96 II 139
24. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. Juli 1970 i.S. Villiger gegen Decorta AG
Regeste (de):
- Konkurrenzverbot.
- Art. 357
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 357 - 1 Die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse gelten während der Dauer des Vertrages unmittelbar für die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer und können nicht wegbedungen werden, sofern der Gesamtarbeitsvertrag nichts anderes bestimmt.
1 Die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse gelten während der Dauer des Vertrages unmittelbar für die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer und können nicht wegbedungen werden, sofern der Gesamtarbeitsvertrag nichts anderes bestimmt. 2 Abreden zwischen beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die gegen die unabdingbaren Bestimmungen verstossen, sind nichtig und werden durch die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages ersetzt; jedoch können abweichende Abreden zugunsten der Arbeitnehmer getroffen werden. - Beschränkung des Konkurrenzverbots auf das zeitlich erlaubte Mass (Erw. 3).
Regeste (fr):
- Interdiction de faire concurrence.
- Art. 357 CO. Une interdiction de faire concurrence n'est pas entièrement nulle lorsqu'elle n'est pas limitée dans le temps; elle est valable jusqu'à la limite admissible (consid. 2).
- Limitation de la durée de l'interdiction au laps de temps licite (consid. 3).
Regesto (it):
- Divieto di concorrenza.
- Art. 357 CO. Un divieto di concorrenza non limitato nel tempo non è interamente nullo, ma è valido fino al limite ammissibile (consid. 2).
- Limitazione del divieto di concorrenza al lasso di tempo lecito (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 140
BGE 96 II 139 S. 140
A.- Die Decorta AG betreibt in Seewen ein Geschäft für die Ausstattung von Räumen mit Vorhängen, Teppichen, Tapeten, Möbeln und dgl. Durch schriftlichen Dienstvertrag vom 7. Oktober 1965 übertrug sie dessen Leitung mit Wirkung ab 1. Oktober 1965 Hubert Villiger in Brunnen. Seine Tätigkeit umfasste "a) die Aquisition und Betreuung der Kundschaft, b) die einwandfreie geschmackliche und technische Durchführung der Aufträge, c) die Organisation und Administration der Firma". Sie versprach Villiger einen festen Lohn von monatlich Fr. 2000.--, eine Provision von 2% des Fr. 200'000.-- übersteigenden Umsatzes, monatlich Fr. 500.-- Ersatz für Vertrauensspesen und eine jährliche Zahlung von Fr. 500.-- auf ein Sparkonto als Altersvorsorge (Ziff. 2 des Vertrages). Ziffer 3 des Vertrages lautet: "Das Vertragsverhältnis ist gegenseitig nur am Ende eines Semesters auf 6 Monate kündbar. Im Falle einer Auflösung des Arbeitsvertrages verpflichtet sich Herr Villiger, in den Kantonen Uri, Schwyz und Unterwalden weder direkt noch indirekt in der Innendekorations-Branche tätig zu sein." Villiger gibt zu, von der Decorta AG als Lohn jährlich etwa Fr. 40'000 bezogen zu haben. Er kündete das Dienstverhältnis auf 30. Juni 1969.
B.- Am 1. Oktober 1969 klagte Villiger gegen die Decorta AG beim Bezirksgericht Schwyz mit den Begehren, das Konkurrenzverbot sei "als ungültig oder nicht bestehend zu erklären, bzw. es sei gerichtlich festzustellen, dass zu Lasten des Klägers und zu Gunsten der Beklagten kein Konkurrenzverbot irgendwelcher Art besteht", eventuell sei das Konkurrenzverbot auf ein Jahr ab Vertragsauflösung zu befristen.
BGE 96 II 139 S. 141
Die Beklagte erklärte sich mit der Befristung auf drei Jahre einverstanden und beantragte, die Klage abzuweisen, soweit sie weiter gehe. Das Bezirksgericht setzte die Dauer des Konkurrenzverbotes auf drei Jahre seit der Auflösung des Vertrages herab und wies die Klage im übrigen ab. Das Kantonsgericht Schwyz wies die Berufung des Klägers, der an den Klagebegehren festhielt, am 17. März 1970 ab.
C.- Der Kläger ficht dieses Urteil mit der Berufung an. Er wiederholt die Klagebegehren. Er macht wie schon im kantonalen Verfahren geltend, das Konkurrenzverbot sei wegen Formmangels ungültig (Art. 358
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 358 - Das zwingende Recht des Bundes und der Kantone geht den Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages vor, jedoch können zugunsten der Arbeitnehmer abweichende Bestimmungen aufgestellt werden, wenn sich aus dem zwingenden Recht nichts anderes ergibt. |
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. (Prozessuales).
2. Das Konkurrenzverbot des Dienstpflichtigen gegenüber dem Dienstherrn bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Vereinbarung (Art. 358
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 358 - Das zwingende Recht des Bundes und der Kantone geht den Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages vor, jedoch können zugunsten der Arbeitnehmer abweichende Bestimmungen aufgestellt werden, wenn sich aus dem zwingenden Recht nichts anderes ergibt. |
BGE 96 II 139 S. 142
war, die Konkurrenz während unbeschränkter Zeit zu unterlassen, ist unerheblich. Dass beide Parteien einen vom Wortlaut abweichenden inneren Willen gehabt hätten - der gemäss Art. 18
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 18 - 1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen. |
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1 | Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen. |
2 | Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, kann der Schuldner die Einrede der Simulation nicht entgegensetzen. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 357 - 1 Die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse gelten während der Dauer des Vertrages unmittelbar für die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer und können nicht wegbedungen werden, sofern der Gesamtarbeitsvertrag nichts anderes bestimmt. |
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1 | Die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse gelten während der Dauer des Vertrages unmittelbar für die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer und können nicht wegbedungen werden, sofern der Gesamtarbeitsvertrag nichts anderes bestimmt. |
2 | Abreden zwischen beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die gegen die unabdingbaren Bestimmungen verstossen, sind nichtig und werden durch die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages ersetzt; jedoch können abweichende Abreden zugunsten der Arbeitnehmer getroffen werden. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 357 - 1 Die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse gelten während der Dauer des Vertrages unmittelbar für die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer und können nicht wegbedungen werden, sofern der Gesamtarbeitsvertrag nichts anderes bestimmt. |
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1 | Die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse gelten während der Dauer des Vertrages unmittelbar für die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer und können nicht wegbedungen werden, sofern der Gesamtarbeitsvertrag nichts anderes bestimmt. |
2 | Abreden zwischen beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die gegen die unabdingbaren Bestimmungen verstossen, sind nichtig und werden durch die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages ersetzt; jedoch können abweichende Abreden zugunsten der Arbeitnehmer getroffen werden. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 13 - 1 Ein Vertrag, für den die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben ist, muss die Unterschriften aller Personen tragen, die durch ihn verpflichtet werden sollen. |
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1 | Ein Vertrag, für den die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben ist, muss die Unterschriften aller Personen tragen, die durch ihn verpflichtet werden sollen. |
2 | ...3 |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 357 - 1 Die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse gelten während der Dauer des Vertrages unmittelbar für die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer und können nicht wegbedungen werden, sofern der Gesamtarbeitsvertrag nichts anderes bestimmt. |
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1 | Die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse gelten während der Dauer des Vertrages unmittelbar für die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer und können nicht wegbedungen werden, sofern der Gesamtarbeitsvertrag nichts anderes bestimmt. |
2 | Abreden zwischen beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die gegen die unabdingbaren Bestimmungen verstossen, sind nichtig und werden durch die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages ersetzt; jedoch können abweichende Abreden zugunsten der Arbeitnehmer getroffen werden. |
BGE 96 II 139 S. 143
Dauer der Bindung im Vertrag genannt werde, und zwar eine Dauer, die doch nicht notwendigerweise mit der nach Art. 357 zulässigen übereinstimmen würde.
3. a) Das Konkurrenzverbot darf nach Zeit, Ort und Gegenstand nicht weiter gehen, als die berechtigten Interessen des Dienstherrn erfordern (BGE 91 II 381). Unter diesem Gesichtspunkt ist im vorliegenden Falle ein dreijähriges Verbot nicht unangemessen. Der Kläger hat in seiner Tätigkeit als Leiter des Geschäftes der Beklagten nicht nur einen vollständigen Einblick in deren Kundenkreis erlangt, sondern auch Gelegenheit gehabt, mit der Kundschaft persönlich zu verkehren. Nach dem Vertrag stand ihm ausser der technischen auch die kaufmännische Abwicklung der Geschäfte zu; nur die Buchhaltung und der Zahlungsverkehr wurden vom Verwaltungsrat besorgt. Die Kunden mussten daher im Kläger die Seele des Geschäftes sehen. Die Gefahr, dass sie der Beklagten verloren gehen und sich dem Kläger zuwenden würden, wenn er in den Urkantonen ein Geschäft eröffnete oder für ein auswärts liegendes Geschäft in diesem Gebiete Kunden wärbe, ist gross. Dass die Kunden seine bisherige Tätigkeit in weniger als drei Jahren genügend vergessen werden, um sie nicht in die Waagschale zu werfen, wenn er sie für sein eigenes Geschäft zu werben versuchen würde, ist nicht anzunehmen. Innenausstattungen sind nicht Güter des täglichen Gebrauchs, sondern werden von ein und demselben Kunden in der Regel nur in grösseren Abständen bestellt. Sie werden auch nicht ohne Überlegung gekauft. Der Kunde pflegt zu bedenken, wer ihn früher bedient hat und wie er bedient worden ist. Der persönliche Verkehr mit der Person, die ihn beraten hat, spielt eine wesentliche Rolle. Er kann sich auch auf Interessenten auswirken, die noch nie bei der Beklagten bestellt haben, sich aber bei bisherigen Kunden über eine gute Bezugsquelle erkundigen. b) Das Konkurrenzverbot darf sodann dem Verpflichteten nach Zeit, Ort und Gegenstand das wirtschaftliche Fortkommen nicht unbillig erschweren. Dass und warum es unter diesem Gesichtspunkt unbillig sei, wenn es drei Jahre gelte, legt der Kläger nicht dar. Er macht nur geltend, er müsse im Kanton Schwyz wohnen, weil er dort eine Wohnung zu Eigentum besitze, die er nicht ohne schweren Verlust verkaufen könne. Abgesehen davon, dass er nicht näher ausführt,
BGE 96 II 139 S. 144
warum dem so sei, und seine Behauptung in Zeiten grosser Nachfrage nach Wohnungen nicht ohne weiteres glaubhaft ist, kommt auf diesen angeblichen Umstand nichts an. Nachteile, die der zur Unterlassung von Konkurrenz Verpflichtete bei einem Wechsel des Wohnsitzes in seinem schon erworbenen Vermögen erleiden mag, können nicht einer "Erschwerung der wirtschaftlichen Fortkommens" gleichgesetzt werden. Eine solche liegt nur vor, wenn das Konkurrenzverbot dem Verpflichteten die künftige Erwerbsmöglichkeit ungebührlich beschränkt, sei es wegen der Dauer, des Ortes oder des Gegenstandes der Verbotes. Der Kläger erleidet in dieser Hinsicht keine unbillige Einbusse, wenn er Innenausstattungen während drei Jahren nur ausserhalb der Urkantone absetzen darf oder, falls er vor Ablauf dieser Zeitspanne in den Urkantonen tätig sein will, sich einem anderen Geschäftszweig zuwenden muss. Er kann etwa in Luzern, Zürich oder Zug ein Geschäft eröffnen, was ihm umsomehr zuzumuten ist, als er zugibt, er empfange in Schwyz schon heute Kunden aus Zürich, Luzern usw. Ein Geschäft in Luzern z.B. kann er sogar unter Beibehaltung seiner Wohnung in Brunnen führen. Übrigens versucht er das Konkurrenzverbot nicht nach Ort und Gegenstand als unbillig hinzustellen. Er möchte nur seine Dauer von drei Jahren auf ein Jahr herabsetzen lassen. Das wirtschaftliche Fortkommen wird ihm indessen durch eine Dauer von drei Jahren nicht unbillig erschwert. Für drei Jahre wurde ein Konkurrenzverbot z.B. auch in dem in BGE 61 II 90 ff. veröffentlichten Falle eines Reitlehrers und Leiters einer Reitanstalt geschützt, obschon damals Wirtschaftskrise herrschte.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichtes Schwyz vom 17. März 1970 bestätigt.