97 I 778
113. Auszug aus dem Urteil vom 15. September 1971 i.S. X. und Mitbeteiligte gegen Bern, Kanton und Verwaltungsgericht.
Regeste (de):
- Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Der amtliche Wert von baurechtsbelasteten Grundstücken darf ohne Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
Regeste (fr):
- Art. 4 Cst.; impôt bernois sur la fortune, valeur officielle.
- Lorsqu'il s'agit de déterminer la valeur officielle de biens-fonds grevés de droits de superficie, le fisc peut, sans arbitraire, se fonder sur la valeur de rendement capitalisée. La réglementation bernoise actuellement en vigueur n'est pas contraire à la constitution.
Regesto (it):
- Art. 4 CF; imposta bernese sulla sostanza, valore ufficiale di stima.
- Il valore ufficiale di immobili gravati da diritti di superficie può essere stabilito senza arbitrio sulla base del valore di reddito capitalizzato. La regolamentazione bernese attualmente in vigore non è incostituzionale.
Sachverhalt ab Seite 778
BGE 97 I 778 S. 778
A.- Art. 227
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
B.- In Anwendung von § 25 HRD setzte die Gemeindeschatzungskommission Bern den amtlichen Wert eines in der Stadt Bern gelegenen Grundstücks auf Fr. 7'625,000.-- fest. Die Parzelle steht im Miteigentum der Erben X. und ist mit einem auf 45 Jahre begründeten, d.h. im Jahre 2010 ablaufenden
BGE 97 I 778 S. 779
selbständigen und dauernden Baurecht belastet. Der jährliche Baurechtszins beträgt Fr. 305'000.--. Nachdem die Grundeigentümer gegen die Festsetzung des amtlichen Werts erfolglos Einsprache erhoben hatten, gelangten sie am 25. April 1969 an die kantonale Rekurskommission mit dem Begehren, den amtlichen Wert ihres Grundstücks angemessen herabzusetzen. Die Kommission wies indessen den Rekurs am 11. September 1970 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts ab.
C.- Gegen diesen Entscheid erhoben die Erben X. Beschwerde beim Verwaltungsgericht. Sie machten geltend, der Zinssatz von 4% widerspreche krass den heutigen Verhältnissen auf dem Kapitalmarkt und führe im vorliegenden Fall zu einem Ertragswert, der zum Verkehrswert in keinem vernünftigen Verhältnis stehe. Mit Urteil vom 22. Februar 1971 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab. Zur Begründung führte es im wesentlichen folgendes aus: Wie in einem grundlegenden Entscheid vom 11. August 1969 erkannt worden sei, hielten die in § 25 HRD aufgestellten Bewertungsnormen für baurechtsbelastete Grundstücke vor dem Steuergesetz ohne weiteres stand. Die aufgrund der Hauptrevision festgesetzten Steuerwerte hätten unverändert auf Jahre hinaus zu gelten. Der vom Grossen Rat beschlossene Zinssatz von 4% sei angemessen und gestatte in aller Regel eine sachgemässe Anpassung der amtlichen Werte an die steigenden Bodenpreise, was eine annähernd richtige Bewertung auf längere Sicht gewährleiste und damit auch dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Bewertungsgrundsätze entspreche. Im vorliegenden Fall bestehe kein Anlass, von der Bewertungsregel des § 25 HRD abzuweichen, denn der ermittelte Ertragswert übersteige den aufgrund der Richtpreise geschätzten Verkehrswert bloss um rund 28%; diese Differenz liege im Rahmen des Vertretbaren, weshalb der Verzicht der Rekurskommission auf eine - an sich mögliche - "Normalisierung" des Baurechtszinses nicht zu beanstanden sei.
D.- Die Erben X. führen staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4
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BGE 97 I 778 S. 780
des Dekrets über die Hauptrevision der amtlichen Werte der Grundstücke und Wasserkräfte sondern gemäss dem Bodenverkehrswert festzusetzen." Die Beschwerdebegründung ergibt sich, soweit wesentlich, aus den nachfolgenden Erwägungen.
E.- Das Verwaltungsgericht und die kantonale Steuerverwaltung beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. (Formelles).
2. Die Beschwerdeführer machen geltend, es gehe nicht an, den amtlichen Wert einer baurechtsbelasteten Parzelle aufgrund des realisierten Ertrags festzusetzen, denn dieses Vorgehen führe zu einer rechtsungleichen Behandlung gegenüber dem Eigentümer eines unbelasteten Grundstücks. Verfassungswidrig sei auch der im Dekret vorgesehene Kapitalisierungssatz von 4%, denn er werde den heutigen Verhältnissen auf dem Kapitalmarkt offensichtlich nicht mehr gerecht. Damit erheben die Beschwerdeführer Verfassungsrügen, die sich gegen die in § 25 HRD enthaltene Ordnung richten. Das ist zulässig, denn die Verfassungswidrigkeit einer kantonalen Vorschrift kann auch vorfrageweise im Zusammenhang mit der Anfechtung eines Anwendungsaktes gerügt werden (BGE 97 I 29 Erw. 2 mit Verweisungen). a) Gemäss Art. 54 Abs. 1
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG) StG Art. 54 - Der Bundesrat erlässt die für den Vollzug erforderlichen Vorschriften. |
BGE 97 I 778 S. 781
Anhaltspunkt für die Bestimmung des tatsächlichen Wertes eines baurechtsbelasteten Grundstücks zu bilden. Mit Rücksicht darauf ist es vielmehr durchaus vernünftig, den amtlichen Wert einer solchen Parzelle aufgrund des Ertragswerts, d.h. aufgrund des Barwerts der Grundrente zu ermitteln (W. NAEGELI, Die Wertberechnung des Baulandes, 2. Aufl. 1965, S. 110). Auf den Ertragswert abzustellen, rechtfertigt sich auch im Hinblick darauf, dass der Wert eines baurechtsbelasteten Grundstückes in geringerem Masse konjunkturellen Schwankungen unterworfen ist als derjenige eines unbelasteten Grundstücks. Die in § 25 HRD enthaltene Ordnung schliesst im übrigen eine Berücksichtigung des Verkehrswerts nicht zu vorneherein aus, kann doch der Baurechtszins bei der Ermittlung des Vermögenssteuerwerts "normalisiert", d.h. angemessen herabgesetzt werden, wenn sich ein Ertragswert ergibt, der zum Verkehrswert eines vergleichbaren unbelasteten Grundstücks in einem offenbaren Missverhältnis steht (vgl. Bewertungsnormen der kantonalen Schatzungskommission, zitiert bei RIEMER, a.a.O., S. 238/9). Damit ist ohne weiteres Gewähr dafür geboten, dass den Besonderheiten des Einzelfalles genügend Rechnung getragen werden kann. Die Kritik der Beschwerdeführer an der in § 25 HRD vorgesehenen Ermittlung des amtlichen Werts aufgrund des Ertragswerts geht daher fehl. b) Auch der angefochtene Kapitalisierungssatz von 4% lässt sich sachlich begründen. Als massgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung gilt der 1. Januar 1967 (Art. 227 Abs. 1
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BGE 97 I 778 S. 782
dem Gesichtswinkel des Art. 4
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3. Zu prüfen bleibt, ob die Bewertung des fraglichen Grundstücks vor der Verfassung standhält. Die Beschwerdeführer machen geltend, die Bewertung gemäss § 25 HRD führe im vorliegenden Fall zu einem Ertragswert bzw. amtlichen Wert, der den von den Schätzern ermittelten Verkehrswert um rund 28% übersteige und daher vor Art. 4
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BGE 97 I 778 S. 783
Im Schätzungsprotokoll vom 3. Juli 1967 ist in der Tat ein "massgebender Verkehrswert" von Fr. 15'000.--/m2 aufgeführt. Der auf den Quadratmeter umgerechnete Ertragswert beträgt demgegenüber Fr. 19'350.--. Wie der erwähnte "Verkehrswert" im Einzelnen ermittelt wurde, geht aus den Akten nicht hervor; im Entscheid der kantonalen Rekurskommission vom 11. September 1970 wird lediglich ausgeführt, massgebend seien dabei "Richtpreise im betreffenden Gebiet" gewesen. Da Baurechtsparzellen keinen eigentlichen "Verkehrswert" aufweisen (vgl. oben Erw. 2 a), handelt es sich beim "Verkehrswert" gemäss Schätzungsprotokoll bloss um eine weitgehend hypothetische Grösse, bei deren Festsetzung den Schätzern ein weiter Ermessensspielraum offen steht. Das gilt insbesondere auch für das Grundstück der Beschwerdeführer, das verkehrsmässig ausserordentlich günstig gelegen ist. Die umstrittene Differenz von 28% zwischen Ertragswert und "Verkehrswert" der Parzelle darf somit in ihrer Aussagekraft nicht überbewertet werden. In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass das bernische Vermögenssteuerrecht den Restwert der Baurechtsparzellen (vgl. oben Erw. 2 a) nicht erfasst und damit eine für den Baurechtsgeber verhältnismässig günstige Ordnung darstellt. Es erscheint daher sachlich gerechtfertigt, bei der "Normalisierung" von Baurechtszinsen Zurückhaltung zu üben und von den Bewertungsregeln des § 25 HRD nur in jenen Fällen abzugehen, in denen ein krasses Missverhältnis zwischen Ertragswert und "Verkehrswert" besteht. Wie das Verwaltungsgericht mit Recht ausführt, durften die Steuerbehörden im vorliegenden Fall ohne Willkür davon absehen, den vereinbarten Baurechtszins von Fr. 305'000.-- zu "normalisieren", denn auch in ihrer staatsrechtlichen Beschwerde sind die Beschwerdeführer den Nachweis dafür schuldig geblieben, dass der angefochtene amtliche Wert zu den tatsächlichen Verhältnissen im Jahre 1967 in einem derart krassen Gegensatz stand, dass sich selbst bei der gebotenen Zurückhaltung ein Abgehen von den gesetzlichen Bewertungsgrundsätzen aufgedrängt hätte.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.