Begehren der Eltern oder des Kindes, wenn das Verhältnis so schwer gestört ist, dass das Verbleiben des Kindes im gemeinsamen Haushalt unzumutbar geworden ist und nach den Umständen nicht anders geholfen werden kann. |
3 | Hat ein Kind längere Zeit bei Pflegeeltern gelebt, so kann die Kindesschutzbehörde den Eltern seine Rücknahme untersagen, wenn diese die Entwicklung des Kindes ernstlich zu gefährden droht. |
6. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der angefochtene Entscheid Art. 4
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Obergerichtes (2. Zivilabteilung) des Kantons Aargau vom 10. November 1972 aufgehoben.