98 II 164
25. Urteil der II. Zivilabteilung vom 21. September 1972 i.S. Burgermeister gegen Werren.
Regeste (de):
- Zeitliche Beschränkung einer Rente nach Art. 151 ZGB.
- Die Dauer einer nach Art. 151 ZGB zugesprochenen Rente kann aus triftigen Gründen zeitlich beschränkt werden. Es ist die Lage des anspruchsberechtigten Ehegatten mit derjenigen, die ihm die eheliche Gemeinschaft geboten hätte, zu vergleichen. Ein triftiger Grund zur zeitlichen Beschränkung der Rente liegt dann vor, wenn der Berechtigte durch die Scheidung lediglich einen vorübergehenden Nachteil erleidet, den eine zeitlich beschränkte Rente zu beheben vermag.
Regeste (fr):
- Limitation dans le temps d'une rente selon l'art. 151 CC.
- La durée d'une rente allouée selon l'art. 151 CC peut être limitée dans le temps pour des motifs valables. Il faut comparer la situation de l'époux qui a droit à la rente avec celle que lui aurait procurée l'union conjugale. On se trouve en présence d'un motif de limitation de la rente dans le temps, lorsque l'ayant droit ne subit du fait du divorce qu'un préjudice passager, qu'une rente transitoire suffit à réparer.
Regesto (it):
- Limitazione nel tempo di una rendita nel senso dell'art. 151 CC.
- La durata di una rendita assegnata secondo l'art. 151 CC può essere limitata nel tempo per validi motivi. Occorre fare un confronto fra la situazione effettiva dell'avente diritto con quella che gli avrebbe offerto l'unione coniugale. La limitazione è giustificata, quando l'avente diritto non subisce a dipendenza del divorzio che un pregiudizio passeggero, riparabile mediante una rendita temporanea.
Sachverhalt ab Seite 164
BGE 98 II 164 S. 164
A.- Am 12. November 1971 sprach das Bezirksgericht Frauenfeld in Anwendung von Art. 137 und 142 ZGB die Scheidung der am 7. November 1959 geschlossenen Ehe des Alfred und der Erna Werren-Burgermeister aus. Das Gericht teilte die der Ehe entsprossenen Kinder Erna Erika, geboren am 19. April 1960, und Alfred Werner, geboren am 7. Februar 1962, der Klägerin zu und verpflichtete den Beklagten zu monatlichen Beiträgen von je Fr. 250.-- an den Unterhalt der Kinder. Ferner verurteilte es den Beklagten, der Klägerin eine monatliche, vorauszahlbare Rente von Fr. 350.-- zu entrichten. Überdies regelte es verschiedene güterrechtliche Fragen. Die Zusprechung eines Unterhaltsbeitrages an die Klägerin selbst stützte das Gericht auf Art. 151 ZGB. Es nahm an, der Ehemann, der seine Frau bereits früh vernachlässigt habe und sich trotz mehrmaliger Versuche nicht habe auffangen können,
BGE 98 II 164 S. 165
habe der dadurch bereits angeschlagenen Ehe mit der Aufnahme ehebrecherischer Beziehungen zur Schwägerin der Ehefrau den Todesstoss versetzt. Da der Klägerin keine ähnlich schweren Eheverfehlungen zur Last gelegt werden könnten, habe der Beklagte als schuldiger Ehegatte im Sinne von Art. 151 ZGB zu gelten. Die Klägerin verliere durch die Scheidung den ehelichen Unterhaltsanspruch aus Art. 160
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 160 - 1 Jeder Ehegatte behält seinen Namen. |
|
1 | Jeder Ehegatte behält seinen Namen. |
2 | Die Verlobten können aber gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass sie einen ihrer Ledignamen als gemeinsamen Familiennamen tragen wollen.221 |
3 | Behalten die Verlobten ihren Namen, so bestimmen sie, welchen ihrer Ledignamen ihre Kinder tragen sollen. In begründeten Fällen kann die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte die Verlobten von dieser Pflicht befreien.222 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 161 - Jeder Ehegatte behält sein Kantons- und Gemeindebürgerrecht. |
B.- Gegen dieses Urteil erhob der Beklagte Berufung an das Obergericht des Kantons Thurgau. Die Klägerin beantragte die Abweisung der Berufung. Das Obergericht hiess die Berufung teilweise gut. Insbesondere befristete es die monatliche Unterhaltsrente, die das Bezirksgericht der Klägerin zugesprochen hatte, auf die Dauer von 10 Jahren ab Rechtskraft des Scheidungsurteils.
C.- Die Klägerin führt gegen das Urteil des Obergerichtes Berufung an das Bundesgericht mit dem Antrag, der Beklagte sei zu verpflichten, ihr eine monatliche, vorauszahlbare Rente von Fr. 350.-- ohne zeitliche Begrenzung zu bezahlen. Der Beklagte beantragt die Abweisung der Berufung und die Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Vor Bundesgericht streitig ist die von der Vorinstanz ausgeprochene zeitliche Begrenzung der Rente nach Art. 151 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 161 - Jeder Ehegatte behält sein Kantons- und Gemeindebürgerrecht. |
2. Zu den Vermögensrechten im Sinne von Art. 151 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 161 - Jeder Ehegatte behält sein Kantons- und Gemeindebürgerrecht. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 160 - 1 Jeder Ehegatte behält seinen Namen. |
|
1 | Jeder Ehegatte behält seinen Namen. |
2 | Die Verlobten können aber gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass sie einen ihrer Ledignamen als gemeinsamen Familiennamen tragen wollen.221 |
3 | Behalten die Verlobten ihren Namen, so bestimmen sie, welchen ihrer Ledignamen ihre Kinder tragen sollen. In begründeten Fällen kann die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte die Verlobten von dieser Pflicht befreien.222 |
BGE 98 II 164 S. 166
der Eheleute, die Dauer der Ehe, der Gesundheitszustand und die Ausbildung des Berechtigten, die Vorteile, die er aus der Scheidung ziehen kann, sowie die Möglichkeit, infolge der Auflösung der Ehe eine Erwerbstätigkeit auszuüben, zu berücksichtigen (BGE 95 II 597 /598 mit Hinweisen). Die Festsetzung des Umfanges der Entschädigung liegt im Ermessen des Richters. Er ist aber in seiner Entscheidung nicht frei, sondern an die Vorschrift von Art. 4
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 4 - Wo das Gesetz das Gericht auf sein Ermessen oder auf die Würdigung der Umstände oder auf wichtige Gründe verweist, hat es seine Entscheidung nach Recht und Billigkeit zu treffen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 161 - Jeder Ehegatte behält sein Kantons- und Gemeindebürgerrecht. |
3. Die Vorinstanz führt aus, die Klägerin sei gelernte Kinderschwester; sie erfreue sich einer guten Gesundheit; im Jahre vor der Scheidung habe sie einen kleinen Laden geführt. Da die beiden Kinder ihrer Obhut unterstellt worden seien,
BGE 98 II 164 S. 167
könne sie in den nächsten Jahren keiner ganztägigen, anspruchsvollen Beschäftigung nachgehen. Sie könne jedoch Teilzeitarbeit verrichten und so im erlernten Beruf monatlich Fr. 700.-- bis Fr. 1000.-- verdienen. Später sei ihr dann die Annahme einer gut bezahlten Arbeit ohne weiteres möglich. Die Ehe habe 13 Jahre gedauert. Das Verschulden des Ehemannes am Scheitern der Ehe wiege nicht leicht. Im weitern sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte über ein bescheidenes Liegenschaften- und Kapitalvermögen verfüge. Der Ehemann verdiene monatlich Fr. 1850.--. Unter diesen Umständen sei ein monatlicher Unterhaltsbeitrag von Fr. 350.-- nicht übersetzt. Im Rahmen der Rechtsprechung des Obergerichtes in ähnlichen Fällen sei die Rente jedoch auf eine Dauer von 10 Jahren zu beschränken. Nach dieser Laufzeit sei es der Beklagten, die dann 48-jährig und von erzieherischen Aufgaben befreit sei, wieder möglich, auf eigenen Füssen zu stehen. Die Klägerin erleidet durch die Scheidung der Ehe, die 13 Jahre gedauert hat und der 2 Kinder entsprossen sind, unbestrittenermassen eine finanzielle Einbusse. Diese ist aber nicht zeitlich befristet, wie die Vorinstanz anzunehmen scheint. Auch nach 8-10 Jahren, wenn die Kinder erwachsen sind, wird die Klägerin nicht die Lebensbedingungen vorfinden, die ihr die Ehe geboten hätte. Insbesondere wird sie eine weniger sichere Existenzgrundlage haben und nicht hoffen dürfen, ihre Erwerbstätigkeit mit Rücksicht auf das zunehmende Alter einschränken oder später aufgeben zu können (vgl. hiezuBGE 79 II 132). Da die Klägerin durch die Scheidung der Ehe somit nicht bloss einen vorübergehenden Nachteil erleidet, ist die zeitliche Begrenzung der Entschädigungsrente nicht gerechtfertigt. Eine Begrenzung der zeitlichen Dauer der Rente erscheint überdies umso weniger angebracht, als bei der Festsetzung der Entschädigung namentlich auch das Verschulden des Ehegatten, der die Rente zu entrichten hat, zu berücksichtigen ist. Der Beklagte ist am Scheitern der Ehe ausschliesslich schuld. Er kann keine Umstände anführen, die eine Herabsetzung seiner Entschädigungspflicht rechtfertigen.
Indem die Vorinstanz die vom Beklagten der Klägerin geschuldete Entschädigungsrente nach Art. 151 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 161 - Jeder Ehegatte behält sein Kantons- und Gemeindebürgerrecht. |
BGE 98 II 164 S. 168
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons Thurgau vom 25. April 1972 dahin abgeändert, dass der Beklagte verpflichtet wird, der Klägerin ab Rechtskraft des Scheidungsurteils eine monatliche, vorauszahlbare Rente von Fr. 350.-- ohne zeitliche Begrenzung zu bezahlen.