98 IV 289
57. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 15. Dezember 1972 i.S. Dürst gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden.
Regeste (de):
- Art. 91 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer:
1 Mit Busse wird bestraft, wer: a in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug führt; b das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren, missachtet; c in fahrunfähigem Zustand ein motorloses Fahrzeug führt. 2 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: a in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt; b aus anderen Gründen fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt. - 1. Bei der Ermittlung der Angetrunkenheit stellt der Wert von 0,8 Gewichtspromille Alkohol im Blut keine absolute Grenze nach unten dar.
- 2. Krankheit, Übermüdung oder bestimmte Heilmittel können die Alkoholverträglichkeit herabsetzen, so dass ein Blutalkoholgehalt ab 0,5 Gewichtspromille etwa eine Angetrunkenheit im Sinne des Gesetzes zu bewirken vermag.
Regeste (fr):
- Art. 91 al. 1 LCR; conduite en état d'ébriété.
- 1. Le taux d'alcoolémie de 0,8‰ ne représente pas la limite inférieure absolue en matière de détermination de l'état d'ivresse.
- 2. La maladie, l'épuisement et l'absorption de certains médicaments peuvent amoindrir la capacité de supporter l'alcool, si bien qu'un taux d'alcoolémie de 0,5‰ environ peut entraîner une ivresse contraire à la loi.
Regesto (it):
- Art. 91 cpv. 1 LCStr; condotta in stato di ebrietà.
- 1. Il contenuto d'alcool nel sangue dell'0,8‰ non rappresenta il limite inferiore assoluto nella determinazione dello stato di ebrietà.
- 2. Malattia, esaurimento e ingerimento di determinati medicamenti possono ridurre la capacità di sopportare l'alcool, così che un tasso del 0,5‰ può rappresentare una ebrietà contraria alla legge.
Sachverhalt ab Seite 290
BGE 98 IV 289 S. 290
A.- Hans Gerhard Dürst wurde am 3. November 1965 wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand mit einer Busse von Fr. 200.-- bestraft. Am 22. November 1967 erkannte das Bezirksgericht Zürich ihn des gleichen Deliktes schuldig und bestrafte ihn mit 28 Tagen Gefängnis; diese Strafe hat Dürst verbüsst. Am 6. Juni 1971 wurde er erneut gemäss Art. 91 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
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1 | Mit Busse wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug führt; |
b | das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren, missachtet; |
c | in fahrunfähigem Zustand ein motorloses Fahrzeug führt. |
2 | Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt; |
b | aus anderen Gründen fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt. |
B.- Am 17. August 1972 wurde Dürst vom Kreisgerichtsausschuss Chur des vorsätzlichen Führens eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustand sowie der Verletzung von Verkehrsregeln schuldig erklärt und zu einer Gefängnisstrafe von 3 Monaten sowie einer Busse von Fr. 200.-- verurteilt. Eine von Dürst gegen dieses Urteil erhobene Berufung wurde
BGE 98 IV 289 S. 291
vom Kantonsgerichtsausschuss Graubünden mit Entscheid vom 20. September 1972 abgewiesen.
C.- Dürst führt Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Freisprechung... an die kantonale Instanz zurückzuweisen. Die Staatsanwaltschaft hat sich mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde vernehmen lassen.
D.- Der Kassationshof wies die Beschwerde ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Der Beschwerdeführer macht geltend, seine Übermüdung wäre zwar für die Abklärung einer allfälligen Nichtbeherrschung des Fahrzeuges erheblich, könne aber für die Beurteilung seiner Angetrunkenheit, die festgestelltermassen die 0,8 Promillegrenze nicht erreicht hatte, nicht berücksichtigt werden. Wenn die Vorinstanz bei dieser Blutalkoholkonzentration eines Automobilisten ein Fahren in angetrunkenem Zustand annehme, verletze sie Art. 91
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
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1 | Mit Busse wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug führt; |
b | das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren, missachtet; |
c | in fahrunfähigem Zustand ein motorloses Fahrzeug führt. |
2 | Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt; |
b | aus anderen Gründen fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt. |
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
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1 | Mit Busse wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug führt; |
b | das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren, missachtet; |
c | in fahrunfähigem Zustand ein motorloses Fahrzeug führt. |
2 | Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt; |
b | aus anderen Gründen fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt. |
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
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1 | Mit Busse wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug führt; |
b | das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren, missachtet; |
c | in fahrunfähigem Zustand ein motorloses Fahrzeug führt. |
2 | Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt; |
b | aus anderen Gründen fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt. |
BGE 98 IV 289 S. 292
Frage Stellung genommen werden muss, ob nicht allgemein der Grenzwert von 0,8 Promille herabgesetzt werden sollte. b) Ursprünglich hatte der Beschwerdeführer erklärt, er habe nach 16.00 Uhr keinerlei alkoholische Getränke mehr zu sich genommen. Da die ihm um 24.00 Uhr entnommene Blutprobe einen Alkoholgehalt im Blut von 0,65 Gewichtspromille ergeben hat, errechnete die Vorinstanz für den auf ca. 20.00 Uhr fallenden Beginn der Rückfahrt des Beschwerdeführers Richtung Chur einen Alkoholpegel von 1,05 Gewichtspromille in dessen Blut. Dabei legte sie ihrer Rechnung den für Dürst günstigeren Abbausatz von 0,1 Gewichtspromille pro Stunde zugrunde, während nach der allgemein herrschenden Auffassung der stündliche Alkoholabbau im Blute eines Menschen mit 0,15 Promille angesetzt wird (GRISEL, L'analyse du sang, in Journal des Tribunaux, 106e année, IV, S. 140 Ziff. 3; GERCHOW/SCHNEBLE, Alkohol im Strassenverkehr, S. 22). Würde letzterer Wert zugrunde gelegt, so hätte der Alkoholgehalt im Blute des Beschwerdeführers zu Beginn der kritischen Fahrt um ca. 20.00 Uhr mithin nicht bloss 1,05, sondern 1,25 Gewichtspromille betragen. Nach der ursprünglichen Darstellung des Sachverhalts durch Dürst könnte also - wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat - in jedem dieser beiden Fälle schon aufgrund des Alkoholspiegels an dessen Angetrunkenheit nicht gezweifelt werden, ungeachtet einer weiteren Einwirkung durch Übermüdung oder Unwohlsein. c) Wollte man aber von der nachträglichen Schilderung des Beschwerdeführers ausgehen, wonach dieser kurz vor Beginn der Fahrt um ca. 20.00 Uhr Alkohol und um 22.00 Uhr zudem noch einen Gin-Tonic zu sich genommen haben will, und würde man gestützt hierauf die Alkoholkonzentration beim Beschwerdeführer auf der kritischen Fahrt mit diesem auf "maximal 0,7 Gewichtspromille" annehmen, so müsste auch aufgrund dieser Darstellung des Sachverhalts die Angetrunkenheit des Beschwerdeführers bejaht werden, wie es die Vorinstanz subsidiär mit Fug getan hat. Der Kantonsgerichtsausschuss geht nämlich - für den Kassationshof bindend (Art. 277 bis Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
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1 | Mit Busse wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug führt; |
b | das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren, missachtet; |
c | in fahrunfähigem Zustand ein motorloses Fahrzeug führt. |
2 | Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt; |
b | aus anderen Gründen fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt. |
BGE 98 IV 289 S. 293
daher seiner "bereits durch andere Umstände bewirkten Fahruntüchtigkeit bewusst sein" müssen. Nach der oben angeführten Rechtsprechung war es keineswegs bundesrechtswidrig, wenn die Vorinstanz der erheblichen Übermüdung des Beschwerdeführers infolge des völlig ungenügenden Schlafes vor der kritischen Fahrt als Begleitumstand zur festgestellten Alkoholisierung Rechnung getragen hat. Wenn schon von einem Blutalkoholgehalt von 0,3 Gewichtspromille an eine bedeutende Beeinträchtigung des Automobilisten in seiner Seh- und Reaktionsfähigkeit nachweisbar ist (GERCHOW/SCHNEBLE, a.a.O. S. 18; EDGAR JÖRG, Probleme der Alkohol-Verkehrsstraftat, S. 76/7; vgl. dazu auch GERCHOW, Medizinische Grundlagen zur Frage Alkohol und Fahrtüchtigkeit im Handbuch für den Verkehrsjuristen, S. 35), dann kann nicht der geringste Zweifel darüber bestehen, dass bei einer so empfindlichen Übermüdung des Fahrers die Alkoholisierung von 0,7 Gewichtspromille unvermeidlicherweise eine Angetrunkenheit im Sinne von Art. 91 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
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1 | Mit Busse wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug führt; |
b | das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren, missachtet; |
c | in fahrunfähigem Zustand ein motorloses Fahrzeug führt. |
2 | Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt; |
b | aus anderen Gründen fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt. |