96 III 107
19. Entscheid vom 22. Dezember 1970 i.S. Schweizerische Bankgesellschaft.
Regeste (de):
- Arrestvollzug.
- 1. Beschwerdelegitimation Dritter (Erw. 1).
- 2. Zulässigkeit, Arrest auf Sachen und Guthaben zu legen, die dem Schuldner gehören, dem Namen nach aber Dritten zustehen (Erw. 2 und 3).
- 3. Anforderungen an die Spezifikation der Gegenstände im Arrestbefehl (Art. 274 Ziffer 4
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 274 - 1 Das Gericht beauftragt den Betreibungsbeamten oder einen anderen Beamten oder Angestellten mit dem Vollzug des Arrestes und stellt ihm den Arrestbefehl zu.478
1 Das Gericht beauftragt den Betreibungsbeamten oder einen anderen Beamten oder Angestellten mit dem Vollzug des Arrestes und stellt ihm den Arrestbefehl zu.478 2 Der Arrestbefehl enthält: 1 den Namen und den Wohnort des Gläubigers und seines allfälligen Bevollmächtigten und des Schuldners; 2 die Angabe der Forderung, für welche der Arrest gelegt wird; 3 die Angabe des Arrestgrundes; 4 die Angabe der mit Arrest zu belegenden Gegenstände; 5 den Hinweis auf die Schadenersatzpflicht des Gläubigers und, gegebenen Falles, auf die ihm auferlegte Sicherheitsleistung.
Regeste (fr):
- Exécution du séquestre.
- 1. Qualité de tiers pour porter plainte (consid. 1).
- 2. Admissibilité du séquestre portant sur des objets et des avoirs qui appartiennent en réalité au débiteur et nominalement à des tiers (consid. 2 et 3).
- 3. Exigences quant à la désignation des objets dans l'ordonnance de séquestre et la notification de celui-ci. Devoirs du tiers débiteur (une banque) (consid. 3).
Regesto (it):
- Esecuzione del sequestro.
- 1. Veste di terzi ad interporre reclamo (consid. 1).
- 2. Ammissibilità del sequestro che concerne oggetti ed averi appartenenti in realtà al debitore, ma nominalmente a terzi (consid. 2 e 3).
- 3. Requisiti inerenti alla designazione degli oggetti nel decreto di sequestro (art. 274 num. 4 LEF) e nella sua notificazione. Doveri del terzo debitore (una banca) (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 108
BGE 96 III 107 S. 108
A.- Karl Baisch erwirkte am 7. April 1970 beim Einzelrichter des Bezirkes Zürich gegen die Medway Finance Ltd., Nassau/Bahamas, für eine Forderung von Fr. 1'656,200.-- einen Arrest auf folgenden Gegenständen: "Guthaben der Arrestschuldnerin bei der Schweizerischen Bankgesellschaft, Bahnhofstrasse, Zürich, im eigenen oder fremden Namen, insbesondere Forderungen und Barschaft, Kontokorrentguthaben, Wertschriften, Namen-, Nummern- und Decknamenkonti, Safe- und Schliessfachinhalte unter eigenem oder fremden Namen, alles soweit verarrestierbar, bis zur Deckung der Arrestforderung nebst Zinsen und Kosten". Der Arrest wurde am 8. April 1970 durch das Betreibungsamt Zürich 1 vollzogen. Die Schweizerische Bankgesellschaft verweigerte jede Auskunft.
B.- Am 10. April 1970 erhob die Bank bei der untern kantonalen Aufsichtsbehörde Beschwerde und stellte die Anträge, die Arrestnotifikation sei aufzuheben, eventuell sei sie zu beschränken auf "1. Guthaben der Arrestschuldnerin, insbesondere Forderungen, Kontokorrentguthaben, Namen-, Nummern- und Decknamenkonti, 2. Barschaft, 3. Wertschriften und 4. Safeinhalte unter eigenem oder Decknamen". Zur Begründung brachte die Beschwerdeführerin vor, der Arrest sei ungültig, da der Arrestbefehl Guthaben und Safe-Inhalte der Arrestschuldnerin unter fremdem Namen nenne. Sowohl die untere als auch die obere kantonale Aufsichtsbehörde, an die die Bank rekurrierte, wiesen die Beschwerde ab.
C.- Mit vorliegendem Rekurs an das Bundesgericht hält die Schweizerische Bankgesellschaft an ihren Rechtsbegehren fest.
BGE 96 III 107 S. 109
Erwägungen
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1. Wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, bildet nicht der Arrestbefehl Gegenstand der Beschwerde, sondern dessen Vollzug, indem nämlich die Rekurrentin verlangt, es sei die Arrestnotifikation als Vollzugshandlung aufzuheben, allenfalls einzuschränken. Während nun gegen den Arrestbefehl selber keine Beschwerde möglich ist (Art. 279 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 279 - 1 Hat der Gläubiger nicht schon vor der Bewilligung des Arrestes Betreibung eingeleitet oder Klage eingereicht, so muss er dies innert zehn Tagen nach Zustellung der Arresturkunde tun. |
|
1 | Hat der Gläubiger nicht schon vor der Bewilligung des Arrestes Betreibung eingeleitet oder Klage eingereicht, so muss er dies innert zehn Tagen nach Zustellung der Arresturkunde tun. |
2 | Erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag, so muss der Gläubiger innert zehn Tagen, nachdem ihm das Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls |
3 | Hat der Schuldner keinen Rechtsvorschlag erhoben, so muss der Gläubiger innert 20 Tagen, nachdem ihm das Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls zugestellt worden ist, das Fortsetzungsbegehren stellen. Wird der Rechtsvorschlag nachträglich beseitigt, so beginnt die Frist mit der rechtskräftigen Beseitigung des Rechtsvorschlags. Die Betreibung wird, je nach der Person des Schuldners, auf dem Weg der Pfändung oder des Konkurses fortgesetzt.487 |
4 | Hat der Gläubiger seine Forderung ohne vorgängige Betreibung gerichtlich eingeklagt, so muss er die Betreibung innert zehn Tagen nach Eröffnung des Entscheids einleiten. |
5 | Die Fristen dieses Artikels laufen nicht: |
1 | während des Einspracheverfahrens und bei Weiterziehung des Einsprachenentscheides; |
2 | während des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung nach dem Übereinkommen vom 30. Oktober 2007488 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen und bei Weiterziehung des Entscheides über die Vollstreckbarerklärung.489 |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 275 - Die Artikel 91-109 über die Pfändung gelten sinngemäss für den Arrestvollzug. |
2. Gemäss Art. 271 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 271 - 1 Der Gläubiger kann für eine fällige Forderung, soweit diese nicht durch ein Pfand gedeckt ist, Vermögensstücke des Schuldners, die sich in der Schweiz befinden, mit Arrest belegen lassen:469 |
|
1 | Der Gläubiger kann für eine fällige Forderung, soweit diese nicht durch ein Pfand gedeckt ist, Vermögensstücke des Schuldners, die sich in der Schweiz befinden, mit Arrest belegen lassen:469 |
1 | wenn der Schuldner keinen festen Wohnsitz hat; |
2 | wenn der Schuldner in der Absicht, sich der Erfüllung seiner Verbindlichkeiten zu entziehen, Vermögensgegenstände beiseite schafft, sich flüchtig macht oder Anstalten zur Flucht trifft; |
3 | wenn der Schuldner auf der Durchreise begriffen ist oder zu den Personen gehört, welche Messen und Märkte besuchen, für Forderungen, die ihrer Natur nach sofort zu erfüllen sind; |
4 | wenn der Schuldner nicht in der Schweiz wohnt, kein anderer Arrestgrund gegeben ist, die Forderung aber einen genügenden Bezug zur Schweiz aufweist oder auf einer Schuldanerkennung im Sinne von Artikel 82 Absatz 1 beruht; |
5 | wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen provisorischen oder einen definitiven Verlustschein besitzt; |
6 | wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen definitiven Rechtsöffnungstitel besitzt. |
2 | In den unter den Ziffern 1 und 2 genannten Fällen kann der Arrest auch für eine nicht verfallene Forderung verlangt werden; derselbe bewirkt gegenüber dem Schuldner die Fälligkeit der Forderung. |
3 | Im unter Absatz 1 Ziffer 6 genannten Fall entscheidet das Gericht bei ausländischen Entscheiden, die nach dem Übereinkommen vom 30. Oktober 2007473 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind, auch über deren Vollstreckbarkeit.474 |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 106 - 1 Wird geltend gemacht, einem Dritten stehe am gepfändeten Gegenstand das Eigentum, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht zu, das der Pfändung entgegensteht oder im weitern Verlauf des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist, so merkt das Betreibungsamt den Anspruch des Dritten in der Pfändungsurkunde vor oder zeigt ihn, falls die Urkunde bereits zugestellt ist, den Parteien besonders an. |
|
1 | Wird geltend gemacht, einem Dritten stehe am gepfändeten Gegenstand das Eigentum, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht zu, das der Pfändung entgegensteht oder im weitern Verlauf des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist, so merkt das Betreibungsamt den Anspruch des Dritten in der Pfändungsurkunde vor oder zeigt ihn, falls die Urkunde bereits zugestellt ist, den Parteien besonders an. |
2 | Dritte können ihre Ansprüche anmelden, solange der Erlös aus der Verwertung des gepfändeten Gegenstandes noch nicht verteilt ist. |
3 | Nach der Verwertung kann der Dritte die Ansprüche, die ihm nach Zivilrecht bei Diebstahl, Verlust oder sonstigem Abhandenkommen einer beweglichen Sache (Art. 934 und 935 ZGB223) oder bei bösem Glauben des Erwerbers (Art. 936 und 974 Abs. 3 ZGB) zustehen, ausserhalb des Betreibungsverfahrens geltend machen. Als öffentliche Versteigerung im Sinne von Artikel 934 Absatz 2 ZGB gilt dabei auch der Freihandverkauf nach Artikel 130 dieses Gesetzes. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen: |
|
1 | Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen: |
1 | Klagen nach Artikel 107 Absatz 5; |
2 | Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat. |
2 | Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen. |
3 | Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt. |
4 | Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...227 |
5 | Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still. |
BGE 96 III 107 S. 110
nicht verkannt, und es besteht kein Grund, heute davon abzuweichen.
3. Die Rekurrentin macht indessen geltend, es sei im vorliegenden Falle gar nicht behauptet worden, die Arrestschuldnerin sei Gläubigerin von unter fremdem Namen gehaltenen Guthaben. Die im Arrestbefehl verwendete Formulierung "Guthaben der Arrestschuldnerin ... in fremden Namen" sei in sich widersprüchlich und unverständlich, jedenfalls nicht genügend klar, um den Schluss aufeine solche Behauptung zuzulassen. Auch fehle es an der namentlichen Bezeichnung der Drittpersonen, deren Guthaben verarrestiert werden sollten, so dass sich diese Guthaben überhaupt nicht spezifizieren liessen; Arrestbefehl und -notifikation seien deshalb unvollständig und unvollziehbar. Nun kann aber der vorliegende Arrestbefehl sinnvoll nur so ausgelegt werden, dass der Gläubiger Arrest auf Guthaben legen will, die der Schuldnerin gehören, dem Namen nachjedoch Dritten zustehen. Wenn nämlich der Arrestbefehl von Guthaben der Arrestschuldnerin spricht, welche auf fremde Namen lauteten, so liegt darin die Behauptung, diese Guthaben gehörten nicht Drittpersonen, sondern der Arrestschuldnerin. Damit sind die Rechte Dritter bestritten, und nur ein Widerspruchsverfahren vermag deren allfällige Gläubigereigenschaft abzuklären (vgl. BGE 82 III 70, BGE 93 III 92). Strengere Anforderungen an die Spezifikation der Gegenstände im Arrestbefehl (Art. 274 Ziff. 4
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 274 - 1 Das Gericht beauftragt den Betreibungsbeamten oder einen anderen Beamten oder Angestellten mit dem Vollzug des Arrestes und stellt ihm den Arrestbefehl zu.478 |
|
1 | Das Gericht beauftragt den Betreibungsbeamten oder einen anderen Beamten oder Angestellten mit dem Vollzug des Arrestes und stellt ihm den Arrestbefehl zu.478 |
2 | Der Arrestbefehl enthält: |
1 | den Namen und den Wohnort des Gläubigers und seines allfälligen Bevollmächtigten und des Schuldners; |
2 | die Angabe der Forderung, für welche der Arrest gelegt wird; |
3 | die Angabe des Arrestgrundes; |
4 | die Angabe der mit Arrest zu belegenden Gegenstände; |
5 | den Hinweis auf die Schadenersatzpflicht des Gläubigers und, gegebenen Falles, auf die ihm auferlegte Sicherheitsleistung. |
BGE 96 III 107 S. 111
weder unbestimmt noch unvollständig, somit auch nicht unvollziehbar. Der Rekurs ist deshalb abzuweisen.
Dispositiv
Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.